TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/5 96/21/0752

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Veröffentlicht am 05.11.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
VStG §44a Z1;
VStG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde der (am 3. Februar 1961 geborenen) SB, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwalt in Wien I, Landhausgasse 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 20. Juni 1996, Zl. UVS-03/P/19/04593/95, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien keine Folge gegeben; in dem angefochtenen Bescheid wurde die als erwiesen angenommene Tat wie folgt umschrieben:

"Sie haben es als gesetzlicher Vertreter der minderjährigen Kinder 1) BAYIN Burhan, geb. 16.7.1981, 2) Sinam, geb. 10.5.1985, vorsätzlich veranlaßt, daß sich diese 1) vom 13.11.1994 - 30.3.1995, 2) vom 11.3.1994 bis 30.3.1995 mit Aufenthalt in 1150 Wien, Kröllgasse 30/13, als Fremde, ohne im Besitz eines Sichtvermerkes oder einer Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz oder einer Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes zu sein, somit nicht rechtmäßig, im Bundesgebiet aufgehalten haben."

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges aus, daß der im Spruch angelastete Sachverhalt aus objektiver Sicht verwirklicht worden sei. In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, daß ein türkischer Staatsangehöriger sich einer Verwaltungsübertretung nach § 7 VStG i.V.m. § 82 Abs. 1 Z. 4 und § 15 Abs. 1 FrG schuldig mache, wenn er seinen minderjährigen Kindern ermögliche, sich verbotswidrig ohne Aufenthaltserlaubnis in Österreich aufzuhalten. Daß die Beschwerdeführerin Schritte unternommen hätte, den unrechtmäßigen Aufenthalt der Kinder zu unterbinden, sei von ihr selbst nicht dargestellt worden. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, nach einem Erdbeben in ihrem Heimatland sei den Minderjährigen die sichtvermerksfreie Einreise gestattet worden, habe Zweifel an ihrem Verschulden im Hinblick auf die angelastete Gesetzesstelle nicht auslösen können. Die Beschwerdeführerin habe sich aber auch nicht mit dem hohen Ausmaß an Integration der Minderjährigen verantworten können. Wenn sie diese Integration zulasse und allenfalls fördere, obwohl die aufenthaltsrechtliche Situation der Minderjährigen noch ungeklärt sei, habe sie die Nachteile hieraus selbst zu verantworten. Die Beschwerdeführerin könne sich auch nicht auf den Schuldausschließungsgrund des Notstandes im Sinne des § 6 VStG berufen. Im Verfahren sei nicht hervorgekommen, daß hinsichtlich der Minderjährigen in der Türkei eine geeignete Pflegeperson nicht zur Verfügung gestanden wäre. Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin hätte nicht rekonstruiert werden können, daß einzig und allein eine Ausreise nach Österreich ein Mittel wäre, um einer - jedoch auch nicht näher determinierten - Gefahr zu entgehen. Warum etwa die Ausreise in ein anderes Land oder die Rückreise der Eltern in die Türkei kein entsprechendes Mittel gewesen wäre, könne der Aktenlage nicht entnommen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Auf die Erstattung einer Gegenschrift wurde verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt gemäß § 7 VStG der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

Wird jemand der Anstiftung zu einer Verwaltungsübertretung schuldig erkannt, so ist im Spruch auch konkret - unter Angabe von Zeit, Ort und Inhalt der Anstiftung - das als Anstiftung gewertete Verhalten zu umschreiben (vgl. die Ausführungen bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage 1996, Anm. 5 und 6 zu § 7 VStG und die dort zitierte hg. Rechtsprechung). Der Spruch des angefochtenen Bescheides umschreibt zwar die vom unmittelbaren Täter begangenen Übertretungen, beschränkt sich jedoch in Ansehung der Anstiftung auf die Wiedergabe des Gesetzeswortlautes. Der Vorwurf, die Beschwerdeführerin habe die Begehung näher umschriebener Verwaltungsübertretungen vorsätzlich veranlaßt, reicht nach dem Gesagten für die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a Z. 1 VStG nicht aus.

Schon aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen im Einzelnen eingegangen zu werden brauchte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996210752.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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