TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/19 W262 2221067-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.06.2020
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Entscheidungsdatum

19.06.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W262 2221067-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Claudia MARIK sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 27.06.2019, OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin ist seit 28.09.2016 Inhaberin eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. und der Zusatzeintragung „Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese“.

Die Beschwerde gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (in der Folge als „belangte Behörde“ bezeichnet) vom 07.02.2017, mit dem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den abgewiesen wurde, wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.03.2017, W201 2150054-1/3E, als unbegründet abgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin beantragte am 18.02.2019 bei der belangten Behörde die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO und legte ein Konvolut an medizinischen Unterlagen und Befunden vor.

Auf dem Antragsformular der belangten Behörde findet sich folgender Hinweis:

„Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel‘ sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel‘ in den Behindertenpass.“

3. Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 09.05.2019 erstatteten Gutachten vom 24.05.2019 wurden als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1

Somatisierungsstörung, phobischer Schwankschwindel, ängstlich depressive Störung.

2

Schmerzsyndrom der Wirbelsäule.

3

Aortenklappenstenose – erfolgreich operiertes Vitium 8/15.

4

Bluthochdruck.

zugeordnet und festgestellt, dass es zu keiner Änderung im Vergleich zum Vorgutachten gekommen sei.

Zu den Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde von der befassten Sachverständigen ausgeführt, dass bei der Beschwerdeführerin keine erheblichen Einschränkungen der Extremitäten vorliegen würden, eine relevante Gangunsicherheit nicht objektiviert werden könne und eine diesbezüglich erheblich erschwerte Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel daher nicht verifizierbar sei. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke sei auch unter Verwendung eines Hilfsmittels zumutbar. Bei unauffälliger Handkraft sei bei der Beschwerdeführerin die Anhaltefunktion gegeben; die behinderungsbedingte Notwendigkeit der aktuell verwendeten Krücken aus nervenfachärztlicher Sicht nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus sei auch die psychische Störung nicht geeignet, eine erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausreichend zu begründen. Schließlich liege auch keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor, welche die Zumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel ausschließen würde.

4. Die belangte Behörde brachte der Beschwerdeführerin in der Folge dieses Sachverständigengutachten im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis und räumte eine zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein. Die Beschwerdeführerin ließ dieses Schreiben unbeantwortet.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27.06.2019 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab. Begründend wurde unter Bezugnahme auf das ärztliche Begutachtungsverfahren im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Das Sachverständigengutachten vom 24.05.2019 wurde der Beschwerdeführerin als Beilage des Bescheides übermittelt. Über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO wurde – soweit ersichtlich – bis dato nicht abgesprochen.

6. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, es sei ihr nicht zumutbar, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, da sie nicht in der Lage sei, 30 Meter zu gehen. Sie bekomme keine Luft mehr und ihr Herzschlag beschleunige sich. Weiters habe sie Wasser in den Füßen und verwende Stützstrümpfe, orthopädische Schuhe und zwei Krücken. Der Weg zu den öffentlichen Verkehrsmitteln sei unmöglich; der Hausarzt sei zwei Kilometer von ihrem Wohnort entfernt.

7. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 09.07.2019 vorgelegt.

8. In der Folge holte das Bundesverwaltungsgericht eine Ergänzung des im Verwaltungsverfahren erstellten Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 24.05.2019 ein. In dem daraufhin erstatteten ergänzenden Aktengutachten vom 08.08.2019 führte die Sachverständige Folgendes aus:

„…

Fragestellung:

Im Hinblick auf das Beschwerdeverfahren (Abl. 42) und insbesondere auf den beigelegten neurologischen Befund vom 27.06.2019 sowie den radiologischen Befund vom 02.07.2019 wird ersucht auszuführen, ob es zu einer Änderung der Einschätzung kommt.

Stellungnahme:

Im Vergleich zu den bereits bei Gutachtenerstellung vom 09.05.2019 vorliegenden Befunden finden sich keine anderen oder neu hinzugekommenen Diagnosen. Ein genauer neurologischer Status ist im aktuellen Befund nicht angeführt. Die hier vorliegende Beschreibung ‚Neurostatus allgemein‘ ergibt keine Änderung zur Untersuchung vom 09.05.2019.

Aus der neurologischen Untersuchung vom 09.05.2019 ergaben sich keine erheblichen Einschränkungen der Extremitäten. Eine nach Einschätzungsverordnung durchgeführte Bewertung ergab daher aus neurologischer Sicht keine Funktionseinschränkungen, die eine erheblich erschwerte Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nachvollziehbar machen würden.

Psychiatrische Leiden, die nach Einschätzungsverordnung eine erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bedingen könnten, sind nicht dokumentiert.

In den vorliegenden Befunden sind auch keine Funktionseinschränkungen dokumentiert, die erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, vorrangig cardiopulmonale Einschränkungen, dokumentieren würden, sodass eine relevante Atemnot bei Belastung nicht nachvollziehbar ist.

Daher ergibt sich keine andere Einschätzung.“

9. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.08.2019 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen drei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben.

Darüber hinaus wurde ausgeführt, dass – sollte sie eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragen – das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden. Das Bundesverwaltungsgericht werde seine Entscheidung auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere.

10. Am 21.08.2019 übermittelte die Beschwerdeführerin einen Befundbericht eines Facharztes für Innere Medizin (Kardiologie, Angiologie) vom 19.08.2019. Eine Stellungnahme dazu wurde nicht abgegeben. Die belangte Behörde ließ das oa. Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes unbeantwortet.

11. Am 09.10.2019 übermittelte die Beschwerdeführerin einen Röntgenbefund eines Facharztes für Radiologie vom 07.10.2019 und ersuchte um Berücksichtigung im Verfahren.

12. In der Folge holte das Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In diesem – nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 12.12.2019 erstatteten – Gutachten vom 20.02.2020 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt (ergänzt durch die Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):

„…

Derzeitige Beschwerden:

‚Kann ohne Krücken überhaupt nicht mehr gehen, weil ich schief bin. Wegen der Herzklappe bekomme ich keine Luft, kann nicht Stiegen steigen, muss 3 bis 4x stehen bleiben und habe Atemnot. Ohne Krücken kann ich gar nicht gehen, bin unsicher, schwanke, kann nicht sehr weit gehen und öffentliche Verkehrsmittel nicht benützen.“

STATUS:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.

Größe 164 cm, Gewicht 80 kg, RR 130/70, Alter: 80 Jahre.

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen.

Thorax: symmetrisch, elastisch, Narbe nach Sternotomie, unauffällig.

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch. Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig.

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten: Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Schulter rechts: diffuse Druckschmerzen und Schwellung im Bereich der rechten Schulter, geringgradig livide Verfärbung wie bei Zustand nach Hämatom, diffuse Bewegungsschmerzen, kein Hinweis für komplette Ruptur der Rotatorenmanschette. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern S und F rechts 0/100, links 0/140, Rotation rechts endlagig eingeschränkt, links frei, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich, Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar, Feinmotorik geringgradig eingeschränkt. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig, Nacken- und Schürzengriff sind rechts endlagig eingeschränkt, links uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten: Freies Stehen sicher möglich, Zehenballenstand und Fersenstand beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar. Romberg ohne Anhalten möglich, leicht unsicher, Unterberger nicht durchgeführt. Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke wird nicht durchgeführt. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident. Die Durchblutung ist ungestört, diskrete Ödeme beidseits, kein postthrombotisches Syndrom, keine trophischen Störungen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Fuß links: Druckschmerz über dem Schaft des Os metatarsale V links mit geringgradiger Konturverbreiterung, sonst unauffälliges Fußgewölbe.

Hüftgelenke, Kniegelenke und Sprunggelenke beidseits: unauffällig. Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule: Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, deutlich Hartspann, kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule.

Aktive Beweglichkeit: HWS: in allen Ebenen frei beweglich, BWS/LWS: FBA: 10 cm, in allen Ebenen frei beweglich, Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität — Gangbild: Kommt selbständig gehend mit orthopädischen Schuhen mit 2 Unterarmstützkrücken, das Gangbild ist im Untersuchungszimmer mit einer Krücke und mit Anhalten breitspurig, nicht hinkend, leicht vorgeneigt, Gesamtmobilität zwar etwas verlangsamt, jedoch insgesamt harmonisch. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt, teilweise mit Hilfe.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig, Stimmungslage dysphorisch.

STELLUNGNAHME:

ad 1) Diaqnosenliste

1) Somatisierungsstörung, phobischer Schwankschwindel, ängstlich depressive Störung;

2) degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, rezidivierende Lumbalgie;

3) Aortenklappenstenose - erfolgreich operiertes Vitium;

4) Bluthochdruck;

5) Abnützungserscheinungen rechte Schulter, Tendinitis calcarea.

ad 2) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren oder oberen Extremitäten vor?

Nein. Im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke liegen keine Funktionseinschränkungen vor. Bei Zustand nach Fraktur im Bereich des linken 5. Mittelfußknochens im Schaftbereich liegt zwar eine Umfangsvermehrung wie bei Kallusbildung vor, es konnten jedoch weder eine Stufenbildung noch eine Veränderung des Fußgewölbes festgestellt werden, funktionell konnte kein Defizit erkannt werden, daher liegen keine behinderungsrelevanten Dauerfolgen vor, welche eine erhebliche Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten bewirken könnten. Ein neurologisches Defizit konnte aktuell nicht festgestellt werden, eine Änderung zum neurologischen Facharztgutachten vom 08.08.2019 ist nicht durch aktuelle Befunde belegt und nicht objektivierbar. Ein maßgebliches muskuläres Defizit konnte nicht festgestellt werden, ausreichend gute Bemuskelung liegt vor. Eine Durchblutungsstörung konnte nicht festgestellt werden. Bei Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose links konnte kein postthrombotisches Syndrom festgestellt werden. Eine Beinlängendifferenz ist nicht gegeben. Eine höhergradige Gangbildbeeinträchtigung oder Gangunsicherheit ist weder nachvollziehbar noch durch geeignete Befunde belegt.

Eine maßgebliche Komorbidität der oberen Extremitäten liegt nicht vor. Die geringgradige bis mäßige funktionelle Einschränkung im Bereich der rechten Schulter bei Abnützungserscheinungen mit Bursitis und Tendinitis calcarea, derzeit unter Therapie mit Stoßwellenbehandlung, führten zu keinen erheblichen Funktionseinschränkungen, im Bereich der linken oberen Extremität liegen keine erheblichen Funktionseinschränkungen vor. Anhand vorliegender Befunde und durchgeführter allgemeinmedizinischer und orthopädischer Begutachtung liegen aus medizinischer Sicht keine Funktionseinschränkungen vor, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 - 400 m erheblich erschweren könnten. Therapierefraktion liegt nicht vor. Insbesondere ist eine Intensivierung der analgetischen Behandlung möglich, derzeit wird eine Behandlung mit Seractil bis zu dreimal täglich und Tramal bei Bedarf eingenommen.

ad 3) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?

Nein. Bei Zustand nach Aortenklappenstenosen-Operation mit Aortenklappenersatz konnte am 19.08.2019, Befund Dr. XXXX , ein gutes postoperatives Ergebnis dokumentiert werden. Bei der klinischen Untersuchung konnten keine cardiopulmonalen Dekompensationszeichen festgestellt werden. Es liegen keine relevanten Beinödeme vor, keine klinischen Zeichen einer Belastungsdyspnoe, weder beim Auskleiden und Ankleiden noch beim Gehen.

ad 4) Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vor?

Nein. Auf das neurologische Facharztgutachten vom 08.08.2019 wird verwiesen. Eine maßgebliche Verbesserung oder Verschlimmerung ist klinisch nicht objektivierbar und nicht durch entsprechende Befunde belegt.

ad 5) Liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

ad 6) Liegt eine hochgradige Sehbehinderung bzw. Blindheit oder Taubblindheit vor?

Nein.

ad 7) Stellungnahme zu den im Rahmen der Beschwerde, Abl. 42, erhobenen Einwendungen, sie könne keine 30 m gehen, habe Wasser in den Füßen, müsse Stützstrümpfe tragen, orthopädische Schuhe und 2 Unterarmstützkrücken verwenden, bekomme keine Luft und habe Schwankschwindel.

Nicht mehr als 30 m gehen zu können, ist anhand vorgenommener Untersuchung und vorgelegter Befunde nicht nachvollziehbar. Aus allgemeinmedizinischer und orthopädischer Sicht liegt im Bereich der unteren Extremitäten keine maßgebliche Funktionseinschränkung vor. Hinsichtlich neurologischer und psychiatrischer Leiden wird auf das Facharztgutachten vom 08.08.2019 verwiesen. Eine maßgebliche Verschlimmerung ist nicht dokumentiert. Eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit, insbesondere eine maßgebliche cardiopulmonale Einschränkung, ist nicht belegt, vielmehr konnte eine gute systolische Pumpfunktion dokumentiert werden (Befund 19.08.2019). Diskrete Beinödeme, bei der aktuellen Untersuchung feststellbar, führen zu keiner Änderung der Beurteilung, eine maßgebliche kardiale Funktionseinschränkung liegt nicht vor, Atemnot bei Belastung ist nicht nachvollziehbar und nicht objektivierbar. Orthopädische Schuhe zu tragen, führt zu keiner erheblichen Erschwernis beim Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, vielmehr zu einer Erleichterung. Das behinderungsbedingte Erfordernis der ständigen Verwendung von 2 Unterarmstützkrücken ist aus allgemeinmedizinischer und orthopädischer Sicht nicht nachvollziehbar, es konnte im Status kein Hinweis für eine maßgebliche Unsicherheit festgestellt werden.

ad 8) Stellungnahme zu den vorgelegten Befunden Abl. 10-17, 39-40, OZ 5 und 6, und allfälligen zur Untersuchung mitgebrachten Befunden.

Abl. 40 Röntgen gesamte Wirbelsäule 02.07. 2019 (HWS: Bandscheibenräume C4 bis C7 mäßig verschmälert, Spondylose der mittleren und caudalen BWS Bandscheibenraumverschmälerung L1 bis L3, ausgeprägte brückenbildende deformierende Spondylose thoracolumbal bis L3, Fehlhaltung) — steht nicht in Widerspruch zu getroffener Beurteilung.

Abl. 40 Rückseite Röntgen linke Vor- und Mittelfuß vom 02.07.2019 (Hammerzehen 2-3, posttraumatischer Zustand mit Deformität IV und V, mäßig vermehrte Sklerosierung der Fußwurzel, Osteoporose) — kein Hinkmechanismus feststellbar.

Abl. 39 + Rückseite, Befund Dr. XXXX Fachärztin für Neurologie 27.06.2019 (derzeit Entwässerungstherapie, verstärkte Inkontinenz, geht mit 2 Unterarmstützkrücken, Gehstrecke reduziert, Mobilität in den letzten Jahren auch wegen der kardialen Erkrankungen stärker zurückgegangen).

Diagnosen: Depressio, Verdacht auf CTS links, schwere Somatisierungsstörung, chronische Lumboischialgie mit radikulärem … Syndrom, Zustand nach Sturz mit Prellungen der BWS und Kompressionsfraktur … 1, Zustand nach Fraktur des linken Mittelfußes 2013, phobischer Schwankschwindel, fragliche Polymyalgia rheumatica, chronisches Cervicalsyndrom mit radikulärem C5 Syndrom, Arthrose beide Hände, Osteoporose. Patientin trägt orthopädisch unterstütztes Schuhwerk, 2 Unterarmstützkrücken, kommt in Begleitung. Ohne Gehhilfe unsicher und instabil, Gangunsicherheit mit Schwankschwindel, Unterstützung im Haushalt erforderlich. Schwellung der Beine, kardiale Ursache, körperlich schlecht belastbar und überfordert, nach einigen Metern Gehstrecke Dyspnoe) — maßgebliche orthopädische Leiden mit höhergradigen Funktionseinschränkungen bzw. cardiopulmonalen Leiden mit maßgeblicher Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit sind nicht objektivierbar.

Abl. 17 Befund Dr. XXXX Facharzt für Neurologie 14.02.2019 (Gehfähigkeit deutlich beeinträchtigt, außer Haus Rollmobil, in der Wohnung Stock, teilweise ohne Anhalten, Dyspnoe, generalisierte Angststörung) — eine höhergradige Einschränkung der Gesamtmobilität ist nicht objektivierbar, siehe aktuelle Gangbildbeschreibung.

Abl. 16 Labor 22.01. 2019 (D-Dimer 0,79) — Befund nicht aktuell.

Abl. 15 Notfallprotokoll Krankenhaus XXXX 19.01. 2019 (Verdacht auf tiefe Beinthrombose linke untere Extremität, Bandage, Lovenox) — kein Hinweis für Thrombose oder Prothrombotisches Syndrom.

Abl. 11-14 Gutachten zum Antrag auf Erhöhung des Pflegegeldes, derzeit Pflegegeldstufe 1 vom 09.08.2011 (Ganzkörperschmerz, mehrmaliges durchuntersuchen, Verdacht auf Polymyalgie rheumatica, mit Aprednislon fast beschwerdefrei. Diagnose: ausgeprägte depressive Verstimmung, Schmerzsymptomatik. Kein ausreichender Pflegebedarf, laut ärztlichem Dienst: 1) — keine neuen Informationen.

Befunde: Röntgen rechte Schulter und Weichteilsonographie rechte Schulter vom 07.10.2019 (Zeichen eines Impingements durch Acromionsporn, geringer Humeruskopfhochstand rechts, Zeichen einer Tendinitis calcarea rechts und Omarthrose rechts, deutliche AC-Gelenksarthrose rechts. Sonografie: Zeichen Bursitis und Tendovaginitis der langen Bizepssehne, Tendinitis calcarea, Supraspinatussehne, kein Hinweis auf Ruptur der Rotatorenmanschette) — keine höhergradige Funktionseinschränkung vorliegend.

Befund Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin 19.08.2019 (Kontrolluntersuchung bei Belastungsdyspnoe unverändert, Zustand nach biologischem Aortenklappenersatz 08/2016, Coronarangiographie 2015: nicht signifikante coronare Herzkrankheit, Hypertonie, Hypercholesterinämie, zerebrale arterielle Verschlusskrankheit, kompletter Linksschenkelblock, Depressio. Bei zunehmender Belastungsdyspnoe und eingeschränkter diastolischer Funktion ist die Bewilligung eines Behindertenparkplatzes medizinisch zu befürworten) – keine Untersuchungsergebnisse über eine höhergradige kardiale funktionelle Einschränkung vorliegend.

Im Rahmen der aktuellen Begutachtung nachgereichte Befunde:

Befund Dr. XXXX Facharzt für Neurologie, 28.11.2019 (Verdacht auf einen Riss der Rotatorenmanschette rechts, Cervikalsyndrom mit radikulärem C7 Syndrom rechts, Gangstörung mit rezidivierenden Stürzen, Depressio, Verdacht auf CTS links, schwere Somatisierungsstörung, chronische Lumboischialgie mit radikulärem L5 Syndrom, Zustand nach Sturz mit Prellung der BWS und Kompressionsfraktur TH 11/2013, Zustand nach Fraktur des linken Mittelfußes 2013, phobischer Schwankschwindel, fragliche Polymyalgia rheumatica, Arthrosen beide Hände, Osteoporose. Aus dem Status: Kraft in der Hüftbeugung gegen grobe Kraft reduziert, Romberg ungerichtetes Schwanken) — der Riss der Rotatorenmanschette rechts konnte nicht nachgewiesen werden, vielmehr liegt eine Verkalkung vor. Jedenfalls konnte keine höhergradige funktionelle Einschränkung festgestellt werden. Ein neurologisches Defizit im Sinne eines C7 Syndroms konnte aktuell nicht festgestellt werden. Eine maßgebliche Gangstörung konnte nicht festgestellt werden, siehe aktuelles Gangbild. Der Verdacht auf CTS links konnte nicht bestätigt werden. Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule ohne feststellbare Lähmungen führen zu keiner höhergradigen Einschränkung. Sämtliche weiteren angeführten Diagnosen führen zu keiner maßgeblichen Einschränkung der Gesamtmobilität. Insbesondere konnten aktuell keine höhergradige Gangunsicherheit und Gangbildbeeinträchtigung festgestellt werden.

Röntgen gesamte Wirbelsäule 04.12.2019 (ausgeprägte Spondylopathia deformans gesamte Wirbelsäule, Spondylophyten vor allem thoracolumbaler Übergang) — bedingen keine höhergradige funktionelle Einschränkung, insbesondere kein neurologisches Defizit.

Befund Knochendichtemessung 05.11.2019 (minimaler T-Score -2,1) — steht nicht in Widerspruch zu getroffener Beurteilung.

Befund Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie 02.12.2019 (Bursitis subdeltoidea rechts, Tendinitis calcarea rechte Schulter, dreimal Stoßwellentherapie) — keine höhergradige funktionelle Einschränkung objektivierbar.

ad 9) Stellungnahme über die konkrete Fähigkeit der BF zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

a) Das Zurücklegen größere Entfernungen, etwa 300 - 400 m, ist, allenfalls unter Zuhilfenahme einer Unterarmstützkrücke, durch objektivierbare funktionelle Einschränkungen nicht erheblich erschwert.

b) Die Zugangsmöglichkeit und Ein- und Aussteigemöglichkeit ist nicht erheblich erschwert, weder konnte ein muskuläres noch ein neurologisches Defizit festgestellt werden, ausreichender Bewegungsumfang sämtlicher Gelenke der unteren und oberen Extremitäten liegen vor.

c) Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen sind bewältigbar, vorliegende Befunde und Untersuchungsergebnisse stehen nicht in Widerspruch dazu.

d) Ausreichend sicheres Stehen konnte festgestellt werden.

e) Maßgebliche Schwierigkeiten bei der Sitzplatzsuche können durch vorliegende Befunde nicht belegt werden.

f) Maßgebliche Schwierigkeiten bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt sind nicht ausreichend begründbar, insbesondere wird auf den orthopädischen Status und das Gangbild verwiesen.

g) Anhand des beobachteten Gangbilds, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und des derzeitigen Therapieerfordernisses (NSAR) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren.

ad 10) Stellungnahme zu GA vom 24.5.2019 und Ergänzungsgutachten vom 8.8.2019:

Keine Änderung.

ad 11) Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.“

13. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.03.2020 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen angemessenen Frist eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass – sollte die Beschwerdeführerin eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragen – das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden. Das Bundesverwaltungsgericht werde seine Entscheidung auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere.

Beide Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist seit 28.09.2016 Inhaberin eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. und der Zusatzeintragung „Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese“.

Die Beschwerdeführerin brachte am 18.02.2019 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO ein, welcher auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gewertet wurde.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Somatisierungsstörung, phobischer Schwankschwindel und ängstlich depressive Störung;

2) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit rezidivierender Lumbalgie;

3) Aortenklappenstenose mit erfolgreich operiertem Vitium;

4) Bluthochdruck;

5)

Abnützungserscheinungen der rechten Schulter, Tendinitis calcarea.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen, ihrer Art und Schwere sowie ihrer Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 24.05.2019 samt vom Bundesverwaltungsgericht eingeholtem ergänzenden Aktengutachten vom 08.08.2019 sowie in dem vom Bundesverwaltungsgericht in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 20.02.2020 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen trotz Abnützungserscheinungen der rechten Schulter und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit rezidivierender Lumbalgie keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten oder der Wirbelsäule, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken.

Die Beschwerdeführerin ist in der Lage, kurze Wegstrecken, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 Metern, allenfalls unter Verwendung von Hilfsmitteln (Unterarmstützkrücke), aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurücklegen. Die Gesamtmobilität der Beschwerdeführerin ist zwar etwas verlangsamt, aber insgesamt harmonisch, sodass bei ausreichender Stand- und Gangsicherheit der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht eingeschränkt ist.

Der Beschwerdeführerin sind das Ein- und Aussteigen bzw. die Überwindung von Niveauunterschieden möglich, da ein ausreichender Bewegungsumfang der Gelenke der unteren Extremitäten besteht. Das Erreichen und sichere Benützen von Haltegriffen ist trotz Abnützungserscheinungen der rechten Schulter bei bestehender Beweglichkeit und Handkraft nicht beeinträchtigt, zumal die Greif- und Haltefunktion beidseits erhalten ist.

Das Stehen in öffentlichen Verkehrsmitteln und die Sitzplatzsuche sind uneingeschränkt möglich, zumal die Verwendung von zwei Unterarmstützkrücken medizinisch nicht indiziert ist. Schwierigkeiten, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt erheblich erschweren würden, liegen nicht vor.

Es bestehen weiters keine Anhaltspunkte für eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit. Es besteht keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.

Es bestehen auch keine erheblichen Einschränkungen der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten und Funktionen. Seitens der Beschwerdeführerin wurde lediglich ein nervenärztlicher Befund vom 06.07.2018 vorgelegt, der ein chronisches Schmerzsyndrom, eine Angststörung, eine Soziophobie und eine Depressio beschreibt. Eine medikamentöse Therapie wurde etabliert. Es bestehen deutliche Therapiereserven (engmaschige nervenärztliche Kontrollen, Etablierung einer Psychotherapie, stationäre Aufenthalte an einer Fachabteilung). Anhand des von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befundes und der darin enthaltenen – lediglich medikamentösen – Therapieempfehlung lässt sich keine derartige Ausprägung der diagnostizierten Funktionseinschränkungen feststellen, welche die sichere Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf erhebliche Weise erschwert.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit. Die von der Beschwerdeführerin monierte belastungsbedingte Atemnot konnte anhand der vorgelegten Befunde und der klinischen Untersuchungen nicht objektiviert werden. Insbesondere liegen weder eine arterielle Verschlusserkrankung noch eine erhebliche Funktionseinschränkung des Herzens vor. Auch besteht keine schwer ausgeprägte Lungenerkrankung (z.B. Lungengerüsterkrankung unter Langzeitsauerstofftherapie, chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung im Stadium IV mit Langzeitsauerstofftherapie, Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie).

Insgesamt spricht unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen der Beschwerdeführerin aus medizinischer Sicht nichts gegen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses sowie zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrages und dessen Wertung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

2.2. Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen sowie zum Nichtvorliegen erheblicher – die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkender – Funktionseinschränkungen gründen sich auf das von der Behörde eingeholte, nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin erstattete Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 24.05.2019 samt ergänzendem Aktengutachten vom 08.08.2019 sowie auf das Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 20.02.2020 (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen in diesen Gutachten verwiesen).

Im Sachverständigenbeweis wurde auf die Art und Schwere der Leiden der Beschwerdeführerin sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die befassten Sachverständigen legten unter Berücksichtigung der festgestellten Leidenszustände nachvollziehbar dar, warum der Beschwerdeführerin aus medizinischer Sicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.

Anhand der Art und Schwere der festgestellten Gesundheitsschädigungen konnten den Gutachten zufolge weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten, der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten und Funktionen sowie der körperlichen Belastbarkeit, noch eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems objektiviert werden. Bei ihren Einschätzungen konnten sich die Sachverständigen insbesondere auf die von ihnen erhobenen klinischen Untersuchungsbefunde einschließlich des festgestellten Gangbilds und die im Verfahren vorgelegten Befunde stützen.

Die Einwendungen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde bzw. des Parteiengehörs waren nicht geeignet, den vorliegenden Sachverständigenbeweis in Zweifel zu ziehen und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen, zumal diese von den befassten Sachverständigen in ihren Gutachten gehörig gewürdigt und mittels einer ebenso ausführlichen wie schlüssigen Begründung in fachlicher Hinsicht entkräftet wurden. Diesbezüglich wurde insbesondere ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der angeführten Beschwerden keine Befunde vorliegen würden, welche eine schwere Kurzatmigkeit bzw. starken Schwindel dokumentieren würden. Hinsichtlich der angegebenen neurologisch/psychiatrischen Funktionseinschränkungen seien die vorhandenen Therapiereserven bislang nicht annähernd ausgeschöpft.

Die Sachverständigen begründen nachvollziehbar, dass keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vorliegen, welche die Mobilität erheblich einschränken, weshalb keine maßgebliche Erschwernis bei der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel begründet werden konnte. Insofern können kurze Wegstrecken allein ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Die im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht befasste Sachverständige führt schlüssig aus, dass aus unfallchirurgisch-allgemeinmedizinischer Sicht das Verwenden von zwei Unterarmstützkrücken nicht notwendig ist und das Überwinden von Niveauunterschieden und insbesondere das sichere Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel gewährleistet sind. Diese Beurteilung deckt sich auch mit den diesbezüglichen Ausführungen der von der belangten Behörde herangezogenen neurologischen Sachverständigen, welche auch vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen eines Ergänzungsgutachtens befasst wurde. Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte belastungsbedingte Atemnot konnte im gesamten Verfahren von den Sachverständigen weder durch Befunde noch durch die klinischen Untersuchungen objektiviert werden. Die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogene Sachverständige für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin hat zwar Abnützungserscheinungen der rechten Schulter und Tendinitis calcarea als zusätzliche Funktionseinschränkungen im Vergleich zu den Vorgutachten in die Diagnosenliste aufgenommen, gleichzeitig aber festgehalten, dass auch durch diese Funktionseinschränkungen in der Schulter keine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel begründet wird.

Ein Beschwerdevorbringen, das geeignet wäre, die im Rahmen der persönlichen Untersuchungen durch die Sachverständigen getroffenen Einschätzungen zu entkräften, wurde nicht erstattet. Die Beschwerdeführerin, der es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zufolge freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen ihrer Wahl die getroffenen Einschätzungen der herangezogenen Sachverständigen zu entkräften, ist den Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Sie hat sich im Rahmen des Parteiengehörs auch nicht mehr dazu geäußert.

Auch die von der Beschwerdeführerin am 21.08.2019 und 09.10.2019 bzw. anlässlich der neuerlichen Begutachtung am 12.12.2019 nachgereichten Befunde führten zu keiner Änderung der Einschätzung

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der vorliegenden Sachverständigengutachten. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Zur Wertung des Anbringens vom 18.02.2019

Im vorliegenden Fall wurde die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 18.02.2019 auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO von der belangten Behörde auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gewertet. Dazu ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen.

Demnach ist bei der Beurteilung von Parteienanbringen grundsätzlich das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes maßgebend und es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss, wobei Parteienerklärungen im Zweifel nicht so auszulegen sind, dass ein von vornherein aussichtsloses Rechtsschutzbegehren unterstellt wird (VwGH 24.07.2008, 2008/07/0060 mwH).

Dabei sind Parteienerklärungen im Zweifel so auszulegen, dass die sie abgebende Partei nicht um ihren Rechtsschutz gebracht wird (VwGH 19.05.1994, 92/07/0070), und es ist der Behörde nicht gestattet, einem unklaren Antrag von vornherein einen für den Antragsteller ungünstigen Inhalt zu unterstellen (VwGH 16.12.1992, 89/12/0146). In einem solchen Fall hat die Behörde vielmehr von Amts wegen den wahren Willen der Partei und damit den Gegenstand des Anbringens von Amts wegen zu ermitteln und klarzustellen (VwGH 27.07.1994, 90/10/0046).

Im vorliegenden Fall wurde von der Beschwerdeführerin am 18.02.2019 ein Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO eingebracht. Dieses Anbringen wurde von der belangten Behörde – wie sich zweifelsfrei aus dem angefochtenen Bescheid ergibt – auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gewertet. Im Übrigen findet sich diesbezüglich im Antragsformular ein ausdrücklicher Hinweis (vgl. dazu Punkt I.1.).

Nach Ansicht des erkennenden Gerichts wurde die Beurteilung des Parteienanbringens seitens der belangten Behörde schon deshalb in nachvollziehbarer Weise vorgenommen, weil die Beschwerdeführerin mit ihrer Eingabe erkennbar das Ziel verfolgt hat, letztlich in den Genuss der Berechtigungen nach § 29b Abs. 2 bis 4 StVO zu kommen. Angesichts des Umstands, dass dies ausschließlich Inhabern eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz möglich ist, die bereits über die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ verfügen, wurde das Anbringen seitens der belangten Behörde im Lichte einer rechtsschutzfreundlichen und für das Ziel der Beschwerdeführerin günstigen Weise ausgelegt.

Die Beschwerdeführerin ist der Wertung ihres Anbringens – ausweislich des Verwaltungsaktes – weder im vorangegangenen Verwaltungsverfahren noch im Rahmen der Beschwerde entgegengetreten.

Die Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, dass das Anbringen der Beschwerdeführerin vom 18.02.2019 auf die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass und letztlich auf die Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO gerichtet war.

Ausgehend von dieser Wertung des Anbringens durch die belangte Behörde ist aus Sicht des erkennenden Gerichts allerdings nicht nachvollziehbar, dass über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht (auch) – entweder im Rahmen eines gesonderten Bescheides oder im Wege eines zusätzlichen Spruchpunkts im angefochtenen Bescheid – abgesprochen wurde.

3.3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

„§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(…)“

„§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

(…)“

„§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.“

„§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“

3.3.2. Die in Ausübung der Ermächtigung des § 47 BBG erlassene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist am 01.01.2014 in Kraft getreten und wurde mit 22.09.2016, BGBl. II Nr. 263/2016, novelliert. § 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise:

„§ 1. …

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-        erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten

-        erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-        erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-        eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-        eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

…“

3.3.3. In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 (vormals: § 1 Abs. 2 Z 3) – soweit relevant – insbesondere Folgendes ausgeführt:

„Zu § 1 Abs. 2 Z 3:

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Die Voraussetzung des vollendeten 36. Lebensmonats wurde deshalb gewählt, da im Durchschnitt auch ein nicht behindertes Kind vor dem vollendeten 3. Lebensjahr im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Wegstrecken nicht ohne Begleitung selbständig gehen kann.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes ‚dauerhafte Mobilitätseinschränkung‘ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe ‚erheblich‘ und ‚schwer‘ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

- anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),

- schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

- fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

- selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.“

3.4.1. Nach der (noch zur Rechtslage nach der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl. 86/1991, ergangenen) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Behörde, um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung“ regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 20.04.2004, 2003/11/0078 [= VwSlg. 16.340 A/2004]; VwGH 01.06.2005, 2003/10/0108; VwGH 29.06.2006, 2006/10/0050; VwGH 18.12.2006, 2006/11/0211; VwGH 17.11.2009, 2006/11/0178; VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142; VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128; VwGH 17.06.2013, 2010/11/0021; VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013; VwGH 27.01.2015, 2012/11/0186; VwGH 01.03.2016, Ro 2014/11/0024; VwGH 21.06.2017, Ra 2017/11/0040, je mwN).

Ein Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob die Antragstellerin dauernd an ihrer Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321 [= VwSlg. 15.577 A/2001]). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit der Beschwerdeführerin zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie etwa die Entfernung des Wohnortes der Beschwerdeführerin vom nächstgelegenen Bahnhof (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).

3.4.2. Diese (zur Rechtslage vor Erlassung der Verordnung BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016 ergangene) Rechtsprechung ist zur Beurteilung der Voraussetzungen der Zusatzeintragung nach § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen unverändert von Bedeutung. Dies folgt bereits daraus, dass die zitierte Verordnungsbestimmung jene rechtlich relevanten Gesichtspunkte der Benützung eines Verkehrsmittels, auf die die bisherige Rechtsprechung abstellt (Zugangsmöglichkeit, Ein- und Aussteigemöglichkeit, Stehen, Sitzplatzsuche etc.), nicht modifiziert oder beseitigt hat, sondern weiterhin auf den Begriff der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abstellt und lediglich ergänzend regelt, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen „insbesondere“ als solche in Betracht kommen, die die Unzumutbarkeit nach sich ziehen könne

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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