TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/18 W215 2162468-1

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Veröffentlicht am 18.06.2020
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Entscheidungsdatum

18.06.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W215 2162468-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerde von XXXX , Staatsangehörigkeit Bundesrepublik Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2017, Zahl
15-1070665709-150559655, nach Durchführung einer Verhandlung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, iVm § 34 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß
§ 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer gelangte, zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt, illegal in das Bundesgebiet und stellte am 26.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2017, Zahl 15-1070665709-150559655, in Spruchpunkt I. bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. In Spruchpunkt II. wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia gemäß § 8 Abs. 1 iVm
§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. In Spruchpunkt III. wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß
§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer ein Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebungen des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig ist. In Spruchpunkt IV. wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 BFA-VG ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 21.06.2017 gegenständliche Beschwerde.

2. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.06.2017 langten am 26.06.2017 im Bundesverwaltungsgericht ein.

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 15.01.2019 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Es erschienen der Beschwerdeführer und sein Rechtsanwalt.

Am 05.02.2010 langte ein Antrag des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein, wonach er den selben Schutz im Sinne des § 34 Abs. 1 Z 1 AsylG beantragte, wie seine am XXXX in Österreich geborene Tochter.

Am 12.05.2020 langte die Kopie eines Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.01.2020; Zahl 1253178810-191197874, beim Bundesverwaltungsgericht ein, wonach dem Antrag der Tochter des Beschwerdeführers vom 22.11.2019 auf internationalen Schutz stattgegeben und ihr gemäß § 3 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wurde festgestellt, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässigen Beschwerden erwogen:

1. Feststellungen:

Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 26.05.2015 wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2017, Zahl
15-1070665709-150559655, in Spruchpunkt I. bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. In Spruchpunkt II. wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia gemäß § 8 Abs. 1 iVm
§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. In Spruchpunkt III. wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß
§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer ein Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebungen des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig ist. In Spruchpunkt IV. wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 BFA-VG ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Laut vorgelegter Kopie einer österreichischen Geburtsurkunde ist der Beschwerdeführer der Vater von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörige der Republik Somalia.

Laut am 12.05.2020 in Kopie beim Bundesverwaltungsgericht eingelangtem Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.01.2020; Zahl 1253178810-191197874, wurde dem Antrag der Tochter des Beschwerdeführers XXXX , geb. XXXX , vom 22.11.2019 auf internationalen Schutz stattgegeben und ihr gemäß § 3 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß
§ 3 Abs. 5 AsylG wurde festgestellt, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem erstinstanzlichen Beschwerdeakt. Die Feststellungen zur Verwandtschaft wurden mit der Vorlage einer Kopie einer österreichischen Geburtsurkunde glaubhaft gemacht, die Asylgewährung im Verfahren der Tochter durch Vorlage der Kopie des erstinstanzlichen Bescheides.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (§ 11 Abs. 1 AsylG).

Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung (§ 3 Abs. 4 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016).

Gemäß § 3 Abs. 4b AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016, gilt Abs. 4 in einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.

Stellt gemäß § 34 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ein Familienangehöriger von

1.       einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2.       einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3.       einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1.         dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3.         gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht (§ 34 Abs. 5 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012).

Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind gemäß § 34 Abs. 6 AsylG, in der Fassung
BGBl. I Nr. 145/2017, nicht anzuwenden:
1.         auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2.         auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3.         im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, ist im Sinne dieses Bundesgesetzes Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für ein Familienverfahren erfüllt. Der minderjährigen Tochter des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.01.2020; Zahl 1253178810-191197874, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Der Beschwerdeführer ist nicht straffällig geworden und gegen dieses Kind ist kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig, weshalb auch dem Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, der Status eines Asylberechtigten als Familienangehöriger zuzuerkennen ist.

Im Verfahren des minderjährigen Kindes, auf das sich das Verfahren des Beschwerdeführers bezieht, wurde gemäß § 3 Abs. 4 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 15 AsylG der Status des Asylberechtigten vorerst befristet auf drei Jahre zuerkannt. Der Beschwerdeführer hat aber seinen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt, weshalb gemäß
§ 75 Abs. 24 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016, § 3 Abs. 4 bis 4b AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016, nicht anzuwenden und daher dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten auch nicht befristet zuzuerkennen ist.

Da das Bundesverwaltungsgericht, nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung, davon ausgehen muss, dass der Beschwerdeführer trotz ihres langjährigen Aufenthaltes immer noch nicht ausreichend Deutsch versteht, konnte im Fall des Beschwerdeführers von einer Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung gemäß § 12 Abs. 1 BFA-VG nicht abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im konkreten Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf die gesetzlichen Bestimmungen zu Verfahren von Familienangehörigen stützen und es ergaben sich im Lauf des Verfahrens keine Hinweise auf das Vorliegen von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung ergaben.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W215.2162468.1.00

Im RIS seit

09.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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