TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/5 97/03/0145

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Veröffentlicht am 05.11.1997
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1E;
E3L E06202030;
E3L E07402010;
E3R E07403000;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
92 Luftverkehr;

Norm

11992E177 EGV Art177;
31991L0670 Anerkennungs-RL Luftfahrtpersonal Zivilluftfahrt Art2 litf;
31991L0670 Anerkennungs-RL Luftfahrtpersonal Zivilluftfahrt Art3;
31991R3922 HarmonisierungsV Zivilluftfahrt Art1 Abs1;
31991R3922 HarmonisierungsV Zivilluftfahrt Art7;
B-VG Art140 Abs1;
EURallg;
LuftfahrtG 1958 §39;
VwGG §38a;
ZLPV 1958 §1 Abs5;
ZLPV 1958 §1;
ZLPV 1958;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. Stefan Kovacsevich, Rechtsanwalt in Wien III, Jacquingasse 35, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 21. Mai 1997, Zl. 53350/4-Z7/97, betreffend Anerkennung der Sachkunde zur Durchführung von Wartungsarbeiten an Luftfahrzeugen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben an die AUSTRO CONTROL GmbH vom 12. Juli 1996 teilte der Beschwerdeführer mit, daß er vom 24. bis 28. Juni 1986 an einem Lehrgang zur Ausbildung als Flugzeugwart "nach den Vorschriften des EU-Mitglieds Deutschland" teilgenommen und diese Ausbildung mit einer Prüfung erfolgreich abgeschlossen habe. Wörtlich heißt es sodann in diesem Schreiben:

"Nachdem ich damit meine Sachkunde nachgewiesen habe, berechtigt mich diese Ausbildung,auch an der nicht gewerbsmäßig betriebenen Bölkow-Junior OE-ASA unter der nachprüfenden Aufsicht eines deutschen LtB die einfache Wartung inklusive planmäßiger Kontrollen durchzuführen. Die anschließend in Deutschland durchgeführte Jahresnachprüfung wird unter dem Gegenseitigkeitsabkommen zur Anerkennung der Lufttüchtigkeit aus 1992 und nach den Regeln des Gemeinschaftsrechts im Mitgliedsland Österreich anerkannt. Jede Ausübung in Europa wird in Österreich anerkannt.

Weil der Umweg über Deutschland aus europäischen Gleichheitsgründen nicht zumutbar ist, beantrage ich daher die formelle Anerkennung meiner nachgewiesenen Sachkunde zur Durchführung von Wartung im Umfang meiner Berechtigung unter nachprüfender Aufsicht eines österreichischen LtB an, in Österreich registrierten Luftfahrzeugen. Auf jeden Fall als Eigentümer, Halter und Pilot der OE-ASA vom Typ Bölkow BO 208 Junior, Geräte-Kennblatt Nr. 644, ein Flugzeug deutscher Konstruktion, Herstellung Musterzulassung.

In eventu stelle ich den Antrag, den europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 177 EGV anzufragen, ob auch diese Ausbildung unter das Gleichwertigkeits- und Anerkennungsprinzip fällt und ohne weitere Nachweise anzuerkennen ist, und ob die Erfüllung der Vorschriften der deutschen Luftfahrtgeräteprüfordnung in Österreich als den Sicherheitsanforderungen entsprechend, anzuerkennen sind."

Mit Schriftsatz vom 19. Jänner 1997 beantragte der Beschwerdeführer sodann bei der belangten Behörde gemäß § 73 Abs. 2 AVG den Übergang der Entscheidungspflicht hinsichtlich seines Antrages vom 12. Juli 1996.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Devolutionsantrag des Beschwerdeführers gemäß § 73 Abs. 2 AVG Folge gegeben (Spruchpunkt 1.). Der Antrag auf formelle Anerkennung der (nach deutschen Vorschriften) nachgewiesenen Sachkunde zur Durchführung von Wartungsarbeiten an in Österreich registrierten Luftfahrzeugen wurde aufgrund des § 39 des Luftfahrtgesetzes (LFG), BGBl. Nr. 253/1957, in Verbindung mit § 1 der Zivilluftfahrt-Personalverordnung (ZLPV), BGBl. Nr. 219/1958, abgewiesen (Spruchpunkt 2.). Der in eventu gestellte Antrag auf Anfrage beim Europäischen Gerichtshof betreffend einer Vorabentscheidung nach Art. 177 EG-Vertrag wurde gemäß § 6 AVG zurückgewiesen (Spruchpunkt 3.).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer "in den gesetzlich gewährleisteten Rechten auf vorrangige Anwendung des Gemeinschaftsrechts, auf Anerkennung der Vorschriften des Mitgliedstaats Deutschland als den österreichischen Vorschriften gleichwertig, und auf Ausstellung eines Bescheids, wenn das österreichische Recht keinen faktischen Anerkennungsakt bietet", verletzt erachtet. Daraus geht hervor, daß der angefochtene Bescheid nur in seinem Spruchpunkt 2.) bekämpft wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die belangte Behörde wies in der Begründung ihres Bescheides zu Recht darauf hin, daß die österreichischen luftfahrtrechtlichen Vorschriften (§ 39 LFG; § 1 Abs. 5 ZLPV) keine Rechtsgrundlage für die vom Beschwerdeführer beantragte Anerkennung einer nach deutschem Recht nachgewiesenen Sachkunde zur Durchführung bestimmter Wartungsarbeiten bieten; auch eine entsprechende staatsvertragliche Regelung existiert nicht. Dagegen vermag der Beschwerdeführer nichts Stichhältiges ins Treffen zu führen. Seine Bedenken, die ZLPV scheine gemeinschaftsrechts- und verfassungswidrig, weil keine Unterscheidung bei der Instandhaltung von gewerblich und von nicht gewerblich eingesetzten Luftfahrzeugen getroffen werde, können vom Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollzogen werden.

Der Beschwerdeführer stützt sein Begehren in erster Linie auf Art. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 3922/91 des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Harmonisierung der technischen Vorschriften und der Verwaltungsverfahren in der Zivilluftfahrt sowie auf Art. 3 der Richtlinie des Rates vom 16. Dezember 1991 zur gegenseitigen Anerkennung von Erlaubnissen für Luftfahrtpersonal zur Ausübung von Tätigkeiten in der Zivilluftfahrt (91/670/EWG); damit vermag er jedoch der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Verordnung Nr. 3922/91 (EWG) dient ihrem Art. 1 Abs. 1 zufolge der Harmonisierung der in Anhang II aufgeführten technischen Vorschriften und Verwaltungsverfahren auf dem Gebiet der Sicherheit in der Zivilluftfahrt, insbesondere in bezug auf Entwicklung, Herstellung, Betrieb und Instandhaltung von Luftfahrzeugen, Personen und Stellen, die diese Tätigkeit ausführen. Art. 3 bestimmt, daß unbeschadet des Art. 11 als gemeinsame technische Vorschriften und Verwaltungsverfahren, die in der Gemeinschaft auf die Bereiche des Anhangs II anwendbar sind, die jeweils in diesem Anhang aufgeführten und am 1. Januar 1992 geltenden Vorschriften maßgeblich sind. Als solche Vorschrift ist im Anhang II "JAR 145Approved Maintenance Organisations (anerkannte Instandhaltungsorganisationen)" angeführt. JAR 145.10 lit.a erster Satz regelt den Geltungsbereich dieser Vorschrift dahin, daß sie Bestimmungen für die Genehmigung von Betrieben zur Instandhaltung von Luftfahrzeugen und Luftfahrzeugbauteilen sowie allgemeine den Betriebsablauf in genehmigten Instandhaltungsbetrieben betreffende Bestimmungen enthalte.

Wenn daher Art. 7 der Verordnung vorsieht, daß die Mitgliedstaaten die Zulassung anerkennen, die ein anderer Mitgliedstaat oder eine in seinem Auftrag handelnde Stelle gemäß dieser Verordnung für seiner Gerichtsbarkeit und Hoheit unterliegende Stellen oder Personen erteilt, die an der Entwicklung, Herstellung und Instandhaltung von Erzeugnissen sowie den Betrieb von Luftfahrzeugen beteiligt sind, so kann sich dies hinsichtlich der Instandhaltung nur auf für Betriebe erteilte Zulassungen beziehen. Dieses Tatbestandsmerkmal trifft auf den Beschwerdeführer jedoch nicht zu.

Die Richtlinie 91/670/EWG betrifft ihrem Art. 1 zufolge die Verfahren zur gegenseitigen Anerkennung von Erlaubnissen der Mitgliedstaaten für Luftfahrtpersonal in der Zivilluftfahrt. Luftfahrtpersonal sind gemäß Art. 2 lit. f der Richtlinie die Inhaber einer Erlaubnis, die während des Fluges wesentliche Aufgaben zur Führung des Luftfahrzeugs wahrzunehmen haben, d. h. Luftfahrzeugführer, Flugnavigatoren und Flugingenieure. Da die Richtlinie somit auf Personen, die Wartungsarbeiten durchführen, nicht anwendbar ist, kann daraus - unabhängig von der Frage, ob diese Richtlinie im innerstaatlichen Bereich überhaupt unmittelbar anwendbar ist - für den Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers nichts gewonnen werden.

Von der Einholung einer Vorabentscheidung nach Art. 177 des EG-Vertrages, "ob die Ausbildung zum Luftfahrzeugwart in Deutschland unter das Gleichwertigkeits- und Anerkennungsprinzip von Berufsausbildung fällt, und ohne weitere Nachweise anzuerkennen ist, und ob die Erfüllung der Luftfahrtgeräteprüfordnung eines Mitgliedstaates von den anderen Mitgliedstaaten als den Sicherheitsanforderungen entsprechend anzuerkennen ist", sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlaßt, weil im Beschwerdefall im Hinblick auf die obigen Ausführungen Zweifel über die Auslegung von Gemeinschaftsrecht nicht bestehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Auslegung Allgemein EURallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997030145.X00

Im RIS seit

09.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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