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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der F Gesellschaft mbH in H, vertreten durch Dr. Alfred Hawel, Rechtsanwalt in Linz, Museumstraße 17, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst (nunmehr: Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr) vom 22. Jänner 1997, Zl. 60.401/2-Z8/97, betreffend Maßnahmen zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 141 Abs. 3 Luftfahrtgesetz, BGBl. Nr. 253/1957, aufgetragen, zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt laufend die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung der Dächer der in den Anflugsektoren des Flughafens Linz errichteten Objekte gegen Beschädigung durch Wirbelschleppen durchzuführen (Verklammerung bzw. Nagelung der Dachdeckung, Anbringen von Schneegittern, usw.).
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes lauten:
§ 62:
"(1) Das Bundesministerium für Landesverteidigung kann auf Antrag die Bewilligung erteilen für
a)
die Benützung von Militärflugplätzen durch Zivilluftfahrzeuge,
b)
die Errichtung von ständigen Einrichtungen für Zwecke der Zivilluftfahrt auf Militärflugplätzen.
(2) Bewilligungen gemäß Abs. 1 haben die im Interesse der Landesverteidigung und der Zivilluftfahrt erforderlichen Bedingungen, Auflagen und Befristungen zu enthalten.
(3) Vor Erteilung der Bewilligung gemäß Abs. 1 hat das Bundesministerium für Landesverteidigung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft herzustellen, wenn es sich um eine nicht ausschließlich militärischen Interessen dienende Benützung oder um die Errichtung von ständigen Einrichtungen handelt."
§ 141 Abs. 1 bis 3:
"(1) Zivilluftfahrerschulen, Zivilflugplätze und Luftverkehrsunternehmen unterliegen der Aufsicht der Behörde, die zur Bewilligung des Betriebes zuständig ist (Aufsichtsbehörde).
(2) Unternehmer von Zivilluftfahrerschulen, Halter von Zivilflugplätzen und Luftverkehrsunternehmer haben der Aufsichtsbehörde jede im Interesse der Verkehrssicherheit oder der Luftverkehrsstatistik erforderliche Auskunft über ihren Betrieb zu erteilen. Bei juristischen Personen trifft diese Verpflichtung die verantwortlichen Organe.
(3) Die Aufsichtsbehörde hat den in Abs. 2 erster Satz bezeichneten Personen die Durchführung jener Maßnahmen aufzuerlegen, die zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt erforderlich sind."
Unbestritten ist, daß es sich beim "Flughafen Linz" um einen Militärflugplatz handelt und daß der Beschwerdeführerin unter der Bezeichnung "F Gesellschaft mbH" mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 23. Juli 1959 gemäß § 62 Abs. 1 und 2 des Luftfahrtgesetzes die Bewilligung zur Mitbenützung dieses Militärflugplatzes nach Maßgabe bestimmter Bedingungen und Auflagen erteilt wurde.
Mag die Erteilung einer Bewilligung nach § 62 Luftfahrtgesetz auch praktisch einer Zivilflugplatz-Bewilligung entsprechen, so ändert sie nichts am Rechtscharakter des Militärflugplatzes und vermag dem Antragsteller nicht die Rechtsstellung eines Zivilflugplatzhalters zu verschaffen. Dessen Rechtsstellung bestimmt sich vielmehr ausschließlich nach § 62 des Luftfahrtgesetzes und der Mitbenützungsbewilligung (vgl. Halbmayer-Wiesenwasser, Das österreichische
Luftfahrtrecht II/1/1, Seite 101).
Auf dem Boden dieser Rechtslage konnte die belangte Behörde ihre Zuständigkeit zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht auf § 141 Abs. 3 des Luftfahrtgesetzes stützen.
In der Gegenschrift versucht die belangte Behörde ihre Zuständigkeit für aufsichtsbehördliche Maßnahmen aus einzelnen Bestimmungen des Bewilligungsbescheides des Bundesministers für Landesverteidigung vom 23. Juli 1959 abzuleiten. Im Punkt 1 dieser Bedingungen und Auflagen lege die Bewilligungsbehörde fest, daß dem Flugplatz die rechtliche Stellung eines Flughafens gemäß § 64 Luftfahrtgesetz zukomme. Weiters werde in den Punkten 4, 6, 7, 8 und 18 die Zuständigkeit der Obersten Zivilluftfahrtbehörde für die Bewilligung der Einschränkung des Betriebsumfanges, für die Genehmigung der Betriebszeiten und der Flugbenützungsordnung, für die Bewilligung der Einschränkung der Betriebsbereitschaft und die Bestätigung des verantwortlichen Flugplatzpersonals (Flugplatzbetriebsleiter, Flugplatzbetriebsleiter-Stellvertreter) für den Flughafen Linz ausdrücklich bestimmt. Im Punkt 19 werde der Obersten Zivilluftfahrtbehörde die Zuständigkeit für die Kontrolle der Finanzgebarung der Antragstellerin eingeräumt. Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin darauf zu verweisen, daß die Zuständigkeit einer Behörde zur Erlassung eines Rechtsaktes durch das Gesetz bestimmt sein muß und die Übertragung einer Kompetenz durch einen Willensakt des primär zuständigen Organs auf ein anderes Organ nur zulässig ist, wenn sie im Gesetz vorgesehen ist (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 81); eine derartige Regelung in bezug auf die Übertragung aufsichtsbehördlicher Kompetenzen hinsichtlich von Militärflugplätzen an die belangte Behörde ist im Luftfahrtgesetz nicht enthalten. Vor diesem rechtlichen Hintergrund versagen daher auch die in der Gegenschrift vorgesehenen Argumente, soweit sie auf den erwähnten Bescheid gegründet sind.
Ob - wie die belangte Behörde ferner vorbringt - während der gesamten Dauer der zivilen Mitbenützung des Militärflugplatzes die für die Erteilung einer Zivilflugplatz-Bewilligung geltenden Maßstäbe analog anzulegen sind, ist für die hier zu beurteilende Zuständigkeitsfrage ohne rechtliche Bedeutung.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 2 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Änderung der ZuständigkeitAuslegung Allgemein authentische Interpretation VwRallg3/1Verhältnis zu anderen Materien und Normen B-VGsachliche ZuständigkeitRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997030047.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
23.10.2015