Entscheidungsdatum
06.07.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W196 2227419-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.04.2020, Zl. XXXX zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährige Beschwerdeführer, russischer Staatsangehörige und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe muslimischen Glaubens, stellte, vertreten durch seine Mutter, nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 02.12.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Mutter des damals erst 14 Jahre alten Beschwerdeführers begründete die Asylantragstellung im Wesentlichen dahingehend, dass sie wegen des Krieges geflohen sei. Nach Asylgewährung an die Mutter des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid vom 19.11.2004 auch diesem Asyl durch Erstreckung gemäß § 11 AsylG 1997 gewährt.
Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge im Bundesgebiet mehrfach straffällig, über ihn scheinen im Strafregister der Republik Österreich sieben strafrechtliche Verurteilungen auf.
Am 16.05.2019 leitete die belangte Behörde ein Aberkennungsverfahren gegen den Beschwerdeführer ein. Am 13.06.2019 wurde dieser im Verfahren betreffend Aberkennung des Internationalen Schutzes durch die belangte Behörde persönlich einvernommen.
Mit Bescheid vom 17.06.2019, dem Beschwerdeführer zugestellt am 24.06.2019, erkannte das Bundesamt dem Beschwerdeführer den mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.11.2004 rechtskräftig zuerkannten Status des Asylberechtigen gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ab und stellte gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 fest, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zu kommt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 erkannte das Bundesamt dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu (Spruchpunkt II.). Es erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG (Spruchpunkt IV.). Das Bundesamt stellte fest, dass gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt V.). Unter einem stellte es fest, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.) und erließ gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG ein fünfjähriges Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.).
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.02.2020, Zl. W226 2227419-1/2E, als unbegründet abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erhob der Beschwerdeführer durch seinen gewillkürten Vertreter mit Schriftsatz vom 16.03.2020 außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof und beantragte gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.03.2020, Zl. Ro2020/18/001-3 wurde dem gestellten Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, stattgegeben.
Mit gegenständlichen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.04.2020 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 93 abs. 1 Z 1 FPG der am 02.03.2017 ausgestellte Konventionsreisepass entzogen und gemäß § 93 Abs. 2 FPG aufgetragen, das Dokument unverzüglich beim Bundesamt vorzulegen.
Gegen diesen Bescheid erhob der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird zum maßgeblichen Sachverhalt erhoben. Er ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Akt und den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zu Spruchpunkt A):
Gemäß § 88 Abs. 2a FPG (in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013) sind Fremdenpässe Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
Gemäß § 93 Abs. 1 Z 1 FPG idgF ist ein Fremdenpass zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden.
Gemäß § 93 Abs. 2 FPG idgF sind vollstreckbar entzogene Fremdenpässe dem Bundesamt unverzüglich vorzulegen.
Gemäß § 94 Abs. 5 FPG idgF gelten die §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.
Der Status des Asylberechtigten ist eine Voraussetzung für die Ausstellung eines Konventionsreisepasses. Wird nachträglich bekannt, dass diese Voraussetzung fehlt, so stellt dies eine die Passentziehung rechtfertigende Tatsache iSd § 93 Abs. 1 Z. 1 FPG dar. Das nachträglich bekanntgewordene Fehlen oder der Verlust des Status eines Asylberechtigten könnte daher die Entziehung eines Konventionsreisepasses rechtfertigen (vgl. VwGH 07.11.2012, Zl. 2012/18/0046).
Der Status des Asylberechtigten wurde dem Beschwerdeführer in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Russische Föderation mit Bescheid vom 19.11.2004 zuerkannt.
Das Bundesamt erkannte mit Bescheid vom 17.06.2019 von Amts wegen gemäß § 7 AsylG den dem Beschwerdeführer zuerkannten Status des Asylberechtigten ab.
"Sache" im Sinn des § 66 Abs. 4 AVG ist nach dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides die Entziehung des Fremdenpasses. Änderungen im rechtlichen Status des Fremden, auf dem die Ausstellung des Reisedokuments ursprünglich basierte, begründen eine Entziehung, insbesondere bei einer Aberkennung des Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht (2016) § 93 FPG K 3).
Wird nachträglich bekannt, dass die Voraussetzungen für den zuerkannten Status als Asylberechtigten nicht mehr vorliegen bzw. es an ihnen fehlt, stellt dies eine die Passentziehung rechtfertigende Tatsache im Sinn des § 93 Abs. 1 Z 1 FPG dar (vgl. VwGH 24.04.2007, Zl. 2005/18/0003; VwGH 07.11.2012, 2012/18/0046).
Mit dem alternativ gestellte Antrag, die Durchsetzung des Bescheides bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes "aufzuhalten", um festzustellen, ob ihm ein weiterer Aufenthaltstitel in Österreich gewährt werde, dürfte der Beschwerdeführer darauf abzielen, das gegenständliche Beschwerdeverfahren über die Entziehung des Fremdenpasses bis zum Vorliegen der (stattgebenden) Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die von ihm gemäß Art. 144 B-VG erhobene Beschwerde auszusetzen.
Abgesehen davon, dass die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG nicht den Gegenstand des bekämpften Bescheides bildet, ändert die an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde nichts an der Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.02.2020. Die Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bedeutet in formeller Hinsicht deren Unanfechtbarkeit einerseits und in materieller Hinsicht die Bindung an die einmal erlassene, formell rechtskräftige Entscheidung andererseits. Die Verbindlichkeit einer Entscheidung tritt mit ihrer Unanfechtbarkeit ein und endet erst mit ihrer Beseitigung (durch den Verfassungsgerichtshof oder den Verwaltungsgerichtshof). Die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde, in der die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.02.2020 durch den Verwaltungsgerichtshof geprüft wird, zeitigt daher keine Auswirkungen auf den Ausgang des anhängigen Verwaltungs- bzw. Beschwerdeverfahrens betreffend die Entziehung des Reisepasses iSd § 93 Abs. 1 Z 1 FPG.
Sollte dem Beschwerdeführer (wieder) der Status des Asylberechtigten nicht aberkannt werden, wäre ihm auf Antrag - bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 88 Abs. 2a FPG - (neuerlich) ein Fremdenpass auszustellen.
Der Vollständigkeit wird noch darauf hingewiesen , dass es dem Beschwerdeführer gemäß § 94a FPG freisteht, die Ausstellung einer Identitätskarte beim Bundesamt zu beantragen.
Auf Grund der Erledigung der erhobenen Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, ihr aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (vgl. VwGH 03.10.2017, Ra 2017/01/0288).
Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung:
Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Von der mündlichen Verhandlung kann im gegenständlichen Beschwerdefall gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, weil der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden konnte, in der Beschwerde keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen wurden und gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen war (vgl. das Erk. des VwGH vom 31.07.2007, Zl 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Fremdenpass Konventionsreisepass mangelnder Anknüpfungspunkt VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W196.2227419.2.00Im RIS seit
06.10.2020Zuletzt aktualisiert am
06.10.2020