TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/24 W281 2226662-5

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Veröffentlicht am 24.06.2020
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Entscheidungsdatum

24.06.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W281 2226662-5/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. AFGHANISTAN, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft,

zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. AFGHANISTAN, im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 06.04.2016 Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens stellte der Beschwerdeführer am 30.01.2020 einen Folgeantrag.

2. Während des (ersten) Asyl- bzw. Beschwerdeverfahrens wurde der Beschwerdeführer im Bundesgebiet wiederholt straffällig und wurde drei Mal von inländischen Landesgerichten rechtskräftig verurteilt. Er befand sich in Untersuchungshaft bzw. Strafhaft. Zudem wurde gegen den Beschwerdeführer ein Waffenverbot verhängt.

3. Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.

4. Mit Schreiben des Bundesamtes vom 23.08.2019 wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör zur beabsichtigten weiteren Vorgangsweise – Verhängung der Schubhaft – geboten. Ihm wurde dabei ein konkreter Fragenkatalog zur Beantwortung und ausführlichen Stellungnahme übermittelt. Er machte von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch und wirkte am weiteren Verfahren nicht mit.

5. Am 29.11.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Schubhaftbescheid erlassen und über ihn die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Im Anschluss an eine Strafhaft wurde der Beschwerdeführer am 03.12.2019 in Schubhaft überstellt.

Seit 03.12.2019 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten.

6. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.12.2019, 30.04.2020 und 27.05.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.

7. Am 17.06.2020 legte das Bundesamt auszugsweise den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG unter Abgabe einer Stellungnahme fristgerecht vor.

8. Dem Beschwerdeführer wurde bis dato ein Schreiben gemäß § 80 Abs. 7 FPG nicht ausgefolgt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 03.12.2019, somit seit mehr als sechs Monaten in Schubhaft. Es ist zu prüfen, ob unter der Voraussetzung des § 80 Abs. 4 FPG zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

1. Feststellungen:

1.1. Zum bisherigen Verfahren

1.1.1. Der Beschwerdeführer wurde am 04.04.2016 in Ungarn und am 01.02.2016 in Griechenland erkennungsdienstlich behandelt. Bereits am 05.04.2016 stellte der Beschwerdeführer in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er den Ausgang dieses Verfahrens nicht abwartete, sondern sich dem Verfahren entzog und nach Österreich weiterreiste. Der Beschwerdeführer stellte am 06.04.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 20.03.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Österreich zur Gänze abgewiesen und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gewährt.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.01.2020 als unbegründet abgewiesen.

1.1.3. Am 30.01.2020 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stand der Schubhaft einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz um eine Abschiebung zu verhindern. Dieser Folgeantrag wurde wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, es wurde keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot in der Dauer von acht Jahren erlassen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.03.2020 als unbegründet abgewiesen.

1.1.4. Der Beschwerdeführer hat mit Bescheid vom 20.12.2018 das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet nach dem Asylgesetz verloren.

1.1.5. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.12.2019, 30.04.2020 und 27.05.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers

1.2.1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht, er ist afghanischer Staatsangehöriger. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

1.2.2. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Der BF hat zwar begonnen Deutsch zu lernen, in Österreich aber keine Deutschprüfungen abgelegt.

1.2.3. Er ist jung, gesund und verfügt über mehrjährige Schulbildung und hat eine Berufsausbildung zum Automechaniker gemacht.

Der Beschwerdeführer geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung.

1.2.4. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Familienangehörigen und auch sonst keine engen sozialen Bindungen oder Anküpfungspunkte.

1.2.5. Er ist in keinem Verein und auch in keiner anderen Organisation tätig, und hat auch sonst keine besonderen Integrationsschritte gesetzt.

1.2.6. Er verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

1.3. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (Allgemein, Fortsetzung, Sicherungsbedarf, Fluchtgefahr, Verhältnismäßigkeit):

1.3.1. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 29.11.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Seit dem 03.12.2019 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten.

1.3.2. Seit dem 16.03.2020 besteht gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung, die rechtskräftig und durchsetzbar ist. Zum Zeitpunkt der Folgeantragstellung am 30.01.2020 bestand bereits eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, nämlich aufgrund der Beschwerdeabweisung durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.01.2020.

1.3.3. Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.

1.3.4. Von 27.12.2017 bis 10.01.2018 war der Beschwerdeführer in einem Quartier in Niederösterreich untergebracht und von 28.12.2017 bis 12.01.2018 dort gemeldet.

Am 04.01.2018 wurde der Beschwerdeführer in einer Asylunterkunft in XXXX von der Polizei, welche von der Hausbesitzerin verständigt worden war, schlafend angetroffen und gemäß § 38 Abs. 5 SPG weggewiesen.

Von 10.01.2018 bis 29.10.2018 war der Beschwerdeführer in einem anderen Quartier in Niederösterreich untergebracht und von 12.01.2018 bis 06.11.2018 dort gemeldet. Von 27.09.2018 bis 30.09.2018 blieb der Beschwerdeführer unerlaubt von diesem Quartier fern und war abgängig.

1.3.5. Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Es konnten weder die Verurteilungen noch die Inhaftierungen den Beschwerdeführer zu rechtskonformen Verhalten bewegen. Der Beschwerdeführer befand sich seit seiner Asylantragstellung am 06.04.2016 in Österreich von 22.06.2017 bis 24.07.2017, von 21.12.2017 bis 22.12.2017 und von 04.04.2019 bis 03.12.2019 in Justizanstalten in Österreich in Haft. Der Beschwerdeführer ist seit dem 09.04.2019 in Österreich behördlich ausschließlich in den jeweiligen Haftanstalten gemeldet.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende Verurteilungen auf:

1.3.5.1. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 24.07.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des teilweise versuchten unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften, psychotropen Stoffen und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§§ 27 Abs. 1 achter Fall, Abs. 2a, 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, 30 Abs. 1 achter Fall SMG, 15 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, wovon 6 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden, verurteilt.

Dieser Verurteilung liegen Taten zugrunde, die der Beschwerdeführer als Mittäter an einer öffentlichen Verkehrsfläche und einem allgemein zugänglichen Ort, unter Umständen, unter denen sein Verhalten geeignet war, durch unmittelbare Wahrnehmung berechtigtes Ärgernis zu erregen, von einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bis 21.06.2017, wöchentlich, jedenfalls auch am 10.06.2017, als Jugendstraftat begangen hat. Dabei hat er drei Gramm Cannabiskraut einer verdeckten Ermittlerin überlassen, eine Stange Cannabisharz mit 8 Gramm zu überlassen versucht durch Bereithalten zum unmittelbaren gewinnbringenden Verkauf, acht Gramm Cannabiskraut erworben und besessen und vier Stück Tabletten mit psychotropen Stoffen zu überlassen versucht.

Dabei wurden bei der Strafbemessung mildernd der ordentliche Lebenswandel, die überwiegende Geständigkeit, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Vergehen gewertet. Eine diversionelle Erledigung kam aufgrund der Schwere der Schuld nicht in Betracht und war die Erfahrung des Haftübels notwendig, um den Beschwerdeführer vor der zukünftigen Begehung von Straftaten abzuhalten.

1.3.5.2. Mit Urteil eines Landesgerichts vom 15.01.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung (§ 107 Abs. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Wochen, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden, verurteilt. Gleichzeitig wurde die Probezeit der gewährten bedingten Strafnachsicht des Urteils vom 24.07.2017 auf fünf Jahre verlängert.

Dieser Verurteilung liegt eine gefährliche Drohung zugrunde, wonach der Beschwerdeführer am 20.12.2017 zwei Personen anschrie und sie mit dem Umbringen bedrohte und nach dem erstmaligen Einschreiten der Polizei erneut zu ihnen ging und schrie er werde sie töten, das Lokal verbrennen und alle würden darin sein und sterben, sowie weiters Tathandlungen gegenüber der Mütter, Frauen und Schwestern der Opfer androhte.

Bei der Strafbemessung wurden erschwerend die mehrfache Tatbegehung und mildernd der Beitrag zur Wahrheitsfindung gewertet. Eine diversionelle Erledigung kam nicht in Betracht, da es einer Verurteilung des leicht aufbrausenden Beschwerdeführers bedurfte, um diesem sein Unrecht vor Augen zu führen.

1.3.5.3. Mit Urteil eines Landesgerichts vom 26.09.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung und des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften (§ 107 Abs. 1 StGB; §§ 27 Abs. 2a SMG, 15 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt. Die Probezeit der gewährten bedingten Strafnachsicht des Urteils vom 15.01.2018 wurde auf fünf Jahre verlängert.

Der Beschwerdeführer hat am 21.11.2018 eine Frau mit dem Umbringen bedroht und ihr gegenüber geäußert, dass er ihr den Kopf abschneiden werde, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen. Am 03.04.2019 überließ er weiters einem anderen Cannabiskraut an einem allgemein zugänglichen Ort öffentlich gegen Entgelt und versuchte im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Mittäter unbekannten Abnehmern an szenetypischen Örtlichkeiten 1,5 Gramm Cannabiskrau öffentlichen gegen Entgelt zu überlassen. Bei der Strafbemessung wurden mildernd das Alter von unter 21 Jahren bei der Begehung einer der Taten und, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, erschwerend aber die Tatbegehung während offener Probezeit, das Zusammentreffen dreier Vergehen, zwei einschlägige Vorstrafen und die Tatbegehung während eines anhängigen Verfahrens gewertet.

1.3.6. Seit dem 25.04.2019 besteht ein rechtskräftiges Waffenverbot für den Beschwerdeführer.

1.3.7. Am 28.02.2020 wurde über den Beschwerdeführer aufgrund einer Ordnungswidrigkeit, nämlich dem unerlaubten Besitz eines Mobiltelefons im Polizeianhaltezentrum, eine Disziplinierungsmaßnahme angeordnet.

1.3.8. Der Beschwerdeführer ist nicht kooperativ. Er war zuletzt von 06.06.2020 bis 08.06.2020 im Hungerstreik, sowie von 21.12.2019 bis 22.12.2019 und von 05.04.2020 bis 22.04.2020.

1.3.9. Der Beschwerdeführer ist nicht vertrauenswürdig.

1.3.10. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die Afghanische Botschaft ist jederzeit möglich.

1.3.11. Die Abschiebung des Beschwerdeführers kann umgehend durchgeführt werden, sobald die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit CoVID-19 wieder gelockert werden. Die Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer ist möglich.

1.3.12. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit der letzten gerichtlichen Überprüfung vom 27.05.2020 hat sich im Verfahren nicht ergeben.

1.3.13. Nach Ablauf der Dauer von sechs Monaten wurde dem Beschwerdeführer keine Information gemäß § 80 Abs. 7 FPG schriftlich zur Kenntnis gebracht.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes die bisherigen Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers betreffend sowie in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes die asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren des Beschwerdeführers betreffend, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das bisherige Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers betreffend, insbesondere dem Erkenntnis vom 30.04.2020, W2832226662-3/4E, sowie aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes die asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren des Beschwerdeführers betreffend.

2.1. Zum bisherigen Verfahren

Die Feststellungen zu den Punkten 1.1.1. bis 1.1.3 sind unstrittig und ergeben sich insbesondere aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das bisherige Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers betreffend, insbesondere dem rechtskräftigen Erkenntnis vom 30.04.2020, W283 2226662-3/4E (S. 3 und 4) und aus den Akten zu den asyl- bzw. fremdenrechtlichen Verfahren des Beschwerdeführers zu W248 2193826-1 und W140 2193826-2.

Die Feststellungen zu Punkt 1.1.1. ergeben sich überdies aus einer Anfrage Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister vom 18.06.2020 und dort aus den Punkten „ED Behandlung vom 06.04.2020“ (EURODAC Treffer) sowie „ED Behandlung vom 30.01.2020“ (EURODAC Treffer) sowie den damit übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers (Niederschrift über die Erstbefragung nach dem Asylgesetz vom 07.04.2016, S. 4).

Die Feststellungen zu Punkt 1.1.2. ergeben sich zusätzlich aus den dort angeführten Entscheidungen der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung zu Punkt 1.1.3., dass der Beschwerdeführer am 30.01.2020 einen Folgeantrag stellte, um eine Abschiebung zu verhindern ergeben sich zusätzlich aus dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.03.2020, W140 2193826-2/2E (S. 69) sowie dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 30.01.2020, welcher mit der gegenständlichen Beschwerde vorgelegt wurde (OZ 1).

Die Feststellung zu Punkt 1.1.4, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren hat, ergibt sich zusätzlich aus dem Bescheid der belangten Behörde vom 20.12.2018, welcher auch mit Beschwerde zum Haftüberprüfungsverfahren zu W283 2226662-3 vorgelegt wurde.

Die Feststellungen zu Punkt 1.1.5. sind unstrittig und ergeben sich aus den dort genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zu Punkt 1.2.1. zur Identität des Beschwerdeführers sind unstrittig und beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers. Da seine Asylanträge in Österreich ab- bzw. zurückgewiesen wurden, ist der Beschwerdeführer weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Die Feststellungen zu Punkt 1.2.2. ergeben sich insbesondere aus dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.03.2020, W140 2193826-2/2E (S. 13 und 14) sowie aus dem Abschlussbericht des Verein mensch leben vom 29.10.2018 (Punkt 3.; OZ 8).

Die Feststellungen zu Punkt 1.2.3. bis 1.2.5. ergeben sich aus dem rechtskräftigen, mündlich verkündeten, Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.01.2020 (Verhandlungsschrift zu W248 2193826-1/27Z, S. 18 bis 19), die Feststellung, dass der Beschwerdeführer eine Berufsausbildung zum Automechaniker gemacht hat zusätzlich aus dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.03.2020, W140 2193826-2/2E (S. 13). Die Feststellungen zur finanziellen Situation des Beschwerdeführers, zur Erwerbstätigkeit und den sozialen Kontakten ergeben sich zusätzlich aus dem Erkenntnis W283 2226662-3/4E (S. 5). Aus dem Behörden- und Gerichtsakten ergeben sich keine Anhaltspunkte für familiäre, soziale oder berufliche Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich. Auch die seit zwei Jahren bestehende einer Freundschaft zu einer Frau und dessen Mutter, sowie die Patenschaft einer weiteren Frau stellen keine engen Bezugspersonen dar: der Beschwerdeführer hat niemals mit seiner Freundin gemeinsam gelebt oder besteht eine finanzielle Abhängigkeit, es fanden wechselseitige Besuche statt (siehe dazu Auszug aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung vom 17.06.2020 unter „Termine im Haus“ (OZ 1) sowie Verhandlungsschrift zu W248 2193826-1/27Z, S. 12f). Diese Personen konnte den Beschwerdeführer in der Vergangenheit nicht von der Begehung der Straftaten abhalten.

Eine nachhaltige Existenzsicherung ist mangels Geldreserven, wie dies in der Anhaltedatei (Auszug vom 17.06.2020) ersichtlich ist nicht zu erblicken (siehe dazu auch das Urteil vom 26.09.2019, persönliche Angaben des Beschwerdeführers; OZ 2). Einer legalen Erwerbstätigkeit zur Erlangung einer Selbsterhaltungsfähigkeit steht das Fehlen einer diesbezüglichen Bewilligung entgegen und hat der Beschwerdeführer eine Beschäftigung im Asylverfahren auch verneint.

Die Feststellungen zu Punkt 1.2.6. ergeben sich im Wesentlichen aus dem Einblick in das zentrale Melderegister vom 18.06.2020. Daraus ist zu ersehen, dass der Beschwerdeführer aktuell über keine Meldeadresse außerhalb des Anhaltezentrums verfügt. Der Beschwerdeführer hat in der Vergangenheit nur Meldungen an Justizanstalten bzw. Quartieren im Rahmen der Grundversorgung vorzuweisen. Aufgrund des rechtskräftigen negativen Abschlusses der Asylverfahren besteht kein Versorgungsanspruch über die Grundversorgung mehr. Von einem gesicherten Wohnsitz kann daher nicht ausgegangen werden.

2.3. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (Allgemein, Fortsetzung, Sicherungsbedarf, Fluchtgefahr, Verhältnismäßigkeit):

Die Feststellungen zu den Punkten 1.3.1. und 1.3.2. ergeben sich aus den dort zitierten Entscheidungen

Die Feststellungen Punkt 1.3.3. gründen daher, dass sich keine Anhaltspunkte ergeben haben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde (siehe dazu auch Auszug aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung vom 17.06.2020). Der Beschwerdeführer gab beim Bundesverwaltungsgericht am 10.01.2020 an, dass er gesund ist (Verhandlungsschrift zu W248 2193826-1/27Z, S. 3). Dies ergibt sich auch aus einem Abschlussbericht des Vereins mensch leben vom 29.10.2018 (OZ 8). Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

Die Feststellungen zu Punkt 1.3.4. zur Unterbringung 27.12.2017 bis 10.01.2018 ergeben sich aus dem Auszug zum Grundversorgungs-Informationssystem (im Folgenden: GVS) vom 18.06.2020 (unter „Quartier“) und zur dortigen Meldung vom 28.12.2017 bis 12.01.2018 aus dem Einblick in das zentrale Melderegister vom 18.06.2020.

Die Feststellungen zum 04.01.2018 ergeben sich aus einer im Akt erliegenden Meldung der LPD Niederösterreich vom 04.01.2018 (OZ 2). Die Unterkunft, an der der Beschwerdeführer schlafend angetroffen und schließlich weggewiesen wurde war nicht die zugewiesene Unterkunft laut GVS vom 18.06.2020.

Die Feststellungen zu Punkt 1.3.4. zur Unterbringung 10.01.2018 bis 29.10.2018 ergeben sich aus dem Auszug zum GVS vom 18.06.2020 (unter „Quartier“) und zur dortigen Meldung vom 12.01.2018 bis 06.11.2018 aus dem Einblick in das zentrale Melderegister vom 18.06.2020.

Die Feststellungen zum Zeitraum vom 27.09.2018 bis 30.09.2018 und der unerlaubten Abwesenheit ergeben sich zum einen aus einer Meldung „Abhängigkeit“ der LPD Niederösterreich vom 28.09.2018, aus der hervorgeht, dass der Beschwerdeführer am 27.09.2018 um 15 Uhr die Wohngemeinschaft verlassen hat und es seitdem keinen Kontakt mehr mit dem Beschwerdeführer gäbe (OZ 7). Der Personeninformation Auskunft vom 29.04.2020 (siehe dazu Haftüberprüfung zu Akt zu W283 2226662-3, OZ 2 S. 17) ist zu entnehmen, dass Fahndung am 30.09.2018 widerrufen wurde.

Dass der Beschwerdeführer die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, war aufgrund seiner Verurteilungen festzustellen (Punkt 1.3.5.). Dass ihn weder seine Verurteilungen noch die Inhaftierungen von weiteren Straftaten abhalten konnten, war aufgrund der Anzahl seiner Verurteilungen und Inhaftierungen festzustellen. Dass der Beschwerdeführer auch während seiner Anhaltung im Polizeianhaltezentrum aufgrund einer Ordnungswidrigkeit diszipliniert werden musste, bestärkt diese Annahme. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers beruhen auf einer Einsichtnahme in das Strafregister am 22.06.2020 sowie auf in den Akten erledigenden Urteilsausfertigungen (OZ 1 sowie OZ 4 zu W 248 2193826-1). Die Zeiten in Anhaltung (Untersuchungshaft und Strafhaft) ergeben sich auch dem Einblick in das zentrale Melderegister vom 18.06.2020.

Die Feststellungen zu Punkt 1.3.6. ergeben sich aus der Personeninformation Auskunft vom 29.04.2020 („2. Vormerkung (Personeninformation)“; siehe dazu Haftüberprüfung zu Akt zu W283 2226662-3, OZ 2 S. 18), in dem ein mit 25.04.2019 rechtskräftiges Waffenverbot, verhängt von der BH Tulln, eingetragen ist.

Die Feststellungen zu Punkt 1.3.7. ergeben sich aus einer Meldung der LPD Wien vom 28.02.2020 (siehe dazu auch Haftüberprüfung zu Akt zu W283 2226662-3, OZ 2 S. 101ff)
Die Feststellungen zu Punkt 1.3.8. ergeben sich aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung vom 17.06.2020, sowie der mit der Beschwerde übermittelten Meldung der LPD Wien vom 06.06.2020 (OZ 1). Sein gesamtes Verhalten wird seitens des Gerichts als unkooperativ qualifiziert, da der Beschwerdeführer einen unbegründeten Folgeantrag unmittelbar nach rechtskräftigem Abschluss seines ersten Asylverfahrens stellte, um sein Verfahren erfolgreich zu verzögern. Auch die Asylantragstellung in Ungarn und unmittelbar darauffolgende Weiterreise nach Österreich sowie seine Entziehung während des Asylverfahren durch Abgängigkeit untermauern diesen Eindruck. Auch das mehrfache Eintreten in den Hungerstreit, spricht für das unkooperative Verhalten des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zu Punkt 1.3.9. ergeben sich bereits aus der Tatsache, dass er aufgrund seines Vorverhaltens (die Erfüllung strafrechtlicher Tatbestände) für sich keine Vertrauenswürdigkeit in Anspruch nehmen kann.

Die Feststellungen zu Punkt 1.3.10. ergeben sich zum einen aus einer Anfrage Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister vom 18.06.2020, in der das HZR-Heimreisezertifikat Verfahren mit Erstellungsdatum 17.04.2020 vermerkt ist und einer Stellungnahme der belangten Behörde vom 19.06.2020 (OZ 5), dass am 16.03.2020 ein Verfahren bei der Afghanischen Botschaft gestartet worden sei, wobei am 17.04.2020 mitgeteilt worden sei, dass jederzeit eine Ausstellung des EU laissez passer möglich sei.

Die Feststellungen zu Punkt 1.3.11. ergeben sich zum einen daher, dass eine rechtskräftige durchsetzbare Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer vorliegt, der Beschwerdeführer gesund ist, jederzeit ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer ausgestellt werden kann und zum anderen auch daher, dass laut Auskunft der Behörde erste Charterabschiebungen zwar für Anfang September geplant seien, eine früher Abschiebung aber auch früher angesetzt werden könne, sofern die Grenzschließungen früher beendet werden (E-Mail des BFA vom 22.06.2020, OZ 9). Es sind keine Hinweise hervorgekommen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstzulässigen Schubhafthaftdauer nicht möglich ist.

Eine Änderung der Umstände seit der Feststellung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.05.2020, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft weiterhin vorliegen, ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen und waren daher die Feststellungen zu Punkt 1.3.12 zu treffen.

Die Feststellungen zu Punkt 1.3.13. ergeben sich aus dem E-Mail der belangten Behörde vom 22.06.2020 (OZ 9).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zum Fortsetzungsausspruch

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

3.1.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):

Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 lautet:

§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1.der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3.auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4.der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.“

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 lautet:

§ 80.(1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1.

drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2.

sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1.

die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.

eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3.

der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4.

die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

§ 80 Abs. 4 FPG idF der Novelle BGBl. I Nr. 70/2015 lautete (Hervorhebung durch das Bundesverwaltungsgericht):

„(4) Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2.

weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

3.

weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt.

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monate nicht länger als 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Gleiches gilt, wenn die Abschiebung dadurch gefährdet erscheint, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen hat. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in einem Jahr, aber nicht länger als 10 Monate in 18 Monaten aufrechterhalten werden.“

3.1.1.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

3.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; VwGH 23.09.2010, 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (VwGH 17.03.2009, 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (VwGH 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (VwGH 22.05.2007, 2006/21/0052; VwGH 29.04.2008, 2008/21/0085; VwGH 28.02.2008, 2007/21/0512; VwGH 28.02.2008 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird. (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

3.3. Allgemeine Voraussetzungen

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Nachdem mit Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.03.2020, zugestellt am 16.03.2020 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung besteht, galt die zur Sicherung des Asylverfahrens verhängte Schubhaft gemäß § 76 Abs. 5 FPG als zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Daher war die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich.

Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sind, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist.

3.4. Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit

Gemäß § § 76 Abs. 2 Z 1 iVm § 67 FPG darf Schubhaft nur angeordnet werden, wenn der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

Während des laufenden Asyl- bzw. Beschwerdeverfahrens wurde der Beschwerdeführer im Bundesgebiet wiederholt straffällig und wurde er drei Mal von inländischen Landesgerichten rechtskräftig verurteilt.

Der Beschwerdeführer weist Vorstrafen nach dem Strafgesetzbuch und Suchtmittelgesetz auf, wobei sich der Zeitraum, in dem er die strafbaren Handlungen gesetzt hat von 10.06.2017 bis 03.04.2019 erstrecken. Die erste Tatbegehung erfolgte daher nicht lange nach der Einreise des Beschwerdeführers am 06.04.2016; alle Straftaten setzte der Beschwerdeführer während seines laufenden Asylverfahrens. Die besondere Verwerflichkeit dieser Taten manifestiert sich nicht nur im Deliktszeitraum und der weiteren Tatbegehung trotz erfolgter gerichtlicher Verurteilung innerhalb der Probezeit, sondern insbesondere auch darin, dass der Beschwerdeführer Suchtmittel an einen öffentlichen Ort überlassen hat, um es teils gewinnbringend zu verkaufen. Aus den Verurteilungen lässt sich auch ableiten, dass der Beschwerdeführer wiederholt gleichartige Delikte gesetzt hat und sohin auch durch einschlägige Vorverurteilungen nicht von der weiteren Tatbegehung abgehalten werden konnte. Der Begehungszeitraum einiger Taten, für die der Beschwerdeführer mit Urteil am 26.09.2019 verurteilt wurde, erfolgte zudem während eines bereits anhängigen Strafverfahrens und während offener Probezeit. Zudem wurde mit Urteil vom 26.09.2020 die Probezeit auf fünf Jahre verlängert. Diversionelle Erledigungen waren bei der ersten Verurteilung – trotz Unbescholtenheit - beim Beschwerdeführer aufgrund der Schwere der Schuld und der Erforderlichkeit, ihm das Haftübel vor Augen zu führen nicht möglich. Auch bei der zweiten Verurteilung war eine Diversion aufgrund des leicht aufbrausenden Charakters nicht möglich und musste ihm sein Unrecht durch Verspürung des Haftübels vor Augen geführt werden. Seit 25.04.2019 besteht auch ein Waffenverbot gegen den Beschwerdeführer. Allein aus all diesen Erwägungen besteht ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des Beschwerdeführers. Verstärkt wird dieses öffentliche Interesse noch dadurch, dass der Beschwerdeführer wiederholt andere gefährlich bedroht hat und auch hier die Verspürung des Haftübels keine Besserung gezeigt hat und ihn nicht von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten konnte. Ein derartiges Verhalten des Beschwerdeführers rechtfertigt insbesondere vor dem Hintergrund der äußerst geringen sozialen Kontakte und kaum erfolgten Integration des Beschwerdeführers die Annahme, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

3.5. Fortsetzung gemäß § 80 Abs. 4 FPG

3.5.1. Der Beschwerdeführer wird seit 03.12.2019 in Schubhaft, somit seit über sechs Monaten an

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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