TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/29 W117 2232278-1

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Veröffentlicht am 29.06.2020
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Entscheidungsdatum

29.06.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs3 Z1
FPG §76 Abs3 Z9

Spruch

W117 2232278-1 /11E

I M N A M E N D E R R E P U B L I K !

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Druckenthaner als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren XXXX StA. Nord Mazedonien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, dieser vertreten durch Maga. Tamara SIWCZYK, MA, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom (29.05.2020), Zl. (IFA-Zahl/Verfahrenszahl: 1264945108/200442120) und die Anhaltung in Schubhaft Schubhaft von 29.05.2020 bis 24.06.2020 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z 2 FPG idgF, § 76 Abs. 3 Z 1, Z 9 FPG idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer wurde nach vorheriger Festnahme am 29.05.2020 zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung und möglichen Inschubhaftnahme niederschriftlich einvernommen. Diese nahm im entscheidungswesentlich folgenden Verlauf:

[…]

LA: Verstehen Sie den Dolmetscher?

VP: Ja.

LA: Sind Sie rechtlich vertreten?

VP: Nein.

LA: Wie lauten Ihre korrekten Personalien?

VP: XXXX .

LA: Wie viel Geld hatten Sie bei Ihrer Einreise, wie viel Bargeld haben Sie jetzt?

VP: 1500€. 35€ jetzt.

LA: Wie bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?

VP: Ich hatte mein eigenes Geld. Ab und zu habe ich ein bisschen gearbeitet. Ich bin hier geblieben, weil die Grenze zu war und ich nicht nach Deutschland weiterreisen konnte.

LA: Haben Sie Dokumente bei sich?

VP: Ich habe auch einen Pass, ich habe diesen aber nicht mit.

LA: Wo ist jener Pass?

VP: In der Wohnung, wo ich geschlafen habe.

LA: Wo haben Sie genächtigt?

VP: Es sind mehrere Zimmer, wo in den Zimmern mehrere schlafen.

LA: Seit wann sind Sie in Österreich aufhältig?

VP: Ich war eigentlich im Februar in Deutschland, ich kann nicht sagen, ob ich am 10. od. 16. März, ein Freitag allenfalls, ich gekommen bin – es war nur zu Besuch. Am Montag wollten wir zurück, aber die Grenze war dicht.

LA: Wie sind Sie in Österreich eingereist?

VP: Mit meinem Pass.

LA: Was ist der Zweck Ihres Aufenthalts in Österreich?

VP: Ich wollte nur zu Besuch hier her und habe dann gearbeitet, weil ich in Österreich festsaß.

V: Sie wurden bei der Schwarzarbeit betreten. Der VwGH hat zudem wiederholt festgehalten, dass Schwarzarbeit einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darstelle (vgl. VwGH 04.09.1992, 92/18/0350) und ein großes Interesse an der Verhinderung derselben bestünde (vgl. VwGH 20.12.2013, 2013/21/0047). Letztlich führte der VwGH -–unter Bezug auf seine eigene Judikatur – erst kürzlich wieder aus, dass die Einführung des Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziere, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht nur geringfügig gefährde, wobei diese Gefährdungsmaßnahme beim Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt sei (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).

VP: Es ist wahr, ich habe gearbeitet.

LA: Machen Sie Angaben zu Ihren persönlichen Verhältnissen.

VP: Verheiratet und 3 Kinder, 19, 17 und 15. Alle leben in Deutschland, aber derzeit sind sie in Mazedonien wegen der Quarantäne.

LA: Haben Sie Angehörige in Österreich?

VP: Nein.

LA: Werden Sie in Nordmazedonien strafrechtlich oder politisch verfolgt?

VP: Nein.

Entscheidung

Visumsfreie Drittstaatsangehörige (in Ihrem Fall aus Nordmazedonien) dürfen unter den Einreisevoraussetzungen des Art 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 9.3.2016 idgF) in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen und sich dort gemäß Art 20 SDÜ (Schengener Durchführungsübereinkommen; vgl. § 2 Abs. 4 Z 6 FPG) unter den Voraussetzungen des Art 5 Abs. 1 SDÜ frei bewegen.

Gemäß den Einreisebestimmungen müssen Sie den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen, und Sie müssen über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben.

Auf Grund Ihres Verhaltens im Bundesgebiet (Betretung bei der Schwarzarbeit) wird festgestellt, dass Ihr Aufenthalt zum Zwecke einer Erwerbstätigkeit, in Ihrem Fall ohne Beschäftigungsbewilligung, auszuüben, was einen Verstoß gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nach sich zieht.

Ich bin in Kenntnis davon, dass mein rechtswidriger Aufenthalt im Bundesgebiet eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne des § 120 Abs 1a FPG nach sich zieht. Meine ha. getätigten Angaben erhebe ich hiermit auch zu meiner Stellungnahme in diesem Verwaltungsstrafverfahren vor der Landespolizeidirektion Wien, AFA 3 – Fremdenpolizei (1210 Wien, Hermann Bahr – Straße 3) und ergeht von dort diesbezüglich eine gesonderte Entscheidung.“

Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann ich kostenlos eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen und wird die zuständige Stelle heute noch verständigt werden. Es wird mir eine Organisation zugewiesen und erfolgt eine Verständigung in schriftlicher Form, welche Organisation mich kontaktieren wird.

Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung wird eine Rückkehrberatung vorgeschrieben und die zuständige Stelle wird heute noch verständigt werden.

Es wird mir eine Organisation zugewiesen und erfolgt eine Verständigung in schriftlicher Form, welche Organisation mich kontaktieren wird.

Im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist auch zu prüfen, ob ein humanitärer AT von Amts wegen zu erteilen wäre. Im Hinblick auf die Bestimmungen des § 55, 56 und 57 AsylG 2005 stellt die Behörde fest, dass keine Voraussetzungen vorliegen, keiner legalen Beschäftigung nachgehe, seit kurzem im Bundesgebiet aufhältig bin und andererseits die Voraussetzungen des § 57 AsylG nicht erfülle.

Aufgrund des derzeitigen Ermittlungsstandes bestehen keine Gründe von Amts wegen einen humanitären Aufenthaltstitel auszusprechen.

Eine Rückkehr nach Nordmazedonien ist mir zumutbar und es sprechen keine Gründe dagegen, dass ich nicht in meine Heimat zurückkehren kann. Meine Abschiebung nach Nordmazedonien wäre somit zulässig.

Gemäß § 82 FPG haben Sie das Recht, das Landesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn Sie nach diesem Bundesgesetz festgenommen wurden oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wurden.

Sie halten sich rechtswidrig in Österreich auf. Sie nehmen unangemeldet Unterkunft. Sie können zudem keine ausreichenden Existenzmittel nachweisen bzw. nicht den Nachweis erbringen, dass diese aus legalen Quellen stammen. Sie sind für die Behörde nicht ausreichend greifbar.

Sie wurden durch die Finanzpolizei bei der Schwarzarbeit betreten.

Sie werden nun zur Sicherung des Verfahrens und der Abschiebung in Schubhaft genommen.

Es wird weiters eine Rückkehrentscheidung – in Verbindung mit einem Einreiseverbot - über Sie erlassen werden.

Es wird Ihnen mitgeteilt, dass von Amts wegen eine Rechtsberatungsorganisation verständig werden wird, da aufgrund des Sachverhaltes ein Schubbescheid gem. § 76 Abs. 2 Ziffer 2 FPG zu erlassen ist. Es wird Ihnen eine Organisation zugewiesen und erfolgt eine Verständigung in schriftlicher Form, welche Organisation Sie kontaktieren wird. Die Verfahrensanordnung wird Ihnen zugestellt, sobald die Rechtsberatung zugewiesen wurde.

Ihnen wird zur Kenntnis gebracht, dass Ihr rechtswidriger Aufenthalt im Bundesgebiet eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne des § 120 Abs 1a FPG nach sich zieht. Ihre ha. getätigten Angaben werden hiermit auch zur Stellungnahme in einem Verwaltungsstrafverfahren vor der Landespolizeidirektion Wien, AFA 2 – Fremdenpolizei (1210 Wien, Hermann Bahr – Straße 3) herangezogen und es ergeht von dort diesbezüglich eine gesonderte Entscheidung.

F: Möchten Sie zur beabsichtigten Erlassung der Schubhaft und der Rückkehrentscheidung Stellung nehmen?

VP: Nein.

Zu dem vorliegenden Sachverhalt und Ihren Angaben zu Ihrem Aufenthalt stellt die Behörde fest, dass

•        Sie sich zurzeit unrechtmäßig im Österreichischen Bundesgebiet aufhalten.

Zur Beendigung Ihres unrechtmäßigen Aufenthaltes ist beabsichtigt, eine Rückkehrentscheidung gegen Sie zu erlassen

und Sie (nach Erlangung eines Reisedokumentes) in Ihr Heimatland abzuschieben.

Es wird Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass ein Antrag gemäß § 51 Abs. 1 FPG auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten von Ihnen bezeichneten Staat, der nicht Ihr Herkunftsstaat ist, nur während eines Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung oder eines Einreiseverbotes gestellt werden kann.

Nach Vorhalt und Erörterung des § 51 FPG gebe ich an, dass ich in Nordmazedonien weder strafrechtlich noch politisch verfolgt werde.

Es wird Ihnen nun die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme geboten.

Dazu gebe ich an, dass ich so schnell wie möglich nach Nordmazedonien zurückgeschoben werden möchte.

Es wird Ihnen nunmehr zur Kenntnis gebracht, dass das Ermittlungsverfahren wegen Entscheidungsreife gemäß § 39 Abs. 3 AVG geschlossen wird.

[…]

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den BF am 29.05.2020 die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Abschiebung angeordnet.

Die Verwaltungsbehörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:


„(…)

C) Feststellungen

Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

Zu Ihrer Person:

Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.

Sie verfügen über einen abgelaufenen Aufenthaltstitel aus Deutschland.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Ihr Aufenthalt mutierte nach einer Kontrolle durch das Finanzpolizei Team 03, da Sie ohne entsprechende arbeitsmarktbehördlicher Bewilligung und ohne fremdenrechtliche Bewilligung angetroffen wurden, zu einem illegalen.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

?        Sie hielten sich für einen unbestimmten Zeitraum illegal in Österreich auf.

?        Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung, indem Sie der Schwarzarbeit nachgegangen sind.

?        Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.

?        Sie haben keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich und hielten sich bislang unangemeldet unter Verletzung des Meldegesetzes in Österreich auf.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.

D) Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes, Zl. 1264945108, sowie aus Ihrer Einvernahme am 29.05.2020.

E) Rechtliche Beurteilung

(…)

In diesem Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten.

(…)

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Auf Grund Ihres Nachgehens der Schwarzarbeit im Bundesgebiet, wird festgestellt, dass Ihr Aufenthalt zum Zwecke einer Erwerbstätigkeit ohne Beschäftigungsbewilligung, einen Verstoß gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz nach sich zieht. Sie verfügen über keinerlei soziale Verankerung, keine ausreichende Existenzmittel, sowie keinen gesicherten Wohnsitz im Bundesgebiet.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung insbesondere auch ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit überwiegt.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Da an der Verhinderung von Schwarzarbeit ein großes öffentliches Interesse besteht, reicht allein schon das Betreten des Fremden bei der Verrichtung von Schwarzarbeit aus, um die Notwendigkeit der Schubhaft im Hinblick auf die Sicherung eines voraussichtlich zu verhängenden Aufenthaltsverbotes zu rechtfertigen (VwGH 27.04.2000, 2000/02/0088).

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio – Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima – ratio – Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist.

(…)“

Mit Bescheid des Bundesamts Zahl: 1264945108/200446109, vom 04.06.2020, zugestellt am selben Tag, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 FPG, erlassen. Die Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt. Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFAVG, die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 7 FPG, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Am 23.06.2020 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und seine Anhaltung in Schubhaft. Er stellte die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge

1. den bekämpften Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung in rechtswidriger Weise erfolgt;

2. in eventu ein gelinderes Mittel anordnen;

3. eine mündliche Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen

Der Beschwerdeführer begründete seine Beschwerde wie folgt:

„Der BF ist zu einem nicht eruierbaren Zeitpunkt in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Am 29.05.2020 wurde der BF bei der sogenannten „Schwarzarbeit“ von der Fremdenpolizei getreten, der BF hatte keine relevante arbeitsmarktbehördliche Bewilligung

und ohne fremdenrechtliche Bewilligung, welche er vorweisen konnte. Der BF befindet sich zurzeit in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung im PAZ Hernalser Gürtel.

Der BF wollte nur auf Besuch in Österreich verbleiben, er konnte jedoch aufgrund der COVID19-bedingten Schließung der Landesgrenzen nicht zurück in sein Heimatland reisen.

Die Schubhaft stellt im gegenständlichen Fall eindeutig ein unverhältnismäßiges Mittel dar. Der Zweck der Sicherung der Abschiebung kann auch ohne Schubhaft und jedenfalls In eventu durch ein gelinderes Mittel (Meldeverpflichtung) erreicht werden:

Der BF ist mit Herrn XXXX , (geboren am XXXX , StA: Nordmazedonien, wohnhaft an: XXXX , 1190 Wien , in Besitz von EU-Daueraufenthalt) verwandt (Cousin), er kann sich auch an dessen Adresse melden. Dieser hat auch die € 30,- Gebühr für die gegenständliche Beschwerde bezahlt.

Der BF hätte somit eine Adresse in Wien, bei welcher sie sich aufhalten könnte. Er würde sich dem Verfahren nicht entziehen und bei seinem Cousin leben bis eine Ausreise nach Nordmazedonien organisiert wäre. Überdies verfügt der BF über weitere in Österreich aufhältige Familienmitglieder, wie seine Schwägerin und Schwager (beide Geschwister seiner Ehefrau). Eine Fluchtgefahr ist nicht ersichtlich und ein Untertauchen nicht zu befürchten. Insbesondere wurde dieser Sachverhaltselement gern. § 76 (3) Z 9 vom BFA nicht berücksichtigt. Die Schubhaft ist bei einer Gesamtbetrachtung aller Sachverhaltselemente unverhältnismäßig und es besteht keine Gefahr des Untertauchens des BF.

Der Beschwerdeführer leidet enorm in der Schubhaft, er wartet seit 29.05.2020 darauf diese (wenn auch durch Abschiebung) zu verlassen. Der BF hat stark an Gewicht verloren und ist psychisch sehr angeschlagen.

Beweis:  XXXX , 1190 Wien als Zeuge

Die familiäre Situation des BF würde zudem verhindern, dass der BF untertaucht und sich dem gegenständlichen Verfahren entzieht. Es liegen zudem nicht ausreichende Anhaltspunkte vor, welche indizieren, dass sich der BF einer Überstellung wiedersetzen würde.

Die belangte Behörde unterlässt es die Entscheidung der Verhängung der Schubhaft ausreichend zu begründen. Zudem hat die Behörde die Anknüpfungspunkte des BF in Österreich nur mangelhaft erforscht und überhaupt nicht gewürdigt. Die Behörde hat zudem die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft nicht ausreichend begründet. Es handelt sich bloß um Textbausteine und nicht um eine fallbezogene Prüfung.

In Anbetracht der konkreten Umstände hätte die Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung somit zu dem Ergebnis kommen müssen, dass im gegenständlichen Fall keine Schubhaft verhängt werden darf.“

Das Bundesamt legte am 24.06.2020 den Verwaltungsakt vor. und teilte mit, dass am selben Tag der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen worden sei und gegen ihn mit Bescheid vom 24.06.2020, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: 1264945108/200442120, zugestellt am selben Tag, das gelindere Mittel der periodischen Meldeverpflichtung – bis zur Abschiebung – angeordnet wurde.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Die vom Bundesverwaltungsgericht im obzitierten Schubhaftbescheid getroffenen und im Verfahrensgang dargestellten Feststellungen werden zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.


Ergänzend wird festgestellt:

Der Beschwerdeführer wurde am 24.06.2020 aus der Schubhaft entlassen und gegen ihn mit Bescheid vom 24.06.2020, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: 1264945108/200442120, zugestellt am selben Tag, das gelindere Mittel der periodischen Meldeverpflichtung – bis zur Abschiebung – angeordnet.

Der Beschwerdeführer legte erst in der Schubhaftbeschwerde seine verwandtschaftlichen Verhältnisse und damit verbunden Unterkunftsmöglichkeiten in Österreich offen.

Bis zu seiner Betretung bei der Verrichtung von Schwarzarbeit war der Aufenthalt des Beschwerdeführers den österreichischen Behörden nicht bekannt – der Beschwerdeführer war erst ab seiner Anhaltung im PAZ polizeilich gemeldet.

Beweiswürdigung:

Der schon im Schubhaftbescheid zugrunde gelegte Sachverhalt ergibt ist unzweifelhaft aus der Aktenlage; zutreffend hat die Verwaltungsbehörde in ihrem Bescheid über die Verhängung eines gelinderen Mittels darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer erst im Beschwerdeschriftsatz auf seine Unterkunftmöglichkeit bei seinem in Österreich zum Daueraufenthalt berechtigten Cousin hingewiesen hatte.

Die Verwaltungsbehörde durfte daher im Zeitpunkt der Schubhaftanordnung vor dem Umstand, dass der Beschwerdeführer bis zu seiner Festnahme gänzlich unangemeldet und damit für die Behörden nicht erreichbar Schwarzarbeit geleistet hatte, von einer erheblichen Gefahr weiteren Untertauchens ausgehen.

Der Beschwerdeführer hat – siehe wörtliche Widergabe der Beschwerde – außer dem Umstand der Offenlegung der in Österreich bestehenden verwandtschaftlichen Verhältnisse, welche unter anderem die Verwaltungsbehörde zur Entlassung in das gelindere Mittel veranlassten, nichts Substantiiertes vorgebracht, was zu einer vom Schubhaftbescheid abweichenden Beurteilung der Fluchtgefahr führen hätte können.

Das Beschwerdeargument, „Der BF wollte nur auf Besuch in Österreich verbleiben, er konnte jedoch aufgrund der COVID19-bedingten Schließung der Landesgrenzen nicht zurück in sein Heimatland reise“ greift insofern zu kurz, als damit der Beschwerdeführer nicht seiner Verpflichtung, seinen Aufenthalt den österreichischen Behörden zu melden, enthoben ist.

Die Durchführung einer Verhandlung war aufgrund des im Zusammenhalt mit der Beschwerde als geklärt anzusehenden Sachverhaltes nicht durchzuführen.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A I. – (Schubhaftbescheid, bisherige Anhaltung in Schubhaft)

Gesetzliche Grundlagen

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.

100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1.       dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2.       dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3.       die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1.       ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2.       ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3.       ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4.       ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5.       ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6.       ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a.       der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder

der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b.       der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7.       ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8.       ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9.       der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4)      Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5)      Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6)      Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFAVG gelten sinngemäß.“

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG idgF hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG idgF ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG idgF von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG idgF sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(…)

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ überschriebene § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1.       er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2.       er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3.       gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Vor dem Hintergrund des aktuell feststehenden Sachverhaltes, welcher bereits der angeführten Vorentscheidung der Verwaltungsbehörde zugrunde gelegt wurde, musste die Verwaltungsbehörde mangels Offenlegung der verwandtschaftlichen Beziehungen und Unterkunftmöglichkeiten in Österreich vom weiteren Untertauchen des Beschwerdeführers in Österreich ausgehen; die Behörde reagierte unmittelbar auf den Beschwerdeschriftsatz und entließ den Beschwerdeführer auch sofort in das gelindere Mittel. Es wird daher, bezogen auf den Zeitpunkt der Schubhaftanordnung die rechtliche Beurteilung des Schubhaftbescheides zur rechtlichen Beurteilung des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben.

Wie also im Schubhaftbescheid zutreffend hingewiesen, hatte schon die Verwaltungsbehörde vor dem Hintergrund der mangelnden polizeilichen Meldung und der vom Beschwerdeführer geleisteten Schwarzarbeit die Schubhaft zu Recht auf die Tatbestände des § 76 Abs. 3 Z. 1 und 9 FPG gestützt.

Da die Verwaltungsbehörde sofort nach Bekanntgabe der Verwandtschaftsbeziehungen in Österreich mit der Entlassung ins gelindere Mittel reagierte, hat sie die zu Recht verhängte Schubhaft auch möglichst kurz gehalten und war daher die Beschwerde auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit zu verwerfen.

Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr illegale Beschäftigung Schubhaft Sicherungsbedarf Unterkunft Untertauchen Verhältnismäßigkeit Verwandtschaftsverhältnis Zeitpunkt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W117.2232278.1.00

Im RIS seit

09.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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