Entscheidungsdatum
23.06.2020Norm
BBG §41Spruch
W132 2230142-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen, über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 20.12.2019, OB: 68257168500010 betreffend die Einstellung des Verfahrens zum Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 41 und § 45 in Verbindung mit § 41 Abs. 3 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat mit Bescheid vom 13.12.2016 einen Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses auf Grund des festgestellten Grades der Behinderung in Höhe von 30 vH abgewiesen. Dieser Bescheid wurde in Erledigung der erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.10.2018, GZ W141 2147176-1/8E, bestätigt.
2. Die Beschwerdeführerin hat am 28.01.2019 bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvolutes neuerlich einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.
2.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde zu einer persönlichen Untersuchung am 12.03.2019 geladen. Die Ladung wurde der belangten Behörde von der Post mit dem Vermerk „Anschrift ungenügend“ retourniert.
2.2. Die Beschwerdeführerin wurde in der Folge für eine persönliche Untersuchung am 02.07.2019 geladen. In einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 06.06.2019 wird festgehalten, dass der Sohn der Beschwerdeführerin telefonisch mitgeteilt hat, dass mit dem ärztlichen Dienst der belangten Behörde vereinbart worden sei, dass er sich im August wegen einer Terminvereinbarung melden werde.
2.3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 15.07.2019 wurde die Beschwerdeführerin zur persönlichen Untersuchung am 10.09.2019 geladen. Die Ladung wurde der belangten Behörde von der Post mit dem Vermerk „nicht behoben“ retourniert.
2.4. Mit Schreiben vom 16.09.2019 wurde die Beschwerdeführerin – verbunden mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass das Verfahren gemäß § 41 Abs. 3 BBG eingestellt werde, wenn sie der Aufforderung zum Erscheinen zu dieser zumutbaren ärztlichen Untersuchung ohne triftigen Grund nicht nachkomme – für den 14.10.2019 abermals zu einer erforderlichen persönlichen Untersuchung geladen.
Die Zustellung dieses Schreibens erfolgte nachweislich durch Hinterlegung bei der Post. Als Beginn der Abholfrist wurde am Zustellnachweis der 19.09.2019 angeführt. Die Beschwerdeführerin wurde am 18.09.2019 durch Mitteilung im Hausbrieffach von der durch den Zusteller vorgenommenen Hinterlegung in Kenntnis gesetzt.
Das hinterlegte Schreiben wurde der belangten Behörde von der Post am 09.10.2019 mit dem Vermerk „nicht behoben“ retourniert.
2.5. In einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 12.11.2019 wird festgehalten, dass eine Rückfrage beim ärztlichen Dienst ergeben habe, dass die Beschwerdeführerin um Vorladung erst ab Dezember 2019 ersuche, weil sie sich wegen eines Begräbnisses im Ausland befinden werde.
2.6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.12.2019 hat die belangte Behörde das Verfahren zum Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 41 und § 45 in Verbindung mit § 41 Abs. 3 BBG eingestellt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin der schriftlichen Aufforderung zur persönlichen Untersuchung zu erscheinen, ohne Angabe von Gründen keine Folge geleistet habe.
3. Gegen den Bescheid vom 20.12.2019 wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Die Beschwerde ist am 09.01.2020 bei der belangten Behörde eingelangt. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass mit der belangten Behörde ausgemacht worden sei, dass der Untersuchungstermin im Dezember 2019 stattfinden möge, die Beschwerdeführerin jedoch keine Einladung zur Untersuchung erhalten habe.
3.1. In einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 09.01.2020 wird festgehalten, dass der Termin für Dezember 2019 nicht durchgeführt worden sei, weil das Verfahren mittels Bescheid eingestellt worden sei, obwohl mit der Beschwerdeführerin vereinbart worden sei, dass im Dezember eine Vorladung verschickt werde.
3.2. In der Folge wurde die Beschwerdeführerin neuerlich geladen, und erfolgte am 11.03.2020 eine persönliche Untersuchung durch einen Allgemeinmediziner mit dem Ergebnis, dass ein Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH festgestellt wurde.
In Aktenvermerken der belangten Behörde wird festgehalten, dass versucht wurde einen baldigen Termin für die persönliche Untersuchung der Beschwerdeführerin festzusetzen. Die Fertigstellung des Sachverständigengutachtens wurde durch die Fachabteilung der belangen Behörde auch drei Mal beim ärztlichen Dienst urgiert.
3.3. Die belangte Behörde hat mit dem Aktenvermerk vom 03.04.2020 festgehalten, dass aufgrund eines zu erwartenden Vorlageantrages bei negativer Beschwerdevorentscheidung trotz gehemmter AVG-Frist mit technischen Problemen bei der Weiterleitung an das Bundesverwaltungsgericht gerechnet werde, weshalb eine ordnungsgemäße Erledigung nicht möglich wäre, und die Beschwerde daher an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet werde.
4. Mit Schreiben vom 03.04.2020, eingelangt im Bundesverwaltungsgericht am selben Tag, hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt. Es wurde darauf hingewiesen, dass eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb der gesetzlichen Frist nicht möglich sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde in Kenntnis gesetzt, dass sie bis Dezember 2019 von der Abgabestelle abwesend sein wird.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien, und unbestrittenen Akteninhalt.
Das Vorbringen, dass die Beschwerdeführerin bzw. ihr Sohn die belangte Behörde bereits im Sommer 2019 vom Auslandsaufenthalt informiert hat, ist vor dem Hintergrund, dass die belangte Behörde die Beschwerdeführerin aufgrund der Beschwerde neuerlich zu einer persönlichen Untersuchung geladen, und die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beabsichtigt hat, glaubhaft. Dieser Umstand erschließt sich aus den im Verwaltungsakt aufliegenden Aktenvermerken der belangten Behörde, in Verbindung mit dem Begleitschreiben zur Vorlage des Verwaltungsaktes an das Bundesverwaltungsgericht.
Die belangte Behörde hat den Umstand, dass die Beschwerdeführerin ihre Abwesenheit von der Abgabestelle gemeldet hat, nicht bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)
Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
– Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
– Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
– In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Entspricht ein Behindertenpasswerber oder der Inhaber eines Behindertenpasses ohne triftigen Grund einer schriftlichen Aufforderung zum Erscheinen zu einer zumutbaren ärztlichen Untersuchung nicht, verweigert er eine für die Entscheidungsfindung unerlässliche ärztliche Untersuchung oder weigert er sich, die zur Durchführung des Verfahrens unerlässlichen Angaben zu machen, ist das Verfahren einzustellen. Er ist nachweislich auf die Folgen seines Verhaltens hinzuweisen. (§ 41 Abs. 3 BBG)
Eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. (§ 8 Abs. 1 ZustellG)
Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen. (§ 17 Abs. 1 ZustellG)
Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. (§ 17 Abs. 2 ZustellG)
Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte. (§ 17 Abs. 3 ZustellG)
Zur Prüfung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, war zwar für die Beurteilung des Grades der Behinderung die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, für die Entscheidungsfindung unerlässlich. Die Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde jedoch im Sommer 2019 informiert, dass sie bis Dezember 2019 aufgrund eines Auslandsaufenthaltes nicht zu einer persönlichen Untersuchung erscheinen kann.
Aus den Aktenvermerken der belangten Behörde, in Verbindung mit dem Begleitschreiben zur Vorlage des Verwaltungsaktes an das Bundesverwaltungsgericht, ist zu schließen, dass die Einstellung des Verfahrens mit dem angefochtenen Bescheid irrtümlich erfolgt ist, weshalb die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beabsichtigt war, und eine neuerliche Ladung zur persönlichen Untersuchung erfolgte, welcher die Beschwerdeführerin auch nachgekommen ist.
Die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erfolgte den Angaben der belangten Behörde nach, weil die zwölfwöchige Frist für die Beschwerdevorentscheidung gemäß § 46 BBG nicht eingehalten werden konnte.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. (§ 24 Abs. 2 VwGVG)
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
Zur Klärung des Sachverhaltes wurden das vorliegende Aktenmaterial und das Vorbringen der Beschwerdeführerin überprüft. Wie unter Punkt II.2. bzw. II.3.1. bereits dargelegt, wurde das Beschwerdevorbringen, dass die Abwesenheit von der Abgabestelle der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht wurde, als glaubhaft erachtet. Auch hat die belangte Behörde selbst das Verfahren in der Folge in der Sache (Einholung eines Sachverständigengutachtens) weitergeführt. Sohin ist der Sachverhalt geklärt. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abwesenheit Auslandsaufenthalt Behindertenpass Grad der Behinderung Hinterlegung Ladungen Untersuchung ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W132.2230142.1.00Im RIS seit
08.10.2020Zuletzt aktualisiert am
08.10.2020