TE Bvwg Beschluss 2020/6/18 W220 1437489-4

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Veröffentlicht am 18.06.2020
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Entscheidungsdatum

18.06.2020

Norm

AsylG 2005 §58 Abs10
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W220 1437489-4/5E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela UNTERER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2018, Zl. XXXX , beschlossen:

A)       Der Beschwerde wird stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


BEGRÜNDUNG:

I.       Verfahrensgang und Sachverhalt

1.       Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am XXXX 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.       Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX 2013, Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

3.       Mit Erkenntnis des BVwG vom XXXX 2014, GZ XXXX , wurde die Entscheidung des Bundesasylamtes zu den Spruchpunkten I. und II. bestätigt, jedoch bezüglich Spruchpunkt III. an die Behörde zurückverwiesen.

4.       Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2016, Zl. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt I.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde dem Beschwerdeführer eine 14-tägige Frist ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung zur freiwilligen Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt II.).

5.       Mit Erkenntnis des BVwG vom XXXX 2016, GZ XXXX , wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

6.       Am XXXX 2018 brachte der Beschwerdeführer einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG beim Bundesamt ein.

7.       Mit Bescheid vom XXXX 2018, Zl. XXXX , wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag zurück. Außerdem wurde gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt I.) sowie festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt II.). Für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt III.).

Begründend führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer keine identitätsbeweisenden Dokumente vorgelegt habe, trotz Aufforderung dazu. Er habe auch lediglich behauptet, bei der indischen Botschaft vorgesprochen zu haben, eine Bestätigung diesbezüglich habe der Beschwerdeführer nicht vorgelegt.

8.       Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer im Wege seines Rechtsvertreters fristgerecht Beschwerde ein und führte aus, aufgrund seiner Entwurzelung im Heimatstaat sei es dem Beschwerdeführer trotz Bemühens nicht möglich gewesen, Identitätsdokumente vorzulegen. Daraus sei ihm kein Vorwurf zu machen, weil selbst das Bundesamt bzgl. eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer bei der indischen Botschaft erfolglos gewesen wäre. Der Beschwerdeführer habe die deutsche Sprache ausreichend erlernt, um sich im Alltag verständigen zu können, gehe einer Erwerbstätigkeit nach und sei gut integriert.

9.       Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis vom XXXX 2018, GZ XXXX , die Beschwerde als unbegründet ab. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG-DV sei einem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels unter anderem ein gültiges Reisedokument anzuschließen. Der Beschwerdeführer sei hiezu aufgefordert und auch auf die Möglichkeit einer Heilung nach begründetem Antrag gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV hingewiesen worden. Dies sei nicht geschehen, daher sei der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht des Antragstellers zurückzuweisen gewesen. Auch die Erlassung der Rückkehrentscheidung sei rechtmäßig gewesen, weil der Beschwerdeführer kein berücksichtigungswürdiges Familienleben gemäß Art. 8 EMRK im Bundesgebiet habe und eine besonderes hohes Maß an Integration nicht festgestellt werden habe können.

10.      Am XXXX 2018 brachte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ein. Dabei legte der Beschwerdeführer eine Übersetzung seiner Geburtsurkunde, eine Kopie seines A2 Zertifikats sowie Kopien seiner e-card, Bankomatkarte und Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG vor. Weiters legte er eine „Entnahmebestätigung“ für sein Kleintransporterunternehmen und einen entsprechenden Auszug aus dem Österreichischen Gewerberegister, sowie einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister vor.

11.      Mit Schreiben vom XXXX 2018 gab der vormalige Rechtvertreter sein Vollmachtsverhältnis bekannt und fragte an, ob von der belangten Behörde noch weitere Unterlagen benötigt würden. Darauf erfolgte keine Antwort seitens der Behörde.

12.      Mit Bescheid vom XXXX 2018, Zl. XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom XXXX 2018 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zurück.

Die belangte Behörde stellte fest, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe. Er habe in Österreich keine Familienangehörigen und würden sich diese weiterhin in Indien aufhalten. Der Beschwerdeführer sei seit seiner Asylantragstellung im Jahr 2013 und somit über 5 Jahre im Bundesgebiet aufhältig. Seit der rechtskräftigen Erlassung einer Rückkehrentscheidung, mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX 2016, sei der Aufenthalt jedoch unrechtmäßig.

Der Beschwerdeführer habe bei seiner zweiten Antragstellung keinerlei neue Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen gemacht, die eine grundlegende Änderung seit Entscheidung über den Erstantrag vom XXXX 2018 darstellen würden.

Rechtlich führte das Bundesamt aus, dass auch die nun vorgelegte Gewerbeberechtigung sowie die Bestätigung eines laufenden Beschäftigungsverhältnisses nicht derart maßgeblich seien, als dass sich daraus eine wesentliche Sachverhaltsveränderung im Sinne des Art. 8 EMRK ergeben würde. Auch sei das Deutschzertifikat bereits beim Verfahren über den Erstantrag berücksichtigt worden. Die über 5-jährige Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet resultiere darüber hinaus hauptsächlich daraus, dass der Beschwerdeführer den mit den rechtskräftigen Rückkehrentscheidungen verbundenen Ausreiseverpflichtungen nicht nachgekommen sei.

13.      Gegen diese am XXXX 2018 ordnungsgemäß zugestellte Entscheidung wurde am XXXX 2019 im Wege des ausgewiesenen Rechtvertreters fristgerecht Beschwerde erhoben und unrichtige rechtliche Beurteilung sowie Mangelhaftigkeit des Verfahrens gelten gemacht. Die Behörde habe es unterlassen, den Beschwerdeführer darüber aufzuklären, dass er einen Aufenthaltstitel gemäß § 56 AsylG benötige. Dazu sei das Bundesamt gemäß § 58 Abs. 6 AsylG verpflichtet gewesen. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG hätte die Behörde den Beschwerdeführer von Amts wegen auffordern müssen, seinen Antrag zu berichtigen und die weiteren erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

14.      Mit Schreiben vom XXXX 2019, eingegangen am XXXX 2019, legte der ausgewiesene Rechtsvertreter eine Versicherungsbestätigung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft für den Beschwerdeführer für die Zeiträume ab 01.01.2017 vor.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der Beurteilung wird der oben unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang als Sachverhalt zugrunde gelegt.

Gegen den Beschwerdeführer besteht eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung.

Der Beschwerdeführer hat seine Geburtsurkunde weder im Original noch in Kopie vorgelegt, sondern nur eine vermeintliche Übersetzung derselben ins Deutsche. Das Dokument ist mit 31.01.2014 datiert.

Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens nicht vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Er wurde auch nicht zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat den Beschwerdeführer nicht über die Möglichkeit eines Antrags auf einen Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 56 AsylG aufgeklärt.

2.       Beweiswürdigung:

Der angeführte Verfahrensgang und die weiteren Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetztes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu Spruchteil A) Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid:

§ 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK) lautet:

"(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

§ 56 AsylG (Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen) lautet:

"(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls

1. zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,

2. davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und

3. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird.

(2) Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

(3) Die Behörde hat den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 26) erbracht werden. Treten mehrere Personen als Verpflichtete in einer Erklärung auf, dann haftet jeder von ihnen für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand."

§ 58 AsylG (Antragstellung und amtswegiges Verfahren) lautet auszugsweise:

"[…]

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

[…]

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

[…]

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

[…]

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1.       das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2.       der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

[…]

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1.       ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2.       die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.

(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten."

Im Fall des Beschwerdeführers ist festzuhalten:

Das Bundesamt hat den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers auf einen Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zurückgewiesen und stützte sich im Wesentlichen darauf, dass kein geänderter Sachverhalt bzgl. des berücksichtigungswürdigen Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers vorliegen würde. Dass eine rechtkräftige Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer vorliegt, wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht bestritten.

Anzumerken ist, dass allein die vom Beschwerdeführer mit dem Antrag eingebrachte Übersetzung seiner Geburtsurkunde (AS 55) die Behörde dazu veranlassen hätten müssen, den Beschwerdeführer aufzufordern, seine Geburtsurkunden im Original oder in Kopie, im Rahmen eines Verbesserungsauftrags gemäß § 13 Abs. 3 AVG, vorzulegen.

Aus § 58 Abs. 6 AsylG ergibt sich jedenfalls auch eine Verpflichtung der Behörden, den Beschwerdeführer über die Möglichkeit eines Antrags auf einen Aufenthaltstitel gemäß § 56 AsylG zu belehren. Der Behörde war unstrittiger Weise bewusst, wie lange der Beschwerdeführer sich schon im Bundesgebiet aufhält und, dass er einer Erwerbstätigkeit nachgeht (vgl. AS 84). Schon allein daher ergibt sich die Notwendigkeit einer Einvernahme, bzw. zumindest einer Stellungnahme des Beschwerdeführers als notwendige Ermittlungsschritte, um eine möglicherweise besondere Integration feststellen zu können. Wie sich aus der Anfrage des Rechtsvertreters vom XXXX 2018 ergibt, war der Beschwerdeführer jedenfalls bereit, am weiteren Verfahren aktiv mitzuwirken.

Zur Zurückverweisung der Angelegenheit an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl:

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenen des § 66 Absatz 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung der mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Absatz 3 2. Satz VwVGV [(vgl. VwGH 19.11.2009, 2008/07/0167: Tatsachenbereich), Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsverfahren, Manz, Anmerkung 2 und 11, Seiten 150 und 153f].

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:

Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.

Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.

Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt demnach die genannte Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlich meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzlich meritorische Entscheidungskompetenz. Vielmehr verlangt das in § 28 leg. cit. normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063).

Die verwaltungsgerichtliche meritorische Entscheidungszuständigkeit hält grundsätzlich hintan, dass die Erledigung eines von einer Verwaltungsbehörde eingeleiteten Verfahrens erst nach einem längeren Zeitraum hinweg in einer Art eines "Pingpongspiels" erfolgenden Wechsels zwischen verwaltungsgerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Entscheidungen erfolgen kann. Zudem wird nur ein solches Verständnis der mit der Etablierung der Verwaltungsgerichte erfolgenden Zielsetzung gerecht, den Anforderungen der EMRK sowie denen des Rechts der Europäischen Union im Bereich des Verwaltungsrechtsschutzes zu entsprechen. Zum einen ist aufgrund dieser Anforderungen bei der Interpretation der sich aus § 28 Abs. 3 VwGVG für die meritorische Entscheidungskompetenz ergebenden Ausnahmen ohnehin auch das grundsätzlich zu einer restriktiven Sicht dieser Ausnahmen führende Gebot einer angemessenen Verfahrensdauer zu berücksichtigen. Zum anderen ist nicht zu übersehen, dass auf dem Boden der meritorischen Entscheidungskompetenz getroffene Entscheidungen der Verwaltungsgerichte grundsätzlich eine verlässliche Gewähr dafür bieten, dass den von diesen Vorgaben an die behördliche Entscheidungskompetenz gerichteten Anforderungen entsprochen wird (vgl. VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063).

§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.

Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall unterblieben und ist die belangte Behörde nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichtes ihrer Pflicht zur Durchführung notwendiger Ermittlungen des Sachverhalts nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren (wohl aufgrund der in Aussicht genommenen zurückweisenden Entscheidung) in qualifizierter Weise unterlassen worden, dies aus folgenden Erwägungen:

Das Bundesamt führte mit dem Beschwerdeführer, dessen Verfahren auf internationalen Schutz bereits im Jahr 2016 negativ abgeschlossen worden war, weder bzgl. des Antrags im April noch jenes im Dezember 2018 eine persönliche Einvernahme durch. Nach Einbringung des gegenständlichen zweiten Antrags fragte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sogar schriftlich an, ob die Behörde noch weitere Unterlagen oder Informationen benötige (AS 77). Auf diese Anfrage wurde seitens der Behörde jedoch nicht geantwortet.

Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Verfahren nicht einmal einen Verbesserungsauftrag zur Einbringung einer Kopie der Geburtsurkunde gemäß § 13 Abs. 3 AVG erlassen. Durch die Vorlage der Übersetzung der Geburtsurkunde (AS 55) hätte das Bundesamt jedenfalls Ermittlungen dahingehend anstellen müssen, ob der Beschwerdeführer nun im Besitz eines seine Identität beweisenden Dokuments ist, zumal dies der Grund für die Zurückweisung des Erstantrags vom XXXX 2018 war.

Der Verwaltungsgerichtshof hat betont, dass jene Gesichtspunkte, die die Frage der Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich betreffen, nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden können (Hinweis Erkenntnisse vom 19. Februar 2013, 2012/18/0230, und vom 22. Jänner 2014, 2013/21/0135, jeweils mwN), und der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks [dort: bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen] insbesondere auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 MRK relevanten Umstände besondere Bedeutung zukommt (Hinweis E vom 16. Oktober 2014, Ra 2014/21/0039, mH auf die Erkenntnisse vom 14. Juni 2012, 2011/21/0278, und vom 22. Jänner 2014, 2013/21/0198). Mangels einer persönlichen Einvernahme des Beschwerdeführers hat sich das Bundesamt nicht in einem für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG ausreichenden Maße mit der Lebenssituation des Beschwerdeführers (insb. im Hinblick auf die Kriterien des § 9 Abs. 2 BFA-VG) auseinandergesetzt. Nicht einmal die Einräumung eines schriftlichen Parteiengehörs ist unter Zugrundelegung der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geeignet, um den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln.

Nach der aktuellen restriktiven Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu § 28 Abs. 3 VwGVG ist die Zurückverweisung dann gerechtfertigt, wenn sich die Behörde offenkundig notwendiger Erhebungen entledigen und diese auf das Bundesverwaltungsgericht übertragen wollte (VwGH vom 06.11.2018, Ra 2017/01/0292) bzw. seitens des Gerichts in Relation zu den Ermittlungsanstrengungen des Bundesamt nicht "lediglich ergänzende Ermittlungen" vorzunehmen wären (VwGH vom 10.09.2018, Ra 2018/19/0172).

Zusammenschauend ist festzuhalten, dass gegenständlich besonders gravierende Ermittlungslücken vorliegen, da eine persönliche Einvernahme des Beschwerdeführers unterblieben ist und sohin die Beurteilung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers nicht ermittelt wurde. Dies wäre jedoch jedenfalls notwendig gewesen, um den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 58 Abs. 10 AsylG als unzulässig zurückweisen zu können. Ohne jegliche Ermittlungen diesbezüglich kann jedenfalls keine mögliche Veränderung festgestellt werden.

Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die notwendige Ermittlung des Sachverhalts unterlassen hat, war der Bescheid zu beheben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückzuverweisen.

Im fortgesetzten Verfahren wird sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit dem vom Beschwerdeführer gestellten Antrag mittels ergänzender Ermittlungen auseinanderzusetzen haben und wird ein nachvollziehbar begründeter Bescheid zu ergehen haben.

Sollte die Behörde im Rahmen ihres durchzuführenden Ermittlungsverfahrens zu dem Schluss kommen, dass der Beschwerdeführer möglichweise einen Aufenthaltstitel nach § 56 AsylG benötigt, so wird sie den Beschwerdeführer über diesen Umstand zu belehren haben gemäß § 58 Abs. 6 AsylG und ihn dazu auffordern müssen, die notwendigen Unterlagen einzubringen.

Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Beurteilung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - nicht im Sinne des Gesetzes liegen.

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.

Da der maßgebliche Sachverhalt in concreto noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Verwaltungsbehörde (lediglich) an die rechtliche Beurteilung des gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG aufhebenden und zurückverweisenden Beschlusses des Verwaltungsgerichtes gebunden ist (s. § 28 Abs. 3, 3. Satz VwGVG; vgl. auch z.B. VwGH 22.12.2005, Zl. 2004/07/0010, VwGH 08.07.2004, Zl. 2003/07/0141 zu § 66 Abs. 2 AVG); durch eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG tritt das Verfahren aber in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befunden hatte (Wirkung der Aufhebung ex tunc, s. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) Anm. 14 zu § 28 VwGVG; vgl. auch 22.05.1984, Zl. 84/07/0012), sodass die belangte Behörde das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstattete weitere Parteivorbringen zu berücksichtigen und gemäß § 18 Abs. 1 AsylG gegebenenfalls darauf hinzuwirken haben wird, dass dieses ergänzt bzw. vervollständigt wird (vgl. BVwG 28.01.2014, W108 1433990-1/4E).

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG sind im gegenständlichen Fall erfüllt, zumal aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid zu Gänze aufzuheben ist.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben (vgl. dazu insb. Notwendigkeit einer der Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht VwGH 09.05.1996, Zl.95/20/0380). Zur Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist die zur asylrechtlichen Ausweisung ergangene zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übertragbar. Die fehlenden Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung des Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 ergeben sich aus durch den klaren Wortlaut der Bestimmung eindeutig umschriebenen Sachverhaltselementen, deren Vorliegen im Fall des Beschwerdeführers nicht einmal behauptet wurden. Die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat knüpft an die zitierte Rechtsprechung zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides an.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W220.1437489.4.00

Im RIS seit

08.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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