Entscheidungsdatum
29.06.2020Norm
AsylG 2005 §35 Abs1Spruch
W243 2231944-1/2E
W243 2231943-1/2E
W243 2231945-1/2E
W243 2231946-1/2E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marianne WEBER über die Beschwerde von 1.) mj. XXXX , geb. XXXX , 2.) mj. XXXX , geb. XXXX , 3.) mj. XXXX , geb. XXXX , und 4.) mj. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Somalia, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 12.03.2020, GZ. Nairobi-ÖB/KONS/0218/2020, beschlossen.
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die minderjährigen Beschwerdeführer, eigenen Angaben zufolge Geschwister und Staatsangehörige Somalias, stellten am 12.11.2019 bei der Österreichischen Botschaft in Nairobi (im Folgenden: „ÖB Nairobi“) Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005.
Als Bezugsperson wurde die Mutter der vier minderjährigen Beschwerdeführer, ebenfalls eine Staatsangehörige Somalias, namhaft gemacht, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „BFA“) vom 16.08.2016 gemäß § 8 AsylG 2005 der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Die damit verbundene befristete Aufenthaltsberechtigung der Bezugsperson wurde bislang stets verlängert und ist aktuell bis 16.08.2021 gültig.
Dem Antrag wurden folgende Unterlagen in Kopie beigelegt:
• Die Beschwerdeführer betreffend:
- Reisepasskopien,
- Kopien der Geburtsurkunden,
- Vollmacht des Vaters vom 16.09.2019, sowie
- Vollmacht einer Freundin der Bezugsperson zur Einbringung der Anträge der Beschwerdeführer.
• Die Beschwerdeführer betreffend:
- Meldebestätigung,
- Kopie des Mietvertrages für eine 50 m² große Wohnung mit einem Mietpreis in der Höhe von 550,00 €,
- Kopie des Versicherungsdatenauszuges,
- Bestätigung der Angehörigeneigenschaft der Kinder, ausgestellt durch die XXXX Gebietskrankenkasse,
- eine Kopie der Grundvereinbarung nach AÜG für Arbeiter der Firma „ XXXX “,
- Kopien der Lohn-/Gehaltsabrechnungen der Firma „ XXXX “ für die Monate Juni, Juli und August 2019,
- Arbeitsvertrag der Firma „ XXXX “, sowie
- Lohn-/Gehaltsabrechnungen der Firma „ XXXX “ für die Monate November und Dezember 2019.
2. In weiterer Folge wurden die Anträge seitens der ÖB Nairobi an das BFA zur Überprüfung weitergeleitet. Bei dieser Gelegenheit teilte die Botschaft mit, dass es sich bei der von den Zweit-, Dritt- und Viertbeschwerdeführern vorgelegten Einverständniserklärung ihres leiblichen Vaters um eine Fälschung handeln dürfte, zumal die Beschwerdeführer bei ihrer Einvernahme nach ihrem Vater befragt worden wären, und dabei angegeben hätten, dass dieser verschwunden sei. Der Vater der Erstbeschwerdeführerin sei bereits verstorben, eine Sterbeurkunde gebe es jedoch nicht. Es werde eine DNA-Analyse zur Feststellung der tatsächlichen Angehörigeneigenschaft angeregt.
3. Mit Stellungnahme vom 20.02.2020 teilte das BFA gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass betreffend die Beschwerdeführer die Gewährung des Status Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter nicht wahrscheinlich sei, da die allgemeine Erteilungsvoraussetzung gemäß § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 nicht erfüllt worden sei. Die Bezugsperson befinde sich zwar in einem Dienstverhältnis, doch entspreche ihr Einkommen nicht den zu berücksichtigenden Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass diese in der Lage sei, die Versorgung ihrer Kinder ohne die Inanspruchnahme von Sozialleistungen der Gebietskörperschaften zu gewährleisten. Darüber hinaus erscheine die Einreise der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten, zumal diese Regelung keineswegs vorschreibe, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren sei. Es werde auf das Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), das den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige darstelle, verwiesen. Schließlich hätten die Beschwerdeführer auch nicht dargetan, dass eine Fortführung des Privat- und Familienlebens – nach mehrjähriger Trennung von der Bezugsperson – jedenfalls nicht auch in einem anderen Staat möglich wäre.
4. Mit Schreiben vom 21.02.2020 wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) zur Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA eingeräumt.
5. In einer diesbezüglichen Stellungnahme vom 05.03.2020 wurde ausgeführt, dass die Einkommensvoraussetzung von der Bezugsperson nur knapp (um 230 EUR) nicht zur Gänze erfüllt werden hätten können und gegenständlich der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 zur Anwendung kommen müsse. Die Beschwerdeführer hätten ihr gesamtes Leben mit ihrer leiblichen Mutter, der Bezugsperson, verbracht und sei deren Trennung nicht freiwillig, sondern auf fluchtauslösende Ereignisse zurückzuführen. Auch könne das Familienleben in keinem anderen Staat als in Österreich fortgesetzt werden, da weder die Beschwerdeführer noch die Bezugsperson über entsprechende Aufenthaltstitel verfügen würden und keine realistische Möglichkeit bestehe, solche zu bekommen. Die Annahme des BFA, wonach die Einreise der Beschwerdeführer im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine, sei von der Behörde nicht näher begründet worden und werde auf die konkreten Umstände des vorliegenden Falles nicht näher eingegangen.
Der Stellungnahme wurden folgende Unterlagen beigelegt:
- Arbeitsvertrag der Firma „ XXXX “,
- Lohnzettel von Jänner und Februar 2020 (zuletzt: Nettogehalt in der Höhe von 1.017,69 €), sowie
- Anmeldung für eine geringfügige Beschäftigung.
6. Das BFA teilte nach Befassung mit dieser Stellungnahme in einem Schreiben vom 11.03.2020 mit, dass die negative Entscheidung aufrecht bleibe.
7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.03.2020, zugestellt am selben Tag, verweigerte die ÖB Nairobi die Erteilung der Einreisetitel gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 mit der Begründung, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status von Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzung gemäß § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 nicht nachgewiesen worden sei und die Einreise der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienverfahrens iSd Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine.
8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 09.04.2020 eingebrachte Beschwerde, in der im Wesentlichen bemängelt wird, dass in der dem Bescheid beiliegenden Stellungnahme des BFA nicht erkennbar sei, inwiefern eine Prüfung von Art. 8 EMRK und des Ausnahmetatbestands des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 in Bezug auf den vorliegenden Fall durchgeführt worden sei.
Ergänzend wurden die Lohnzettel der Bezugsperson vom März 2020 übermittelt.
9. Mit Schreiben des Bundesministers für Inneres vom 09.06.2020, eingelangt am 15.06.2020, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der gegenständliche Verwaltungsakt übermittelt und mitgeteilt, dass von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung abgesehen werde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
Zu A) Behebung des Bescheides und Zurückverweisung:
2.1. § 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:
„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.“
2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:
„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4)-(9) […]
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005
§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.“
2.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 lauten:
„Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35.(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.“
„Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen
„§ 60. (1) […]
(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn
1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,
2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,
3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und
(3) […]“
2.4. § 13 Abs. 4 BFA-VG lautet:
„Gelingt es einem Fremden nicht, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis, auf das er sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht oder in einem Verfahren gemäß § 35 AsylG 2005 beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, so hat ihm das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht auf sein Verlangen und auf seine Kosten die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen. Der Fremde ist über diese Möglichkeit zu belehren. Das mangelnde Verlangen des Fremden auf Vornahme einer DNA-Analyse ist keine Weigerung des Fremden, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Im weiteren Verfahren darf nur die Information über das Verwandtschaftsverhältnis verarbeitet werden; allenfalls darüber hinaus gehende Daten sind zu löschen. Das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht hat dem Fremden die Kosten der DNA-Analyse auf Antrag zu erstatten, wenn das behauptete Verwandtschaftsverhältnis durch das auf der DNA-Analyse beruhende Gutachten festgestellt wurde und sich der Fremde im Bundesgebiet aufhält.“
2.5. Mit Erkenntnis vom 26.6.2014, Ro 2014/03/0063, hat der VwGH festgestellt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen werde daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
Im Erkenntnis vom 01.03.2016, Ro 2015/18/20002 bis 0007, hält der VwGH zunächst fest, dass der in § 35 Abs. 4 AsylG 2005 angeordnete Beweismaßstab, nach dem das Bundesamt zu beurteilen hat, ob es eine positive oder negative Mitteilung abgibt, für sich betrachtet rechtsstaatlich nicht bedenklich erscheint. Da das Gesetz vorsieht, dass eine positive Mitteilung des Bundesamtes schon dann zu ergehen hat, wenn die Gewährung von internationalem Schutz bloß wahrscheinlich ist, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass eine negative Prognose nur dann erfolgen darf, wenn die Gewährung dieses Schutzes in einem nach Einreise in Österreich zu führenden Asylverfahren nicht einmal wahrscheinlich ist; Gewissheit darüber, dass dem Antragsteller internationaler Schutz in Österreich gewährt werden wird, erfordert die Erteilung einer Einreiseerlaubnis hingegen nicht.
Um somit die Einreiseerlaubnis nach Österreich zu erhalten, muss der Antragsteller lediglich die niedrigere Beweisschwelle der Wahrscheinlichkeit einer künftigen Gewährung internationalen Schutzes überspringen. Schon dann steht ihm die Möglichkeit offen, in das Bundesgebiet einzureisen und dort ein Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 - mit allen Verfahrensgarantien - zu absolvieren. Dass § 35 Abs. 4 AsylG 2005 die Vergabe eines Visums an die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes im künftigen Asylverfahren bindet, erscheint unter diesem Blickwinkel mit dem rechtsstaatlichen Prinzip somit nicht im Widerspruch zu stehen.
Der Verfassungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, sofern in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN sowie VfSlg. 14.421/1996 und 15.743/2000).
Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH vom 10.04.2013, Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel: „Verwaltungsverfahren Band I2“, E 84 zu § 39 AVG).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Ungeachtet dieser für die Vertretungsbehörden bestehenden Bindungswirkung an die Prognoseentscheidung des Bundesamtes steht es dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nunmehr - innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems - offen, auch die Einschätzung des Bundesamtes über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002). Auch wenn es sich bei der Mitteilung des Bundesamtes um keinen Bescheid handelt, der vom Antragsteller (selbständig) angefochten werden kann (VwGH 06. 10.2010, 2008/19/0527), setzt die Möglichkeit einer Überprüfung der Richtigkeit dieser Prognose durch das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls voraus, dass dieser Mitteilung des Bundesamtes in nachvollziehbarer Weise zu entnehmen ist, aus welchen Gründen das Bundesamt die Zuerkennung des beantragten Schutzstatus für nicht wahrscheinlich hält.
Hinzu kommt, dass der VfGH in seiner Rechtsprechung bereits wiederholt gefordert hat, im Visaverfahren nach § 35 AsylG 2005 auch die Einhaltung des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen und sicherzustellen (vgl. insbesondere auch VfGH vom 06.06.2014, B 369/2013, und vom 23.11.2015, E 1510-1511/2015-15).
2.6. Zunächst ist festzuhalten, dass der Bezugsperson mit Bescheid des BFA vom 16.08.2016 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Gemäß § 35 Abs. 2 AsylG 2005 haben Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nachzuweisen, um Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 zu erlangen.
Im gegenständlichen Fall konnte die Voraussetzung gemäß § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 jedoch nicht nachgewiesen werden. Demnach dürfen Aufenthaltstitel an Drittstaatsangehörige nur dann erteilt werden, wenn der Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen würde. Die Bezugsperson arbeitet derzeit bei der „ XXXX “ als Reinigungskraft, wobei sie ein monatliches Nettogehalt in der Höhe von 1.017,69 € bezieht. Zusätzlich hat sie seit März eine geringfügige Beschäftigung angenommen, bei der sie zusätzliche 400,00 € pro Monat verdient. Sie verfügt demnach über ein monatliches Netto-Einkommen von ca. 1.500,00 €.
Der für den monatlichen Unterhaltsbedarf heranzuziehende Richtsatz gemäß § 293 ASVG für das Kalenderjahr 2020 beträgt für Alleinstehende 966,65 € und für jedes Kind weitere 149,15 €, was im Konkreten einen Richtsatz von 1.563,25 € ergibt. Bei den monatlichen Mietkosten von 550 € steht der Bezugsperson, unter Berücksichtigung des Wertes der freien Station (299,95 €), ein monatliches Einkommen von etwa 1.250 € zur Verfügung, weshalb der Richtsatz um ca. 310 € unterschritten wird. Selbst unter Berücksichtigung der Weihnachtsrenumeration und dem der Bezugsperson zustehenden Urlaubszuschuss, würde – den Beschwerdeführern zufolge – der Richtsatz noch um 230 € unterschritten werden. Es kann folglich nicht davon ausgegangen werden, dass eine Lebensführung der Bezugsperson und der Beschwerdeführer in Österreich ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaft möglich ist.
Sohin liegt die Voraussetzung nach § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 nicht vor.
Im gegenständlichen Fall ist jedoch auch die Ermessensregel des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 zu beachten. Voraussetzung dieser Ausnahme ist, dass die Einreise des Antragstellers zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens „dringend geboten ist“. So ist im Zuge dieser Beurteilung unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VfGH vom 23.09.2019, E 2226-2230/2019, sowie sinngemäß VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).
Hinzuweisen ist in dem Zusammenhang auf die ständige Rechtsprechung des EGMR, wonach ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt entsteht (vgl. EGMR 21.6.1988, Fall Berrehab, Appl. 10730/84 [Z 21]; 26.5.1994, Fall Keegan, Appl. 16969/90 [Z 44]). Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (EGMR 19.2.1996, Fall Gül, Appl. 23218/94 [Z 32]).
Seitens der Beschwerdeführer wurde vorgebracht, ihr gesamtes Leben mit ihrer leiblichen Mutter, der Bezugsperson, verbracht zu haben und dass deren Trennung auf fluchtauslösende Ereignisse zurückzuführen sei. Es liegen demnach jedenfalls keine außergewöhnlichen Umstände vor, wonach das Familienleben als aufgelöst zu betrachten wäre und wurde auch seitens des BFA nichts Gegenteiliges vorgebracht. Es kann folglich von einem von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Familienleben zwischen Eltern und Kind ausgegangen werden.
Das BFA hielt in seiner Stellungnahme vom 20.02.2020 hiezu jedoch fest, dass die Einreise der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens nicht geboten erscheine, zumal Art. 8 EMRK keineswegs vorschreibe, dass in allen Fällen der Zusammenführung von Familienangehörigen jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren sei. Es werde auf das Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz verwiesen.
Festzuhalten ist, dass das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern unter Gesetzesvorbehalt steht. Auch lässt der EuGH in seinem Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, klar erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.
Zumal die Ermessensregel des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 bestimmt, dass Anträgen auch in Ermangelung der Erteilungsvoraussetzungen des § 60 AsylG 2005 stattzugeben ist, sofern dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist, hätte die Behörde aber jedenfalls eine Abwägung der öffentlichen Interessen am wirtschaftlichen Wohl des Landes mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführer vorzunehmen gehabt; dies unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls.
Die Behörde hätte demnach das Vorbringen, wonach die Beschwerdeführer und die Bezugsperson ihr gesamtes Leben gemeinsam verbracht hätten und deren Trennung bloß fluchtbedingt erfolgt sei, bei ihrer Entscheidungsfindung hinreichend zu berücksichtigen gehabt und hätte sie überdies auf den Umstand Bedacht zu nehmen gehabt, dass die Bezugsperson die erforderliche Einkommensvoraussetzung im Sinne des § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 iVm § 11 Abs. 5 NAG nur gering unterschritten hat, wohingegen sie die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1- 2 AsylG 2005 jedenfalls nachweisen konnte.
Da es sich bei den Beschwerdeführern um minderjährige Kinder handelt, wäre letztlich auch auf das Kindeswohl Bedacht zunehmen gewesen, welches nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Verfassungsgerichtshofes im Rahmen der gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK durchzuführenden Interessenabwägung vorrangig zu berücksichtigen ist (vgl. EGMR 28.6.2011, Fall Nunez, Appl. 55.597/09; Fall El Ghatet, Rz 46 f.), (vgl. VfGH 9.6.2016, E 2617/2015; 12.10.2016, E 1349/2016). Ungeachtet dessen, dass daraus nicht per se auf ein Recht des Kindes auf Einreise abgestellt werden kann.
Festzuhalten ist, dass es das BFA verabsäumt hat, eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen unter Bedachtnahme aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen, weshalb eine Beurteilung darüber, ob im gegenständlichen Fall die Einreise der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens „dringend geboten ist“ nicht abschließend geklärt ist.
Sofern die Behörde in ihrer Stellungnahme vom 20.02.2020 bezüglich der negativen Prognoseentscheidung ferner ausführte, die Beschwerdeführer hätten nicht vorgebracht, ihr Familienleben nicht auch in einem anderen Staat weiterführen zu können, so ist abschließend anzumerken, dass eine Familienzusammenführung im Herkunftsstaat ausgeschlossen werden kann, da dies dem Schutzstatus der Bezugsperson zuwiderlaufen würde. Da die Behörde dem Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach sie keine realistische Chance hätten, Aufenthaltstitel in einem anderen Land erteilt zu bekommen, im weiteren Verfahren auch nicht substantiiert entgegentrat, kann in diesem Zusammenhang jedenfalls kein Erteilungshindernis erkannt werden.
Nur der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass die ÖB Nairobi wegen Zweifeln an der Familienangehörigeneigenschaft die Durchführung einer DNA-Analyse anregte.
Der Anregung der Botschaft auf Durchführung beziehungsweise Ermöglichung einer DNA-Analyse im Sinne des § 13 Abs. 4 BFA-VG wurde im gegenständlichen Fall jedoch nicht nähergetreten, zumal das BFA seine negative Wahrscheinlichkeitsprognose lediglich darauf stützte, dass die Erteilungsvoraussetzung gemäß § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 nicht habe erfüllt werden können und die Einreise der Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienverfahrens nicht geboten erscheine.
Sollte das BFA seine negative Entscheidung – dies ist den Stellungnahmen des BFA jedoch nicht zu entnehmen – auch darauf stützen, dass die Beweismittel nicht geeignet waren, um das behauptete Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Beschwerdeführern und der Bezugsperson nachzuweisen, wären DNA-Analysen zum Nachweis der Familienangehörigeneigenschaft erforderlich und könnte erst dann eine Abwägung der Interessen der Beschwerdeführer an einer Fortsetzung ihres Familienlebens in Österreich erfolgen.
Aus obgenannten Gründen war der angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufzuheben und der ÖB Nairobi die Erlassung eines neuen Bescheides aufzutragen.
2.7. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In den rechtlichen Ausführungen zu Spruchteil A) wurde ausgeführt, dass die Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Rahmen des Beschwerdeverfahrens in Visaangelegenheiten nicht im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist. Im Übrigen trifft § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eine klare, im Sinne einer eindeutigen, Regelung (vgl. OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung Einreisetitel Ermittlungspflicht Familienangehöriger individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde SachverhaltsfeststellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W243.2231943.1.00Im RIS seit
08.10.2020Zuletzt aktualisiert am
08.10.2020