Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §33 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde des LO (geboren am 25. Jänner 1969), vertreten durch
Dr. Gabriel Liedermann, Rechtsanwalt in Wien X, Gudrunstraße 143, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 27. Juli 1995, Zl. Fr-266/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung (Ausweisung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die vorliegende Beschwerde ist gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 27. Juli 1995 gerichtet, mit welchem die gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 21. Juni 1995, mit welchem der Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 2 Z. 6 des Fremdengesetzes (FrG) ausgewiesen wurde, erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurückgewiesen wurde.
Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer den erstinstanzlichen Bescheid am 22. Juni 1995 übernommen und dies durch seine eigene Unterschrift bestätigt habe. Der Beschwerdeführer habe seine Berufung der Post nicht zur Beförderung übergeben und die Berufung sei - wie dies dem Einlaufstempel entnommen werden könne - erst am 7. Juli 1995, somit nach Ablauf der zweiwöchigen Berufungsfrist bei der Behörde erster Instanz eingelangt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil er sich seit dem 17. Juni 1995 im Polizeigefangenenhaus Wien in Schubhaft befinde. Er habe seine Berufung gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz an den für diese Erledigung zuständigen Stockaufseher der Haftanstalt zur Postaufgabe an die belangte Behörde übergeben. Damit sei seine Berufung aber rechtzeitig gewesen.
Die Beschwerde ist berechtigt. Gemäß § 33 Abs. 3 AVG werden die Tage des Postenlaufes in eine Frist nicht eingerechnet. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Anstaltsorgane der Gefangenenhausleitung hinsichtlich der Übergabe von Briefsendungen von Häftlingen als Absender als verlängerter Arm der Post anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1984, Zl. 84/10/0084, Slg. Nr. N.F. 11.473/A). Das in den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens einliegende Kuvert, in welchem sich die Berufung des Beschwerdeführers befand, trägt nicht nur die Eingangsstampiglie der Behörde erster Instanz mit 7. Juli 1995 auf der Rückseite, sondern auch den Datumsstempel "23. Juni 1995" sowie eine nebenstehende Paraphe auf der Vorderseite. Dies legt den Schluß nahe, daß der Beschwerdeführer seine Berufung am 23. Juni 1995 einem Beamten des Polizeigefangenenhauses Wien zur Postaufgabe an die Behörde erster Instanz, somit innerhalb der Berufungsfrist, übergeben hat. Bei dieser Sachlage hätte die belangte Behörde jedenfalls nähere Ermittlungen dahingehend anstellen müssen, ob dies tatsächlich der Fall war sowie ob das Schriftstück von der Post oder auf andere Weise übermittelt worden ist.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995210975.X00Im RIS seit
20.11.2000