TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/25 G311 2226567-1

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Veröffentlicht am 25.06.2020
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Entscheidungsdatum

25.06.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4

Spruch

G311 2226567-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Albanien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen die Spruchpunkte IV. bis VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.11.2019, Zahl: XXXX , zu Recht:

A)              Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird insofern stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf 18 (achtzehn) Monate herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)              Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Wien , dem Beschwerdeführer am 12.11.2019 persönlich übergeben, wurde gegen den sich im Stande der Schubhaft befindenden Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt III.), dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und weiters gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei im Zuge einer polizeilichen Kontrolle am 08.11.2019 im Bundesgebiet beim Drogenkonsum betreten worden. Im Zuge der Identitätsfeststellung und Ermittlungen zum Aufenthalt habe sich schließlich herausgestellt, dass sich der Beschwerdeführer rechtswidrig im Bundesgebiet aufhalte, über keinen gemeldeten Wohnsitz verfüge und auch eingestanden habe, seinen Lebensunterhalt in Österreich durch Schwarzarbeit zu finanzieren. Er verfüge über keine ausreichenden Mittel zur Sicherung seines Unterhalts und habe in Österreich weder familiäre noch maßgebliche private Bindungen.

Der Beschwerdeführer wurde am 15.11.2019 aus der Schubhaft zur unterstützten freiwilligen Ausreise entlassen. Er reiste am 15.11.2019 freiwillig unter Inanspruchnahme der Rückkehrhilfe aus dem Bundesgebiet auf dem Luftweg nach Albanien aus.

Mit Schriftsatz seiner bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 10.12.2019, beim Bundesamt am selben Tag per E-Mail einlangend, erhob der Beschwerdeführer ausschließlich gegen die Spruchpunkte IV. (Frist zur freiwilligen Ausreise), V. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) und VI. (Einreiseverbot) des gegenständlichen Bescheides fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde stattgeben, den Bescheid im angefochtenen Umfang der Spruchpunkt IV. bis VI. beheben und feststellen, dass dem Beschwerdeführer eine Frist für die freiwillige Ausreise hätte eingeräumt werden müssen; in eventu die Dauer des Einreiseverbotes verkürzen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich zwar unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten und auch die Ausübung von Schwarzarbeit eingestanden. Durch die Ausübung von Schwarzarbeit habe er sich nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) jedoch nicht selbst strafbar gemacht. Das Verhalten des Beschwerdeführers stelle allenfalls nicht mehr als eine geringfügige Störung der öffentlichen Ordnung dar. Strafgerichtlich sei der Beschwerdeführer unbescholten. Er habe in der Einvernahme an der Feststellung des Sachverhalts mitgewirkt und das ihm vorgeworfene Fehlverhalten schlussendlich auch eingestanden. Das verhängte Einreiseverbot sei rechtswidrig, jedenfalls aber dessen Dauer unverhältnismäßig. Weiters sei dem Beschwerdeführer ohne nähere Begründung keine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt worden. Diesbezüglich wurde auf Rechtsprechung des EuGH zur Rückführungsrichtlinie verwiesen.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt vorgelegt und langten dort am 13.12.2019 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer, dessen Identität durch die aktenkundige Kopie seines albanischen Personalausweises feststeht, ist Staatsangehöriger von Albanien (vgl Kopie des Personalausweises, AS 14).

Der Beschwerdeführer reiste seinen eigenen Angaben nach am 08.06.2019 in das Bundesgebiet ein und hat die erlaubte visumfreie Aufenthaltsdauer von 90 Tagen innerhalb eines Zeitraumes von 180 Tagen bewusst überschritten. Er wurde seinen Angaben nach bereits in Ungarn im Jahr 2018 wegen Überschreitung der visumfreien Aufenthaltsdauer im Schengen-Gebiet bestraft (vgl Niederschrift Bundesamt vom 09.11.2019, AS 16 ff). Im Zuge einer Polizeikontrolle am 08.11.2019 wurde der Beschwerdeführer im Bundesgebiet beim Suchtmittelkonsum in einem Park in XXXX betreten. Im Zuge der Amtshandlung wegen des Suchtmittelkonsums wurde die Identität und der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers und seiner Begleitperson erhoben. Der Beschwerdeführer konnte sich nur mit einem albanischen Personalausweis ausweisen. Nach Kontaktaufnahme mit dem Journaldienst des Bundesamtes wurde die Festnahme des Beschwerdeführers angeordnet und durchgeführt (vgl Anzeige der LPD XXXX vom 08.11.2019, AS 1 ff).

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 09.11.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie der Abschiebung angeordnet (vgl AS 13 ff).

Der Beschwerdeführer verfügt, außer während der Zeit seiner Anhaltung/Schubhaft im Polizeianhaltezentrum von 08.11.2019 bis 15.11.2019, über keine Wohnsitzmeldung. Weiter verfügt er nicht über einen Aufenthaltstitel, weist auch keine Meldung zur Sozialversicherung und konnte nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedsstaates der Europäischen Union zukommt. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten (vgl Auszüge aus dem Fremdenregister und Strafregister sowie den Sozialversicherungsdaten jeweils vom 11.03.2020; Niederschrift Bundesamt vom 09.11.2019, AS 16 ff).

Dem Beschwerdeführer stehen keine legalen Möglichkeiten zur Finanzierung seines Aufenthalts im Bundesgebiet zur Verfügung. Bei seiner Festnahme verfügte der Beschwerdeführer über Bargeld in Höhe von rund EUR 13,-- (vgl Niederschrift Bundesamt vom 09.11.2019, AS 17). Der Beschwerdeführer verfügt darüber hinausgehend über keine Möglichkeiten, sich die Mittel zu seinem Unterhalt in Österreich sonst (etwa mittels Kredit-, Bankomatkarte oder Zuwendung von finanziellen Mitteln von Familienangehörigen) zu finanzieren. Er ging in Österreich seinen eigenen Angaben nach regelmäßig illegalen Beschäftigungen als Gärtner und in der Landwirtschaft nach und verdiente dabei etwa EUR 250,00 pro Woche (vgl Niederschrift Bundesamt vom 09.11.2019, AS 19).

Der Beschwerdeführer ist ledig, gesund und arbeitsfähig. Im Bundesgebiet leben keinerlei Familienangehörige. Sein Lebensmittelpunkt befindet sich in Albanien (vgl Niederschrift Bundesamt vom 09.11.2019, AS 16 ff).

Auch sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer wurde am 15.11.2019 aus der Schubhaft zur unterstützten freiwilligen Ausreise entlassen. Er reiste am 15.11.2019 freiwillig unter Inanspruchnahme der Rückkehrhilfe aus dem Bundesgebiet auf dem Luftweg nach Albanien aus (vgl Entlassungsschein vom 13.11.2019, AS 111; Buchungsbestätigung vom 13.11.2019, AS 110; Ausreisebestätigung vom 18.11.2019, AS 115).

2. Beweiswürdigung:

Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Aktenkundig ist darüber hinaus eine Kopie des albanischen Personalausweises des Beschwerdeführers, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel entstanden sind.

Das Bundesverwaltungsgericht nahm Einsicht in das Zentrale Melderegister, das Strafregister, das Fremdenregister sowie das Schengener Informationssystem und die Sozialversicherungsdaten des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer hat die Überschreitung der visumfreien Aufenthaltsdauer sowie schlussendlich auch die Ausübung von regelmäßiger Schwarzarbeit in Österreich eingestanden. Er war sich bewusst, dass er damit die die Einreise und den Aufenthalt in Österreich regelnden Bestimmungen sowie das Meldegesetz verletzt und er hier auch ohne Bewilligung keiner Beschäftigung nachgehen darf.

Aus den Angaben des Beschwerdeführers im Zuge des Verfahrens und mangels eines substanziierten Beschwerdevorbringens ergibt sich, dass er seinen Unterhalt im Bundesgebiet nicht mit legalen Mitteln sichern könnte.

Der Beschwerdeführer verneinte ausdrücklich relevante familiäre oder private Bezüge im Bundesgebiet oder im Schengen-Raum. In Anbetracht dessen, dass der Beschwerdeführer die Ausübung einer (illegalen) Erwerbstätigkeit eingestanden hat und Erkrankungen bzw. Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit weder vorgebracht wurden, noch sich sonst ergeben hätten, war festzustellen, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist.

Es waren daher die entsprechenden Feststellungen zu treffen.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren vom Beschwerdeführer gemachten eigenen Angaben, welche jeweils in Klammer zitiert und vom Beschwerdeführer zu keiner Zeit substanziiert bestritten wurden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu den Spruchpunkten I. bis III. des angefochtenen Bescheides:

Im gegenständlichen Fall wurde ausschließlich und ausdrücklich gegen das im angefochtenen Bescheid in Spruchpunkt VI. erlassene Einreiseverbot sowie gegen die Nichtgewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise (Spruchpunkt IV.) und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V.) Beschwerde erhoben. Damit erwuchsen die Spruchpunkte I. bis III. in Rechtskraft.

Zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides (Einreiseverbot):

Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

„§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1.         nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2.         nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1.         dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2.         dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3.         ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4.         ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1.         nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,
1a.         nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,
2.         ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3.         ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4.         der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5.         das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“

Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1.         wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2.         wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3.         wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4.         wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5.         wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6.         den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7.         bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8.         eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9.         an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1.         ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2.         ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3.         ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4.         ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5.         ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6.         auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7.         auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
8.         ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9.         der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1.         die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.         der Grad der Integration,
5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7.         Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8.         die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9.         die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Im konkreten Fall ergibt sich daraus:

Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Fremde mit dem ihm zur Last gelegten Fehlverhalten selbst nicht strafbar (vgl. § 28 AuslBG) gemacht hat (VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).

Die Z 1 bis 9 in § 53 Abs. 2 FPG stellen einen Katalog dar, der demonstrativ Beurteilungskriterien für das Verhalten des Drittstaatsangehörigen aufstellt (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237; 26.06.2014, Ro 2014/21/0026).

Der VwGH hat bereits wiederholt festgehalten, dass Schwarzarbeit einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darstelle (vgl. VwGH 04.09.1992, 92/18/0350) und ein großes Interesse an der Verhinderung derselben bestünde (vgl. VwGH 20.12.2013, 2013/21/0047). Letztlich führte der VwGH – unter Bezug auf seine eigene Judikatur – erst kürzlich wieder aus, dass die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziere, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährde, wobei diese Gefährdungsannahme beim Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt sei (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).

Der Beschwerdeführer hat zugegeben, regelmäßig einer unerlaubten Beschäftigung nachgegangen zu sein und dafür auch ein Entgelt (etwa EUR 250,00 pro Woche) erhalten zu haben. Der Beschwerdeführer wurde bei der Ausübung einer unerlaubten Beschäftigung nicht betreten, sodass der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG per se nicht erfüllt wurde. Dennoch ist vom Beschwerdeführer verübte Schwarzarbeit im Zuge der Gefährdungsprognose zu berücksichtigen, zumal der VwGH entsprechend der angeführten Judikatur auch die einmalige Ausübung von Schwarzarbeit die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung begründet.

Weiters verfügte der Beschwerdeführer bei seiner Festnahme über einen Bargeldbetrag von nur EUR 13,00, über keine Kredit- und/Bankomatkarten und abgesehen von den Einkünften aus seiner illegalen Beschäftigung über keine nachweisbaren, legalen Einkünfte oder Unterstützung durch die Familie. Er reiste auch mit der Absicht und dem Bewusstsein in das Bundesgebiet ein, hier illegalen Beschäftigungen nachzugehen und kann gegenständlich nicht davon ausgegangen werden, dass in Zukunft keine Wiederholungsgefahr bestünde.

Darüber hinaus hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu
§ 60 Abs. 2 Z 7 FPG (vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass sie nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung ihres Unterhalts verfügt, sondern ihr Unterhalt für die beabsichtigte Dauer ihres Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl VwGH 13.09.2012, 2011/23/0156; 22.01.2013, 2012/18/0191).

Ein derartiges Vorbringen hinsichtlich der konkret beabsichtigten Dauer seines Aufenthaltes in der Europäischen Union bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum und der dabei geplanten Bestreitung seines Unterhaltes hat der Beschwerdeführer nicht erstattet und keine entsprechenden Bescheinigungsmittel vorgelegt, weshalb die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung auch zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG ausgegangen ist.

Die genannten Umstände rechtfertigten deshalb nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedenfalls die Annahme, dass ein Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG 2014 zu prüfen. Das gilt aber nicht nur für die Rückkehrentscheidung und für das in § 9 Abs. 1 BFA-VG 2014 weiters ausdrücklich genannte Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FrPolG 2005, sondern auch für das - nur bei gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässige - Einreiseverbot iSd § 53 FrPolG 2005, in dessen Abs. 2 und 3 in Bezug auf die Bemessung der Dauer auch die Abwägung nach Art. 8 MRK angesprochen wird (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

Der Beschwerdeführer hat zu Österreich und auch im Schengen-Raum weder familiäre noch persönliche Bindungen. Er ist in Österreich bisher keiner legalen Beschäftigung nachgegangen und hat im Gegenteil zumindest eine illegale Beschäftigung ausgeübt. Er verfügt weder in Österreich noch einem sonstigen Mitgliedsstaat der Europäischen Union über eine Aufenthaltsberechtigung und verfügt auch nicht über maßgebliche Deutschkenntnisse. Von einer maßgeblichen sozialen oder gesellschaftlichen Integration kann somit nicht ausgegangen werden, zumal sich sein Lebensmittelpunkt sich nach wie vor in Albanien befindet.

Der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (vgl VwGH vom 31.08.2006, 2006/21/0140), welches – ebenso wie das öffentliche Interesse eines geregelten Arbeitsmarktes – durch das Verhalten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt wurde. Allfällige, vom Beschwerdeführer jedoch nicht vorgebrachte, persönlichen Interessen haben daher kein solches Gewicht, das dem genannten öffentlichen Interesse auch nur gleichgehalten werden könnte.

Im Rahmen einer gewichtenden Abwägung zwischen der Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers und dem Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist angesichts des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers im Hinblick auf seinen unbestritten unrechtmäßigen Aufenthalt, die Ausübung zumindest einer illegalen Erwerbstätigkeit und die fehlenden Unterhaltsmittel, letzterem der Vorrang einzuräumen, zumal der Beschwerdeführer in Albanien sozial verankert ist. Die Erlassung eines Einreiseverbotes ist somit zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

Die Verhängung eines Einreiseverbotes von fünf Jahren erscheint in Anbetracht der Tatsache, dass der Beschwerdeführer im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt die Unrechtmäßigkeit seines Aufenthalts nicht leugnete, schlussendlich auch die Ausübung von Schwarzarbeit eingestand und freiwillig unter Inanspruchnahme der Rückkehrhilfe nach Albanien ausreiste, nicht geboten. Es konnte daher mit einer Befristung von achtzehn (18) Monaten das Auslangen gefunden werden.

Zu den Spruchpunkten IV. und V. des angefochtenen Bescheides (Nichtgewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung):

In der gegenständlichen Beschwerde wurden neben dem in Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides ausgesprochenen Einreiseverbot auch ausdrücklich die Spruchpunkte IV. und V. (Nichtgewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung) angefochten und unter Verweis auf näher angeführte Judikatur des EuGH zur Rückführungs-RL zusammengefasst ausgeführt, das Bundesamt sei zu Unrecht vom „Primat der freiwilligen Rückkehr“ abgewichen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei vom Bundesamt nicht näher begründet worden und in Anbetracht des vom Beschwerdeführer an den Tag gelegten Verhaltens auch nicht verhältnismäßig. Das Verhalten des Beschwerdeführers stelle jedenfalls kein solches dar, das eine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebieten würde. Durch die erfolgte Abschiebung sei der Abspruch über die Rechtmäßigkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht obsolet geworden, da zum einen die Rechtswidrigkeit des Einreiseverbotes trotz fehlender Rechtskraft eintreten würde und weiters für einen allfälligen Antrag auf Aufhebung, in eventu Verkürzung, des Einreiseverbotes gemäß § 60 Abs. 1 FPG relevant erscheine, da ein solcher Antrag nur bei fristgerechter Ausreise zulässig sei, die wiederum die Setzung einer Ausreisefrist voraussetze.

Dazu ist im konkreten Fall folgendes auszuführen:

§ 18 Abs. 2 FPG bezieht sich ausdrücklich auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung. Der Beschwerdeführer hat die Rückkehrentscheidung sowie die Feststellung der Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Albanien unangefochten gelassen, weshalb diese in Rechtskraft erwachsen sind. Eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung kam daher schon aus diesem Grund nicht in Betracht.

Darüber hinaus hat der Verfassungsgerichtshof zuletzt mit Beschluss vom 24.09.2019, E 1662/2019-22, ein Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes mit folgender Begründung eingestellt:

„[…]

6. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass ein Beschwerdeverfahren dann als gegenstandslos einzustellen ist, wenn selbst eine das angefochtene Erkenntnis bzw. den angefochtenen Beschluss aufhebende Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes keine Änderung der Rechtsstellung des Beschwerdeführers (mehr) zu bewirken vermag, sodass durch die angefochtene Entscheidung auch keine fortwirkende Verletzung der geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte oder sonstiger Rechte wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm gegeben sein kann (vgl. VfSlg. 15.209/1998, 17.291/2004; VfGH 8.6.2017, E 2537/2016).

7. Sowohl der Verfassungsgerichtshof als auch der Verwaltungsgerichtshof gehen in ihrer Rechtsprechung davon aus, dass in Verfahren, welche die Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte zum Gegenstand haben, das Rechtsschutzinteresse eine Prozessvoraussetzung darstellt. Ein derartiges Interesse ist zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des Rechtsschutzwerbers keinen Unterschied macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Rechtsschutzwerber keinen objektiven Nutzen (mehr) hat, die im Rechtsbehelf aufgeworfenen Rechtsfragen also bloß noch theoretische Bedeutung besitzen (zB VwGH 28.4.2015, Ra 2014/02/0023; 26.4.2016, Ra 2016/03/0043; 30.6.2016, Ro 2016/21/0008; zur Zurückweisung mangels Rechtsschutzinteresses im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung vgl. VfSlg. 11.764/1988; VfGH 15.3.2017, E 46/2016; 22.9.2016, E 2221/2016 mwN).

8. Durch den Abschluss des Verfahrens über die Beschwerde gegen die gesamte (inhaltliche) Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl besteht im Hinblick auf das angefochtene Teilerkenntnis kein Rechtsschutzinteresse mehr, weil mit der Abweisung der Beschwerde mit der mündlich verkündeten, niederschriftlich protokollierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. August 2019 bereits das Verfahren in der Hauptsache beendet wurde (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2015/21/0091). Jedenfalls mit dieser Entscheidung in der Hauptsache wird auch ein dort gestellter Antrag auf Zuerkennung der auf-schiebenden Wirkung gegenstandslos (vgl. VwGH 30.1.2015, Ra 2014/02/0174; 28.4.2017, Ro 2016/02/0027; sowie VwGH 28.4.2015, Ra 2014/02/0023; 9.9.2015, Ro 2015/03/0028, in denen der Verwaltungsgerichtshof festgehalten hat, dass das Rechtsschutzinteresse eines Revisionswerbers, dessen Revision sich gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes betreffend die aufschiebende Wirkung seiner Beschwerde richtet, nicht mehr gegeben ist, sobald das Verwaltungsgericht über die Beschwerde selbst erkannt hat). Ab dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde selbst besteht insofern kein Rechtsschutzinteresse des Rechtsmittelwerbers mehr, der sich gegen die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wendet (vgl. VwGH 30.11.2015, Ra 2015/08/0111; 7.4.2016, Ro 2015/03/0046, 28.4.2015, Ra 2014/02/0023). Es ist nämlich auszuschließen, dass – nach Erlassung der an die Stelle des Bescheides tretenden Entscheidung über die Beschwerde – die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung im Hinblick auf die Beschwerde noch irgendwelche Rechtsfolgen nach sich ziehen kann (vgl. VfSlg. 14.272/1995; VfGH 8.6.2017, E 2537/2016).

9. Das Verfahren ist daher (nach Anhörung der beschwerdeführenden Partei) in sinngemäßer Anwendung des § 86 VfGG einzustellen. Die Rechtslage ist daher so zu beurteilen, als ob der Beschwerdeführer im Sinne des § 86 VfGG klaglos gestellt worden wäre, weshalb die Beschwerde – nach Anhörung des Beschwerdeführers – als gegenstandslos geworden anzusehen und das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 86 VfGG einzustellen ist. Damit erübrigt sich auch ein Abspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

[…]“

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Das Vorbringen des Beschwerdeführers wurde dem Sachverhalt zugrunde gelegt. Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit eines Einreiseverbots sowie zur Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK ab, noch fehlt es dazu an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch ist diese Rechtsprechung als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen somit keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Einreiseverbot Herabsetzung Interessenabwägung Milderungsgründe öffentliche Interessen Resozialisierung Rückkehrentscheidung Unbescholtenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G311.2226567.1.00

Im RIS seit

08.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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