Entscheidungsdatum
02.07.2020Norm
ASVG §410Spruch
L501 2232599-1/2E
Im Namen der Republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerde von Herrn XXXX , geboren XXXX , gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse (nunmehr Österreichische Gesundheitskasse, ÖGK-S) vom 02.06.2009, GZ: 046-Mag. XXXX /RC 22/09, betreffend Beitragspflicht zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 2.6.2009 sprach die belangte Behörde aus, dass die beschwerdeführende Partei (im Folgenden kurz: "bP") als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG verpflichtet werde, die mit Beitragsvorschreibung vom 24.11.2008 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von EUR 67.283,86 sowie Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG in der Höhe von EUR 17.093,11, sohin einen Gesamtbetrag von EUR 84.376,97 zu entrichten. Die Verpflichtung werde unter Bedachtnahme auf – näher genannte – gesetzliche Bestimmungen ausgesprochen und nehme Bezug auf den Bescheid vom 2.6.2009, GZ: 046-Mag. XXXX /RC 21/09, sowie die Beitragsvorschreibung vom 24.11.2008.
Begründend wurde nach Darstellung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zusammengefasst ausgeführt, dass im Zuge einer Sozialversicherungsprüfung (Prüfzeitraum 2003 bis 2007) im Betrieb der bP Melde- und Beitragsdifferenzen festgestellt worden seien. Mit Bescheid vom 2.6.2009, GZ: 046-Mag. XXXX /RC 21/09, seien näher bezeichnete Dienstnehmer in die Pflichtversicherung einbezogen worden und würden die Sozialversicherungsbeiträge entsprechend zur Vorschreibung gebracht. Als Beitragsgrundlage würde das laut den niederschriftlichen Angaben der Dienstnehmer tatsächlich erhaltene Entgelt herangezogen. Als Ergebnis der gegenständlichen Sozialversicherungsprüfung ergebe sich ein Nachverrechnungsbetrag in Höhe des im Spruch genannten Betrages. Darin enthalten seien Beiträge zur betrieblichen Mitarbeitervorsorge sowie diesbezügliche Verzugszinsen.
Mit dem im Spruch des angefochtenen Bescheides zitierten Versicherungspflichtbescheid vom 2.6.2009, GZ: 046-Mag. XXXX /RC 21/09, wurde ausgesprochen, dass die in Anlage 1 zu diesem Bescheid namentlich angeführten Personen zu den eben dort angegebenen Beschäftigungszeiten auf Grund der für die bP in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten, entgeltlichen Tätigkeit der Pflicht(Voll)versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG iVm § 1 Abs. 1 AlVG unterliegen würden.
Dem Bescheid als Anlage 1 beigefügt wurde eine Aufstellung mit sechs namentlich genannten Personen samt Versicherungsnummer, Beschäftigungszeitraum und Beitragsgruppe.
Mit Schriftsatz ihrer damaligen rechtsfreundlichen Vertreter vom 8.7.2009 erhob die bP Einspruch (nunmehr: Beschwerde) gegen die Bescheide vom 2.6.2009 (darunter der im gegenständlichen Verfahren angefochtene Bescheid). Darin bestritt die bP neben der Versicherungspflicht – insbesondere der Dienstgebereigenschaft der bP – auch die Höhe der vorgeschriebenen Beiträge und wendete zudem Verjährung ein.
I.2. Am 30.9.2009 wurde der Akt der Landeshauptfrau von Salzburg vorgelegt. Mit Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 12.10.2010, Zl. 20305-V/14.663/5-2010, wurden die Einsprüche von der bP und der mittlerweile im Firmenbuch gelöschten XXXX (im Folgenden kurz: "K. KEG") gegen die Versicherungspflichtbescheide der belangten Behörde vom 2.6.2009, GZ: 046-Mag. XXXX /RC 21/09 (betreffend die bP), und GZ: 046-Mag. XXXX /RC 23/09 (betreffend die K. KEG), als unbegründet abgewiesen.
Mit Schriftsatz ihrer damaligen rechtsfreundlichen Vertretung vom 2.11.2010 erhob die bP Berufung gegen diesen Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 12.10.2010.
I.3. Mit Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 18.11.2010, Zl. 20305-V/14.663/6-2010, wurde das auf Grund der Einsprüche der bP und der K. KEG gegen die Bescheide (Beitragsnachverrechnungsbescheide, Anm.) der belangten Behörde vom 2.6.2009, GZ: 046-Mag. XXXX /RC 22/09 (betreffend die bP), und GZ: 046-Mag. XXXX /RC 24/09 (betreffend die K. KEG), anhängige Rechtsmittelverfahren gemäß § 38 AVG bis zum rechtskräftigen Abspruch über die Einsprüche gegen die Versicherungspflichtbescheide ausgesetzt.
I.4. Mit Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 31.5.2013, GZ: BMASK-425926/0003-II/A/3/2011, wurde der Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 12.10.2010, Zl. 20305-V/14.663/5-2010, dahingehend abgeändert, dass die erstinstanzlichen Bescheide (Versicherungspflichtbescheide, Anm.) der belangten Behörde vom 2.6.2009, GZ: 046-Mag. XXXX /RC 21/09, und GZ: 046-Mag. XXXX /RC 23/09, gemäß § 417a ASVG behoben wurden und die Angelegenheit zur Ergänzung der Ermittlungen und der Begründung sowie zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen wurde.
I.5. Mit Bescheid vom 5.9.2013, GZ: 046-Mag. XXXX /RH 57/13, sprach die belangte Behörde im nunmehr zweiten Rechtsgang neuerlich aus, dass die in Anlage 1 genannten Personen in den jeweils dort angeführten Zeiträumen auf Grund der für die bP in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten, entgeltlichen Tätigkeit der Pflicht(Voll)-versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG iVm § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen seien.
Dem Bescheid als Anlage 1 beigefügt wurde folgende Aufstellung:
Name
Vers.-Nr.
Zeitraum
BGR
XXXX
XXXX
29.09.2005 – 01.11.2005
D1
XXXX
XXXX
28.07.2005 – 01.11.2005
D1
XXXX
XXXX
01.10.2003 – 01.11.2005
D1
XXXX
XXXX
01.06.2004 – 01.11.2005
D1
XXXX
XXXX
01.11.2004 – 01.11.2005
D1
XXXX
XXXX
01.05.2004 – 01.11.2005
D1
Mit Schriftsatz ihrer damaligen rechtsfreundlichen Vertretung vom 7.10.2013 erhob die bP Einspruch gegen den im zweiten Rechtsgang ergangenen Versicherungspflichtbescheid der belangten Behörde vom 5.9.2013, GZ: 046-Mag. XXXX /RH 57/13.
I.6. Mit Schriftsatz vom 12.11.2013 teilte die damalige rechtsfreundliche Vertretung der bP der belangten Behörde mit, dass das Vollmachtsverhältnis aufgelöst worden sei; mit Schriftsatz vom 3.12.2013 teilten sie dies dem Landeshauptmann von Salzburg mit. In der Folge wurde der Akt dem mit 01.01.2014 zuständig gewordenen Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und mit 29.01.2019 der Gerichtsabteilung L501 neu zugewiesen.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag, GZ. L501 2120836-1/21E, wurde der Beschwerde der bP gegen den Versicherungspflichtbescheid der belangten Behörde vom 5.9.2013, GZ: 046-Mag. XXXX /RH 57/13, stattgegeben und der Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag, GZ: L501 2120836-1/21E, wurde das Vorliegen von Dienstverhältnissen zwischen der bP und den in der Anlage 1 zum Bescheid der belangten Behörde vom 5.9.2013, GZ: 046-Mag. XXXX /RH 57/13, gemäß § 4 Abs. 1 und 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und § 1 Abs. 1 lit. a Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) verneint und der diesbezügliche Bescheid der belangten Behörde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.
II.2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie in den Akt des Bundesverwaltungsgerichts L501 2232599-1 samt Bezugsakten.
Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten der belangten Behörde sowie des Bundesverwaltungsgerichtes.
II.3. Rechtliche Beurteilung:
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, anzuwendendes Verfahrensrecht:
Gemäß Art. 151 Abs. 51 Ziffer 8 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31.12.2013 bei den Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, auf die Verwaltungsgerichte über.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A)
II.3.2. Maßgebliche Rechtsvorschriften in der anzuwendenden Fassung:
Gemäß § 44 Abs. 1 Z 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende, auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG.
Unter Entgelt sind gemäß § 49 Abs. 1 ASVG die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
Gemäß § 58 Abs. 2 erster und zweiter Satz ASVG schuldet die auf den Versicherten und den Dienstgeber entfallenden Beiträge der Dienstgeber. Er hat diese Beiträge auf seine Gefahr und Kosten zur Gänze einzuzahlen.
Gemäß § 59 Abs. 1 erster Satz ASVG sind, wenn Beiträge nicht innerhalb von 15 Tagen nach der Fälligkeit eingezahlt werden, von diesen rückständigen Beiträgen, wenn nicht gemäß § 113 Abs. 1 ein Beitragszuschlag vorgeschrieben wird, Verzugszinsen in einem Hundertsatz der rückständigen Beiträge zu entrichten.
II.3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag, GZ. L501 2120836-1/21E, wurde der Beschwerde der bP gegen den Versicherungspflichtbescheid der belangten Behörde vom 5.9.2013, GZ: 046-Mag. XXXX /RH 57/13, stattgegeben und der Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben. Die Versicherungspflicht der in Anlage 1 zu diesem Bescheid genannten Dienstnehmer in Bezug auf die bP als Dienstgeberin wurde damit verneint. Da somit die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beitragsnachverrechnung und Vorschreibung von Verzugszinsen nicht gegeben sind, war der angefochtene Bescheid spruchgemäß ersatzlos zu beheben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil zu den gegenständlich anzuwendenden Bestimmungen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, die Rechtsfragen in der bisherigen Rechtsprechung einheitlich beantwortet wurden und die Entscheidung auf eine klare Rechtslage gestützt werden konnte.
Absehen von einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Im gegenständlichen Fall kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil sich Fragen der Beweiswürdigung nicht stellen, der maßgebliche Sachverhalt als durch die Aktenlage geklärt erachtet werden konnte und keine Rechtsfragen vorliegen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordern würden. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
Schlagworte
Beitragsnachverrechnung Rechtskraft der Entscheidung Versicherungspflicht VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L501.2232599.1.00Im RIS seit
08.10.2020Zuletzt aktualisiert am
08.10.2020