Entscheidungsdatum
19.06.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W238 2223772-1/8E
Im namen der Republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Lange Gasse 53, 1080 Wien, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien vom 28.06.2019, OB XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 19.08.2019 betreffend Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerde-vorentscheidung bestätigt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der nunmehrige Beschwerdeführer beantragte am 28.05.2018 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), die Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“. Mit Schreiben vom 16.10.2018 beantragte er die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO.
2. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Orthopädie vom 28.09.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses mit Bescheid der belangten Behörde vom 22.10.2018 gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG abgewiesen, da er mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle.
Ein Abspruch über die weiteren Anträge des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ und Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO erfolgte vorerst nicht.
3. Nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens im Wege der Einholung eines Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Unfallchirurgie vom 22.01.2019 gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen den Bescheid vom 22.10.2018 mit Erkenntnis vom 18.06.2019, W262 2209826-1/8E, Folge und änderte den Bescheid dahingehend ab, dass dem Antrag des Beschwerdeführers vom 28.05.2018 auf Ausstellung eines Behindertenpasses aufgrund eines festgestellten Grades der Behinderung von 50 v.H. stattgegeben wurde.
4. Am 27.06.2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt.
5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28.06.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen. Begründend wurde unter Bezugnahme auf das (im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeholte) medizinische Sachverständigengutachten vom 22.01.2019 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.
6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass das dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte unfallchirurgische Sachverständigengutachten weder nachvollziehbar noch schlüssig sei. Zudem enthalte das Gutachten keine Ausführungen zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Beim Beschwerdeführer würden erhebliche Einschränkungen der Funktionen im Bereich der unteren und der oberen Extremitäten vorliegen. Aufgrund der bestehenden Knieschädigung beidseits sei es dem Beschwerdeführer möglich, eine Wegstrecke von maximal 100 Metern zurückzulegen, wobei die Notwendigkeit der Verwendung von zumindest einer Stützkrücke bestehe. Die Verwendung einer zweiten Stützkrücke sei aufgrund der bestehenden Schulterschädigung beidseits und daraus resultierender Schmerzen nicht möglich. Aufgrund der Schmerzen in den Schultern und in den Händen sowie der damit einhergehenden Kraftlosigkeit sei die Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich. Diesbezüglich wurden Schwierigkeiten beim Anhalten, beim Ein- und Aussteigen, beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt geltend gemacht.
7. Zwecks Überprüfung der Einwendungen wurde seitens der belangten Behörde die gutachterliche Stellungnahme eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 30.07.2019 eingeholt, in der mit näherer Begründung bekräftigt wurde, dass die medizinischen Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung beim Beschwerdeführer nicht vorliegen würden.
8. Im Rahmen des von der belangten Behörde dazu gewährten Parteiengehörs erhob der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 19.08.2019 erneut Einwendungen und legte einen Befund vor. Unter Bezugnahme auf die Leiden des Beschwerdeführers wurde ausgeführt, dass es wegen bestehender Gangunsicherheit zuletzt zu einem Sturz gekommen sei, wobei sich der Beschwerdeführer einen Muskelfaserriss zugezogen habe. Es sei ihm weder möglich noch zumutbar, kurze Wegstrecken ohne fremde Hilfe zurückzulegen. Insbesondere durch die bei ihm vorliegenden schweren Rhizarthrosen sei er schwer beeinträchtigt und daran gehindert, sich in einem öffentlichen Verkehrsmittel anzuhalten; dies insbesondere bei notwendiger Fortbewegung im Verkehrsmittel.
9. Zu diesen Einwendungen wurde seitens der belangten Behörde eine weitere Stellungnahme des bereits befassten Arztes für Allgemeinmedizin vom 19.08.2019 eingeholt. Darin wurde festgehalten, dass der neu vorgelegte Befund eine insgesamt befriedigende Gelenkssituation bei Zustand nach Kniegelenksersatz beidseits ohne Hinweis auf Prothesenlockerung beschreibe und zu keiner Änderung der Einschätzung führe.
10. Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 19.08.2019 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.06.2019 gemäß §§ 41, 42 und 46 BBG iVm § 14 VwGVG abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ nicht vorliegen. Begründend wurde auf die im Zuge der Ergänzung des Ermittlungsverfahrens eingeholten Stellungnahmen eines Arztes für Allgemeinmedizin verwiesen. Die Stellungnahme vom 19.08.2019 wurde dem Beschwerdeführer als Beilage zur Beschwerdevorentscheidung übermittelt.
11. Der Beschwerdeführer brachte fristgerecht einen Vorlageantrag ein. Darin wurde vorgebracht, dass es ihm aufgrund der vorliegenden Leiden – schwere Rhizarthrose beidseits, Handgelenksarthrose beidseits, Omarthrose beidseits, Zustand nach Kniegelenksendoprothese beidseits und Wirbelsäulenleiden – keinesfalls möglich und zumutbar sei, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen. Im Übrigen wurde auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen.
12. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 26.09.2019 vorgelegt.
13. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde eine Begutachtung des Beschwerdeführers durch eine Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin veranlasst. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers erstatteten Gutachten vom 10.01.2020 wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
„STATUS:
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.
Größe 180 cm, Gewicht 79 kg, Alter: 75a
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen.
Thorax: symmetrisch, elastisch.
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.
Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.
Integument: unauffällig.
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Schultergelenk beidseits: äußerlich unauffällig, nicht verkürzt, seitengleiche Bemuskelung, Neer negativ, schmerzhafter Bogen, endlagige Bewegungsschmerzen.
Ellbogengelenke beidseits: unauffällig.
Handgelenk beidseits: mäßige Umfangsvermehrung, Krepitation beim Bewegungsablauf links mehr als rechts, achsengerechte Stellung.
Daumensattelgelenke beidseits: Subluxationsstellung beidseits, Abduktion der Daumen beidseits geschwächt, Opponensfunktion Daumen zum Zeigefinger und zum Kleinfinger beidseits gut möglich, Schlüsselgriff beidseits möglich.
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern F und S beidseits 01/160, Rotation endlagig eingeschränkt, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung frei, Handgelenke S rechts 70/0/50, links 60/0/30, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind endlagig eingeschränkt durchführbar.
Becken und beide untere Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken kurz durchführbar. Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Einbeinsprung mit Anhalten kurz möglich. Die tiefe Hocke ist ansatzweise möglich.
Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident. Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.
Kniegelenk beidseits: Narbe bei Knietotalendoprothese, links geringgradige Instabilität in allen Ebenen mit festem Anschlag, rechts federnd stabil, kein Erguss, Patella beidseits mäßig verbacken, retropatellarer Anpressschmerz.
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit:
Hüften frei, Knie beidseits 0/0/120, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann, Klopfschmerz über der unteren LWS.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen frei beweglich.
BWS/LWS: FBA: 20 cm, Rotation und Seitneigung jeweils 20°.
Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität – Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit 2 Unterarmstützkrücken, das Gangbild ist barfuß im Untersuchungszimmer ohne Gehhilfe nicht hinkend, kleinschrittig, sonst unauffällig, Gesamtmobilität harmonisch. Socken anziehen selbstständig bei unauffälliger Feinmotorik möglich. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.
STELLUNGNAHME:
Ad 1) Auflistung der dauernden Funktionseinschränkungen sowie deren Ausmaß:
1) Höhergradige Rhizarthrose beidseits mit Subluxationsstellung bei erhaltener Opponensfunktion
2) Handgelenksarthrose beidseits mit mittelgradiger Funktionseinschränkung
3) Schultergelenksarthrose beidseits mit mittelgradiger Funktionseinschränkung beidseits bei Zustand nach Luxation links
4) Knietotalendoprothese beidseits mit geringgradiger Instabilität links nach Infekt und Revision und bei stabilem Kniegelenk rechts, geringgradige Einschränkung der Beugefähigkeit beidseits
5) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit geringen funktionellen Einschränkungen, Lumboischialgie links
Ad 2) Beschreibung des Gangbildes, der allfälligen Verwendung von Hilfsmitteln sowie deren Erfordernisse:
Gangbild: selbstständig gehend mit Halbschuhen mit 2 Unterarmstützkrücken, das Gangbild ist barfuß im Untersuchungszimmer ohne Gehhilfe nicht hinkend, kleinschrittig, sonst unauffällig, Gesamtmobilität harmonisch.
Das behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung von 2 Unterarmstützkrücken ist bei ausreichender Stabilität beider unteren Extremitäten, im speziellen beider Kniegelenke, und ohne Hinweis für ein neurologisches Defizit nicht ausreichend begründbar.
Ad 3) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?
Nein.
Im Bereich der Hüftgelenke konnten keine Funktionseinschränkungen festgestellt werden. Im Bereich beider Kniegelenke liegt bei Knietotalendoprothese beidseits ein guter Bewegungsumfang vor. Links konnte nach Revision eine geringgradige Instabilität in allen Ebenen festgestellt werden, jedoch ausreichende muskuläre Kompensation, sodass kein relevanter Hinkmechanismus objektivierbar ist. Rechts konnte keine Instabilität festgestellt werden. Beidseits ausreichende Bemuskelung, sodass auf einen regelmäßigen Gebrauch geschlossen werden kann. Im Bereich der Füße liegen keine über das zivilisatorische Maß hinausgehenden Fußdeformitäten vor. Eine Gehstrecke von rund 10 min, entsprechend einer Entfernung von 300 – 400 m, ist zumutbar und möglich. Aufgrund der stattgehabten Operation im Bereich der Kniegelenke und der Retropatellararthrose liegt eine mäßige Einschränkung der Gehstrecke vor, das Zurücklegen der genannten Wegstrecke ist jedoch nicht erheblich erschwert. Eine Therapierefraktion hinsichtlich der angegebenen Beschwerden ist nicht gegeben, da durch eine Intensivierung der analgetischen medikamentösen Therapie (derzeit WHO Stufenschema 1) und/oder einen stationären Rehabilitationsaufenthalt oder Spitalsaufenthalt eine Beschwerdeerleichterung zu erwarten wäre.
Ad 4) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastung vor?
Nein. Insbesondere konnte keine cardiopulmonale Funktionseinschränkung festgestellt werden.
Ad 5) Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vor?
Nein. Insbesondere konnte kein neurologisches Defizit bei Lumboischialgie objektiviert werden.
Ad 6) Liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein.
Ad 7) Liegt eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor?
Nein.
Ad 8) Stellungnahme über die konkrete Fähigkeit des BF zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
ad a) Entfernungen von 300-400 m sind zumutbar, Knieprothese beidseits ohne maßgebliche Funktionseinschränkung kann eine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen der geforderten Wegstrecke nicht ausreichend begründen.
ad b) Zugangsmöglichkeiten zu öffentlichen Verkehrsmitteln und Ein- und Aussteigmöglichkeiten stellen kein Hindernis dar, es ist sowohl zumutbar, Stufen zu überwinden als auch eine Rolltreppe zu benützen, da ausreichende Beweglichkeit vorliegt und eine unauffällige Standsicherheit beobachtet werden konnte.
ad c) Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen können überwunden werden, ausreichender Bewegungsumfang sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und ausreichende Bemuskelung konnten festgestellt werden. Das Überwinden von Niveauunterschieden ist nicht mit erheblichen Anstrengungen verbunden.
ad d) Erhebliche Schwierigkeiten beim Stehen sind nicht nachvollziehbar, auf den aktuellen Status wird verwiesen.
ad e) Schwierigkeiten bei der Sitzplatzsuche, welche das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren, sind durch vorliegende Funktionsdefizite, im speziellen im Bereich der Kniegelenke, nicht ausreichend begründbar. Von Seiten der Wirbelsäule mit Kreuzschmerzen ausstrahlend in den linken Oberschenkel ohne neurologisches Defizit ist keine maßgebliche Gangbildbeeinträchtigung oder Gangleistungsminderung oder Standunsicherheit abzuleiten.
ad f) Ausreichende Stand- und Gangsicherheit bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt ist gegeben, ausreichend Kraft zum Anhalten liegt vor. Die Beweglichkeit im Bereich der Schultergelenke ist geringgradig eingeschränkt, die dokumentierten Arthrosen im Bereich von Handgelenk und Daumensattelgelenk beidseits erlauben dennoch ein ausreichend sicheres Anhalten, siehe Status mit ausreichend erhaltenen Greiffunktionen.
ad g) Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, können nur indirekt erfasst werden.
Anhand des beobachteten Gangbilds – Gangbild ist nicht hinkend, kleinschrittig, sonst unauffällig – , der sicheren Gesamtmobilität, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und des derzeitigen Therapieerfordernisses (NSAR) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwerten.
Ad 9) Stellungnahme zu sämtlichen im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen:
Abl. 68 Befund Unfallchirurgie 10.8.2019 (Muskelfaserriss linker Oberschenkel non rec., konservative Therapie)
Abl. 65 Röntgen beide Kniegelenke 18.7.2019 (Rechts: Knietotalendoprothese, unauffällig. Links: Knietotalendoprothese, unauffällig. Beidseits Retropatellararthrose, links Verkalkungen am Patellaoberrand)
Abl. 60 Röntgen HWS mit Funktionsaufnahmen und LWS vom 10.3.2019 (HWS: Bewegungseinschränkung C5 bis C7, kein Wirbelgleiten. LWS: geringe Anterolisthese L3/L4 und L4/L5)
Abl. 60 Rückseite Röntgen beide Schultern und beide Vorfüße 10.3.2019 (deutliche Omarthrosis deformans beidseits und mäßige Periarthropathia humeroscapularis beidseits. Hallux valgus beidseits, rechts deutlicher als links, Hallux rigidus beidseits)
Abl. 59 Röntgen beide Hände und Handgelenke 31.10.2018 (hochgradige arthrotische Veränderungen besonders in Karpus, hochgradige Rhizarthrose beidseits)
Abl. 37 Befund UKH Lorenz Böhler 11/2015 (Lux. linke Schulter, konservative Therapie)
Abl. 37 Rückseite MRT Schulter 25.11.2015 (nach vorderer Schulterluxation Hill-Sachs-Delle, vollständige Ruptur der Sehne des Musculus supraspinatus, langstreckige Ablösung des Labrums)
Abl. 25 bis 36 Entlassungsbrief Unfallchirurgie Krankenhaus Korneuburg 20.8.2018 (Kniegelenksarthroskopie bei fraglichem Frühinfekt nach Knietotalendoprothese vor 6 Wochen)
Abl. 24 Befund Dr. XXXX Facharzt für Unfallchirurgie 26.6.2018 (Knietotalendoprothese links, Knietotalendoprothese rechts, Erguss, Punktion linkes Knie, Antibiose)
Abl. 23 Befund Dermatologie Donauspital 15.3.2016 (Erysipel Vorfuß und Oberschenkel rechts, konservative Therapie)
Abl. 22 MRT rechte Hand 4.8.2015 (ausgeprägte Arthrosezeichen im Bereich der Handwurzel mit Knochenmarksödem und Erguss)
Abl. 21. MRT rechte Schulter 9.3.2012 (ausgedehntes chronisches Impingementsyndrom)
Abl. 10 Röntgen linkes Knie und rechtes Knie 29.3.2018 (deutliche Gonarthrose links, Knietotalendoprothese rechts Verkalkung am Patellaoberrand)
Abl. 9 MRT Schädel 12.7.2016 (mäßige mikrovaskuläre Veränderungen, Verdacht auf älteres Infarktareal im Pons)
Abl. 6 MRT rechte Hand 4.8.2015 (ausgeprägte Arthrosezeichen Handwurzel, carpale Instabilität, hochgradige Degeneration an Handwurzelknochen und Daumensattelgelenk)
Abl. 5 dermatologische Ambulanz 14.5.2014 (Exzision Melanom linke Schulter, im Gesunden entfernt)
Abl. 4 Orthopädie Krankenhaus Mistelbach 8.11.2012 (Knietotalendoprothese rechts)
Abl. 3 Befund Dr. XXXX Facharzt für Unfallchirurgie 9.5.2012 (schwere Gonarthrose beidseits, incipiente Omarthrose rechts, Rhizarthrose mit Subluxationsstellung)
Stellungnahme:
Sämtliche Befunde über den Stütz- und Bewegungsapparat, insbesondere über Hand-, Schulter- und Kniegelenke, werden der Beurteilung der beantragten Zusatzeintragung zugrunde gelegt, wobei für die Beurteilung der beantragten Zusatzeintragung die anhand der aktuellen Begutachtung feststellbaren funktionellen Defizite maßgeblich sind.
Ad 10) Stellungnahme zu den im Rahmen der Beschwerde, der Stellungnahme vom 19.8.2019 sowie des Vorlageantrags erhobenen Einwendungen:
Entgegen den Einwendungen konnten unter Beachtung sämtlicher vorliegender Befunde und des aktuellen Untersuchungsergebnisses keine erheblichen Funktionseinschränkungen festgestellt werden. Dass die Gehstrecke wegen der Kniegelenksschädigung auf 100m eingeschränkt sei, ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere wird auf die unauffälligen postoperativen radiologischen Befunde verwiesen und auf den guten Bewegungsumfang.
Die gute Beugefähigkeit spricht gegen eine maßgebliche Retropatellararthrose, sodass auch das Stufensteigen zumutbar und möglich ist. Im Rahmen der aktuellen Begutachtung werden 2 Unterarmstützkrücken verwendet, wobei jedoch die objektivierbaren Funktionseinschränkungen das behinderungsbedingte dauerhafte Erfordernis der Verwendung von 2 Krücken nicht ausreichend begründen können.
Zwar konnten fortgeschrittene Abnützungserscheinungen im Bereich der Handgelenke und Daumensattelgelenke festgestellt werden, es liegt jedoch eine ausreichende Beweglichkeit und auch ausreichende Kraft vor, um sich anzuhalten. Der Faustschluss ist möglich, die Opponensfunktion ist zwischen Daumen und Zeigefinger und auch Daumen und Kleinfinger möglich.
Schwierigkeiten beim Stehen und bei der Sitzplatzsuche und Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt sind nicht in einem Ausmaß gegeben, dass dadurch die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich beeinträchtigt wäre. Insbesondere konnte keine höhergradige Instabilität der Kniegelenke festgestellt werden, auch kein motorisches oder sensibles Defizit, welches zu einer Stand- und Gangunsicherheit führen könnte.
Die Abnützungserscheinungen im Bereich der Wirbelsäule führen zu keinen höhergradigen Funktionseinschränkungen.
Massive Schmerzen aufgrund der Arthrose sind nicht nachvollziehbar, da weder eine erhöhte Krankheitsaktivität festgestellt werden konnte (keine Entzündungszeichen), noch Befunde über regelmäßige fachärztliche oder physiotherapeutische Behandlungen oder eine Intensivierung der analgetischen Therapie vorliegen.
Ad 11) Begründung einer allfälligen zum angefochtenen Gutachten vom 28.9.2018 sowie zu den gutachterlichen Stellungnahmen vom 30.7.2019 und 19.8.2019 abweichenden Beurteilung:
Keine abweichende Beurteilung hinsichtlich beantragter Zusatzeintragung.
Ad 12) Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.
Im Rahmen der aktuellen Begutachtung nachgereichte Befunde:
Röntgen BWS und LWS vom 8.10.2019 (geringgradige degenerative Veränderungen und geringgradige Anterolisthese L4 gegenüber L5) – geringgradiges Wirbelgleiten führt zu keinen höhergradigen funktionellen Einschränkungen, insbesondere zu keinem neurologischen Defizit, sodass durch den nachgereichten Befund (Neuerungsbeschränkung) keine Änderung der Beurteilung beantragter Zusatzeintragung möglich ist.“
14. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.01.2020 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen werde, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere.
15. Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer verfügt über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.
Er stellte am 28.05.2018 einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.
Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1) Höhergradige Rhizarthrose beidseits mit Subluxationsstellung bei erhaltener Opponensfunktion;
2) Handgelenksarthrose beidseits mit mittelgradiger Funktionseinschränkung;
3) Schultergelenksarthrose beidseits mit mittelgradiger Funktionseinschränkung beidseits bei Zustand nach Luxation links;
4) Knietotalendoprothese beidseits mit geringgradiger Instabilität links nach Infekt und Revision und bei stabilem Kniegelenk rechts, geringgradige Einschränkung der Beugefähigkeit beidseits;
5) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit geringen funktionellen Einschränkungen, Lumboischialgie links ohne neurologisches Defizit.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen sowie ihrer Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 10.01.2020 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.
Beim Beschwerdeführer bestehen keine Funktionseinschränkungen der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken. Im Bereich der Hüftgelenke bestehen keine Funktionseinschränkungen. Im Bereich der Kniegelenke liegt bei Knietotalendoprothese beidseits ein guter Bewegungsumfang vor. Links besteht nach Revision eine geringgradige Instabilität in allen Ebenen, jedoch bei ausreichender muskulärer Kompensation, sodass kein relevanter Hinkmechanismus gegeben ist. Aufgrund der Operation im Bereich der Kniegelenke und der Retropatellararthrose ist die vom Beschwerdeführer zu bewältigende Gehstrecke nur mäßig eingeschränkt. Eine maßgebliche Erschwernis der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel liegt angesichts des objektivierbaren Ausmaßes des Defizits nicht vor. Kurze Wegstrecken von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 Metern, können vom Beschwerdeführer ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Die Verwendung von Unterarmstützkrücken ist behinderungsbedingt nicht erforderlich. Der Beschwerdeführer weist weder eine höhergradige Gangbildbeeinträchtigung oder Gangleistungsminderung noch eine Standunsicherheit auf. Sein Gangbild stellt sich ohne Gehhilfe nicht hinkend, kleinschrittig und insgesamt unauffällig dar. Standsicherheit ist gegeben. Die Abnützungserscheinungen im Bereich der Wirbelsäule führen zu keinen höhergradigen Funktionseinschränkungen.
Dem Beschwerdeführer sind das Ein- und Aussteigen und die Überwindung von Niveauunterschieden möglich, da bei ihm eine ausreichende Beweglichkeit sämtlicher Gelenke (inkl. guter Beugefähigkeit der Kniegelenke) bei ausreichender Stabilität und Bemuskelung der beiden unteren Extremitäten vorliegt.
Ein sicheres Anhalten ist ebenfalls möglich. Die Beweglichkeit im Bereich der Schultergelenke ist nicht erheblich eingeschränkt. Es bestehen zwar eine höhergradige Rhizarthrose beidseits und eine Handgelenksarthrose beidseits mit mittelgradiger Funktionseinschränkung. Es liegen jedoch ausreichende Beweglichkeit und ausreichende Kraft vor, um sich anzuhalten. Die Greiffunktionen im Bereich der Hand- und Daumensattelgelenke sind nicht maßgeblich beeinträchtigt. Der Schlüsselgriff und der Faustschluss sind ebenso wie Fingerspreizen beidseits möglich; die Opponensfunktion zwischen Daumen und Zeigefinger und auch Daumen und Kleinfinger ist erhalten.
Anhand des festgestellten Gangbildes, der sicheren Gesamtmobilität, der Untersuchungsergebnisse mit guter Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren und oberen Extremitäten und des Therapieerfordernisses (NSAR) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren würden. Erhebliche Schmerzen aufgrund der Arthrose konnten nicht festgestellt werden, da weder eine erhöhte Krankheitsaktivität (Entzündungszeichen) bestehen noch Befunde über regelmäßige fachärztliche oder physiotherapeutische Behandlungen vorliegen.
Der sichere und gefährdungsfreie Transport in (fahrenden) öffentlichen Verkehrsmitteln ist gewährleistet.
Beim Beschwerdeführer liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor. Insbesondere konnte keine cardiopulmonale Funktionseinschränkung festgestellt werden. Es bestehen anhand der Befundlage auch keine Hinweise auf das Vorliegen erheblicher Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten (insbesondere konnte kein neurologisches Defizit bei Lumboischialgie festgestellt werden) sowie einer hochgradigen Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit. Ebenso wenig liegt beim Beschwerdeführer eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.
Insgesamt spricht bei Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen des Beschwerdeführers aus medizinischer Sicht nichts dagegen, dass ihm die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zugemutet wird.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen über das Vorliegen eines Behindertenpasses und das Datum der Einbringung des Antrags basieren auf dem Akteninhalt.
2.2. Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen sowie zum Nichtvorliegen erheblicher – die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkender – Funktionseinschränkungen gründen sich auf das im Auftrag des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Gutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 10.01.2020.
Das Gutachten vom 10.01.2020 wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes als schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen).
Einbezogen wurden von der befassten Sachverständigen die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten Befunde, die im Übrigen nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtung festgestellt wurde.
Im Gutachten vom 10.01.2020 wurde unter Berücksichtigung der festgestellten Leidenszustände nachvollziehbar und schlüssig erläutert, warum dem Beschwerdeführer aus unfallchirurgischer und allgemeinmedizinischer Sicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.
Anhand der Art und Schwere der festgestellten Gesundheitsschädigungen konnten dem Gutachten zufolge weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten oder der Wirbelsäule, der körperlichen Belastbarkeit, der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten und Funktionen noch eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems objektiviert werden. Bei ihren Einschätzungen konnte sich die Sachverständige auf den von ihr erhobenen klinischen Untersuchungsbefund einschließlich des festgestellten Gangbildes sowie auf die vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Beweismittel stützen.
Auch die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde, der Stellungnahme vom 19.08.2019 und des Vorlageantrags erhobenen Einwendungen waren nicht geeignet, eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Diese wurden von der befassten Sachverständigen in ihrem Gutachten gehörig gewürdigt und mittels einer ebenso schlüssigen wie ausführlichen Begründung in fachlicher Hinsicht entkräftet. Auch erfolgte eine eingehende Auseinandersetzung mit den im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen. Befunde, die das Ergebnis des vorliegenden Gutachtens widerlegen könnten, wurden nicht vorgelegt.
Im Ergebnis gelangte die Sachverständige in nachvollziehbarer Weise zu dem Schluss, dass eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht nicht gegeben ist, zumal das Ausmaß bzw. die Auswirkungen der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Leidenszustände im Rahmen der klinischen Untersuchung und anhand der Befundlage in der vom Beschwerdeführer subjektiv empfundenen Form nicht objektiviert werden konnten.
Der Beschwerdeführer, dem es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl die getroffene Einschätzung der Sachverständigen zu entkräften, ist dem Sachverständigengutachten vom 10.01.2020 nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Er hat sich zu dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten im Rahmen des Parteiengehörs auch nicht mehr geäußert.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtet den vorliegenden Sachverständigenbeweis vom 10.01.2020 für schlüssig, nachvollziehbar und vollständig. Er wird der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung einer fachkundigen Laienrichterin ergeben sich aus § 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.
Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.2. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
„§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(…)“
„§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
(…)“
„§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“
3.3.1. Die in Ausübung der Ermächtigung des § 47 BBG erlassene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist am 01.01.2014 in Kraft getreten und wurde mit 22.09.2016, BGBl. II Nr. 263/2016, novelliert. § 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise:
„§ 1. (4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
…
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- - erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten
- - erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- - erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- - eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- - eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.“
3.3.2. In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 (vormals: § 1 Abs. 2 Z 3) – soweit im gegenständlichen Fall relevant – insbesondere Folgendes ausgeführt:
„Zu § 1 Abs. 2 Z 3:
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Die Voraussetzung des vollendeten 36. Lebensmonats wurde deshalb gewählt, da im Durchschnitt auch ein nicht behindertes Kind vor dem vollendeten 3. Lebensjahr im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Wegstrecken nicht ohne Begleitung selbständig gehen kann.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes ‚dauerhafte Mobilitätseinschränkung‘ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe ‚erheblich‘ und ‚schwer‘ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- - mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden.
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
- anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),
- schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
- fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
- selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat. (…)“
3.4.1. Nach der (noch zur Rechtslage nach der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl. 86/1991, ergangenen) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde, um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung“ regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 20.04.2004, 2003/11/0078 [= VwSlg. 16.340 A/2004]; VwGH 01.06.2005, 2003/10/0108; VwGH 29.06.2006, 2006/10/0050; VwGH 18.12.2006, 2006/11/0211; VwGH 17.11.2009, 2006/11/0178; VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142; VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128; VwGH 17.06.2013, 2010/11/0021; VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013; 27.01.2015, 2012/11/0186; 01.03.2016, Ro 2014/11/0024, je mwN).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321 [= VwSlg. 15.577 A/2001]). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie etwa die Entfernung des Wohnorts des Beschwerdeführers vom nächstgelegenen Bahnhof (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
3.4.2. Diese (zur Rechtslage vor Erlassung der Verordnung BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016 ergangene) Rechtsprechung ist zur Beurteilung der Voraussetzungen der Zusatzeintragung nach § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen unverändert von Bedeutung. Dies folgt bereits daraus, dass die zitierte Verordnungsbestimmung jene rechtlich relevanten Gesichtspunkte der Benützung eines Verkehrsmittels, auf die die bisherige Rechtsprechung abstellt (Zugangsmöglichkeit, Ein- und Aussteigemöglichkeit, Stehen, Sitzplatzsuche etc.), nicht modifiziert oder beseitigt hat, sondern weiterhin auf den Begriff der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abstellt und lediglich ergänzend regelt, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen „insbesondere“ als solche in Betracht kommen, die die Unzumutbarkeit nach sich ziehen können.
3.5. Der gegenständlichen Entscheidung wird – wie unter Pkt. II.2.2. dargelegt – das als schlüssig erkannte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 10.01.2020 zugrunde gelegt. Wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die Einwendungen in der Beschwerde und im Vorlageantrag nicht geeignet, den vorliegenden Sachverständigenbeweis zu entkräften, zumal das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Gutachten vom Beschwerdeführer unwidersprochen blieb.
Unter Berücksichtigung der gutachterlichen medizinischen Beurteilung ist dem Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren (objektivierten) Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
3.6. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
3.6.1. Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße – und zu begründende – Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 leg.cit. normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH). Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
3.6.2. Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und dem im Beschwerdeverfahren eingeholten Gutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin, das auf die beim Beschwerdeführer bestehenden Gesundheitsschädigungen, ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sowie auf die Einwendungen des Beschwerdeführers in fachlicher Hinsicht eingeht. Das über Veranlassung des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Gutachten wurde im Rahmen des Parteiengehörs vom Beschwerdeführer auch nicht beeinsprucht. Der Beschwerdeführer ist dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten noch wurden dem Sachverständigenbeweis widersprechende Beweismittel vorgelegt. Vor dem Hintergrund dieses schlüssigen, vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Sachverständigenbeweises ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt als geklärt anzusehen, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und des Verwaltungsgerichtshofes eine mündliche Verhandlung – trotz deren Beantragung – nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 GRC stehen dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ebenfalls nicht entgegen. Dies liegt auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG), weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. insbesondere die unter Pkt. II.3.4.1. zitierte Rechtsprechung); die angewendeten Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen sind – soweit für den Fall von Bedeutung – eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W238.2223772.1.00Im RIS seit
07.10.2020Zuletzt aktualisiert am
07.10.2020