TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/26 W272 2191231-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.06.2020
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Entscheidungsdatum

26.06.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W272 2191231-2/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX alias XXXX , Staatsangehörigkeit Algerien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich vom 14.08.2019, Zahl XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 14.08.2019 wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG stattgegeben und die Anhaltung in Schubhaft von 14.08.2019 bis 21.08.2019 für rechtwidrig erklärt

II. Gem. § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG hat die belangte Partei dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von € 737, 60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Der Antrag, der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Eingabegebühr wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der zum damaligen Zeitpunkt noch minderjährige Beschwerdeführer, ein algerischer Staatsangehöriger, reiste spätestens am 13.09.2016 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.09.2016 einen Asylantrag gemäß § 3 AsylG 1997 (idF BGBl I Nr. 101/2003).

1.2. Da der BF die Unterkunft der Betreuungseinrichtung ohne Angaben von weiteren Anschrift verlassen hatte und kein Aufenthaltsort bekannt war, wurde das Verfahren am 13.01.2017 gem. § 24 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 AsylG eingestellt. Nach Fortführung des Verfahrens wurde es am 29.03.2017 wiederum gem. § 24 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 AsylG eingestellt, da der BF seine Unterkunft ohne Angaben einer weiteren Anschrift verlassen hatte.

1.3. Am 07.04.2017 wurde der BF am Praterstern in Wien 02 aufgegriffen und gem. § 40 BFA-VG festgenommen und direkt in eine Haftanstalt für unbegleitete Minderjährige eingeliefert.

1.4. Mit Sachverständigengutachten wurde festgestellt, dass der BF ein „fiktives“ Geburtsdatum lautend auf XXXX hat.

1.5. Am 03.05.2017 wurde das Verfahren wiederum gem. § 24 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 AsylG eingestellt, da der BF seine Unterkunft ohne Angaben einer weiteren Anschrift verlassen hat.

1.6. Am 13.06.2017 wurde der BF in Wien 02 Praterstern einer Identitätsfeststellung gem. § 35 SPG unterzogen. Der BF wurde festgenommen und in das PAZ Zinnergasse überstellt.

1.7. Am 22.06.2017 erfolgte eine Meldung der LPD Wien, dass der BF in Besitz von 2 Stangen Cannabisharz angetroffen wurde.

1.8. Am 14.11.2017 wurde das Verfahren gem. § 24 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 AsylG eingestellt, da laut durchgeführter ZMR-Auskunft der BF von der bisherigen Meldeadresse abgemeldet wurde und sein Aufenthaltsort nicht bekannt noch feststellbar ist.

1.9. Am 25.11.2017 wurde der BF in Wien 02 Praterstern gem. § 35 SPG angehalten und in weiterer Folge in das PAZ Wien, Hernalser Gürtel überstellt.

1.10. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt am 26.11.2017 wurde der Beschwerdeführer zu seinem Untertauchen und seinem Fluchtgrund befragt. Der BF gab an, dass er zunächst in Traiskirchen gewesen sei und danach irgendwohin gebracht worden sei, was ihm zu weit weg war, deswegen sei er nach Wien gegangen und habe bei einem Algerier gewohnt. Jetzt wohne er bei einem Iraner in der Nähe vom Karlsplatz. Er finde die Adresse und der Unterkunftsgeber heiße XXXX . Am nächsten Tag fand die nächste Einvernahme im Asylverfahren im PAZ HG statt. Nach Vorhalt, dass das Verfahren 4 Mal eingestellt wurde, da der BF nicht greifbar war, gab er an, dass er nach Graz transferiert werden sollte, er aber nicht hingewollt habe und daher nach Wien gegangen sei. Dort habe er einmal da und einmal dort übernachtet. Er sei auch bei der Caritas gewesen, diese hätten jedoch gesagt, dass sie nichts tun können, da er seine Unterkunft in Graz habe. Er lebe bei einer iranischen Familie in Wien, kenne aber ihren Namen nicht. Zu den Fluchtgründen befragt gab er im Wesentlichen an, dass sein Bruder jemanden aus einer anderen Familie getötet habe und diese Familie sich rächen und ihn daher töten wolle.

1.11. Der BF wurde am 27.11.2017 aus der Anhaltung entlassen.

1.12. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.12.2017, Zahl. 1129620900, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters erfolgte keine Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 (Spruchpunkt II). Es wurde ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §§ 57 und 55 AsylG erteilt und gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III). Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde gem. § 18 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt IV). Begründet wurde die aufschiebende Wirkung dahingehend, da der BF aus einem sicheren Herkunftsstaat nämlich Algerien stammt. Die Behörde gehe davon aus, dass keine Gefahr der Menschenrechtsverletzung in seinem Herkunftsstaat gegeben sei und der Antrag auf internationalen Schutz nicht mit Erfolg beschieden ist. Da der BF an seiner angegebenen Zustelladresse nicht mehr aufhältig gewesen sei, wurde der Bescheid, ohne vorhergehendem Zustellversuch, bei der Behörde hinterlegt.

1.13. Gegen den oben angeführten Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 05.01.2018 im Wege seines gesetzlichen Vertreters Berufung, mit welcher der Bescheid seinem gesamten Inhalt nach wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den mj BF günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, aufzuheben wäre. Es wurde ua. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

2. Der BF wurde am 27.03.2018 um 17:05 von Beamten der LPD Wien festgenommen. Das BFA vernahm den BF ein. Da der BF keine Wohnadresse, keine Effekten und soziale Anbindungen in Österreich hatte und weiters mittellos war, wurde er in Haft genommen. Gegen den BF bestand eine asylrechtliche Entscheidung und aufgrund des Untertauchens des BF wurde sein Verfahren viermal gem. § 24 AsylG eingestellt.

2.1. Mit Mandatsbescheid vom 28.03.2018 wurde der BF gem. § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG 1991 zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass gegen den BF eine durchführbare Rückkehrentscheidung bestehe, er keine ausreichenden Barmittel besitze, keiner legalen Beschäftigung nachgehe, keinen ordentlichen Wohnsitz und keine sozialen oder familiären Bindungen in Österreich habe und bereits einige Male mit Suchtmittel in Kontakt gekommen sei und immer wieder untergetaucht sei. Der BF trat mit 29.03.2018, 00:00 Uhr in den Hungerstreik.

2.2. Mit Schreiben vom 29.03.2018 erteilte das Jugendamt Salzburg der ARGE Rechtsberatung – Diakonie Flüchtlingsdienst und Volkshilfe eine Vollmacht auf das gesamte Asylverfahren sowie auf sämtliche Verfahren bezüglich der Verhängung der Schubhaft und der Aufenthaltsbeendigung.

2.3. Der BF wurde aufgrund des anhaltenden Hungerstreikes am 03.04.2018, 11:14 Uhr aus der Schubhaft entlassen.

2.4. Mit Schreiben vom 03.04.2018 wurde gegen den oa. Mandatsbescheid vom 28.03.2018 Beschwerde gem. § 22a BFA-VG erhoben. Der BF brachte vor, dass die Realisierbarkeit der Abschiebung faktisch nicht gegeben sei. Gem. § 46 Abs. 3 FPG habe die Behörde im Falle der Abschiebung eines unbegleiteten Minderjährigen zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer angehaltenen Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Hierbei sei ein strenger Beurteilungsmaßstab anzulegen. Dies sei durch die Behörde nicht erfolgt und daher die Schubhaft bis zur Volljährigkeit des BF nicht durchführbar. Weiters liege auch keine Fluchtgefahr vor, das Fehlen sozialer Integration oder der Mangel an finanziellen Mitteln oder Reisedokumenten stelle für sich genommen keinen Schubhaftgrund dar. Sofern die Behörde abstrakt auf die Bedeutung der öffentlichen Ordnung und des wirtschaftlichen Wohlergehens des Staates verweise, sei – abgesehen vom nicht erkennbaren Bezug zum konkreten Einzelfall – darauf zu verweisen, dass Gesichtspunkte der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit keinen Grund für die Anhaltung in Schubhaft darstellen würden. Auch keine freiwillige Ausreise stelle keinen Grund dar. Weiters führe ein massives strafrechtliches Verhalten nicht zur Fluchtgefahr. Diese könne im Rahmen der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden, liege keine Fluchtgefahr vor, stelle sich diese Frage nicht. Auch wenn die Fluchtgefahr und die Verhältnismäßigkeit bejaht werde, sei noch auf das gelindere Mittel zurückzugreifen, hier habe die Behörde nicht nachvollziehbar dargelegt, warum die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht möglich gewesen sei. Beantragt wurde eine mündliche Verhandlung sowie der Ersatz des Schriftsatzaufwandes iHv € 737,60 und für den Fall der Durchführung einer Verhandlung iHv € 922,00 Euro.

2.4. Der BF wurde am 02.07.2018 in Wien 2., gem. Festnahmeauftrag des BFA festgenommen und in das PAZ HG eingeliefert. Der BF einer oberflächlichen Personendurchsuchung unterzogen, wobei 15 Baggys mit verm. Marihuana vorgefunden wurde.

2.5 Am 02.07.2018 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des BF zur Verhängung der Schubhaft zur Sicherung des Asylverfahrens und Sicherung der Abschiebung. Auf Vorhalt der Behörde, warum der BF immer wieder untertauche, gab dieser an, dass seine Vertretung gesagt habe, dass er sich beim BFA melden solle, er sich jedoch nicht meldete, da er Angst habe festgenommen zu werden. In Österreich sei er ledig, habe niemanden und keine Kinder, er habe jedoch eine Freundin. Seine Freundin heiße Sandra, sie sei minderjährig, da sie auch erst 18 Jahre alt sei. Sie hätten keinen gemeinsamen Haushalt. Er wohne bei einem Algerier am XXXX im 3. Bezirk. Er heiße XXXX . Eine ZMR-Abfrage verlief negativ. Auch eine neue Adresse verlief im ZMR negativ. Der BF beharrte darauf, dort zu wohnen. Er bekomme Geld von einem Freund seines Bruders über Frankreich. Auch vom Algerier, namens XXXX erhalte er Geld. Er gehe keiner Beschäftigung nach und helfe ab und zu am Brunnenmarkt, er sei jedoch nicht gemeldet. Die Behörde entschied, dass gegen den BF zur Sicherung des Verfahrens und zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen werde, da er weder über ausreichende Barmittel, noch über eine aufrechte Meldung und einem Dokument verfüge. Weiters habe er sich schon mehrmals einem laufenden Verfahren entzogen. Die asylrechtliche Entscheidung sei durchführbar. Es bestehe ein erhöhter Sicherungsbedarf. Es sei aufgrund des Sachverhaltes ein Schubbescheid gem. § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG zu erlassen, dieser werde im Anschluss an die Niederschrift persönlich zugestellt. Gem. § 22a Abs. 1 BFA-VG habe der BF die Möglichkeit das BVwG mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen. Der BF werde in das PAZ rücküberstellt. Der BF gab an alles verstanden zu haben und keine Beschwerde zu machen. Die Vertretung gab an, dass der BF mündiger Minderjähriger sei und daher ein gelinderes Mittel anzuwenden sei. Im Besonderen betr. des Kindeswohles. Außerdem verweise die Vertretung, dass eine Abschiebung eines unbegleiteten Minderjährigen die Zustimmung eines Familienangehörigen bedarf bzw. einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung. Die Behörde gab an, dass ein HZR-Verfahren seit 16.04.2018 im Laufen sei. Der BF gab an, dass er in Algerien eine Oma habe die uralt sei.

2.6. Mit Mandatsbescheid vom 02.07.2018 wurde gegen den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung gem. §76 Abs. 2 Z. 1 angeordnet. Begründet wurde die Schubhaftnahme damit, dass der BF während des Asylverfahrens diesem mehrfach unterzogen habe, er nicht im Bundesgebiet gemeldet sei und keine familiären Bindungen im Bundesgebiet gebe. Der BF werde sich auch künftig nicht den Rechtsordnungen unterstellen und wiederum untertauchen. Der BF sei straffällig geworden und habe sich behördlich nicht gemeldet. Ein gelinderes Mittel wäre nicht möglich, zumal er nicht bereit ist sich an die österreichischen Rechtsnormen zu halten. Der Bescheid wurde am 02.07.2018 dem BF übergeben.

2.7. Der BF trat mit 03.07.2018 in den Hungerstreik. Der BF wurde am 06.07.2018 aus der Schubhaft entlassen und an Drehscheibe, Ruckergasse 40 übergeben.

2.8. Am 13.12.2018 wurde gegen den BF ein Festnahmeauftrag gem. § 34 Abs. 3 Z 2 BFA-VG erlassen, da der BF seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei, behördlich nicht gemeldet und somit unbekannten Aufenthaltes sei.

2.9. Der BF befand sich seit 01.03.2019 in Untersuchungshaft.

2.4. Mit Urteil vom LG für Strafsachen Wien 152 HV 51/2019p vom 26.06.2019, RK 26.06.2019 wurde der BF gem. §§ 27 (1) Z 1 1.Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG sowie §§ 28a (1) 5. Fall, 28a (4) Z 3 SMG und §§ 28 (1) 1. Fall, 28 (1) 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten davon 14 Monate bedingt verurteilt. Der BF wurde am 23.07.2019 bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen.

2.5 Der BF war vom 14.08.2019 bis 21.08.2019 in Schubhaft, vom 13.08.2019 bis 14.08.2019 befand sich der BF in Verwaltungsverfahrungshaft.

3. Am 14.08.2019 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme beim BFA im Hinblick auf die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens im Hinblick auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung. Dem BF wurde vorgehalten, dass sein Verfahren mehrfach eingestellt werden musste, da er unbekannten Aufenthaltes gewesen sei. Mit Bescheid des BFA vom 13.12.2017 sein Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde und er fristgerecht Beschwerde erhob. Er rechtskräftig durch LG für Strafsachen Wien 153 HV 51/20019p verurteilt wurde. Er am 23.07.2019 entlassen wurde und am 13.08.2019 kontrolliert und festgenommen wurde, da er sich nicht legitimieren konnte. Er behördlich nicht gemeldet sei und keine Barmittel besitze. Er gab dazu keine Stellungnahme ab. Er gab bekannt, dass er seit September 2016 in Österreich sei und 2 bis 3 Mal ausgereist sei. Er sei in Italien gewesen. Er habe seit er Strafhaftentlassung ein paar Tage auf der Straße verbracht und andere Algerier haben ihm ein Zimmer zur Verfügung gestellt. Seit ein paar Tagen wohne er dort, wo ihn die Polizei gefunden habe. Er habe keine Schlüssel, keinen Ausweis, 4 Euro Barmittel und wohne manchmal bei Algerier und manchmal schaue er in der Thalia Straße, dass er über die Runden komme. Er sei ledig, habe keine Kinder und keine Verwandten im Bundesgebiet. Sein Reisepass sei in Algerien. Es wurde ihm mitgeteilt, dass es beabsichtigt sei Schubhaft gegen ihn zu verhängen. Er gab dazu keine Stellungnahme ab. Zusätzlich wurde ihm eine Rechtsmittelbelehrung erteilt.

3.1. Mit Mandatsbescheid vom 14.08.2019 wurde gegen den BF gem. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Die Behörde stellte fest, dass der BF algerischer Staatsbürger und ledig sei, er keine Sorgepflichten und einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Sein Asylverfahren sei anhängig und er verfüge über faktischen Abschiebeschutz, die Entscheidung sei noch nicht durchführbar. Er sei nicht behördlich gemeldet und sei wegen Verstöße gegen das Suchmittelgesetz rechtskräftig verurteilt worden. Er gehe keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, noch bestehe eine Aussicht darauf. Er besitze kein gültiges Reisedokument und könne Österreich nicht aus eigenem Entschluss legal verlassen. Er verfüge nicht über ausreichend Barmittel um seinen Unterhalt zu finanzieren. Er habe keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich. Die Fluchtgefahr bestehe, da er nicht an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder versuche die Rückkehr oder Abschiebung zu umgehen oder zu behindern. Weiters sei er nicht behördlich gemeldet, verfüge über keine Barmittel und keiner Wohnung. Auch sei er nicht vertrauenswürdig, da er öfters versucht habe das Verfahren zu behindern, da er nicht auffindbar gewesen sei. Auch sei die Entscheidung verhältnismäßig, da er von einem inländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten, davon 14 Monate bedingt verurteilt wurde. Er verfüge über kein gültiges Reisedokument. Sein Vergehen ist als besonders verwerflich zu bewerten, da er mit seinen Taten verbundene Verletzungen öffentliche Normen und Interessen Dritter, sowie die Förderung der Abhängigkeit und des Leides unzähliger Konsumenten, sohin die potentielle Gefährdung der Volksgesundheit durch die Verbreitung von Rauschgift im Bundesgebiet in Kauf nahm nur um sich finanziell zu bereichern. Dabei dürfe allfällige durch den Suchtgifhandel beförderte Begleiterscheinungen wie die Beschaffungskriminalität bei der Beurteilung seines Verhaltens nicht außer Acht gelassen werden. So stelle der Suchtgifthandel nicht nur eine Gefahr für die Volksgesundheit, sondern allenfalls auch für die Sicherheit Dritter dar. Es liege daher eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit iSd §§ 67 FPG und 76 Abs. 2 Z. 1 FPG vor. Ein gelinderes Mittel komme nicht in Betracht. So sei eine finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund der nichtvorhandenen Barmittel nicht möglich. Auch eine periodische Meldeverpflichtung komme nicht in Betracht. Gegen den BF bestehe eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, er verfüge über keinen Wohnsitz und wurde rechtskräftig verurteilt. Die Behörde gehe daher davon aus, dass der BF versuchen werde bei Entlassung unterzutauchen.

3. Gegen den Bescheid brachte der BF Beschwerde gem. § 22a BFA-VG ein. Begründet wurde die Beschwerde damit, dass die Anordnung der Schubhaft gegen den BF nur dann angeordnet werden darf, wenn die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gem. § 67 gefährdet ist, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist. Für die Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit setze gem. Art. 8 Abs. 3 lit. e Aufnahme-RL voraus, dass eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend erhebliche Gefahr vorliege, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre und daher über die soziale Störung, die jedem Gesetzverstoß innewohne, hinausgehe. Es sollen nur Fälle schwerer Kriminalität erfasst werden und die Behörde habe einen erhöhten Begründungsaufwand. Es ist auch eine Gefährdungsprognose zu erstellen, dieses sei jedoch durch die Behörde nicht erfolgt. Es besteht daher keine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichen erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und die Anhaltung in Schubhaft sei daher rechtswidrig. Weiters liege beim BF keine Fluchtgefahr vor, zumal er Asylwerber ist und daher ihn kein Vorwurf gemacht werden kann, dass die soziale Integration nicht genügend ist. Auch dass der BF keine Unterkunft hat ist ihm nicht vorwerfbar zumal der BF von der Grundversorgung lebt. Weiters bestehe die Möglichkeit der Anwendung eines gelinderen Mittels, dies sei jedoch von der Behörde nicht geprüft worden. Der BF beantrage als obsiegende Partei für Ersatz des Schriftsatzaufwandes 737,60 Euro, im Falle der mündlichen Verhandlung 922,00 Euro. Weiters die Eingabegebühr in der Höhe von 30,00 Euro. Mitvorgelegt wurde eine Vollmacht für die Diakonie-Flüchtlingsdienst.

3. Am 21.08.2019 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen und ein gelinderes Mittel angeordnet. Das BFA teilte mit, dass der BF ein anhängiges Beschwerdeverfahren im Verfahren INT vor dem BVwG aufweise. Gegen den BF bestehe eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, zu der das BVwG bereits seit längerer Zeit eine Durchführungsbestätigung gem. § 16 BFA-VG der Behörde übermitteln hätte können. Daher sei die Inschubhaftnahme zulässig, zumal durch das strafrechtlich getrübte Vorleben des BF eine von ihm ausgehende erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nicht verneint werden kann. Zum Zeitpunkt der bescheidmäßigen Anordnung der in Beschwerde gezogenen Schubhaft war gem. Aktenlage davon auszugehen, dass das BVwG jedenfalls kurzfristig eine Durchführbarkeitsbestätigung iSd. § 16 BFA-VG übermitteln werden. Dies auch deshalb, da dem BF die aufschiebende Wirkung durch das BVwG eben nicht zuerkannt worden war. Die Unverhältnismäßigkeit kann daher nicht nachvollzogen werden. Da das BVwG jedoch keine Bestätigung bis dato übermittelte, sei nunmehr die Fortsetzung der Schubhaft unverhältnismäßig. Die Behörde beantragte Kostenersatz in der Höhe von 426,20 Euro für Ersatz des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der strafrechtlich verurteilte Beschwerdeführer ist ein volljähriger algerischer Staatsangehöriger. Der BF spricht arabisch und ein bisschen Deutsch.

Die BF ist nicht verheiratet und hat keine Verwandten im Bundesgebiet.

Der BF reiste illegal in Österreich ein und stellte am 13.09.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des BFA vom 13.12.2017 wurde der Antrag abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass die Abschiebung nach Algerien zulässig ist und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gem. § 18 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 BFA-VG aberkannt. Eine dagegen erhobene Beschwerde gegen alle Spruchpunkte sowie mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde am 08.01.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Mandatsbescheides, war das Verfahren bezüglich seines Antrages auf internationalen Schutz bei Gericht anhängig. Eine Entscheidung über die aufschiebende Wirkung ist seitens des Gerichtes nicht ergangen. Eine entsprechende Entscheidung über den Antrag, als auch über die aufschiebende Wirkung wurde seitens des Gerichtes bis zum Zeitpunkt der Entlassung des BF aus der Schubhaft nicht erlassen.

Der BF verließ zumindest zweimal das österreichische Staatsgebiet und war in Italien.

Das Asylverfahren wurde viermal eingestellt, da der BF unbekannten Aufenthaltes in Österreich war.

Mit Urteil vom LG für Strafsachen Wien 152 HV 51/2019p vom 26.06.2019, RK 26.06.2019 wurde der BF gem. §§ 27 (1) Z 1 1.Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG sowie §§ 28a (1) 5. Fall, 28a (4) Z 3 SMG und §§ 28 (1) 1. Fall, 28 (1) 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten davon 14 Monate bedingt verurteilt. Der BF wurde am 23.07.2019 bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen. Der Aufenthalt des BF gefährdet die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Eine Gefährdung ist weiterhin gegeben.

Das BFA teilte am 18.03.2019 der für das Asylverfahren zuständigen Gerichtsabteilung mit, dass der BF in Untersuchungshaft in der JA Josefstadt ist.

Am 20.03.2019 teilte das Gericht mit, dass das Verfahren fortgesetzt wird.

Am 11.07.2019 teilte das BFA dem für das Asylverfahren zuständigen Gerichtsabteilung mit, dass das Entlassungsdatum des BF voraussichtlich der 01.10.2019 ist.

Dem BF wurde ein Parteiengehör zur Anordnung einer Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens durch niederschriftliche Einvernahme am 14.08.2019 gewährt.

Mit Mandatsbescheid vom 14.08.2019 wurde gegen den BF gem. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet

Das BFA ersuchte, am 16.08.2019, die für das Asylverfahren zuständige Gerichtsabteilung in Hinblick auf die Entscheidung des VwGH vom 13.12.2018, Ro 2018/18/0008-3 um Entscheidung über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung. Der Genannte sei seit 18.03.2019 in Untersuchungshaft. Seitens der Gerichtsabteilung erfolgte keine Rückmeldung.

Die Rückkehrentscheidung war nicht durchsetzbar.

Das BFA teilte am 21.08.2019 der für das Gerichtsverfahren zuständigen Abteilung mit, dass der BF am gleichen Tag aus der Schubhaft entlassen wurde.

Der BF ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach.

Der BF ist gesund und haftfähig.

Der BF war in Vollziehung frühere Schubhaft in Hungerstreik.

Der BF verfügt in Österreich über keine wesentlichen familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Bindungen, über keine eigene gesicherte Unterkunft und über keine ausreichenden Existenzmittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes.

Der BF hat sich im Zusammenhang mit seiner rechtskräftigen Verpflichtung zur Ausreise aus Österreich und der angeordneten Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Algerien als nicht vertrauenswürdig und nicht kooperativ erwiesen.

Die Inschubhaftnahme erwies sich als nicht verhältnismäßig.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum bisherigen Verfahren ergeben sich aus der Aktenlage und den Einblick in den Gerichtsakt I419-2182442-1 zum Antrag des BF auf internationalen Schutz.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und die Staatsangehörigkeit des BF beruhen auf den vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person im gegenständlichen Verfahren.

Auf Grund des bisherigen Gesamtverhaltens tritt das erkennende Gericht im Ergebnis vollinhaltlich der Beurteilung der belangten Behörde bei, dass sich der BF bislang im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Ausreise aus Österreich und Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Algerien als nicht vertrauenswürdig erwiesen hat.

Auch wenn der BF nun vorgibt, jetzt kooperativ zu sein, sowie über relevante soziale Bindungen und Wohnmöglichkeit in Österreich zu verfügen, ist dies nicht glaubhaft, zeigte doch der BF durch sein bisheriges, andauerndes Verhalten, dass er weder gewillt ist, in sein Heimatland zurückzukehren und im Hinblick auf seinen illegalen Aufenthalt eine Rückführung nach Algerien zu verhindern. So nahm er die von der Behörde zugewiesene Wohnmöglichkeiten nicht an und tauchte in Wien immer wieder unter. Er konnte keine entsprechende Wohnmöglichkeit bekannt geben und verwies immer wieder auf unterschiedliche Personen. So gab er bei der Befragung am 14.08.2019 an, dass er mit einem Freund ein paar Tage auf der Straße verbrachte und andere Algerier ihm ein Zimmer für ein paar Tagen zur Verfügung gestellt haben. Es zeigte sich im Laufe des Verfahrens immer wieder und ist Aktenkundig, dass diese Verfahren eingestellt werden mussten, da der BF nicht auffindbar war. Da er sich nie ordnungsgemäß meldete (Auszug aus dem ZMR) ist ersichtlich, dass der BF nicht gewillt war, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Auch hatte während des aufrechten Verfahrens Österreich zwei- bis dreimal verlassen und ist nach Italien ausgereist (Seite 3 der Niederschrift).

Der BF ist offensichtlich nicht gewillt, sich an die Rechtsordnung zu halten, dies ergibt sich auch daraus, dass der BF in Österreich bereits nach dem SMG verurteilt wurde – RK 26.06.2019 zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monate davon 14 Monate bedingt. Der BF gab auch bei der Einvernahme vom 02.07.2018 an, sich nicht bei der Polizei zu melden, da er befürchte festgenommen zu werden.

Der BF besitzt 4 Euro und sonst keine Barmittel und geht keiner regelmäßigen legalen Beschäftigung nach, er gab an: „manchmal schaue ich, dass ich in der Thalia Straße über die Runden komme“

Gerade die strafrechtliche Verurteilung im Bereich des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften ist besonders als verwerflich zu bewerten

Der BF hat vorschriftswidrig in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, nämlich Marihuana, beinhaltend den Wirkstoff Delta-9-THC in einer Reinsubstanz von zumindest 0,83 % und den Wirkstoff THCA in einer Reinsubstanz von zumindest 10,89 %, und zwar

A./ in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, nämlich Marihuana, beinhaltend den Wirkstoff Delta-9-THC in einer Reinsubstanz von zumindest 0,83 % und den Wirkstoff THCA in einer Reinsubstanz von zumindest 10,89 %, und zwar

I./ im Zeitraum Februar 2017 bis Mai 2018 unbekannten Abnehmern insgesamt zumindest 2.425 Gramm um zumindest EUR 9,-- pro Gramm;

II./ im Zeitraum Juni 2018 bis August 2018 unbekannten Abnehmern insgesamt zumindest 450 Gramm um EUR 9,-- pro Gramm;

III./ im Zeitraum September 2018 bis November 2018 unbekannten Abnehmern insgesamt 4.500 Gramm um EUR 5,-- pro Gramm;

IV./ im Februar 2019 dem Salem ALRAMADAN 10 Gramm um EUR 55,--;

V./ im Zeitraum Dezember 2018 bis zum 1. März 2019 über die zu Punkt A./IV./ angeführte Menge hinaus unbekannten Abnehmern insgesamt 4.450 Gramm um EUR 5,-- pro Gramm;

B./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar am 1. März 2019 489,3 Gramm (netto) Marihuana, beinhaltend eine Reinsubstanz von zumindest 4,07 Gramm Delta-9-THC und eine Reinsubstanz von zumindest 53 Gramm THCA;

C./ zum ausschließlich persönlichen Gebrauch erworben und besessen, und zwar im Zeitraum von Februar 2017 bis zum 28. Februar 2019 Marihuana und Cannabisharz, beinhaltend jeweils den Wirkstoff Delta-9-THC und den Wirkstoff THCA, sowie Kokain, beinhaltend den Wirkstoff Cocain.

Als mildernd wurden das umfassende und reumütige Geständnis, der bisher ordentliche Lebenswandel und der Beitrag zur Wahrheitsfindung bewertet. Erschwerend war das Zusammentreffen von einem Verbrechen und mehreren Vergehen sowie der lange Tatzeitraum.

Der Höchstrahmen des Strafausmaßes beträgt von einem bis zu 15 Jahren. Wobei die Bestimmungen des § 5 Z 4 JGG iVm Z 11 JGG anzuwenden waren.

Der Beschwerdeführer befand sich in der Folge in Strafhaft.

Mit der Tatsache, dass der BF über keine Barmittel verfügt und keiner legalen regelmäßigen Beschäftigung nachgeht ist mit einer naheliegenden Wiederholungsgefahr zu rechnen und mit einer weiteren Beschaffungskriminalität, die zu einer Gefahr der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit führt.

Dass der BF keine Familienangehörigen hat, sowie ledig ist und keine Kinder ergibt sich aus seinen glaubhaften Aussagen (Seite 3 und 4 der Niederschrift).

Sicherungsbedarf:

Es besteht – wie auch die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat – dringende Fluchtgefahr, sowie die Gefahr des Untertauchens. Der BF stellt aufgrund seiner Verurteilung (Delikte nach dem SMG) eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Es ist nicht glaubhaft, dass der BF – wie er in der Beschwerde vorgebracht – sich ab nun an die österreichische Rechtsordnung in Österreich halten wird und sich regelmäßig bei der Polizei melden wird oder eine zugewiesene Unterkunft aufsuchen wird. Sein Vorbringen dient offenbar dem Bestreben, aus der Schubhaft entlassen zu werden, neuerlich unterzutauchen und eine Abschiebung nach Algerien zu verhindern. Seine mangelnde Vertrauenswürdigkeit zeigt sich auch dadurch, dass der BF auch bisher immer wieder untergetaucht ist und sich nicht in die zugewiesene Unterkunft begab.

Die Feststellungen zur Straffälligkeit ist aus dem im Akt liegenden Urteil und Berichte ersichtlich.

Dass der BF in Schubhaft vom 14.08.2019 – 21.08.2019 in Schubhaft war ergibt sich aus einem Auszug aus der Anhaltedatei.

Dass der BF gesund ist beruht auf dem Umstand, dass Gegenteiliges in der Beschwerde nicht vorgebracht wurde und er dies in der Verhandlung bestätigte. Weiters zeigt die aufliegende ärztliche Untersuchung in Schubhaft keine Erkrankungen des BF auf.

Die Effektuierbarkeit der Abschiebung ist aus dem vorgelegten Urkunden der Behörde und der Aktenlage nicht erkennbar. Der erstinstanzliche Bescheid vom 13.12.2017, indem durch das BFA, der Antrag des BF auf internationalen Schutz abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt wurde, dass die Abschiebung nach Algerien zulässig ist, ist aufgrund rechtzeitig eingebrachter Beschwerde beim BVwG in der Gerichtabteilung I419 anhängig. Durch das BVwG erfolgte keine Entscheidung zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gem. § 18 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 BFA-VG. Die Rückkehrentscheidung war daher nicht durchsetzbar.

Aus dem Gerichtsakt ist nicht ersichtlich, dass das BFA vor Erlassung des Mandatsbescheides eine ausreichende Ermittlung durchgeführt habe, indem festgestellt werden kann, dass das Gericht unmittelbar eine Entscheidung erlässt. Die Behörde stellte selbst im Bescheid fest, dass der BF über faktischen Abschiebeschutz verfügt und die Entscheidung noch nicht durchführbar ist (Seite 6 des gegenständlichen Bescheides). Dem Vorbringen der Behörde, dass zum Zeitpunkt der bescheidmäßigen Anordnung der nun in Beschwerde gezogenen Schubhaft davon auszugehen war, dass das BVwG jedenfalls kurzfristig eine Durchführbarkeitsbestätigung iSd § 16 BFA-VG übermitteln kann, und es kurzfristig erfolgen wird, zumal das Beschwerdeverfahren des Antrages auf internationalen Schutz, die aufschiebende Wirkung eben nicht zuerkannt worden war, kann seitens des Gerichtes nicht gefolgt werden. Denn gerade das lange Zuwarten auf eine Entscheidung bezüglich der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zum Asylverfahren – das Verfahren ist bereits seit fast zwei Jahren anhängig gewesen – zeigt dem Richter, dass die zuständige Gerichtsabteilung nicht ohne Weiteres (z.b. mündliche Verhandlung) ein Erkenntnis über die Abweisung oder Stattgabe bezüglich der aufschiebenden Wirkung erlassen wollte. Auch kann seitens der Behörde nicht begründet dargelegt werden, weshalb wenn auch innerhalb der Schubhafthöchstdauer eine Entscheidung über die aufschiebende Wirkung erfolgte, von einer Abweisung der Beschwerde ausgehen sei. Aus dem Akt geht nicht hervor bzw. die Behörde konnte es nicht schlüssig vorbringen, warum gerade nunmehr eine Entscheidung unmittelbar oder innerhalb der Schubhöchstdauer erfolgen sollte, zumal der BF schon zweimal in Schubhaft war und auch hier keine Entscheidung erfolgte. Auch setzte die Behörde keine unmittelbare Erhebungsmaßnahme, indem sie bei Gericht zeitnah vor Erlassung nachfragte. Die Behörde fragte erst am 16.08.2019 – zwei Tage nach Erlassung des Mandatsbescheides- bezüglich einer Entscheidung über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach (email vom 16.08.2019, AS 196). Und entließ schlussendlich den BF am 21.08.2019, da sie „zum heutigen Tage jedoch erkannt“ (Seite 2 der Beschwerdevorlage vom 21.08.2019) hatte, dass das BVwG keine entsprechende Bestätigung übermitteln wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.

Gemäß § 22a Abs. 5 BFA-VG ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig.

2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat gemäß Abs. 2 binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 3 jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

4. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung wurde mit Bescheid vom 13.08.2019 durch das zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angeordnet. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde am 29.08.2019 dem BVwG übermittelt.

Zu Spruchpunkt A.I – Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft.

1. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden. Die Schubhaft darf gemäß Abs. 2 nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz in Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gem. § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 1), dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 2), oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 3).

Der BF ist algerischer Staatsbürger. Sohin ist sie Fremder gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehörige iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.

Über den Beschwerdeführer wurde die Schubhaft gem. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz in Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme.

Gegen die BF besteht eine Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz durch das BFA mit Bescheid vom 13.12.2017. Gleichzeitig wurde dem BF kein Aufenthaltstitel erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Algerien zulässig sei. Dem BF wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gem. § 18 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 BFA-VG aberkannt. Der BF brachte gegen diesen Bescheid rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde ein.

Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Schubhaftbescheides vom 14.08.2019 Asylwerber. Zwar hatte das BFA seinen Antrag auf internationalen Schutz bereits mit Bescheid vom 13.12.2017 vollinhaltlich abgewiesen und diesen mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung verbunden, wobei einer Beschwerde gem. § 18 Abs. 1 Z1, 3 und 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt worden war. Über die dann dagegen erhobene Beschwerde war aber – auch in Bezug auf die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung – jedenfalls zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides aber auch bis zum Zeitpunkt seiner Entlassung aus der Schubhaft noch keine Entscheidung des BVwG ergangen. Damit kam dem Beschwerdeführer ungeachtet der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde und ungeachtet der daran anknüpfenden innerstaatlichen Regelung des § 16 Abs. 4 zweiter Satz BFA-VG, wonach in einem solchen Fall mit der Durchführung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme (hier: Rückkehrentscheidung) nur bis zum Ablauf des siebenten Tages ab Einlangen der Beschwerdevorlage bei BVwG zugewartet werden müsste, weiterhin ein Bleiberecht zu (VwGH 5.10.2017, Ro 2017/21/0009, 13.12.2018, Ro 2018/18/0008). Die Entscheidung des Gerichtes ist hier abzuwarten. Der faktische Abschiebeschutz wurde nicht aberkannt.
So durfte der BF auch nicht nach der Art 15 der Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger) in Haft genommen werden. Eine Haft kann daher nur dann erfolgen, wenn sie aufgrund innerstaatlicher Rechtsgrundlage in der Aufnahme-RL (Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen) Deckung findet. Der Haftgrund des Art 8 Abs. 3 lit. e der Aufnahme-RL („Ein Antragssteller darf (…) Haft genommen werden, wenn dies aus Gründen der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung erforderlich ist“) wurde durch das FrÄG 2018 in innerstaatliche Recht in der Bestimmung des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG implementiert und umgesetzt. So ist die Anordnung einer Schubhaft dahingehend eingeschränkt, dass neben der Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit als zusätzliche Haftvoraussetzungen vorliegen müssen.

2. Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit:

§ 67 FPG lautet:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

Der Begriff der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung in Art 8 Abs. 4 lit e Aufnahme-RL setzt voraus, dass eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend erhebliche Gefahr vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und daher über die soziale Störung, die jedem Gesetzesverstoß innewohnt hinausgeht. Dies entspricht dem in § 67 bzw. in Art 27 Abs. 2 RL 2004/38/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 definierten Gefährdungsmaßstab und geht daher über den Maßstab des § 53 hinaus.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das „persönliche Verhalten“ des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. VwGH 25.04.2014, 2014/21/0039; 12.09.2013, 2013/21/0101, jeweils mwN).

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil vom LG für Strafsachen Wien 152 HV 51/2019p vom 26.06.2019, RK 26.06.2019 gem. §§ 27 (1) Z 1 1.Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG sowie §§ 28a (1) 5. Fall, 28a (4) Z 3 SMG und §§ 28 (1) 1. Fall, 28 (1) 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten davon 14 Monate bedingt verurteilt. Der BF wurde am 23.07.2019 bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen.

Der BF hat vorschriftswidrig in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, nämlich Marihuana, beinhaltend den Wirkstoff Delta-9-THC in einer Reinsubstanz von zumindest 0,83 % und den Wirkstoff THCA in einer Reinsubstanz von zumindest 10,89 %, und zwar

A./ in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, nämlich Marihuana, beinhaltend den Wirkstoff Delta-9-THC in einer Reinsubstanz von zumindest 0,83 % und den Wirkstoff THCA in einer Reinsubstanz von zumindest 10,89 %, und zwar

I./ im Zeitraum Februar 2017 bis Mai 2018 unbekannten Abnehmern insgesamt zumindest 2.425 Gramm um zumindest EUR 9,-- pro Gramm;

II./ im Zeitraum Juni 2018 bis August 2018 unbekannten Abnehmern insgesamt zumindest 450 Gramm um EUR 9,-- pro Gramm;

III./ im Zeitraum September 2018 bis November 2018 unbekannten Abnehmern insgesamt 4.500 Gramm um EUR 5,-- pro Gramm;

IV./ im Februar 2019 dem Salem ALRAMADAN 10 Gramm um EUR 55,--;

V./ im Zeitraum Dezember 2018 bis zum 1. März 2019 über die zu Punkt A./IV./ angeführte Menge hinaus unbekannten Abnehmern insgesamt 4.450 Gramm um EUR 5,-- pro Gramm;

B./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar am 1. März 2019 489,3 Gramm (netto) Marihuana, beinhaltend eine Reinsubstanz von zumindest 4,07 Gramm Delta-9-THC und eine Reinsubstanz von zumindest 53 Gramm THCA;

C./ zum ausschließlich persönlichen Gebrauch erworben und besessen, und zwar im Zeitraum von Februar 2017 bis zum 28. Februar 2019 Marihuana und Cannabisharz, beinhaltend jeweils den Wirkstoff Delta-9-THC und den Wirkstoff THCA, sowie Kokain, beinhaltend den Wirkstoff Cocain.

Als mildernd wurden das umfassende und reumütige Geständnis, der bisher ordentliche Lebenswandel und der Beitrag zur Wahrheitsfindung bewertet. Erschwerend war das Zusammentreffen von einem Verbrechen und mehreren Vergehen sowie der lange Tatzeitraum.

Der Beschwerdeführer befand sich in der Folge in Strafhaft.

Gerade der lange Tatzeitraum und die besonders verwerfliche Tat der Überlassung von Suchtmittel, sowie der Feststellung, dass der BF über keinen ordentlichen Wohnsitz verfügt, keine Barmittel hat und keiner regelmäßigen Beschäftigung nachgeht, führt, wie die Behörde ausführte zu Recht zur Feststellung, dass der Aufenthalt des BF die öffentliche Ordnung und Sicherheit gemäß § 67 FPG gefährdet. Der BF wurde zeitnah nach der Strafhaft in Schubhaft genommen, sodass ein, nach Verbüßung der Strafhaft ohne weitere strafrechtliches Vergehen, bestehender Zeitraum, welches zu einer positiven Prognose führen würde, im hier gegebenen Fall nicht gegeben ist und zu Recht von dieser Gefährdungsprognose ausgegangen wurde.

3. Fluchtgefahr:

Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen (§ 76 Abs. 2 FPG). Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043). Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138). Schubhaft erfordert nämlich keine Gewissheit darüber, dass es letztlich zu einer Abschiebung kommen könnte. Sie muss sich nach Lage des Falles bloß mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als möglich darstellen (VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. VwGH 05.07.2011, Zl. 2008/21/0080 mwN). Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Schubhaftverhängung ausreichen.

Die Behörde ist zu Recht von der Fluchtgefahr aus den Gründen der Z 1 und 9 ausgegangen. Der BF hat wiederholt versucht durch Untertauchen im Bundesgebiet, bzw. durch Verlassen des Bundesgebietes die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. die Rückkehr oder die Abschiebung zu umgehen bzw. zu verhindern. Das anhängige Asylverfahren musste eingestellt werden, zumal der BF im Bundesgebiet nicht auffindbar war. Auch der Grad der sozialen Verankerung in Österreich ist als gering anzusehen. Der BF verfügt über keine familiären Beziehungen, geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und hat mit 4 EURO Barmittel keine ausreichende Existenzmittel oder einen gesicherten Wohnsitz, sodass von einem weiteren Untertauchen auszugehen ist.

4. Verhältnismäßigkeit:

§ 76 Abs. 2a FPG:
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Die Anordnung der Schubhaft muss jedoch verhältnismäßig sein. Ein offenes Asylverfahren, wie im gegenständlichen Fall, schließt per se unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit die Anwendung des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG nicht aus. Auch ist gem. § 76 Abs. 2a die Straffälligkeit des BF mit zu berücksichtigen und aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung des BF grundsätzlich die Verhältnismäßigkeit gegeben. Es ist jedoch auch die Miteinbeziehung des zeitlichen Aspektes dem Schubhafttatbestand des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG anzuwenden. So ist auch bei Schubhaftverhängung die Dauer des Asylverfahrens abzuschätzen, so ist eine Schubhaft nur dann zu verhängen und aufrechtzuerhalten, wenn ihr Zweck innerhalb der Schubhafthöchstdauer voraussichtlich realisiert werden kann (vgl. VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0144). S

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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