TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/6 W256 2176766-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2020
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Entscheidungsdatum

06.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W256 2176766-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 16. Oktober 2017, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig. 


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte am 14. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG 2005).

Am 15. Juli 2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt (wortwörtlich wiedergegeben) Folgendes an: „Ich habe in Mogadischu gelebt, dort hatte ich Probleme mit den Regierungssoldaten und auch mit den Al Shabaab. Die beiden beschuldigten mich, jeweils der anderen Gruppe anzugehören. Ich wurde einmal von den Regierungssoldaten inhaftiert und zwei Tage angehalten. Sie sagten, dass ich mit den Al Shabbab zusammen arbeite obwohl ich dies nicht tue. Aus diesem Grund floh ich aus meiner Heimat.“

Der Beschwerdeführer wurde am 12. Oktober 2017 durch ein Organ der belangten Behörde einvernommen. Darin gab er zunächst an, dass es ihm gute gehe und er gesund sei. Ein paar Monate nach seiner Ausreise, seien seine Eltern und seine Geschwister in den Jemen ausgereist und gehe es seiner Familie gut. Seine Tante mütterlicherseits würde sich noch in Mogadischu aufhalten. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab er an, dass er auf dem Nachhauseweg von seinem Koranlehrer und einem weiteren Mann gefragt worden sei, ob er sich ihnen anschließen wolle. Der Beschwerdeführer habe diesbezüglich geantwortet, dass er ein bisschen krank sei und Medikamente nehme, weshalb die zwei meinten, er solle sich auskurieren und seinen Namen auf eine Liste geschrieben hätten. Daraufhin habe sein Vater begonnen, die Flucht des Beschwerdeführers zu organisieren. Der Beschwerdeführer sei jedoch in dieser Zeit von Regierungssoldaten verhaftet worden, weil sein Name auf einer Liste stehe. Während seines darauffolgenden Gefängnisaufenthaltes sei er geschlagen worden. Sollte er zugeben, dass er den Al Shabaab angehöre, werde er freigelassen werden. Da er im Zuge seiner Haft einmal das Bewusstsein verloren habe, sei er auf eine Krankenstation gebracht worden. Aufgrund der Unaufmerksamkeit der Wächter sei ihm die Flucht gelungen. Daraufhin habe er Zuflucht bei weitschichtigen Verwandten seines Vaters gefunden und sei rund fünf Wochen später aus Somalia ausgereist. Unter einem legte er diverse Integrationsunterlagen vor.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia zulässig sei. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft habe machen können. Als junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann könne er in seiner Heimat den Lebensunterhalt bestreiten. In Mogadischu könne auch von keiner Hungersnot ausgegangen werden. Auch verfüge er über Familienangehörige in Somalia und könne er Unterstützung von seiner Familie erwarten. Zudem könne er auch Rückkehrhilfen in Anspruch nehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sei. Das Vorbringen des Beschwerdeführers entspreche der Wahrheit, sei glaubwürdig und gründlich substantiiert. Die Erklärungen der belangten Behörde würden jeglichen nachvollziehbaren Begründungswert entbehren. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde gebe es in Somalia nach wie vor Zwangsrekrutierungen. Der belangten Behörde wäre es offen gestanden, Recherchen im Heimatland des Beschwerdeführers anzustellen, wenn seine Aussagen bezweifelt werden. Im Falle einer Rückkehr würde er in eine existenzbedrohende Notlage geraten, zumal er auch über kein familiäres Netzwerk in Somalia verfüge. Auch hinsichtlich seines Privat- und Familienlebens in Österreich sei nur eine unzureichende Prüfung durch die belangte Behörde erfolgt. Er habe sich intensiv um eine Integration bemüht, die deutsche Sprache erlernt und soziale Kontakte geknüpft. Der Beschwerdeführer sei arbeitsfähig und arbeitswillig und insofern im Falle eines Verbleibs in Österreich keine Belastung. Auch sei der Beschwerdeführer – wie von der belangten Behörde zu Recht erkannt – jung und intelligent. Er sei jedoch nicht gesund, medizinische Unterlagen bezüglich seiner TBC-Erkrankung würden der Beschwerde beiliegen. Ein aktuelles Gutachten über den derzeitigen Gesundheitszustand werde ehebaldigst nachgereicht. Letztlich wurde u.a. der Antrag auf Bestellung eines landeskundigen Sachverständigen gestellt, der sich mit der aktuellen Situation in Somalia, insbesondere mit der speziellen Situation des Beschwerdeführers befassen soll.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2020 wurden den Parteien das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 17. September 2019 (im Folgenden: LIB) sowie die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 11. Mai 2018 „Humanitäre Hilfe, Arbeitsmarkt, Versorgungslage in Mogadischu“ (im Folgenden: Anfragebeantwortung vom 11. Mai 2018) durch das Bundesverwaltungsgericht zum Parteiengehör übermittelt. Dabei wurde dem Beschwerdeführer auch die Möglichkeit eingeräumt, aktuelle Angaben zu seinem Verfahren zu machen. Auch wurde ihm aufgetragen, die in der Beschwerde angeführten – der Beschwerde jedoch nicht beiliegenden – ärztlichen Unterlagen dem erkennenden Gericht vorzulegen.

Dazu hat sich der Beschwerdeführer innerhalb der vorgegebenen Frist nicht geäußert. Auch hat er die in der Beschwerde angeführten und vom Gericht angeforderten Unterlagen zu seinem (aktuellen) Gesundheitszustand nicht vorgelegt.

Daraufhin wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18. Juni 2020 nochmals dazu aufgefordert, die in der Beschwerde angeführten medizinischen Unterlagen dem Gericht vorzulegen.

Dazu hat sich der Beschwerdeführer innerhalb der vorgegebenen Frist erneut nicht geäußert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

zur Person

Der – im Spruch genannte – Beschwerdeführer besitzt die somalische Staatsangehörigkeit, und ist Moslem (angefochtener Bescheid Seite 9).

Er stammt aus Mogadischu und gehört der Volksgruppe der Benadiri an (angefochtener Bescheid, Seite 3, Seite 4, Seite 5, Seite 9 f sowie Seite 78).

Der Beschwerdeführer hat Anknüpfungspunkte in Somalia (angefochtener Bescheid, Seite 79 und Seite 84). Er verfügt in Mogadischu zumindest über eine Tante (angefochtener Bescheid, Seite 78). Im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers würde er durch seine Familie unterstützt werden (angefochtener Bescheid, Seite 84; siehe auch die Beweiswürdigung).

Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig und gesund (angefochtener Bescheid, Seite 10; siehe auch die Beweiswürdigung).

Er ist frühestens seit seiner Antragsstellung am 14. Juli 2015 im Bundesgebiet aufhältig (angefochtener Bescheid, Seite 3).

Der Beschwerdeführer wird im Rahmen der Grundversorgung versorgt (angefochtener Bescheid Seite 10 und Seite 79; Auszug aus dem Grundversorgungssystem vom 18. Juni 2020). Zudem ist er strafgerichtlich unbescholten (Strafregisterauszug vom 18. Juni 2020).

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Verwandten und hat auch keine familiären oder anderen engen privaten Anknüpfungspunkte bzw. Abhängigkeiten zu in Österreich aufhältigen Personen (angefochtener Bescheid, Seite 10 f).

Der Beschwerdeführer hat bereits Deutschkurse absolviert (angefochtener Bescheid, Seite 79).

zur Lage in Somalia

Das Gebiet von Somalia ist faktisch zweigeteilt, nämlich in: a) die somalischen Bundesstaaten; und b) Somaliland, einen 1991 selbst ausgerufenen unabhängigen Staat, der international nicht anerkannt wird, aber als autonomer Staat mit eigener Armee und eigener Rechtsprechung funktioniert. Während Süd-/Zentralsomalia seit dem Zusammenbruch des Staates 1991 immer wieder von gewaltsamen Konflikten betroffen war und ist, hat sich der Norden des Landes unterschiedlich entwickelt (LIB, Seite 8).

Somalia ist damit zwar kein failed state mehr, bleibt aber ein fragiler Staat. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind sehr schwach, es gibt keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die Regierung verfügt kaum über eine Möglichkeit, ihre Politik und von ihr beschlossene Gesetze im Land durch- bzw. umzusetzen (LIB, Seite 8).

Mogadischu:

Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM. Die vormals für Verbesserungen in der Sicherheitslage verantwortliche Mogadishu Stabilization Mission (MSM) wurde nunmehr deaktiviert. Ihre Aufgaben wurden erst an die 14th October Brigade übertragen, mittlerweile aber von der wesentlich verstärkten Polizei übernommen. Letztere wird von Armee, AMISOM und Polizeikontingenten von AMISOM unterstützt. Nach wie vor reicht die in Mogadischu gegebene Stärke der unterschiedlichen Sicherheitskräfte aber nicht aus, um eine flächendeckende Präsenz sicherzustellen (LIB, Seite 28 f).

Für al Shabaab bietet die Stadt schon alleine aufgrund der dichten Präsenz von Behörden und internationalen Organisationen viele attraktive Ziele. Diesbezüglich ist es der Regierung nicht gelungen, eine erfolgreiche Strategie zur Bekämpfung von al Shabaab in der Stadt umzusetzen. Die Gruppe ist in der Lage, in weiten Teilen des Stadtgebiets Anschläge durchzuführen (LIB, Seite 29).

Im September und Oktober 2018 ging die Anzahl an Anschlägen vorübergehend zurück; dahingegen nahm in diesem Zeitraum die allgemeine Kriminalität zu. Danach hat die Zahl an größeren Anschlägen in und um Mogadischu zugenommen. Es kommt regelmäßig zu Sprengstoffanschlägen oder aber zu gezielten Tötungen. Üblicherweise zielt al Shabaab mit größeren (mitunter komplexen) Angriffen auf Offizielle, Gebäude und Fahrzeuge der Regierung, Hotels, Geschäfte, Militärfahrzeuge und –Gebäude sowie Soldaten von Armee und AMISOM. Betroffen sind Regierungseinrichtungen, Restaurants und Hotels, die von nationalen und internationalen Offiziellen frequentiert werden. Im März und April 2019 kam es zu einem signifikanten Anstieg der Aktivitäten, fast täglich war ein Anschlag mit einem improvisierten Sprengsatz zu verzeichnen. Vereinzelt kommt es zu großangelegten komplexen Angriffen durch al Shabaab, so etwa am 9.11.2018 auf das Sahafi Hotel (50 Tote, darunter sieben Angreifer). Bei einem Selbstmordanschlag im Juli 2019 kamen u.a. der Bürgermeister von Mogadischu und drei District Commissioners ums Leben (LIB, Seite 29).

Al Shabaab greift Zivilisten nicht spezifisch an. Diese leiden auf zwei Arten an der Gewalt durch al Shabaab: Einerseits sind jene einem erhöhten Risiko ausgesetzt, die in Verbindung mit der Regierung stehen oder von al Shabaab als Unterstützer der Regierung wahrgenommen werden. Andererseits besteht für Zivilisten das Risiko, bei Anschlägen zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein (LIB, Seite 29).

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu zurückerlangt. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko, von der Al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden. Bei einem Abzug von AMISOM aus Mogadischu droht hingegen die Rückkehr von al Shabaab. Es besteht kein Risiko, alleine aufgrund der eigenen Clanzugehörigkeit angegriffen zu werden. Trotzdem sind Clan und Clanzugehörigkeit in Mogadischu nach wie vor relevant (LIB, Seite 29 f).

Erreichbarkeit:

Luftweg: Die sicherste Arte des Reisens in Süd-/Zentralsomalia ist das Fliegen. Mogadischu kann international (mit Ethiopian Airlines und Turkish Airlines) erreicht werden. In die Städte Kismayo, Dhobley, Baidoa, Doolow, Xudur, Belet Weyne, Guri Ceel, Cadaado und Galkacyo gelangt man mit kleineren Fluglinien, wie African Express Airways, Daallo Airlines oder Jubba Airways (LIB, Seite 110).

Zwangsrekrutierung:

Im Jahr 2017 begann al Shabaab noch intensiver, arbeitslose junge Männer zu rekrutieren (LIB, Seite 65).

Generell kommen Zwangsrekrutierungen ausschließlich in Gebieten unter Kontrolle der al Shabaab vor. So gibt es etwa in Mogadischu keine Zwangsrekrutierungen durch die al Shabaab (LIB, Seite 66).

Verweigerung: Üblicherweise richtet die al Shabaab ein Rekrutierungsgesuch an einen Clan oder an ganze Gemeinden und nicht an Einzelpersonen. Die meisten Rekruten werden über Clans rekrutiert. Es wird also mit den Ältesten über neue Rekruten verhandelt. Dabei wird mitunter auch Druck ausgeübt. Kommt es bei diesem Prozess zu Problemen, dann bedeutet das nicht notwendigerweise ein Problem für den einzelnen Verweigerer, denn die Konsequenzen einer Rekrutierungsverweigerung trägt üblicherweise der Clan. Damit al Shabaab die Verweigerung akzeptiert, muss eine Form der Kompensation getätigt werden. Entweder der Clan oder das Individuum zahlt, oder aber die Nicht-Zahlung wird durch Rekruten kompensiert. So gibt es also für Betroffene manchmal die Möglichkeit des Freikaufens. Diese Wahlmöglichkeit ist freilich nicht immer gegeben. In den Städten liegt der Fokus der al Shabaab eher auf dem Eintreiben von Steuern, in ländlichen Gebieten auf der Aushebung von Rekruten (LIB, Seite 66).

Minderheiten und Clans:

Mehr als 85% der Bevölkerung teilen eine ethnische Herkunft. Die somalische Bevölkerung ist aber nur auf den ersten Blick homogen. In ganz Somalia gibt es eine Zersplitterung in zahlreiche Clans, Sub-Clans und Sub-Sub-Clans, deren Mitgliedschaft sich nach Verwandtschaftsbeziehungen bzw. nach traditionellem Zugehörigkeitsempfinden bestimmt (LIB, Seite 82).

Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalis. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird. Dieses Identifikationsmerkmal bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt. Darum kennen Somalis üblicherweise ihre exakte Position im Clansystem (LIB, Seite 82).

Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn (LIB, Seite 82ff).

Daneben finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten (LIB, Seite 82ff).

In Mogadischu sind Angehörige von Minderheiten nicht systematischer Gewalt ausgesetzt. Allerdings sind all jene Personen, welche nicht einem dominanten Clan der Stadt angehören, potenziell gegenüber Kriminalität vulnerabler (LIB, Seite 85).

Benadiri ist ein Dachbegriff für verschiedene voneinander unabhängige urbane Minderheiten, die in den Küstenstädten des Südens leben (z.B. Mogadischu, Merka, Baraawe) und sich traditionell im Handel betätigen. Sie haben eine gemischte Abstammung aus Somalia, Arabien, Persien, Indien und Portugal. Vor 1991 hatten sie einen privilegierten Status. Ohne bewaffnete Miliz waren sie im Bürgerkrieg aber schutzlos. Heute werden Benadiri gemeinhin als Händler respektiert. Im Gegensatz zu den Bantu kommt ihnen kein geringerer Status zu, Mischehen sind kein Problem. Viele von ihnen sind relativ wohlhabend, befinden sich in relevanten Positionen und sind in der Lage, Schutz zuzukaufen. Einigen von ihnen ist es gelungen, Positionen in der Verwaltung zu besetzen. Vielen Reer Xamar (Teil der Benadiri) ist es gelungen, ihre vormaligen Immobilien im Bezirk Xamar Weyne (Mogadischu) durch Zahlungen zurückzuerhalten. Dort stellen sie auch die Bevölkerungsmehrheit (LIB, Seite 84 f).

Berufsständische Minderheiten unterscheiden sich hinsichtlich Sprache, Abstammung und Kultur nicht von der Mehrheitsbevölkerung. Anders als die „noblen“ Clans wird ihnen aber nachgesagt, ihre Abstammungslinie nicht auf Prophet Mohammed zurückverfolgen zu können. Ihre traditionellen Berufe werden als unrein oder unehrenhaft erachtet. Die berufsständischen Gruppen stehen auf der untersten Stufe der sozialen Hierarchie der somalischen Gesellschaft. Sie leben verstreut in allen Teilen des somalischen Kulturraumes, mehrheitlich aber in Städten. Ein vor allem im Norden bekannter Sammelbegriff für einige berufsständische Gruppen ist Gabooye, dieser umfasst etwa die Tumal, Madhiban, Muse Dheriyo und Yibir (LIB, Seite 85).

In Mogadischu sind Angehörige von Minderheiten keiner systematischen Gewalt ausgesetzt. Allerdings sind all jene Personen, welche nicht einem dominanten Clan der Stadt angehören, potentiell gegenüber Kriminalität vulnerabler (LIB, Seite 85 f).

Die somalische Verfassung bekennt sich zum Grundsatz der Nichtdiskriminierung. Sowohl Regierung als auch Parlament sind entlang der sogenannten „4.5 Lösung“ organisiert, das bedeutet, dass für jeden Sitz, den ein Vertreter der großen Clans in Regierung bzw. Parlament innehat, ein halber Sitz einem Vertreter der kleineren Clans bzw. Minderheitenclans zufällt. So blieben die Clans der entscheidende Faktor in der somalischen und somaliländischen Politik. Gegen oder ohne sie lässt sich kein Staat aufbauen. Die vier größten Clans (Darood, Hawiye, Dir und Digil-Mirifle) dominieren Verwaltung, Politik, und Gesellschaft (LIB, Seite 81).

Viele Minderheitengemeinden leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Exklusion. Sie sehen sich in vielfacher Weise von der übrigen Bevölkerung - nicht aber systematisch von staatlichen Stellen – wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (LIB, Seite 81).

zur Versorgungslage

Die humanitäre Krise in Somalia bleibt eine der komplexesten und am längsten dauernden weltweit. Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln ist in weiten Teilen nicht gewährleistet. Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia zum Land mit dem fünftgrößten Bedarf an internationaler Nothilfe weltweit (LIB, Seite 122).

Große Teile der Bevölkerung sind hinsichtlich Armut und Nahrungsversorgung vulnerabel. Eine Schätzung besagt, dass rund 77 % der Bevölkerung mit weniger als 1,9 US Dollar pro Tag auskommen müssen und daher als extrem arm gelten – insbesondere in ländlichen Gebieten und IDP Lagern. Nach anderen Angaben leben 69 % der Bevölkerung in Armut. Dabei finden sich die höchsten Raten bei IDPs, in ländlichen Gebieten und Nomaden. Es gibt viele IDPs und Kinder, die auf der Straße leben und arbeiten. Die ländliche Bevölkerung und IDPs verfügen kaum über Mittel, um die durch die Dürre entstandenen Verluste wieder wett zu machen (LIB, Seite 122).

60 % der Somali leben zum größten Teil von der Viehzucht. Zwei Drittel der Bevölkerung leben im ländlichen Raum. Sie sind absolut vom Regen abhängig. In den vergangenen Jahren haben die Frequenzen und Dauer von Dürre zugenommen. Deswegen wurden auch die Kapazitäten der Menschen, derartigen Katastrophen zu begegnen, reduziert. Zusätzlich verstärken Mangel an Bildung, übermäßige Abhängigkeit von einem Einkommen aus der Landwirtschaft, Arbeitslosigkeit, geringes Vermögen und eine große Personenanzahl in einem Haushalt die Vulnerabilität im Fall einer Katastrophe. Bereits 2016/2017 wurden im Zuge der Dürre fast eine Million Somali vertrieben. Nur aufgrund groß angelegter und erfolgreicher humanitärer Hilfe wurde eine Hungersnot vermieden (LIB, Seite 122).

Zwischenzeitlich hatte sich die humanitäre Situation aufgrund guter Regenfälle im Jahr 2018 etwas entspannt. Die Sicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung hatte sich verbessert – nicht zuletzt aufgrund fortgesetzter humanitärer Hilfe und aufgrund überdurchschnittlicher Regenfälle (LIB, Seite 123).

Somalia steht nunmehr wieder vor einem großen humanitären Notfall. Am meisten betroffen sind IDPs und marginalisierte Gruppen. Das Land leidet unter den negativen Folgen unterdurchschnittlicher Regenfälle in der Gu- Regenzeit (April-Juni) 2019. Letztere hat sehr spät eingesetzt. Der gefallene Regen hat die Dürre-Bedingungen zwar etwas entspannt und den Zustand des Viehs verbessert. Trotzdem reichte er nicht aus, um die Landwirtschaft nachhaltig zu stärken. Am Ende ist die Gu zwar normal oder fast normal ausgefallen; doch war der Niederschlag erratisch und schlecht verteilt. Außerdem kam er um einen Monat später als normal (LIB, Seite 123).

Schätzungen zufolge werden bis September 2019 5,4 Millionen Menschen von Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung betroffen sein; davon 3,2 Millionen in IPC-Phase 2 und 2,2 Millionen in den Phasen 3 und 4. Ca. eine Million Kinder unter fünf Jahren werden bis Mitte 2020 vor einer Situation der akuten Unterernährung stehen, 178.000 vor schwerer akuter Unterernährung. Bis zu 2,1 Millionen Menschen werden sich hinsichtlich Nahrungsmittelversorgung in einer Krisensituation finden (IPC >2), 6,3 Millionen werden von einer Versorgungsunsicherheit bedroht sein. Dieses Szenario gilt dann, wenn die gegenwärtig getätigten humanitären Interventionen nicht verstärkt werden. Mit Stand September 2019 verhindert eine großangelegte humanitäre Hilfe schlimmere Zahlen. Geht die Hilfeleistung zurück, ist von einer Verschlechterung auszugehen. Und auch für den Fall, dass die Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) besser ausfallen sollte, wird sich dies frühestens Ende Dezember auf die Versorgungslage auswirken (LIB Seite 125).

Bei gegebener humanitärer Hilfe gilt für die meisten ländlichen Gebiete im September 2019 IPC 2. In Agrargebieten von Guban (Somaliland), Bay und Bakool sowie in Teilen von Hiiraan, Galgaduud, Lower und Middle Juba gilt IPC 3. Dahingegen haben stabile Lebensmittelpreise und Arbeitsmöglichkeiten in den meisten städtischen Gebieten dazu beigetragen, dass IPC 2 nicht überschritten wurde oder auch nur IPC 1 gilt. Lediglich in Städten in Sool, Sanaag und Hiiraan wird mitunter auch IPC 3 verzeichnet – bedingt durch hohe Lebenskosten und begrenzte Einkommensmöglichkeiten (LIB Seite 126).

zur Versorgungslage in Mogadischu

Die IPC-Food-Insecurity-Lagekarten zeigen die Situation im Zeitraum Juli 2018 bis September 2019 mit einer Prognose bis Dezember 2019. Für die Stadtbevölkerung von Mogadischu ist auf beiden Karten IPC 1 vermerkt (vgl LIB Seite 124).

Die Bundesregierung und Hilfsorganisationen haben einen Drought Impact Response Plan (DIRP) auf die Beine gestellt, damit soll 4,5 Millionen Menschen kritisch notwendige lebenserhaltende Unterstützung zukommen. Mit der Umsetzung wurde bereits begonnen. Die Kosten werden bis Dezember 2019 mit 686 Millionen US-Dollar beziffert. Insgesamt sind die Hilfsprogramme aber unterfinanziert, manche Agenturen müssen ihre Maßnahmen sogar zurückfahren. Im September 2019 war der DIRP nur zu 50% ausfinanziert. So wurden z.B. im Juni 2019 nur 1,4 Millionen Menschen mit Nahrungsmittelhilfe erreicht, angepeilt wurden hingegen 2,2 Millionen. Hilfsprojekte von internationalen Organisationen oder NGOs erreichen in der Regel nicht alle Bedürftigen (LIB Seite 126 f).

Al Shabaab und andere nichtstaatliche Akteure behindern die Leistung humanitärer Hilfe und die Lieferung von Hilfsgütern an vulnerable Bevölkerungsteile – speziell in Süd-/Zentralsomalia. In den Gebieten unter Kontrolle der Gruppe wurden Aktivitäten humanitärer Organisationen gänzlich verboten. Nach anderen Angaben erlaubt al Shabaab Hilfsorganisationen zunehmend, auf ihrem Gebiet tätig zu sein (LIB Seite 127 f).

Es gibt kein öffentliches Wohlfahrtssystem, keinen sozialen Wohnraum und keine Sozialhilfe. In Mogadischu muss für jede Dienstleistung bezahlt werden, es gibt keine öffentlichen Leistungen. Soziale Unterstützung erfolgt entweder über islamische Wohltätigkeitsorganisationen, NGOs oder den Clan. Wohnungs- und Arbeitsmarkt sowie Armutsminderung liegen im privaten Sektor. Das eigentliche soziale Sicherungsnetz für Personen, deren Unterhalt und Überleben in Gefahr ist, bilden (Sub-)Clan, erweiterte Familie und Remissen aus dem Ausland. Während Krisenzeiten (etwa Hungersnot 2011 und Dürre 2016/17) helfen neben Familie und Clan auch andere soziale Verbindungen – seien es Freunde, geschlechtsspezifische oder Jugendgruppen, Bekannte, Berufsgruppen oder religiöse Bünde. Meist ist die Unterstützung wechselseitig. Über diese sozialen Netzwerke können auch Verbindungen zwischen Gemeinschaften und Instanzen aufgebaut werden, welche Nahrungsmittel, medizinische Versorgung oder andere Formen von Unterstützung bieten. Auch für IDPs stellen solche Netzwerke die Hauptinformationsquelle dar, wo sie z.B. Unterkunft und Nahrung finden können (LIB Seite 128).

Generell stellt in (persönlichen) Krisenzeiten die Hilfe durch Freunde oder Verwandte die am meisten effiziente und verwendete Bewältigungsstrategie dar. 22% der bei einer Studie befragten IDP-Familien haben Kinder bei Verwandten, 28% bei institutionellen Pflegeeinrichtungen (7%) untergebracht. Weitere 28% schicken Kinder zum Essen zu Nachbarn. In der somalischen Gesellschaft – auch bei den Bantu – ist die Tradition des Austauschs von Geschenken tief verwurzelt. Mit dem traditionellen Teilen werden in dieser Kultur der Gegenseitigkeit bzw. Reziprozität Verbindungen gestärkt. Folglich wurden auch im Rahmen der Dürre 2016/17 die über Geldtransfers zur Verfügung gestellten Mittel und Remissen mit Nachbarn, Verwandten oder Freunden geteilt – wie es die Tradition des Teilens vorsah (LIB Seite 128).

Die hohe Anzahl an IDPs zeigt aber, dass manche Clans nicht in der Lage sind, der Armut ihrer Mitglieder entsprechend zu begegnen. Vor allem, wenn Menschen in weit von ihrer eigentlichen Clan-Heimat entfernte Gebiete fliehen, verlieren sie zunehmend an Rückhalt und setzen sich größeren Risiken aus. Eine Ausnahme davon bilden Migranten, die ihren Familien und Freunden mit Remissen helfen können (LIB Seite 128).

Andererseits liegen keine Informationen vor, wonach es gesunden jungen Männern im arbeitsfähigen Alter (15-29 Jahre; 14 % der Gesamtbevölkerung Somalias) an einer Existenzgrundlage mangeln würde, oder dass alle diese Männer keine Unterkunft haben würden (LIB Seite 129).

In Mogadischu sind 28% der Bevölkerung arbeitssuchend. 6% der Jugendlichen sind arbeitssuchend (Anfragebeantwortung Mogadischu vom 11. Mai 2018, Seite 19).

Es gibt in Mogadischu bessere Job-Aussichten als in den meisten anderen Teilen Somalias, auch für Jugendliche ohne Bildung und Arbeitserfahrung. Während in Somalia die meisten Menschen in der Landwirtschaft arbeiten, arbeiten in Mogadischu die meisten Menschen im Handel bzw. im Dienstleistungssektor oder in höheren bildungsabhängigen Berufen (Anfragebeantwortung Mogadischu vom 11. Mai 2018, Seite 21).

Das Auswahlverfahren im Arbeitsleben basiert oft auf Clanbasis, gleichzeitig werden aber viele Arbeitsplätze an Rückkehrer aus der Diaspora vergeben. Es gibt auch Beschäftigungsmöglichkeiten, die von vielen Somaliern nicht in Anspruch genommen werden, da diese Arbeit als minderwertig erachtet wird, z.B. Friseur, Kellner oder Reinigungsarbeiten (Anfragebeantwortung Mogadischu vom 11. Mai 2018, Seite. 22).

Die somalische Wirtschaft zeigt eine positive Entwicklung. Die Schaffung an Arbeitsplätzen bleibt jedoch unter den Bedürfnissen. Trotzdem gibt es in Mogadischu aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs zahlreiche Möglichkeiten. Das Durchschnittseinkommen für Jugendliche beträgt 190 USD im Monat. In Mogadischu beträgt das Durchschnittseinkommen 360 USD im Monat. Fast 10% der Jugendlichen in Mogadischu verdienen mehr als 400 USD im Monat (Anfragebeantwortung Mogadischu vom 11. Mai 2018, Seite 23 ff).

Rückkehrer:

Der Jilib [Anm.: in etwa die unterste Ebene des Clansystems] ist u. a. dafür verantwortlich, Mitglieder in schwierigen finanziellen Situationen zu unterstützen. Das traditionelle Recht (Xeer) bildet hier ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Wenn eine Person Unterstützung braucht, dann wendet sie sich an den Jilib oder - je nach Ausmaß - an untere Ebenen (z.B. Großfamilie). Eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration kann in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit bzw. von lokalen Beziehungen der rückkehrenden Person abhängig sein. Für Rückkehrer ohne Netzwerk oder Geld gestaltet sich die Situation schwierig. Im herausfordernden Umfeld von Mogadischu sind entweder ein funktionierendes Netzwerk oder aber genügend Eigenressourcen notwendig, um ein Auslangen finden zu können. Ein Netzwerk ist z.B. hinsichtlich Arbeitssuche wichtig. Eine andere Quelle gibt an, dass ein Netzwerk aus Familie, Freunden und Clan-Angehörigen für einen Rückkehrer insbesondere auf dem Land von Bedeutung sein wird, während dieses soziale Sicherheitsnetz in der Stadt weniger wichtig ist (LIB Seite 130).

Außerdem haben Rückkehrer nach Mogadischu dort üblicherweise einen guten Zugang zu Geld- oder sonstiger Hilfe von Hilfsagenturen. Hinzu kommen Remissen von Verwandten im Ausland. Hingegen erhalten IDPs vergleichsweise weniger Remissen. Bei Ankunft in Somalia bekommt jede Person eine Einmalzahlung von 200 US-Dollar, danach folgt eine monatliche Unterstützung von 200 US-Dollar pro Haushalt und Monat für ein halbes Jahr. Das World Food Programm gewährleistet für ein halbes Jahr eine Versorgung mit Nahrungsmitteln. Für Schulkosten werden 25 US-Dollar pro Monat und Schulkind ausbezahlt. Bei Erfüllung bestimmter Kriterien wird für die Unterkunft pro Haushalt eine Summe von 1.000 US-Dollar zur Verfügung gestellt, die etwa zur Organisation einer Unterkunft dienen können. Deutschland unterstützt in Jubaland ein Vorhaben, das der Vorbereitung der aufnehmenden Gemeinden für freiwillige Rückkehrer dient (LIB Seite 130).

Der Immobilienmarkt in Mogadischu boomt, die Preise sind gestiegen. Die Zurverfügungstellung von Unterkunft und Arbeit ist bei der Rückkehrunterstützung nicht inbegriffen und wird von den Rückkehrern selbst in die Hand genommen. Diesbezüglich auftretende Probleme können durch ein vorhandenes Netzwerk abgefedert werden. Es gibt keine eigenen Lager für Rückkehrer, daher siedeln sich manche von ihnen in IDP-Lagern an. Vom Returnee Management Office (RMO) der somalischen Immigrationsbehörde kann gegebenenfalls eine Unterkunft und ein innersomalischer Weiterflug organisiert und bezahlt werden, die Rechnung ist vom rückführenden Staat zu begleichen. Generell mahnen Menschenrechtsorganisationen, dass sich Rückkehrer in einer prekären Situation befinden (LIB Seite 131).

Die sicherste Arte des Reisens in Süd-/Zentralsomalia ist das Fliegen. Mogadischu kann international (mit Ethiopian Airlines und Turkish Airlines) erreicht werden (LIB Seite 110).

Die medizinische Versorgung ist im gesamten Land äußerst mangelhaft. Medizinische Grunddienste stehen nicht ausreichend zur Verfügung, de facto ist nur eine Primärversorgung verfügbar (LIB Seite 131).

Die öffentlichen Krankenhäuser sind mangelhaft ausgestattet, was Ausrüstung/medizinische Geräte, Medikamente, ausgebildete Kräfte und Finanzierung angeht. Der Standard von Spitälern außerhalb Mogadischus ist erheblich schlechter. In Mogadischu gibt es mindestens zwei Spitäler, die für jedermann zugänglich sind (LIB Seite 132).

Die Primärversorgung wird oftmals von internationalen Organisationen bereitgestellt und ist für Patienten kostenfrei. Allerdings muss manchmal für Medikamente bezahlt werden. Private Einrichtungen, die spezielle Leistungen anbieten, sind sehr teuer (LIB Seite 132).

2. Beweiswürdigung:

Die einzelnen Feststellungen beruhen jeweils auf den im angefochtenen Bescheid (teilweise disloziert) getroffenen und nicht substantiiert bestrittenen Feststellungen.

Die Feststellungen zu seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit und seiner Teilnahme an der Grundversorgung ergeben sich auch aus einer Einsichtnahme in das Strafregister und das Grundversorgungsinformationssystem.

Die vom Beschwerdeführer behauptete konkret seine Person betreffende Bedrohung von Seiten der Al-Shabaab und von Seiten der Regierung in Somalia konnte – der Beweiswürdigung der belangten Behörde folgend – nicht glaubhaft gemacht werden, weshalb dazu auch keine Feststellungen getroffen werden konnten.

Der Beschwerdeführer führte im Rahmen seiner Befragung durch die belangte Behörde aus, ein ihm bekannter Koranlehrer hätte ihn gefragt, ob er sich Al-Shabaab anschließen wolle. Da der Beschwerdeführer zu dieser Zeit krank gewesen sei, habe ihm dieser jedoch geraten, sich zunächst auszukurieren.

Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie schon allein aufgrund dieser eigenen Schilderungen des Beschwerdeführers nicht von einer Rekrutierung unter Zwang und insofern auch von keiner Gefahr der Verfolgung des Beschwerdeführers durch Al-Shabaab ausgeht und steht dies im Übrigen – wie von der belangten Behörde ebenso aufgezeigt – auch in Einklang mit den Länderberichten, wonach es im Heimatort des Beschwerdeführers, nämlich in Mogadischu nicht zu Zwangsrekrutierungen kommt (angefochtener Bescheid Seite 77: „Ihren Ausführungen zu den Gründen, welche zum Verlassen des Heimatlandes geführt hätten, wird Seitens der ho Behörde kein Glauben geschenkt. Ihre Behauptung einer versuchten Rekrutierung durch die Al-Shabaab (AS) ist nicht lebensnah. Sie gaben an, dass Sie ein Ihnen bekannter Koranlehrer gefragt hätte, ob Sie sich der AS anschließen wollen würden. Da Sie zu dieser Zeit ein bisschen krank gewesen wären, hätte der Koranlehrer gesagt, Sie sollen einen Monat Ihre Medikamente nehmen, damit Sie wieder gesund werden würden. Die ho. Behörde geht davon aus, dass Sie die Al-Shabaab, hätte diese Organisation genau Sie rekrutieren wollen, dies wohl auch mit Zwang hätte tun können. In Ihrem Fall kann jedenfalls nicht von einer versuchten Zwangsrekrutierung ausgegangen werden, sondern wenn überhaupt, bekamen Sie lediglich ein Angebot sich der AS anschließen zu können. Da Sie trotz Ablehnung keinerlei Konsequenzen erfuhren, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass Sie in Zukunft Konsequenzen von der AS erfahren würden, sollten Sie dementsprechende Angebote ablehnen. Auch das aktuelle Länderinformationsblatt geht davon aus, dass es in Mogadischu kein Risiko mehr einer Zwangsrekrutierung durch die AS gibt [..].

Dass der Beschwerdeführer – wie von der belangten Behörde (oben wiedergegeben) auch dargestellt – trotz seiner „verweigerten Zwangsrekrutierung“ von Al-Shabaab nicht verfolgt wurde und letztlich auch erst nach dem (zeitlich später) behaupteten Vorfall mit der Regierung Wochen später Somalia verlassen habe, kann mit einer behaupteten Verfolgung durch Al-Shabaab wegen einer verweigerten Zwangsrekrutierung ebenfalls nicht vereinbart werden (angefochtener Bescheid, Seite 6: „[..] Mein Vater kam dann dort hin und meinte, er wird sich darum kümmern, dass ich nun schnell das Land verlassen könnte. Ungefähr fünf Wochen später habe ich dann das Land verlassen.“ und Seite 7: „F: Tauchten diese Polizisten oder die AS nach Ihrer Ausreise bei Ihrer Familie auf, um nach Ihnen zu suchen. A: Nein.).

Schließlich darf der Ordnung halber aber auch nicht unerwähnt bleiben, dass nicht einmal der Beschwerdeführer selbst zweifelsfrei von der von ihm behaupteten Bedrohung durch Al-Shabaab ausgeht (angefochtener Bescheid, Seite 7: „F: Was würde Sie jetzt konkret erwarten, wenn Sie in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren würden“ A: Ich könnte Probleme mit Al-Shabaab und den Regierungstruppen bekommen.“).

Ebenso bestehen von Seiten des erkennenden Gerichts auch keine Gründe an der Beweiswürdigung der belangten Behörde, die vom Beschwerdeführer behauptete Verfolgung durch die Regierung sei nicht glaubhaft, zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer brachte dazu im Rahmen der Befragung vor, ihm sei von der Regierung eine Zusammenarbeit mit Al-Shabaab vorgeworfen und der Beschwerdeführer aus diesem Grund auch von Seiten der Regierung inhaftiert worden. Dass die Regierungstruppen den Beschwerdeführer wegen einer ihm unterstellten Zusammenarbeit mit Al-Shabaab zunächst inhaftieren, um ihn im Falle einer zugesagten Zusammenarbeit mit Al-Shabaab und damit im Falle eines Geständnisses wieder freizulassen, kann – der Beweiswürdigung der belangten Behörde folgend – nicht nachvollzogen werden (angefochtener Bescheid, Seite 6: „[..] Während mein Vater meine Reise organisierte, kamen eines Tages Regierungssoldaten zu uns nach Hause. Sie sagten, mein Name würde auf einer Liste stehen und ich wäre nun festgenommen. Ich wurde dann ins Gefängnis gebracht, dort wurde ich geschlagen und ich sollte zugeben, dass ich der AS angehören würde. Die Regierungssoldaten sagten, ich würde freigelassen werden, wenn ich zugeben würde, dass ich der AS angehöre. […]“ und Seite 78: „[…] Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang auch, dass Ihnen diese Polizisten bzw. Soldaten zugesagt hätten, sie würden Sie aus der Haft entlassen, wenn Sie zugeben würden, der AS anzugehören. Es ist daher nicht lebensnah, dass Sie diese Polizisten bzw. Soldaten zuerst mit der Anschuldigung der AS anzugehören inhaftiert hätten, um Sie dann wieder bei einem Geständnis freizulassen.“).

Dabei darf der Ordnung halber auch an dieser Stelle der – bereits oben aufgezeigte – mehrere Wochen mögliche Verbleib des Beschwerdeführers in Mogadischu nach dem Vorfall und auch der weitere mögliche Verbleib seiner Familie in Somalia bzw. in Mogadischu (angefochtener Bescheid, Seite 5) nicht unerwähnt bleiben. Auch ist in diesem Zusammenhang auf den bereits oben aufgezeigten Umstand, dass selbst der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nicht zweifelsfrei von einer Verfolgung durch die Regierung ausgeht, erneut hinzuweisen (erneut angefochtener Bescheid Seite 7).

Es bestehen daher schon allein aufgrund dieser – von der belangten Behörde auch aufgezeigten – Umstände insgesamt keine Gründe, die Beweiswürdigung der belangten Behörde in Zweifel zu ziehen, zumal die (hier aufgezeigte) Beweiswürdigung vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auch gar nicht (zumindest substantiiert) in Abrede gestellt worden ist. Die bloß allgemein aufgestellte Behauptung des Beschwerdeführers in der Beschwerde, sein gesamtes Fluchtvorbringen entspreche der Wahrheit, sei glaubwürdig und gründlich substantiiert, ist für sich allein jedenfalls nicht geeignet, die vorliegende Beweiswürdigung und damit den (nicht)festgestellten Sachverhalt ausreichend in Zweifel zu ziehen (siehe dazu u.a. VwGH 13.12.2016, Ra 2016/09/0104).

Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers kann daher – der Beweiswürdigung der belangten Behörde folgend – insgesamt nicht als glaubhaft befunden werden, weshalb diesbezüglich auch keine Feststellungen getroffen werden konnten.

Sonstige Anhaltspunkte, die für eine konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung in Somalia sprechen würden, liegen nicht vor, weshalb dazu auch keine Feststellungen getroffen werden konnten.

Auch liegen für das erkennende Gericht keine Gründe vor, die in Einklang mit dem im Verfahren durch den Beschwerdeführer erstatteten Vorbringen getroffenen Feststellungen der belangten Behörde, der Beschwerdeführer verfüge in Somalia, insbesondere in Mogadischu über familiäre Anknüpfungspunkte und sei seine Familie im Übrigen in der Lage den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Somalia zu unterstützen, nicht zu übernehmen (angefochtener Bescheid, Seite 5: „F: Welche Angehörigen der Kernfamilie (Eltern, Geschwister) leben noch in Ihrer Heimat? A: Meine ganze Familie bestehend aus meinem Vater [..], meiner Mutter [..], meine[n] 5 Brüdern und 2 Schwestern gingen alle ein paar Monate nach meiner Ausreise in den Jemen. F: Gibt es noch weitere Verwandte im Heimatland? A: Eine Tante mütterlicherseits in Mogadischu. F: Wovon lebt die Familie im Herkunftsland? A: Sie leben jetzt in Aden, ich weiß, dass e[s] der Familie gut geht, ich weiß aber nicht von was sie leben und ob jemand arbeitet. [..] F: Haben Sie Kontakt mit Ihren Verwandten im Heimatland? Wann war der letzte Kontakt zu Ihrer Familie? Kommunizieren Sie auch über soziale Netzwerke und neue Medien? A: Ich kann meine Familie anrufen. Wenn ich in der IMO App sehe, dass sie online sind, dann rufe ich an. Manchmal habe ich auch Kontakt über andere Personen zu meiner Familie aufgenommen. Ich benutze auch Facebook. Über Facebook habe ich mit Freunden und Bekannten, welche in Mogadischu leben, Kontakt.“).

Dass seine (auch außerhalb von Somalia lebende) Familie ihn im Falle seiner Rückkehr nach Somalia unterstützen könne, wird vom Beschwerdeführer (auch) in seiner an das Bundesverwaltungsgericht gerichteten Beschwerde gar nicht in Zweifel gezogen. Aber auch die bloß allgemein gehaltene und nicht näher begründete Behauptung des Beschwerdeführers, er verfüge in Somalia über kein familiäres Netzwerk, vermag die auf Basis seines eigenen im Verfahren erstatteten einheitlichen Vorbringens getroffenen Feststellungen der belangten Behörde nicht geeignet zu entkräften (siehe dazu erneut VwGH 13.12.2016, Ra 2016/09/0104).

Gleiches gilt für seine in der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht aufgestellte (bloße) Behauptung, der Beschwerdeführer sei nicht gesund. Die in der Beschwerde dazu angeführten medizinischen Unterlagen wurden nicht beigelegt und wurden diese vom Beschwerdeführer – trotz mehrmaliger ausdrücklicher Aufforderung von Seiten des erkennenden Gerichts – auch nicht nachgereicht. Es bestehen daher von Seiten des erkennenden Gerichts auch hier keine – zumindest keine hinreichenden – Gründe, an der (auf Basis seines eigenen bislang im Verfahren erstatteten Vorbringens getroffenen) Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei gesund, nicht festzuhalten.

zu den Feststellungen zur Lage in Somalia

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten – den Parteien übermittelten – Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der – auch in Übereinstimmung mit den von der belangten Behörde herangezogenen – Länderfeststellungen zu zweifeln, zumal der Beschwerdeführer dazu auch gar nichts – zumindest substantiiert – Gegenteiliges vorgebracht hat. Dass die Sicherheits- und Versorgungslage insgesamt in Somalia – wie vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde angeführt – angespannt ist, kann mit den oben getroffenen Feststellungen jedenfalls nicht in Widerspruch gebracht werden.

Vor diesem Hintergrund war dem nicht näher begründeten Antrag in der Beschwerde auf Beauftragung eines länderkundigen Sachverständigen, der sich mit der aktuellen Situation in Somalia und den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Punkten befasst, nicht zu entsprechen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Ergebnisse des Beweisverfahrens aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ein hinreichend schlüssiges Gesamtbild ergaben, sodass im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu den getroffenen Feststellungen gelangt werden konnte und eine weitere Beweisaufnahme nicht erforderlich war. Im Übrigen ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein Erkundungsbeweis - wie er gegenständlich aufgrund des Beweisthemas "aktuelle Situation in Somalia" vorliegt - im verwaltungsbehördlichen Verfahren unzulässig ist (VwGH 11.5.2017,).

3. Rechtliche Beurteilung:

zu Spruchpunkt A.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 3 Abs 1 Asylgesetz 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2019/53 (im Folgenden: AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1955/55 idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1974/78 (im Folgenden: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art 9 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl L 2011/337, 9 [im Folgenden: Statusrichtlinie] verweist).

Flüchtling iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1974/78) – deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben – ist, wer sich „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.“

Unter "Verfolgung" im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl bspw VwGH 5.9.2016, Ra 2016/19/0074 uva).

§ 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 der Statusrichtlinie, worunter – unter anderem – Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten BGBl 1958/210 idF BGBl III 2018/139 (im Folgenden: EMRK) keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art 2 EMRK geschützte Recht auf Leben und das in Art 3 EMRK niedergelegte Verbot der Folter (vgl VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0083).

Im vorliegenden Fall ist eine konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung – der Beweiswürdigung der belangten Behörde folgend – nicht hervorgekommen.

Auch eine den Beschwerdeführer treffende Verfolgung aufgrund bestimmter Eigenschaften kann nicht erkannt werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung nämlich nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten (siehe dazu zuletzt VwGH 23.2.2017, Ra 2016/20/0089 uvm).

Wie festgestellt gehört der Beschwerdeführer dem Clan der Benadiri an. Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, sind Angehörige von Minderheiten nicht systematischer Gewalt in Mogadischu ausgesetzt. Viele Benadiri sind relativ wohlhabend, befinden sich in relevanten Positionen und sind in der Lage, Schutz zuzukaufen. Von einer systematischen Vertreibung oder massiv diskriminierenden Benachteiligung und damit von einer asylrechtlichen (Gruppen-)Verfolgung im oben beschriebenen Sinn kann daher nicht ausgegangen werden, weshalb das Vorliegen einer Gruppenverfolgung zu verneinen war.

Die gleichen Erwägungen gelten auch für eine allfällige Gefährdung aufgrund der Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur sozialen Gruppe der jungen Männer, welchen eine Zwangsrekrutierung durch al Shabaab drohe. Wie den Länderfeststellungen zwar zu entnehmen ist, kommt es nach wie vor zu Rekrutierungen durch die Al Shabaab. Aus den Länderfeststellungen ist aber auch ersichtlich, dass die Al Shabaab keineswegs im gesamten somalischen Gebiet ihren Einfluss geltend macht und es zu Zwangsrekrutierungen ausschließlich in Gebieten unter Kontrolle der Al Shabaab kommt. In Mogadischu kommt es zu gar keinen Zwangsrekrutierungen mehr. Da somit die allgemeine Lage in Somalia nicht derart gestaltet ist, dass jeder Mann der Gefahr einer Zwangsrekrutierung ausgesetzt wäre, und auch sonst nichts hervorgekommen ist, dass der Beschwerdeführer im besonderen Maße gefährdet wäre, rekrutiert zu werden, war dem Beschwerdeführer auch nicht aus diesem Grund der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen.

Sonstige Anhaltspunkte für eine asylrelevante gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohung sind nicht hervorgekommen und wurden solche vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet. Sohin kann insgesamt nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG 2005 droht, weshalb im Ergebnis die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen war.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 2019, Ra 2019/19/0006-3, ausgesprochen, dass aus dem Wortlaut des § 8 Abs 1 AsylG ableitbar ist, dass für die Gewährung subsidiären Schutzes bereits jegliche Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art 3 EMRK an sich, und zwar unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht.

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).

Trotz der weiterhin als instabil zu bezeichnenden allgemeinen Sicherheitslage ist eine Rückkehr nach Somalia im Hinblick auf die regional unterschiedliche Sicherheitslage nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl in Bezug auf Afghanistan VwGH 8.9.2016, Ra 2016/20/0063, sowie zuletzt VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0205).

Im vorliegenden Fall stammt der Beschwerdeführer nach seinem eigenen Vorbringen aus der Stadt Mogadischu, dessen Sicherheitslage – wie festgestellt – nach wie vor zwar angespannt ist. Dennoch ist festzuhalten, dass die somalische Regierung bzw. AMISOM die Kontrolle über Mogadischu hat. Darüber hinaus ist Mogadischu eine über den Luftweg aufgrund des vorhandenen Flughafens sicher erreichbare Stadt.

Aus den Länderfeststellungen geht überdies hervor, dass Anschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, in Mogadischu nicht auszuschließen sind und in regelmäßigen Abständen auch stattfinden. Diese vorwiegend der Terrororganisation Al Shabaab zuzuschreibenden Anschläge richten sich aber überwiegend gegen die Regierung. Die Stadtbewohner sind nur dann betroffen, wenn sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind. Die weltweit zu verzeichnende Zunahme von Terroranschlägen vermag für sich allein betrachtet aber nicht die Schlussfolgerung zu tragen, dass die Ausweisung in einen von Terroranschlägen betroffenen Staat automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde bzw. für den Betroffenen unzumutbar wäre.

Gleiches gilt auch in Bezug auf die Versorgunglage, welche zwar – wie festgestellt – insgesamt nur sehr eingeschränkt möglich, aber dennoch grundlegend gesichert ist. Der aktuellen Berichtslage ist insbesondere eine bestehende (oder unmittelbar drohende) Hungersnot in Mogadischu nicht bekannt.

Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen arbeitsfähigen, gesunden, jungen Mann. Hinzu kommt, dass er in einem somalischen Familienverband aufgewachsen und sozialisiert wurde und damit nicht nur mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates, sondern auch mit der Landessprache vertraut ist. Der Beschwerdeführer kann sich mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung den Lebensunterhalt in Mogadischu sichern.

Zudem ist die Versorgung des Beschwerdeführers in Mogadischu auch abgesichert, da er auf die Unterstützung seiner Familie zurückgreifen kann. Da er überdies in Mogadischu über eine Wohnmöglichkeit bei seiner Tante und damit außerhalb eines IDP-Camps verfügt, ist für das Gericht nicht davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer in einem IDP Lager ansiedeln müsste. Außerdem kann der Beschwerdeführer übergangsweise Rückkehrhilfen in Anspruch nehmen; deshalb ist – unabhängig vom Bestehen eines Netzes in Mogadischu – auch nicht zu befürchten, dass der Beschwerdeführer bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten würde.

Dass der Beschwerdeführer – wie von ihm in der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht behauptet – selbst unter der Annahme eines fehlenden Netzwerkes in Mogadischu in eine existenzbedrohende Lage geraten würde, kann angesichts der vorliegenden Berichtslage nicht angenommen werden. Zwar wird darin ausgeführt, dass eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit bzw. von lokalen Beziehungen der rückkehrenden Person abhängig sein kann. Dass der (unbestritten über Unterstützung durch seine Familie verfügende) Beschwerdeführer im konkreten Fall nicht in der Lage wäre, sich in Mogadischu eine Existenzgrundlage zu sichern, ist daraus allerdings nicht zu entnehmen.

Es ist daher von Seiten des erkennenden Gerichts – der belangten Behörde folgend – anzunehmen, dass der Beschwerdeführer in Mogadischu in der Lage sein wird, sich ein ausreichendes Einkommen zu sichern und ein "relativ normales Leben" ohne unangemessene Härten zu führen, wie es auch anderen Landsleuten möglich ist. Dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existenzieller Bedürfnisse in eine Notlage geraten würde, liegen keine Hinweise vor und wurden solche vom Beschwerdeführer auch nicht substantiiert behauptet.

Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers ist in einer Gesamtbetrachtung daher nicht zu erkennen, dass er im Falle einer Abschiebung nach Mogadischu in eine auswegslose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird (§ 10 Abs 1 AsylG 2005). Dies ist von Amts wegen zu prüfen (§ 58 Abs 1 Z 2 AsylG 2005).

Gemäß § 57 Abs 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liege

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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