Entscheidungsdatum
06.07.2020Norm
ASVG §67 Abs10Spruch
W228 2207177-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter über die Beschwerde von DI XXXX , vertreten XXXX m.b.H., gegen den Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse, vom 07.06.2017, Beitragskontonummer XXXX , wegen Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG iVm § 83 ASVG zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Burgenländische Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse (im Folgenden: ÖGK) hat mit Bescheid 07.06.2017, Beitragskontonummer XXXX , festgestellt, dass DI XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) als Geschäftsführer der XXXX GmbH (im Folgenden: Beitragsschuldnerin) verpflichtet ist, der ÖGK gemäß § 67 Abs. 10 ASVG iVm § 83 ASVG die auf dem Beitragskonto der Beitragsschuldnerin infolge schuldhafter Verletzung der ihm als Vertreter auferlegten Pflichten unberichtigt aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von € 4.077,24 zuzüglich der bis 02.06.2017 berechneten Verzugszinsen in der Höhe von € 73,89, somit einen Betrag von insgesamt € 4.151,13 zuzüglich der ab 03.06.2017 auflaufenden Verzugszinsen in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG ergebenden Höhe, das sind derzeit 3,38 %, berechnet von € 4.077,24, binnen 14 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.
Begründend wurde ausgeführt, dass mit Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 13.01.2017 ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung über das Vermögen der Beitragsschuldnerin eröffnet worden sei. Dieses Verfahren sei mit Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 18.04.2017 nach rechtskräftiger Bestätigung des angenommenen Sanierungsplans aufgehoben worden. Die Aufhebung sei seit 12.04.2017 rechtkräftig. Damit sei eine Durchsetzbarkeit der über die Sanierungsplanquote hinausgehenden Beitragsschulden gegenüber der Beitragsschuldnerin ausgeschlossen und der für die Vertreterhaftung erforderliche Schaden eingetreten. Unbestritten sei, dass der Beschwerdeführer die Beitragsschuldnerin seit 19.10.1999 bis zur Eröffnung des Sanierungsverfahrens als handelsrechtlicher Geschäftsführer selbstständig vertreten habe und damit zu dem von der Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG betroffenen Personenkreis gehöre. Im haftungsrelevanten Zeitraum sei DI XXXX bei der Beitragsschuldnerin beschäftigt gewesen und sei ihm sein Gehalt bis einschließlich September 2016 ausbezahlt worden. Die ausgewiesenen Dienstnehmer-Beitragsanteile seien trotz Fälligkeit und Mahnung durch die Beitragsschuldnerin nicht entrichtet worden. Da dem Dienstnehmer DI XXXX das Gehalt ab Oktober 2016 nicht mehr ausbezahlt worden sei, sei für die Beitragszeiträume ab Oktober 2016 die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes zu klären gewesen. Da der Beschwerdeführer im Rahmen des Verwaltungsverfahrens der Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen, an Hand derer die Frage der Gläubigerbenachteiligung beurteilt werden hätte können, nicht nachgekommen sei, sei davon auszugehen, dass die Sozialversicherungsbeiträge für Oktober 2016, November 2016 und Dezember 2016 schlechter behandelt worden seien als andere Verbindlichkeiten der Beitragsschuldnerin.
Gegen diesen Bescheid hat die damalige rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers Beschwerde erhoben, welche gleichzeitig mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand am 11.12.2017 bei der ÖGK einlangte. Begründend wurde ausgeführt, dass die ÖGK – soweit ersichtlich – einen Rückstandsausweis ausgestellt habe, mit welchem Beiträge bis Dezember 2016 für Gehälter geltend gemacht worden seien. Zumal bekannt sei, dass genau diese Gehälter nicht ausbezahlt wurden, wäre die ÖGK dazu verpflichtet gewesen, diesbezügliche Überprüfungshandlungen vorzunehmen. Es werde erneut darauf hingewiesen, dass die Beitragsschuldnerin ab der Zahlungsunfähigkeit keinerlei Zahlungen an Gläubiger vorgenommen habe und sei die belangte Behörde daher nicht schlechter behandelt worden als andere Gläubiger.
Mit Bescheid vom 24.09.2018 hat die ÖGK dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 11.12.2017 wegen Versäumung der Beschwerdefrist gegen den Bescheid der ÖGK vom 07.06.2017 Folge gegeben.
Die Beschwerdesache wurde unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Bundesverwaltungsgericht am 08.10.2018 zur Entscheidung vorgelegt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 28.01.2020 der damaligen Rechtsvertretung des Beschwerdeführers das Beschwerdevorlageschreiben der ÖGK übermittelt und wurde insbesondere darauf aufmerksam gemacht, dass der Beschwerdeführer dem Auftrag der ÖGK zur Vorlage von Nachweisen der Gläubigergleichbehandlung bis dato nicht nachgekommen sei.
Am 06.03.2020 langte eine mit 27.02.2020 datierte Stellungnahme der damaligen Rechtsvertretung des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wurde ausgeführt, dass im Zeitraum 10/2016 bis 01/2017 keine Gehälter ausbezahlt worden seien; auch nicht an DI XXXX . Daher sei auch keine Haftung wegen ausstehender Beiträge gegeben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 10.03.2020 der ÖGK das Parteiengehör vom 28.01.2020 sowie die Stellungnahme vom 27.02.2020 übermittelt.
Am 26.03.2020 langte eine Stellungnahme der ÖGK beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wurde ausgeführt, dass in der Stellungnahme der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 27.02.2020 geltend gemacht werde, dass keine Gehälter im Zeitraum 10/2016 bis 01/2017 ausbezahlt worden seien. Diesen Ausführungen sei entgegenzuhalten, dass die ÖGK die nicht abgeführten Dienstnehmer-Beitragsanteile ohnehin nur für September 2016 festgestellt habe. Für den Zeitraum ab Oktober 2016 liege eine Haftung wegen Benachteiligung der Sozialversicherungsbeiträge gegenüber den Forderungen anderer Gläubiger der Beitragsschuldnerin vor, zumal der Beschwerdeführer dem Auftrag zur Vorlage von Nachweisen der Gläubigergleichbehandlung nicht nachgekommen sei.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 31.03.2020 der damaligen Rechtsvertretung des Beschwerdeführers die Stellungnahme der ÖGK vom 26.03.2020 übermittelt.
Am 20.05.2020 langte eine mit 14.05.2020 datierte Stellungnahme der nunmehrigen Rechtsvertretung des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wurde ausgeführt, dass die Beitragsschuldnerin infolge Zahlungsunfähigkeit ab September 2016 grundsätzlich keine Zahlungen mehr an Gläubiger vorgenommen habe. Mit der Stellungnahme wurde eine Aufstellung „Ermittlung des Prozentsatzes der Zahlung von Verbindlichkeiten“ übermittelt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 25.05.2020 der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers einen Mängelbehebungsauftrag dahingehend erteilt, den Schriftsatz vom 14.05.2020 via ERV einzubringen.
Am 29.05.2020 ist die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers dem Mängelbehebungsauftrag vom 25.05.2020 nachgekommen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 31.03.2020 (richtig: 31.05.2020) die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers darauf hingewiesen, dass in der Stellungnahme vom 14.05.2020 erstmalig behauptet werde, dass im September 2016 keine Gehaltszahlung für DI XXXX erfolgt sei. Aus den im Akt befindlichen Unterlagen ergebe sich hingegen, dass Gehaltszahlungen bis inklusive 09/2016 erfolgt seien.
Am 24.06.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine mit 17.06.2020 datierte Stellungnahme der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers ein. Darin wurde bestätigt, dass Gehaltszahlungen bis 09/2016 erfolgt seien. Festzuhalten sei jedoch, dass auch für diesen Zeitraum sich aus der Darstellung ergebe, dass lediglich eine äußerst geringe Verkürzung erfolgt sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer hat in der Zeit von 19.10.1999 bis zur Eröffnung des Sanierungsverfahrens als handelsrechtlicher Geschäftsführer die Beitragsschuldnerin selbständig vertreten.
Mit Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 13.01.2017 wurde über das Vermögen der Beitragsschuldnerin ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet. Dieses Verfahren wurde mit Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 18.04.2017 nach rechtskräftiger Bestätigung des angenommenen Sanierungsplanes (Quote von 20%, zahlbar in drei Teilquoten) aufgehoben. Die Aufhebung ist seit 12.04.2017 rechtskräftig.
Die rückständigen Beiträge sind bei der Beitragsschuldnerin uneinbringlich.
DI XXXX war im haftungsrelevanten Zeitraum als Dienstnehmer bei der Beitragsschuldnerin beschäftigt. Ihm wurde das Gehalt bis einschließlich September 2016 ausbezahlt. Für September 2016 wurden die Dienstnehmer-Beitragsanteile in Höhe von € 338,35 einbehalten und nicht an die ÖGK abgeführt.
Es erfolgten Zahlungen an andere Gläubiger als die ÖGK, an die ÖGK jedoch nicht.
Es wird festgestellt, dass keine Gläubigergleichbehandlung erfolgte.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die entscheidungsrelevanten Sachverhaltsfeststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage getroffen werden.
Der Zeitpunkt der Eintragung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin ist im Firmenbuch dokumentiert.
Die Höhe der aushaftenden Beiträge und Verzugszinsen ergibt sich aus dem Rückstandsausweis vom 11.05.2017 in Verbindung mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.06.2017. Aus dem Rückstandsausweis vom 11.05.2017 ergibt sich ein Betrag von € 7.129,07 und wurde im Schreiben der ÖGK vom 11.05.2017 an den Beschwerdeführer auch ein Haftungsbetrag in Höhe von € 7.129,07 geltend gemacht. Dieser Betrag resultierte aus einer irrtümlichen Berücksichtigung des Nachverrechnungsbeitrages für November 2016 sowie von Meldepflichtverletzungen und wurde dieses Versehen im angefochtenen Bescheid vom 07.06.2017 korrigiert, sodass sich der Haftungsbetrag entsprechend reduziert hat.
Der Umstand, dass DI XXXX das Gehalt bis einschließlich September 2016 ausbezahlt wurde, ergibt sich aus dem ersten Bericht samt Stellungnahme zum Sanierungsplanantrag des Insolvenzverwalters vom 07.03.2017 sowie aus einem Email des Beitragsprüfers vom 24.04.2017 samt dazugehörigen Unterlagen. In der Stellungnahme der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 14.05.2020 wurde erstmals behauptet, dass im September 2016 keine Gehaltszahlung für DI XXXX erfolgt sei. Auf entsprechenden Vorhalt des Bundesverwaltungsgerichts mit Schreiben vom 31.05.2020 wurde in einer Stellungnahme der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 17.06.2020 bestätigt, dass Gehaltszahlungen bis 09/2016 erfolgt seien. Dass der Beschwerdeführer die Dienstnehmeranteile für DI XXXX für September 2016 entgegen den Feststellungen der ÖKG abgeführt hat, wurde von ihm weder behauptet noch ergeben sich aus den Verwaltungsakten Anhaltspunkte dafür.
Die Feststellung zu den Zahlungen an andere Gläubiger als die ÖGK ergibt sich aus der am 20.05.2020 übermittelten Aufstellung „Ermittlung des Prozentsatzes der Zahlung von Verbindlichkeiten“.
Die Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden bei der Beitragsschuldnerin ist gegeben, zumal über das Vermögen der Beitragsschuldnerin ein Sanierungsverfahren eröffnet wurde, welches mit Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 18.04.2017 nach rechtskräftiger Bestätigung des angenommenen Sanierungsplanes aufgehoben wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG ist die Entscheidung über Beitragshaftungen gemäß § 67 ASVG nicht von einer Senatsentscheidung umfasst. Somit obliegt die Entscheidung der vorliegenden Beschwerdesache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnerin für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Voraussetzung für die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist neben der Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden bei der Beitragsschuldnerin auch deren ziffernmäßige Bestimmtheit der Höhe nach, schuldhafte und rechtswidrige Verletzungen der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten durch den Vertreter und die Kausalität der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters für die Uneinbringlichkeit.
Für den Eintritt der Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist also Voraussetzung, dass die rückständigen Beiträge beim Dienstgeber uneinbringlich und der Höhe nach bestimmt sind. Verfahrensgegenständlich kann die Beitragseinbringung als uneinbringlich qualifiziert werden, weil über das Vermögen der Beitragsschuldnerin ein Sanierungsverfahren eröffnet wurde, welches mit Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 18.04.2017 nach rechtskräftiger Bestätigung des angenommenen Sanierungsplanes aufgehoben wurde. Damit ist eine Durchsetzbarkeit der über die Sanierungsplanquote hinausgehenden Beitragsschulden gegenüber der Beitragsschuldnerin ausgeschlossen.
Was die ziffernmäßige Bestimmtheit der Höhe des Haftungsbetrages anbelangt, so ergibt sich der Haftungsbetrag aus dem angefochtenen Bescheid vom 07.06.2017 und ist diesbezüglich auf die beweiswürdigenden Ausführungen zu verweisen.
Der Beschwerdeführer war des Weiteren unstrittig ab 19.10.1999 Geschäftsführer der Beitragsschuldnerin und kann somit grundsätzlich zu einer Haftung wegen Ungleichbehandlung für die gesamte Beitragsschuld herangezogen werden. Somit ist zu untersuchen, ob der Beschwerdeführer infolge schuldhafter Pflichtverletzung für die nicht einbringlichen Beitragsforderungen der ÖGK haftet.
Der Geschäftsführer einer GmbH haftet (u.a.) für nicht abgeführte, aber einbehaltene Dienstnehmeranteile bzw. für Beitragsausfälle, die auf schuldhafte Meldepflichtverletzungen zurückzuführen sind, im Ausmaß der Uneinbringlichkeit dieser Beiträge grundsätzlich zur Gänze (VwGH 27.11.2014, 2012/08/0216).
Die Verpflichtung des zur Vertretung befugten Organs, einbehaltene Dienstnehmer-Beitragsanteile abzuführen, ergibt sich aus § 153c StGB. § 153c StGB kann nur durch vorsätzliches Handeln verwirklicht werden.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH trifft ungeachtet der grundsätzlichen amtswegigen Ermittlungspflicht den Vertreter die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann. Stellt er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen auf, so ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern, wenn auf Grund dessen - nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens - die Beurteilung des Bestehens einer Haftung möglich ist. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat (vgl. VwGH 26.05.2004, 2001/08/0043; 26.01.2005, 2002/08/0213; 25.05.2011, 2008/08/0169).
Wie der Beweiswürdigung zu entnehmen ist, wurde vom Beschwerdeführer die Einbehaltung und Nichtabfuhr der Dienstnehmer-Beitragsanteile für DI XXXX für September 2016 nicht substantiiert bestritten, sodass im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung von der Haftung des Beschwerdeführers für die darauf zurückzuführenden Beitragsausfälle auszugehen ist. Vom Beschwerdeführer wurden auch keine Gründe dargetan, aus denen ihm die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre.
Es ist daher festzuhalten, dass der Ausspruch über die Haftung für die einbehaltenen und nicht abgeführten Dienstnehmeranteile für DI XXXX für September 2016 sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht erfolgte.
Gemäß § 58 Abs. 5 ASVG in der hier maßgebenden Fassung des 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2010 – 2. SVÄG 2010, BGBl. I Nr. 102/2010, besteht neben den im § 67 Abs. 10 ASVG auferlegten Pflichten aber auch eine allgemeine, die Vertreter der Beitragsschuldner gegenüber den Beitragsgläubigern treffende Pflicht, aus den von ihnen verwalteten Mitteln für die Abfuhr der Beiträge zu sorgen. Damit ist zur bisherigen Haftung für nicht abgeführte Dienstnehmerbeiträge und Meldeverstöße (gleichrangig) eine neue Haftung wegen Ungleichbehandlung (von Gläubigern) hinzugetreten (Derntl in Sonntag (Hrsg), ASVG6 (2015) § 67 Rz 77a).
Da dem Dienstnehmer DI XXXX das Gehalt ab Oktober 2016 nicht mehr ausbezahlt worden ist, ist für die Beitragszeiträume ab Oktober 2016 die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes zu klären.
Gemäß der auf die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG übertragbaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Parallelbestimmung des § 25a Abs. 7 BUAG liegt Gläubigergleichbehandlung dann vor, wenn das Verhältnis aller im Beurteilungszeitraum erfolgten Zahlungen zu allen Verbindlichkeiten, die zu Beginn des Beurteilungszeitraumes bereits fällig waren oder bis zum Ende des Beurteilungszeitraumes fällig wurden, dem Verhältnis der in diesem Zeitraum erfolgten Beitragszahlungen zu den insgesamt fälligen Beitragsverbindlichkeiten entspricht. Unterschreitet die Beitragszahlungsquote die allgemeine Zahlungsquote, so liegt eine Ungleichbehandlung des Sozialversicherungsträgers vor (vgl. VwGH 29.01.2014, 2012/08/0227).
Unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Rechtsprechung zur abgabenrechtlichen Haftung (vgl. u.a. VwGH 19.06.1985, Slg. Nr. 6012/F, 17.09.1986, 84/13/0198, 16.12.1986, 86/14/0077, und 06.03.1989, 88/15/0063) ist es auch im sozialversicherungsrechtlichen Haftungsverfahren Sache des haftungspflichtigen Geschäftsführers dazulegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Beitragsschulden rechtzeitig (zur Gänze) entrichtet wurden, und dafür entsprechende Beweisanbote zu erstatten. Denn ungeachtet der grundsätzlich amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde trifft denjenigen, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt – über die ihn stets allgemein treffende Behauptungslast im Verwaltungsverfahren hinaus – die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm deren Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden darf, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist (VwGH 13.03.1990, 89/08/0217).
Gegen die Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Beitragsverbindlichkeiten mit anderen Schulden verstößt ein Geschäftsführer auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichten, er aber (zumindest fahrlässig) diese Mittel auch nicht anteilig für die Behandlung aller Verbindlichkeiten verwendet und dadurch die Beitragsschulden im Verhältnis zu anderen Verbindlichkeiten schlechter behandelt hat (VwGH 22.12.1998, 97/08/0117).
Für die Haftung nach § 67 Abs 10 ASVG genügt bereits leichte Fahrlässigkeit in Bezug auf das Verschulden für die Nichtleistung von Sozialversicherungsbeiträgen. Eine solche Pflichtverletzung kann darin liegen, dass der Geschäftsführer die fälligen Beiträge (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt, bzw - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen der Gebietskrankenkasse Sorge trägt. Der Geschäftsführer wäre nur dann exkulpiert, wenn er entweder nachweist, im fraglichen Zeitraum, in dem die Beiträge fällig geworden sind, insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten - ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger - nicht oder nur zum Teil beglichen zu haben, die Beitragsschuldigkeiten also nicht in Benachteiligung der belangen Behörde in einem geringeren Ausmaß beglichen zu haben als die Forderungen anderer Gläubiger (VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039).
Hiervon kann im gegenständlichen Fall aber keine Rede sein, weshalb das Verschulden des Beschwerdeführers gegeben ist.
Der Haftung nach § 67 Abs 10 ASVG steht eine rechtskräftige Bestätigung eines Sanierungsplans der Primärschuldnerin nicht entgegen. Den im § 67 Abs 10 ASVG genannten haftenden Personen kommt die Bereinigungswirkung eines Sanierungsplanes nicht zugute (vgl zum Zwangsausgleich VwGH 22.12.1998, 94/08/0249; zum Sanierungsplan VwGH 15.11.2017, Ro 2017/08/0001; VwGH 09.01.2020, Ra 2019/08/0180).
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren die Gläubigergleichbehandlung nicht nachgewiesen. Im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.10.2001, Zl. 98/08/0368 ist daher davon auszugehen, dass er seiner Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Gläubiger schuldhaft nicht nachgekommen ist. Da im Falle der Nichterbringung eines Nachweises der Gläubigergleichbehandlung der Vertreter der Beitragsschuldnerin konsequenterweise auch für die von der Haftung betroffenen Beitragsschulden zur Gänze haftet (vgl. nochmals VwGH, 04.10.2001, Zl. 98/08/0368), besteht die Haftung des Beschwerdeführers für die zur Nachverrechnung gelangten Beiträge im vorliegenden Fall sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht.
Gemäß § 83 ASVG gelten die Bestimmungen über die Haftung auch für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze. Weil die Pflichtverletzung des Vertreters dafür ursächlich ist, dass der Sozialversicherungsträger die Beitragszahlungen nicht ordnungsgemäß erhalten hat, hat dieser Vertreter auch die (anteiligen) Verzugszinsen als wirtschaftliches Äquivalent für die verspätete Zahlung - wie im vorliegenden Fall - zu tragen (vgl. Derntl a.a.O., § 67 Rz 104a).
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben unter A) zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Beitragsschuld Geschäftsführer Gleichbehandlung Haftung Nachweismangel PflichtverletzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W228.2207177.1.00Im RIS seit
08.10.2020Zuletzt aktualisiert am
08.10.2020