TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/24 W283 2232058-1

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Veröffentlicht am 24.06.2020
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Entscheidungsdatum

24.06.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W283 2232058-1/28E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.05.2020, Zl. 1264759102-200422200 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs.2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste am 04.10.1999 erstmals illegal in das Bundesgebiet ein und stellte unter falscher Identität einen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab sich unter einem falschen Namen als sudanesischer Staatsbürger aus. Am 26.02.2010 wurde dieser Antrag rechtskräftig zurückgewiesen.

Am 11.12.2001 heiratete der Beschwerdeführer unter Angabe seiner wahren Identität und Herkunft eine österreichische Staatsbürgerin. Seit 14.06.2004 verfügte der Beschwerdeführer als Ehemann einer Österreicherin über eine Niederlassungsbewilligung als begünstigter Drittstaatsangehöriger, den nigerianischen Reisepass legte er bei der Bezirksverwaltungsbehörde vor und gab damit seine echte Identität bekannt. Die Scheidung erfolgte im Jahre 2006.

Mit Bescheid vom 29.09.2010 wurde aufgrund der Straffälligkeit des Beschwerdeführers ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Im Rechtsmittelweg wurde die Dauer des Aufenthaltsverbotes mit Entscheidung vom 13.01.2012 mit 10 Jahren begrenzt.

Der Beschwerdeführer wurde mehrfach von nationalen bzw. internationalen Gerichten wegen Drogenhandels rechtskräftig verurteilt.

Am 07.09.2015 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels der am 24.10.2016 als Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung vom Bundesamt weiterbearbeitet wurde. Mit Bescheid vom 17.07.2018 wurde dieser Antrag auf zurückgewiesen.

Bis zum 17.07.2017 wurde dem Beschwerdeführer zur Suchtgifttherapie Strafaufschub gewährt die Durchsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme daher für die Dauer des Strafaufschubes aufgeschoben.

Der Beschwerdeführer befand sich mehrmals im In- und Ausland in Haft, zuletzt wurden er am 24.04.2018 aus der einer österreichischen Justizvollzugsanstalt entlassen. Seit diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer in Österreich als obdachlos gemeldet und somit unbekannten Aufenthaltes.

Der Beschwerdeführer wurde im Zuge einer Polizeikontrolle am 30.05.2020 festgenommen.

Am 31.05.2020 wurde der Beschwerdeführer zur möglichen Schubhaftverhängung bzw. zu einer möglichen Abschiebung vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) einvernommen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 31.05.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der Beschwerdeführer wird seit 31.05.2020 in Schubhaft angehalten.

Das Bundesamt führte im Wesentlichen aus, dass gegen den Beschwerdeführer ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot bestehe und er die bestehende Ausreiseverpflichtung missachte und er unrechtmäßig in Österreich aufhältig sei. Der Beschwerdeführer halte sich ohne ordentlichen Wohnsitz in Österreich auf und sei nicht sozial verankert. Fluchtgefahr liege vor und sei der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthalts. Er verfüge über eine Obdachlosenmeldung und sei seiner Meldeverpflichtung für Obdachlose nicht nachgekommen. Nachdem der Beschwerdeführer für die Behörde nicht greifbar war, sondern unangemeldet bei Freunden aufhältig gewesen sei, sei mit einem gelinderen Mittel nicht das Auslangen zu finden. Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit sei zudem die Straffälligkeit des Beschwerdeführers miteinzubeziehen.

Am 04.06.2020 wurde der Beschwerdeführer einer nigerianischen Delegation zur Identitätsprüfung vorgeführt.

Gegen diesen Bescheid und die Anhaltung sowie Fortsetzung der Anhaltung in Schubhaft richtet sich die gegenständliche Beschwerde des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer brachte in seiner Beschwerde vor, dass keine Fluchtgefahr bestehe und gegen den Beschwerdeführer gelindere Mittel zur Verfahrenssicherung ausreichend seien. Das bloße Nichtbefolgen eines Ausreisebefehls erfülle aber das Tatbestandselement des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG nicht und sei im Hinblick auf die Fluchtgefahr nicht aussagekräftig. Der Beschwerdeführer sei im Zuge seiner bedingten Haftentlassung davon ausgegangen, dass er sich einer ambulanten Suchtmittelentwöhnungsbehandlung zu unterziehen habe. Nachdem der Beschwerdeführer bei seiner Ausreise in seinen Herkunftsstaat nicht die Auflagen erfüllen könne, sei er davon ausgegangen, dass er die gesamte Therapie in Österreich absolvieren könne und auch müsse.

Der Beschwerdeführer sei in Österreich an der Adresse eines Freundes wohnhaft. Auch wenn er an dieser Adresse nicht behördlich gemeldet ist, so sei er für die Behörde dort greifbar, zumal er im Zuge seiner Einvernahme am 31.05.2020 diese Adresse angegeben habe. Der Beschwerdeführer sei zudem kooperativ und habe es daher nicht der Verhängung von Schubhaft bedurft. Auch der Vorwurf, wonach er für einen Vorführtermin vor die nigerianische Botschaft nicht erreichbar gewesen sei, sei obsolet, habe sich der Beschwerdeführer bereits mehrfach selbst bei der nigerianischen Botschaft um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht. Entsprechende Beweismittel wurden dazu vorgelegt.

Auch verfüge der Beschwerdeführer über soziale Verankerung, wobei er neben der Wohnmöglichkeit bei seinem Freund der regelmäßige Kontakt mit der Beraterin der Bewährungshilfe und die die wöchentliche Substitutionstherapie ins Treffen geführt wurden.

Der Beschwerdeführer sei auch von der Bewährungshilfe als vertrauenswürdig und kooperationsbereit eingestuft. Nachdem er der Behörde seine Wohnadresse bekanntgegeben hat, hätte mit der Anordnung eines gelinderen Mittels das Auslangen gefunden werden können.

Ein Heimreisezertifkat für den Beschwerdeführer wurde bereits ausgestellt. Die Abschiebung des Beschwerdeführers ist für den 25.06.2020 in Aussicht genommen.

II. Entscheidungsgründe:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 05.10.1999 unter Angabe eines falschen Namens und der Staatsangehörigkeit Sudan einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich (Asylakt 1 AS 1). Der Asylantrag wurde mit Bescheid vom 22.10.1999 als unbegründet abgewiesen (Asylakt 1 AS 48 bis Asylakt 2 AS 13). Am 25.10.1999 brachte der Beschwerdeführer ein Rechtsmittel ein (Asylakt 3b AS 1). Ein eingeleitetes Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Sudan wurde mit der Mitteilung der sudanesischen Vertretungsbehörde vom 06.12.1999, dass der Beschwerdeführer kein Staatsbürger von Sudan ist, beendet (Asylakt 4 AS 12). Konfrontiert mit diesem Ermittlungsergebnis beharrte der Beschwerdeführer auf die Richtigkeit seiner Angaben und verweigerte seine Unterschrift auf der Niederschrift am 04.01.2000 (Asylakt 4, AS 20). Das Asylverfahren in Österreich wurde am 25.01.2002 wegen des unbekannten Aufenthaltsorts des Beschwerdeführers eingestellt (Asylakt 2e AS 14; Asylakt 2h AS 47; Asylakt 3a AS 50; Asylakt 3b AS 1). Mit Beschluss des Asylgerichtshofs vom 11.02.2010 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers vom 04.10.1999 als unzulässig zurückgewiesen (Asylakt Teil 3b AS 39 ff).

1.2. Am 11.12.2001 heiratete der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin und legte erstmals mit Antrag auf Erteilung Niederlassungsbewilligung vom 15.02.2002 seine wahre Identität offen (Asylakt 5 AS 17 ff).

1.3. Am 14.12.2004 wurde der Beschwerdeführer bei seiner Einreise nach Island am Flughafen verhaftet, als er im Begriff war 677,60 Gramm Kokain verpackt in 30 Beutel, die er zum größten Teil verschluckt hatte, einzuschmuggeln. Mit Urteil eines isländischen Bezirksgerichts wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Jahren verurteilt (Asylakt 2j AS 27).

1.4. Die Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin wurde im Jahr 2006 geschieden.

1.5. Mit Urteil eines österreichischen Landesgerichts vom 07.03.2006 wurde der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verurteilung eines Gerichts in Island zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer hat in der Zeit von Sommer 2004 bis Anfang Dezember 2004 Heroin und (oder) Kokain gewerbsmäßig anderen überlassen, indem er die Suchtgifte in zahlreichen Angriffen an andere verkaufte (Asylakt 2j AS 24 ff).

1.6. Mit Urteil eines deutschen Landgerichts vom 03.11.2009 wurde der Beschwerdeführer wegen unerlaubter Einfuhr von 3003,4 Gramm Heroin in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 5 Monaten verurteilt (Asylakt 2h AS 53 ff; Asylakt 2k AS 16 ff).

1.7. Mit Bescheid vom 29.09.2010 wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Asylakt 2k AS 49 bis Asylakt 2m AS 4). Im Rechtsmittelweg wurde die Dauer des Aufenthaltsverbotes mit Entscheidung vom 13.01.2012 mit 10 Jahren begrenzt (Asylakt 2n AS 48 ff).

1.8. Mit Urteil eines Landesgerichts in Österreich wurde der Beschwerdeführer am 17.07.2015 wegen wiederkehrenden Verkaufs von Suchtgift zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt (Asylakt 2o AS 20 ff; Asylakt 2p AS 2 ff). Mit Beschluss eines Landesgerichts vom 04.05.2016 wurde der gewährte Strafaufschub widerrufen und der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe angeordnet (Asylakt 2p AS 2 ff).

1.9. Eine Ladung des Beschwerdeführers vom 01.09.2016 für den 18.10.2016 betreffend seine Ausreiseverpflichtung konnte dem Beschwerdeführer mangels behördlicher Meldung nicht zugestellt werden (Asylakt 2p AS 7 ff).

1.10. Der Beschwerdeführer beantragte am 24.08.2015 und am 27.06.2018 aus eigenem die Ausstellung eines nigerianischen Reispasses bei seiner Vertretungsbehörde (Beschwerdeschriftsatz vom 17.06.2020).

1.11. Mit Bescheid vom 17.07.2018 wurde ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK zurückgewiesen (Fremdenakt 1 AS 15 ff).

1.12. Der Beschwerdeführer wurde im Zuge einer Polizeikontrolle am 30.05.2020 festgenommen (Fremdenakt 3 AS 17 f).

1.13. Am 31.05.2020 wurde der Beschwerdeführer zur möglichen Schubhaftverhängung und zu einer möglichen Abschiebung einvernommen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 31.05.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der Beschwerdeführer wird seit 31.05.2020 in Schubhaft angehalten. Die Abschiebung des Beschwerdeführers ist für 25.06.2020 in Aussicht genommen (Stellungnahme des Bundesamtes vom 18.06.2020).

1.14. Am 04.06.2020 wurde der Beschwerdeführer einer nigerianischen Delegation zur Identitätsprüfung vorgeführt. Der Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde bereits zugestimmt (Stellungnahme des Bundesamtes vom 18.06.2020).

2. Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Der Beschwerdeführer ist volljährig, nicht österreichischer Staatsbürger und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

2.2. Der Beschwerdeführer ist gesund und haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung (Anhaltedatei; Fremdenakt 3 AS 32).

2.3. Der Beschwerdeführer wird seit dem 31.05.2020 in Schubhaft angehalten (Anhaltedatei).

3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

3.1. Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme (Asylakt 2n AS 48 ff).

3.2. Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil eines österreichischen Landesgerichts am 17.07.2015 wegen wiederkehrenden Verkaufs von Suchtgift zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt (Asylakt 2o AS 20 ff; Asylakt 2p AS 2 ff). Mit Beschluss eines Landesgerichts vom 04.05.2016 wurde der gewährte Strafaufschub widerrufen und der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe angeordnet (Asylakt 2p AS 2 ff; Strafregister).

3.3. Ein Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der nigerianischen Vertretungsbehörde wurde bereits eingeleitet und am 04.06.2020 die Zusicherung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer erteilt. Die Abschiebung des Beschwerdeführers ist für 25.06.2020 in Aussicht genommen. Der Beschwerdeführer wurde über den Abschiebetermin nachweislich informiert (Stellungnahme des Bundesamtes vom 18.06.2020).

Dass der Beschwerdeführer bisher noch nicht abgeschoben wurde, liegt daran, dass dieser versucht seine Abschiebung durch Untertauchen zu verhindern.

Der Beschwerdeführer ist nicht kooperationswillig. Der Beschwerdeführer ist seit dem Jahr 2015 ausschließlich in Haftanstalten oder als obdachlos behördlich gemeldet. Seit seiner Haftentlassung am 06.06.2018, ist der Beschwerdeführer ab 28.06.2018 in Österreich als obdachlos gemeldet. Der Beschwerdeführer war jedoch seit November 2019 an der Wohnung eines Freundes aufhältig. Der Beschwerdeführer hat es unterlassen, seinen Wohnsitz an seinem Aufenthaltsort behördlich zu melden. Der Beschwerdeführer ist seiner Meldeverpflichtung nicht nachgekommen (Einvernahme vom 31.05.2020 = Fremdenakt 3 AS 32; Auszug aus dem Melderegister). Der Beschwerdeführer war daher für das Bundesamt untergetaucht und hat sich dadurch der Ausstellung eines Heimreisezertifikats und seiner Außerlandesbringung entzogen.

Der Beschwerdeführer stellte am 24.08.2015 und 27.06.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses bei seiner Vertretungsbehörde (Beilagen zum Beschwerdeschriftsatz vom 17.06.2020).

3.4. Der Beschwerdeführer ist nicht bereit nach Nigeria auszureisen. Der Beschwerdeführer wird sich einer Abschiebung entziehen. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten.

3.5. Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte (Einvernahme vom 31.05.2020). Der Beschwerdeführer steht in engem Kontakt mit seiner Beraterin eines Vereins für Bewährungshilfe und absolviert wöchentlich eine Substitutionstherapie. Die Bewährungshelferin des Beschwerdeführers beschreibt den Beschwerdeführer als offen und kooperativ (Beschwerdeschriftsatz samt Beilagen).

Der Beschwerdeführer reiste spätestens am 05.10.1999 illegal nach Österreich ein. Der Beschwerdeführer ist seit 28.06.2018 in Österreich als obdachlos gemeldet. Der Beschwerdeführer war jedoch seit November 2019 an der Wohnung eines Freundes aufhältig. Der Beschwerdeführer hat es unterlassen, seinen Wohnsitz an seinem Aufenthaltsort behördlich zu melden. Der Beschwerdeführer verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz in Österreich (Auszug aus dem Melderegister; Fremdenakt 3 AS 32).

Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und hat kein Einkommen. Er verfügt über keine Barmittel oder Ersparnisse. Der Beschwerdeführer ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen (Einvernahme vom 31.05.2020; Anhaltedatei).

3.6. Am 04.06.2020 wurde der Beschwerdeführer einer nigerianischen Delegation zur Identitätsprüfung vorgeführt. Der Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde bereits zugestimmt. Die Abschiebung des Beschwerdeführers ist für 25.06.2020 in Aussicht genommen. Der Beschwerdeführer wurde von dem bevorstehenden Abschiebetermin bereits in Kenntnis gesetzt (Stellungnahme des Bundesamtes vom 18.06.2020).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zitierten Stellen im Akt des Bundesamtes sowie dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.

2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers. Da sein Asylantrag in Österreich zurückgewiesen wurde, ist der Beschwerdeführer weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

2.2. Dass der Beschwerdeführer gesund ist, beruht auf seinen eigenen Angaben vor dem Bundesamt am 31.05.2020 (Fremdenakt 3 AS 32). Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde, weshalb die diesbezügliche Feststellung zu treffen war (Anhaltedatei). Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

2.3. Dass der Beschwerdeführer seit 31.05.2020 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Angaben in der Anhaltedatei (Anhaltedatei).

3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

3.1. Dass gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht, war aufgrund des unbestrittenen Akteninhaltes festzustellen (Asylakt 2n AS 48 ff).

3.2. Dass der der Beschwerdeführer zuletzt mit Urteil vom 17.07.2015 wegen Suchtgifthandels verurteilt wurde und die Feststellung zum Widerruf des Strafaufschubes, waren aufgrund der Abfrage des Strafregisters und des im Akt einliegenden Urteils sowie Beschlusses des Strafgerichts festzustellen (Asylakt 2o AS 20 ff; Asylakt 2p AS 2 ff; Strafregister).

3.3. Die Feststellungen zum Verfahren des Bundesamtes zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer beruhen auf der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt.

Dass der Beschwerdeführer bisher noch nicht abgeschoben wurde, ist ausschließlich auf die mangelnde Kooperationsbereitschaft und die mangelnde Mitwirkung des Beschwerdeführers zurückzuführen, er versuchte seine Abschiebung durch sein Untertauchen zu verhindern. Auch die persönliche Einschätzung seiner Bewährungshelferin, wonach diese den Beschwerdeführer im Betreuungsbericht vom 11.06.2020 als kooperativ beschreibt, vermochte die getroffenen Feststellung nicht zu entkräften, zumal sich die Einschätzung der Bewährungshelferin auf die Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit den gerichtlichen Auflagen beschränkt (Beschwerdeschriftsatz samt Beilagen).

Dass der Beschwerdeführer seit November 2019 nicht an seinem tatsächlichen Aufenthaltsort gemeldet war und daher für das Bundesamt nicht greifbar war, ergibt sich aufgrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahme am 31.05.2020 (Melderegister; Fremdenakt 3 AS 32).

Dass der Beschwerdeführer am 24.08.2015 und 27.06.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses bei seiner Vertretungsbehörde stellte, war aufgrund der vorgelegten Bestätigungen der nigerianischen Vertretungsbehörde festzustellen (Beilagen zum Beschwerdeschriftsatz vom 17.06.2020). Daraus konnte jedoch nicht abgeleitet werden, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Ausreiseverpflichtung kooperationsbereit war. Das ergibt sich insbesondere daraus, dass der Beschwerdeführer einerseits nicht darlegen konnte, warum seinen Anträgen nicht entsprochen worden sei. Andererseits ist aus den Ausführungen des Beschwerdeführers im Beschwerdeschriftsatz abzuleiten, dass er davon ausging, dass er die gerichtlichen Weisungen in Österreich absolvieren könne und müsse. Dass der Beschwerdeführer trotz dieser Auffassung zuletzt am 27.06.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines nigerianischen Reisepasses gestellt hat und woran die Ausstellung in weiterer Folge scheiterte, war im Hinblick auf das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers nicht geeignet seine Kooperationsunwilligkeit hinsichtlich seiner Ausreiseverpflichtung zu entkräften.

3.4. Dass der Beschwerdeführer nicht bereit ist, nach Nigeria auszureisen, war aufgrund seines Vorverhaltens festzustellen. Der Beschwerdeführer hat dem Bundesamt seinen tatsächlichen Aufenthaltsort jedenfalls seit November 2019 verschwiegen und sich im Verborgenen aufgehalten, indem er ohne behördliche Meldung bei einem Freund Unterkunft genommen hat (Fremdenakt 3 AS 32). Dass er sich bei einer Entlassung aus der Schubhaft den Behörden und seiner Abschiebung entziehen und verborgen halten wird, ergibt sich aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers. Seit seiner Haftentlassung am 28.06.2018 war der Beschwerdeführer für die Behörden nicht mehr greifbar, hielt sich ohne behördliche Meldung, als obdachlos gemeldet im Verborgenen auf und konnte sein Aufenthaltsort am 30.05.2020 lediglich aufgrund einer polizeilichen Zufallskontrolle festgestellt werden (Auszug aus dem Melderegister; Fremdenakt 3 AS 17 f). Aus dem Betreuungsbericht seiner Bewährungshelferin war zudem zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer deutlich mache, dass er ernsthaft bemüht sei, sich in Österreich eine sichere Existenz aufzubauen. Auch aufgrund dieser Einschätzung der Bewährungshelferin bestärkte sich insgesamt die Ausreiseunwilligkeit des Beschwerdeführers (Beilage zum Beschwerdeschriftsatz).

3.5. Aus dem Behörden- und Gerichtsakt ergeben sich keine Anhaltspunkte für familiäre, soziale oder berufliche Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich und entsprechen diese Feststellungen den eigenen Angaben des Beschwerdeführers am 31.05.2020. Dabei führt der Beschwerdeführer zwar einen Freund, bei dem er seit November 2019 Unterkunft nahm, ins Treffen. Eine nachhaltige soziale Verankerung lässt sich daraus aber nicht ableiten, dies auch im Hinblick auf die unterbliebene behördliche Anmeldung des Beschwerdeführers in der Wohnung seines Freundes seit November 2019 (Fremdenakt 3 AS 32 ff). Dass der Beschwerdeführer aufgrund einer gerichtlichen Weisung in engem Kontakt mit seiner Bewährungshelferin steht und eine Substitutionstherapie absolviert, war aufgrund der Bescheinigungsmittel im Beschwerdeschriftsatz festzustellen. Ebenfalls die persönliche Einschätzung der Bewährungshelferin, wonach sie den Beschwerdeführer, im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages, als kooperativ beschreibt (Beschwerdeschriftsatz samt Beilagen).

Das Fehlen eines gesicherten Wohnsitzes ergibt sich im Wesentlichen aus dem Einblick in das zentrale Melderegister. Daraus ist zu ersehen, dass der Beschwerdeführer aktuell über keine Meldeadresse verfügt, der Beschwerdeführer ist als obdachlos gemeldet. Daher wird im Melderegister bescheinigt, dass der Beschwerdeführer nirgends Unterkunft genommen hat. Von einem gesicherten Wohnsitz konnte daher nicht ausgegangen werden, da der Beschwerdeführer selbst angibt, mangels Mietvertrag nicht an seiner tatsächlichen Meldeadresse gemeldet gewesen zu sein (Fremdenakt 3 AS 32).

Eine nachhaltige Existenzsicherung ist mangels ausreichender Geldreserven nicht zu erblicken (Anhaltedatei; Fremdenakt 3 AS 34). Einer legalen Erwerbstätigkeit zur Erlangung einer Selbsterhaltungsfähigkeit steht das Fehlen einer diesbezüglichen Bewilligung entgegen.

3.6. Die Feststellungen zum Stand des Verfahrens betreffend ein Heimreisezertifikat sowie die Feststellungen zur geplanten und avisierten Abschiebung ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Diesen Feststellungen wurde auch in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

3.7. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. – Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Der mit "Gelinderes Mittel" betitelte § 77 des FPG lautet:

„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ überschriebene § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes lautet:

㤠22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

3.1.2. Zur Judikatur

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht. Die Abschiebung ist für 25.06.2020 in Aussicht genommen.

Gemäß § 59 Abs. 4 FrPolG 2005 ist der Eintritt der Durchsetzbarkeit einer Rückkehrentscheidung für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde. Das ist so zu interpretieren, dass die Durchsetzbarkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auch in jenen Fällen aufgeschoben wird, in denen über den Fremden auf Grund einer mit Strafe bedrohten Handlung eine Freiheitsstrafe unbedingt verhängt, aber – etwa auf Grund eines Strafaufschubes nach § 39 Abs.1 SMG 1997 – noch nicht (zur Gänze) vollzogen worden ist (VwGH Ra 2018/21/0240 vom 24.01.2019 mwN VwGH 31.3.2000, 99/18/0419, VwSlg. 15390 A /2000; VwGH 18.12.2008, 2007/21/0555). Für die Dauer des Strafaufschubes nach § 39 Abs. 1 SMG 1997 (und die im Zuge dessen durchgeführte Suchtgifttherapie) darf eine Abschiebung des Fremden daher nicht erfolgen. Der dem Beschwerdeführer gewährte Strafaufschub gemäß § 39 SMG wurde mit Beschluss eines Landesgerichts am 04.05.2016 widerrufen, weshalb gegenständlich die Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes nicht aufgeschoben ist.

3.1.4. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG angeordnet. Es besteht unbestritten eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme.

3.1.5. Das Bundesamt führte im Bescheid begründend aus, dass Fluchtgefahr gegeben sei, da der Beschwerdeführer nicht nach Nigeria ausreisen wolle und keinerlei Schritte unternommen habe, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Er habe seine Abschiebung durch sein Untertauchen verhindert, es bestehe keine gefestigte soziale Verankerung und keine familiären Beziehungen. Der Beschwerdeführer habe sich der Behörde durch Untertauchen entzogen und sei im Bundesgebiet obdachlos gemeldet gewesen. Der Beschwerdeführer sei vermögenslos, gehe keiner Erwerbstätigkeit nach und verfüge über keine Barmittel, um sich den weiteren Unterhalt zu finanzieren.

Im vorliegenden Fall geht das Gericht ebenfalls von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert.

Angesichts des Verhaltens des Beschwerdeführers wonach er seit dem 28.06.2018 als obdachlos und daher ohne Unterkunft und somit für das Bundesamt nicht greifbar war und der Beschwerdeführer seinen tatsächlichen Aufenthaltsort seit November 2019 bei einem Freund nicht behördlich gemeldet hat, weshalb sein Aufenthaltsort im Bundesgebiet lediglich im Rahmen einer polizeilichen Zufallskontrolle festgestellt werden konnte, liegt der Tatbestand der Z 1 leg cit vor, zumal der Beschwerdeführer durch dieses Verhalten seine Abschiebung umgangen bzw. behindert hat.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Da gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt, ist auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.

Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des Beschwerdeführers Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen. Er verfügt im Inland über keinerlei enge soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist auch nicht selbsterhaltungsfähig, weshalb keinerlei soziales Netz vorhanden ist, welches ihn vom Untertauchen bewahren könnte. Der Freund des Beschwerdeführers, bei dem er seit November 2019 Unterkunft genommen hat, hat den Aufenthalt des Beschwerdeführers ohne behördliche Meldung und daher im Verborgenen und entgegen der melderechtlichen Bestimmungen mitgetragen. Die regelmäßige Erfüllung von gerichtlichen Weisungen vermochte das Vorliegen von Fluchtgefahr nicht zu widerlegen. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG liegt daher gegenständlich ebenfalls vor.

Es liegt daher Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3 und 9 FPG vor.

3.1.6. Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des Beschwerdeführers ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Der Beschwerdeführer hält sich unrechtmäßig in Österreich auf und es liegt eine den Beschwerdeführer betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Seit dem 28.06.2018 ist der Beschwerdeführer in Österreich behördlich als obdachlos gemeldet und somit sein Aufenthaltsort unbekannt. Er konnte im Rahmen einer polizeilichen Zufallskontrolle aufgegriffen und in weiterer Folge festgenommen werden. Die Abschiebung des Beschwerdeführers ist zudem mit 25.06.2020 in Aussicht genommen und der Beschwerdeführer über den Termin in Kenntnis. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178). Die Zusicherung der Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers vermochten aufgrund des Vorverhaltens des Beschwerdeführers und aufgrund des unmittelbar bevorstehenden Abschiebetermins nichts am Bestehen des Sicherungsbedarfs zu ändern.

In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des Beschwerdeführers noch ist er sonst sozial verankert. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich seit dem Jahr 2010 nicht mehr nach. Der Beschwerdeführer versuchte sich durch Untertauchen seiner Abschiebung zu entziehen.

Es ist daher auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.7. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der Beschwerdeführer weist zuletzt eine Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz auf, wobei sich besondere Verwerflichkeit dieser Tat sich darin manifestiert, dass der Beschwerdeführer wegen Suchtgifthandel verurteilt wurde. Aufgrund der Begehung des Suchtgifthandels gefährdet der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Daher besteht ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer hat keine familiären oder engen sozialen Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit geht der Beschwerdeführer in Österreich nicht nach. Er hat keinen gefestigten Wohnsitz in Österreich.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung – zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er ihn treffende Verpflichtungen nicht einhält und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er in Zukunft unter Berücksichtigung der bevorstehenden Abschiebung ein kooperatives Verhalten an den Tag legt.

Es ist mit einer unmittelbar bevorstehenden Abschiebung des Beschwerdeführers, die mit 25.06.2020 in Aussicht genommen wurde, zu rechnen. Die Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer ist als möglich anzusehen.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken. Eine Abschiebung steht unmittelbar bevor.

3.1.8. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des Beschwerdeführers nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens – da er unbekannten Aufenthaltes war und vom Bundesamt lediglich im Zuge einer polizeilichen Zufallskontrolle aufgegriffen werden konnte, er das österreichische Meldegesetz nicht achtet – nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht. Dies umso mehr, als bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Entscheidung vorliegt und die Abschiebung unmittelbar bevorsteht. Der Beschwerdeführer ist weder beruflich noch familiär in Österreich verankert, er verfügt nicht über einen gesicherten Wohnsitz. Sein Freund, bei welchem der Beschwerdeführer bereits seit November 2019 ohne behördliche Meldung gewohnt hat, hat ihn bisher auch nicht behördlich gemeldet.

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher nicht in Betracht.

3.1.9. Das Bundesamt ist daher zu Recht vom Bestehen sowohl eines Sicherungsbedarfes als auch von Fluchtgefahr ausgegangen. Die Anordnung der Schubhaft wurde vom Bundesamt zudem nicht ausschließlich auf die Ausreiseunwilligkeit des Beschwerdeführers gestützt. Auf Grund des oben geschilderten über einen langen Zeitraum gezeigten Verhaltens des Beschwerdeführers war von Sicherungsbedarf und Fluchtgefahr auszugehen. Die Verhängung der Schubhaft war zudem verhältnismäßig.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Anhaltung in Schubhaft war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchteil A. – Spruchpunkt II. – Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der Beschwerdeführer befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat. Diese Prüfung hat unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der bisherigen Schubhaft zu erfolgen und "ermächtigt" das Bundesverwaltungsgericht, auf Basis der aktuellen Sach- und Rechtslage "in der Sache" zu entscheiden und damit gegebenenfalls einen neuen Schubhafttitel zu schaffen (vgl. VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0143).

3.2.2. Im Verfahren haben sich keine Umstände ergeben, die gegen die rechtliche und faktische Durchführbarkeit einer Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer sprechen, sondern wurde die Durchführung der Abschiebung zeitnah, am 25.06.2020 in Aussicht gestellt.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Schubhaft besteht aus Sicht des erkennenden Gerichtes kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall nach wie vor auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG, insbesondere auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG, Fluchtgefahr vorliegt sowie ein hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung der Abschiebung - somit ein erheblicher Sicherungsbedarf - zu bejahen ist.

Der Beschwerdeführer ist weder beruflich noch familiär verankert, er hat keinen festen Wohnsitz in Österreich. Er kommt seiner Meldeverpflichtung nicht nach und hat sich bereits vor dem Bundesamt verborgen gehalten. Durch sein Verhalten ist anzunehmen, dass sich der Beschwerdeführer nicht freiwillig einer Abschiebung nach Nigeria fügen wird, sodass Fluchtgefahr gegeben ist. Er missachtete das österreichische Melderecht, indem er eine Meldung an seinem tatsächlichen Aufenthaltsort unterließ und trotz Unterkunftnahme im November 2019 bei einem Freund als obdachlos gemeldet war. Es ist auch von Sicherungsbedarf auszugehen (siehe Ausführungen zu Punkt II.3.1.).

Aus den oben dargelegten Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt die geforderte "Ultima-ratio-Situation" für die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin vor und erweist sich diese auch als verhältnismäßig (siehe Ausführungen zu Punkt II.3.1.).

3.2.3. Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenst

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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