Entscheidungsdatum
22.06.2020Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
G314 2231697-1/2Z
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des rumänischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX XXXX vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .04.2020,
Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (A) beschlossen und (B) zu Recht erkannt:
A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.
C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die am 27.05.2020 eingebrachte Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid vor, mit dem gegen den Beschwerdeführer (BF) gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein auf acht Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde (Spruchpunkt III.).
Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen damit, dass der BF in Österreich zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Es sei davon auszugehen, dass er nach seiner Enthaftung erneut strafbare Handlungen begehen werde. Sein Interesse an einem Aufenthalt in Österreich trete hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurück.
Der BF erhob dagegen eine Beschwerde, mit der er die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung sowie die Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots beantragt. Hilfsweise stellt er einen Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag. Er begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass das BFA es unterlassen habe, sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen, obwohl dies geboten gewesen wäre. Die Milderungsgründe seien ebensowenig berücksichtigt worden wie der Umstand, dass die Strafdrohung nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft worden sei. Ein auf acht Jahre befristetes Aufenthaltsverbot sei unverhältnismäßig. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei auf dieselben Gründe gestützt worden, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbots geführt hätten, und hätte daher nicht erfolgen dürfen.
Feststellungen:
Der XXXX geborene BF ist geschieden und hat eine Tochter, die bei seiner ehemaligen Lebensgefährtin in Deutschland lebt. Er spricht Rumänisch. Er ist gesund und arbeitsfähig. Er absolvierte in Rumänien die Schule und machte eine Ausbildung zum XXXX .
Der BF kam erstmals im Mai 2015 in das Bundesgebiet, um Arbeit zu suchen. Zwischen XXXX . 10. und XXXX .12.2016 stand er in XXXX als Arbeiter in einem vollversicherten Beschäftigungsverhältnis. Im Zeitraum Ende 2016 bis Mai 2017 lebte er in den Niederlanden. Zwischen Mai und Juli 2017 sowie zwischen Februar und Oktober 2018 hielt er sich als Obdachloser in Österreich auf. Nunmehr hält er sich seit April 2019 durchgehend im Inland auf, allerdings melderechtliche Vorschriften einzuhalten. Eine Anmeldebescheinigung wurde ihm nie ausgestellt; er hat dies auch nicht beantragt.
Mit dem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX , wurde er wegen des Vergehens des Diebstahls (§§ 15, 127 StGB) zu einer teilbedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt (Datum der letzten Tat: XXXX .06.2017). Der unbedingte Strafteil wurde am XXXX .04.2019 vollzogen.
Am XXXX .07.2019 wurde er verhaftet und anschließend in Untersuchungshaft genommen. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , wurde er wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2 sowie Abs 2 Z 1, 130 Abs 1 und 2, 15 StGB (insgesamt 10 Angriffe im Zeitraum XXXX .08. bis XXXX .10.2018 sowie im Zeitraum XXXX .04.2019 bis XXXX 07.2019) zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Als mildernd wurden das Geständnis und der Umstand, dass es bei einem Angriff beim Versuch geblieben war, berücksichtigt, als erschwerend drei einschlägige Vorstrafen und der rasche Rückfall. Gleichzeitig wurde die ihm zuvor gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen.
Der BF verbüßte die Freiheitsstrafe zunächst in der Justizanstalt XXXX und danach in der Justizanstalt XXXX . Seit XXXX .05.2020 wird er in der Justizanstalt XXXX im Normalvollzug angehalten. Das urteilsmäßige Strafende ist (unter Berücksichtigung der 20-tägigen Ersatzfreiheitsstrafe aufgrund des Widerrufs der bedingten Strafnachsicht) am XXXX .08.2021.
Beweiswürdigung:
Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Strafregister, dem Versicherungsdatenauszug und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR). Es bestehen keine entscheidungswesentlichen Widersprüche.
Eine Kopie aus dem Reisepass des BF liegt vor. Die Feststellungen zu den ihm begangenen Straftaten, zu seinen Verurteilungen und den Strafzumessungsgründen basieren auf dem Urteil des Landesgerichts XXXX und dem Strafregister. Rumänische Sprachkenntnisse sind aufgrund seiner Herkunft plausibel und ergeben sich auch aus der Vollzugsinformation und der Stellungnahme des BF an das BFA. Der Strafvollzug geht aus der Vollzugsinformation und den Wohnsitzmeldungen in Justizanstalten laut ZMR hervor. Die Feststellungen zu den Inlandsaufenthalten des BF folgen dem Beschwerdevorbringen, das insoweit gut mit dem ZMR und den Daten der Straftaten korreliert.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann (ua) bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Diese Voraussetzung ist hier aufgrund der im raschen Rückfall gesetzten schwerwiegenden Vermögensdelinquenz des BF erfüllt, zumal er sich zuletzt unter Missachtung melderechtlicher Vorschriften im Inland aufhielt, ohne die Voraussetzungen für ein drei Monate übersteigendes unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zu erfüllen, und seinen Lebensunterhalt durch die Begehung von Einbruchsdiebstählen finanzierte.
Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Solche Gründe wurden hier nicht vorgebracht. Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die Lage im Herkunftsstaat des BF (Rumänien) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG, zumal es sich um einen Mitgliedstaat der EU handelt.
Der gesunde, alleinstehende und erwerbsfähige BF hält sich erst seit kurzem wieder kontinuierlich im Bundesgebiet auf, wo er nach seiner Einreise gleich wieder delinquierte. Maßgebliche private oder familiäre Anknüpfungen in Österreich sind nicht ersichtlich. Er war nur 2016 für wenige Monate im Inland erwerbstätig. Daher begründet die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung keinen unverhältnismäßigen Eingriff in seine von Art 8 EMRK geschützten Rechte.
Im Ergebnis ist die sofortige Ausreise des BF nach seiner Haftentlassung aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich; die vom BFA vorgenommene Interessenabwägung ist (trotz der insoweit äußerst knappen Begründung) nicht zu beanstanden. Es ist dem BF zumutbar, den Verfahrensausgang allenfalls auch in seinem Herkunftsstaat abzuwarten. Der BF wird seinen Gesinnungswandel erst durch einen längeren Wohlverhaltenszeitraum in Freiheit nach dem Strafvollzug unter Beweis stellen müssen.
Der Beschwerde ist daher derzeit – vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt – die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.
Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt und das BVwG grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu lösen hatte.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - EntfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G314.2231697.1.00Im RIS seit
08.10.2020Zuletzt aktualisiert am
08.10.2020