Entscheidungsdatum
08.07.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W253 2180000-3/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Jörg C. Binder als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Iran, vertreten durch den Verein für Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.05.2020, Zl. 1082324609/190788840, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Zum ersten Antrag auf internationalen Schutz (Erstantrag):
Der Beschwerdeführer stellte am 12.08.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz und wurde am 13.08.2015 zu diesem Antrag im Rahmen der Erstbefragungen nach dem Asylgesetz durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen.
Befragt zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er zum Christentum konvertiert sei und aus Angst um sein Leben aus dem Iran geflüchtet wäre. In Dänemark habe er sich taufen lassen und könne er nicht mehr in den Iran zurückkehren, da seine Familie streng religiös sei und der Angst vor den iranischen Behörden habe.
Am 12.09.2017 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Bei dieser Einvernahme gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, Christ zu sein und an psychischen Problemen zu leiden, welche bereits im Iran behandlungsbedürftig gewesen seien. Er würde deswegen in Österreich diverse Medikamente nehmen und regelmäßig zum Psychologen in Behandlung gehen. Befragt zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer an, aus einer politischen Familie zu stammen, welche sich zu den politischen Kurden zähle. Der Beschwerdeführer sei außerdem in Schweden getauft worden und betreibe eine politische und eine christliche Facebook Seite.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.11.2017, Zl. 1082324609-151071035 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 12.08.2015 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 Asylgesetz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz iVm § 9 BFA-wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgehalten, dass die Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Das Bundesamt begründete den Bescheid im Wesentlichen damit, dass die Fluchtgründe des Beschwerdeführer nicht glaubhaft seien. Es bestehe keine Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat. Darüber hinaus habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer an einer schweren Erkrankung leide.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer vertreten durch XXXX , Rechtsanwalt in XXXX Linz Beschwerde. Begründet führte der Beschwerdeführer aus, dass die Behörde sich nicht ausreichend mit seiner Konversion zum Christentum auseinandergesetzt habe. Es sei jedenfalls davon auszugehen, dass er eine ernsthafte Konversion hinter sich habe.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.01.2018, Zl. L 5192180000-1/2E wurde der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.11.2017, Zl. 1082324609-151071035 gem. § 28 Abs. 3 VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einen des neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht dazu aus, dass der Beschwerdeführer angegeben habe, an psychischen Problemen zu leiden und dazu auch mehrere Befunde vorgelegt habe. Beim Beschwerdeführer bestehe laut den Befunden der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung sowie auf Somatisierungsstörungen. Darüber hinaus gebe es den Verdacht einer dissoziativen Störung und einer Panikstörung. Der Beschwerdeführer habe auch einen Befund vorgelegt aus dem unter anderem hervorgehe, dass er an Halluzinationen in Form von Geräuschen leide. Außerdem habe der Beschwerdeführer bei der Einvernahme vor dem Bundesamt eine Vielzahl von Medikamenten die er einnehme, darunter verschiedenste Antidepressiva, vorgelegt. Zur Beurteilung des psychischen Zustandes hätte es der Einholung eines fachärztlichen Gutachtens aus dem Bereich der Psychiatrie durch das Bundesamt bedurft, um in weiterer Folge klären zu können, ob die konkreten Medikamente bzw. welche Medikamente mit demselben Wirkstoff und welche Behandlung im Iran zur Verfügung stehe. Darüber hinaus habe das Bundesamt unzureichende Ermittlungen hinsichtlich der Angaben zum politischen Hintergrund der Familie des Beschwerdeführers getätigt. Ebenso hätte die vom Beschwerdeführer behauptete exilpolitische Tätigkeit in Dänemark einer näheren Überprüfung bedurft.
Am 17.05.2018 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein neurologisch psychiatrisches Gutachten eines allgemein beeideten gerichtlichen zertifizierten Sachverständigen für das Fach Neurologie und Psychiatrie beim Bundesamt ein, welches zum Ergebnis kommt das beim Betroffenen eine in Remission befindliche Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion vorliege.
Am 02.08.2018 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Im Zuge dieser Einvernahme gab der Beschwerdeführer erneut an der politischen kurdischen Opposition anzugehören. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer in Dänemark getauft worden und leide an psychischer Erkrankung. Der Beschwerdeführer legte erneut psychiatrische Befunde dem Bundesamt vor.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2018, Zl. 1082324609-151071035 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 13.08.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberichtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z. 13 Asylgesetz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz iVm § 9 BFA-wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgehalten, dass die Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Mit Schreiben vom 14.09.2018 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 21.08.2018 vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich Beschwerde.
Mit Erkenntnis vom 02.01.2019, Zl. 5192180000-2/10 E wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.11.2018 die Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57 und § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-G VG sowie § 52 Abs. 2 Z. 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 als unbegründet ab.
Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 29.01.2019 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Mit Beschluss des Verfassungsrechts vom 26.06.2019, E340/2019-13 wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
1.2. Zum verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz (Zweitantrag):
Der Beschwerdeführer brachte am 02.08.2019 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz ein und wurde am 02.08.2019 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung nach Asylgesetz zugeführt.
Befragt zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer aus, dass am 29.12.2018 und am 17.07.2019 der iranische Geheimdienst zu seinem Elternhaus im Iran gekommen sei und Nachfrage nach ihm gehalten habe. Den Geheimdienstmitarbeitern sei bekannt gewesen, dass der Beschwerdeführer Kurde und Christ sei. Sie hätten die Familie des Beschwerdeführers bedroht und diese dazu aufgefordert Informationen über den Beschwerdeführer an die Behörde weiterzuleiten. Er habe überdies ein Schreiben seines Bruders aus Dänemark erhalten und Fotos seines Bruders aus dem Iran auf welchen zu erkennen sei, wie der Geheimdienst bei seinem Elternhaus vorspreche. Für den Fall seiner Rückkehr in den Iran befürchte der Beschwerdeführer die Todesstrafe sowie Misshandlungen im Gefängnis, weil er zum Christentum konvertiert sei. Weiters führte der Beschwerdeführer aus, dass es sich in stationärer Behandlung am Neuromed Campus in Linz befinden würde. Der Beschwerdeführer legt eine Bestätigung des Universitätsklinikums Linz vor.
Am 06.02.20 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Arztbrief der Klinik für Psychiatrie 1-Neuromed Campus, Kepler Universitätsklinikum vom 04.09 2019 ein. Aus diesem Schreiben geht hervor, dass der Beschwerdeführer in den geschlossenen Bereich der Station G201 am 23.07.2019 aufgenommen wurde und diesen am 21.08.2019 verlassen habe. Beigeschlossenen findet sich ein Ambulanzbericht vom 25.12.2019 über eine traumatische Belastungsstörung/asymptomatische Thalassämie.
Am 12.03.2020 wurde der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Zusammengefasst gab der Beschwerdeführer an Schwierigkeiten mit der Psyche zu haben und sich in ärztlicher Behandlung zu befinden. Der Beschwerdeführer nannte mehrere Medikamente die er aufgrund seiner psychischen Belastung einzunehmen habe. Er wäre schon im Iran als Jugendlicher wegen seiner Psyche Behandlung gewesen. Der Beschwerdeführer gab an, lediglich aufgrund seiner christlichen Überzeugungshaltung vom Selbstmord Abstand genommen zu haben. Der Beschwerdeführer gab an zum christlichen Glauben koonvertiert zu sein. Er habe Angst davor in den Iran zurück zu kehren, da er als Christ getötet werden würde. Außerdem habe er aus Kurde wegen seiner Parteizugehörigkeit mit Schwierigkeiten im Iran zu rechnen. Darüber hinaus habe auf Facebook christliche Inhalte geteilt. Außerdem habe er Angst aufgrund seiner Krankheit im Iran keine ordentliche medizinische Versorgung zu erhalten. Zurzeit habe er manchmal Selbstmordgedanken.
Mit Schriftsatz vom 19.03.20 nahm das Beschwerdeführer vertreten durch seinen Rechtsanwalt zu den im Verfahren vorgelegten Länderberichten Stellung und beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich Neurologie und Psychiatrie zum Beweis dafür das der Antragsteller hinsichtlich seines Schizophrenieerkrankung hinsichtlich der Wahrnehmung und Aussagefähigkeit eingeschränkt ist und überdies eine Rückkehrentscheidung und Abschiebung des Beschwerdeführers zu einer erheblichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes führen würde.
Mit Bescheid vom 20.05.20, Zl. 1082324609/190788840 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 02.08.2019 gemäß § 68 Abs. 1 RVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm. §2 Abs. 1 Z. 13 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt IV. und V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.).
Im Wesentlichen begründete die belangte Behörde den gegenständlichen Bescheid damit, dass weder in der maßgeblichen Sachlage, auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe. Daher stehe die Rechtskraft des ergangenen Erkenntnisses des BVWG vom 02.01.2019 dem neuerlichen Antrag des Beschwerdeführers entgegen, weswegen das Bundesamt seiner Zurückweisung verpflichtet gewesen sei.
Hinsichtlich Spruchpunkt II. führte die belangte Behörde aus, dass weder unter der Berücksichtigung des Ermittlungsverfahrens, noch vor dem Hintergrund des persönlichen Vorbringens des Beschwerdeführers ersichtlich sei, dass dieser im Falle seiner Rückkehr in den Iran in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Gefährdung im Sinne des Art. 2 oder 3 EMRK ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer sei im erwerbsfähigen Alter. Verfüge über eine etwaige Schulausbildung. Und habe diverse Berufserfahrungen gesammelt. Diese könne ihm im Falle einer Ansiedlung im Heimatstaat von Nutzen sein, um grundlegende Bedürfnisse abdecken zu können. Darüber hinaus verfüge er über Familienangehörige im Iran.
Mit Schreiben vom 22.06.20 erhob der Beschwerdeführer vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich die verfahrensgegenständliche Beschwerde. Unter anderem führte der Beschwerdeführer aus, dass sich sein Gesundheitszustand signifikant verschlechtert habe. Er bedürfe engmaschiger psychiatrischer Behandlung. Er habe die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Neurologie und Psychiatrie zum Beweis dafür beantragt, dass seine Wahrnehmung-und Aussagefähigkeit eingeschränkt sei. Die Behörde hätte dahingehend weitere Ermittlungstätigkeiten anstrengen müssen.
Die von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten langten am 06.07.2020 in der zuständigen Gerichtabteilung ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung und Einvernahme des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in die Bezug habenden Verwaltungsakten sowie in die Vorverfahren, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1. Feststellungen:
1.1. Zum Folgeantrag:
Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt.
Der Beschwerdeführer stellte am 12.08.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz und wurde am 13.08.2015 zu diesem Antrag im Rahmen der Erstbefragungen nach dem Asylgesetz durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen.
Befragt zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er zum Christentum konvertiert sei und aus Angst um sein Leben aus dem Iran geflüchtet wäre. In Dänemark habe er sich taufen lassen und könne er nicht mehr in den Iran zurückkehren, dass seine Familie streng religiös sei und der Angst vor den iranischen Behörden habe.
Am 12.09.2017 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Bei dieser Einvernahme gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, Christ zu sein und an psychischen Problemen zu leiden, welche bereits im Iran behandlungsbedürftig gewesen sein. Er würde deswegen in Österreich diverse Medikamente nehmen und regelmäßig zum Psychologen in Behandlung gehen. Befragt zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer aus, aus einer politischen Familie zu stammen, welche sich zu den politischen Kurden zähle. Der Beschwerdeführer sei außerdem in Schweden getauft worden und betreibe eine politische und eine christliche Facebook Seite.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.11.2017, Zl. 1082324609-151071035 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 12.08.2015 auf internationalen Schutz gemäß §3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberichtigten (Spruchpunkt I.) Und gemäß § acht Abs. 1 i.V.m. § zwo Abs. 1 Z. 13 Asylgesetz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Bezug auf den Herkunftsstaat Iran (Spruchpunkt II.) Abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsyLG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § zehn Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz iVm § neun BFA-wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 verlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgehalten, dass die Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.01.2018, Zl. L 5192180000-1/2E der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.11.2017, Zl. 1082324609-151071035 § 28 Abs. 3 VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einen des neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.
Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht dazu aus, dass der Beschwerdeführer angegeben habe, an psychischen Problemen zu leiden und dazu auch mehrere Befunde vorgelegt habe. Beim Beschwerdeführer bestehe laut den Befunden der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung sowie auf Somatisierungsstörungen. Darüber hinaus gebe es den Verdacht einer dissoziativen Störung und einer Panikstörung. Der Beschwerdeführer habe auch einen Befund vorgelegt aus dem unter anderem hervorgehe, dass er an Halluzinationen in Form von Geräuschen leide. Außerdem habe der Beschwerdeführer bei der Einvernahme vor dem Bundesamt eine Vielzahl von Medikamenten der einnehme, darunter verschiedenste Antidepressiva, vorgelegt. Zur Beurteilung des psychischen Zustandes hätte es der Einholung eines fachärztlichen Gutachtens aus dem Bereich der Psychiatrie durch das Bundesamt bedurft um in weiterer Folge klären zu können ob die konkreten Medikamente bzw. welche Medikamente mit demselben Wirkstoff und welche Behandlung im Iran zur Verfügung stehe. Darüber hinaus habe das Bundesamt unzureichende Ermittlungen hinsichtlich der Angaben zum politischen Hintergrund der Familie des Beschwerdeführers getätigt. Ebenso hätte die vom Beschwerdeführer behauptete exilpolitische Tätigkeit in Dänemark einer näheren Überprüfung bedurft.
Am 17.05.2018 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein neurologisch psychiatrisches Gutachten eines allgemein beeideten gerichtlichen zertifizierten Sachverständigen für das Fach Neurologie und Psychiatrie beim Bundesamt ein, welches zum Ergebnis kam das beim Betroffenen eine in Remission befindliche Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion vorliege.
Mit Erkenntnis vom 02.01.2019, Zl. 5192180000-2/10 E wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.11.2018 die Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1, § 8Abs. 1, § 57 und § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-G VG sowie § 52 Abs. 2 Z. 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 als unbegründet ab.
Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 29.01.2019 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 26.06.2019, E340/2019-13 wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Beschwerdeführer brachte am 02.08.2019 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz ein. Befragt zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer aus, dass am 29.12.2018 und am 17.07.2019 der iranische Geheimdienst zu seinem Elternhaus im Iran gekommen sei und Nachfrage nach ihm gehalten habe. Den Geheimdienstmitarbeitern sei bekannt gewesen, dass der Beschwerdeführer Kurde und Christ sei. Sie hätten die Familie des Beschwerdeführers bedroht und diese dazu aufgefordert, Informationen über den Beschwerdeführer an die Behörde weiterzuleiten. Er habe überdies ein Schreiben seines Bruders aus Dänemark erhalten und Fotos seines Bruders aus dem Iran auf welchen zu erkennen sei, wie der Geheimdienst bei seinem Elternhaus vorspreche. Für den Fall seiner Rückkehr den Iran befürchtet der Beschwerdeführer die Todesstrafe sowie Misshandlungen im Gefängnis, weil er zum Christentum konvertiert sei. Weiters führte der Beschwerdeführer aus, dass er sich in stationärer Behandlung am Neuromed Campus in Linz befinden würde. Der Beschwerdeführer legt eine Bestätigung des Universitätsklinikums Linz vor.
Am 06.02.20 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Arztbrief der Klinik für Psychiatrie 1-Neuromed Campus, Kepler Universitätsklinikum vom 04.09 2019 ein. Aus diesem Schreiben geht hervor, dass der Beschwerdeführer in den geschlossenen Bereich der Station G201 am 23.07.2019 aufgenommen wurde und diesen am 21.08.2019 verlassen hat. Beigeschlossenen findet sich ein Ambulanzbericht vom 25.12.2019 betreffend eine traumatische Belastungsstörung/asymptomatische Thalassämie.
Am 12.03.2020 wurde der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Zusammengefasst gab der Beschwerdeführer an, Schwierigkeiten mit der Psyche zu haben und sich in ärztlicher Behandlung zu befinden. Der Beschwerdeführer nannte mehrere Medikamente die aufgrund seiner psychischen Belastung einzunehmen habe. Er wäre schon im Iran als Jugendlicher wegen seiner Psyche in Behandlung gewesen. Der Beschwerdeführer gab an, lediglich aufgrund seiner christlichen Überzeugungshaltung von einem Selbstmord Abstand genommen zu haben. Der Beschwerdeführer gab weiters an zum christlichen Glauben konvertiert zu sein. Er habe Angst davor in den Iran zurück zu kehren, da er als Christ getötet werden würde. Außerdem habe er aus Kurde wegen seiner Parteizugehörigkeit mit Schwierigkeiten im Iran zu rechnen. Darüber hinaus habe auf Facebook christliche Inhalte geteilt. Außerdem habe er Angst aufgrund seiner Krankheit im Iran keine ordentliche medizinische Versorgung zu erhalten. Zurzeit habe er manchmal Selbstmordgedanken.
Mit Schriftsatz vom 19.03.20 nahm der Beschwerdeführer vertreten durch seinen Rechtsanwalt zu den im Verfahren vorgelegten Länderberichten Stellung und beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich Neurologie und Psychiatrie zum Beweis dafür das der Antragsteller hinsichtlich seines Schizophrenieerkrankung hinsichtlich der Wahrnehmung und Aussagefähigkeit eingeschränkt ist und überdies eine Rückkehrentscheidung und Abschiebung des Beschwerdeführers zu einer erheblichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes führen würde.
Mit Bescheid vom 20.05.20, Zl. 1082324609/190788840 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 02.08.2019 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt IV. und V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.).
Im Wesentlichen begründete die belangte Behörde den gegenständlichen Bescheid damit, dass sich weder in der maßgeblichen Sachlage, auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe. Daher stehe die Rechtskraft des ergangenen Erkenntnisses des BVWG vom 02.01.2019 dem neuerlichen Antrag des Beschwerdeführers entgegen, weswegen das Bundesamt seiner Zurückweisung verpflichtet gewesen sei.
Hinsichtlich Spruchpunkt II. führte die belangte Behörde aus, dass weder unter der Berücksichtigung des Ermittlungsverfahrens, noch vor dem Hintergrund des persönlichen Vorbringens des Beschwerdeführers ersichtlich sei, dass dieser im Falle seiner Rückkehr in den Iran in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Gefährdung im Sinne des Art. 2 oder 3 EMRK ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer sei im erwerbsfähigen Alter. Verfüge über eine etwaige Schulausbildung. Und habe diverse Berufserfahrungen gesammelt. Diese dies könne ihm im Falle einer Ansiedlung im Heimatstaat von Nutzen sein um grundlegende Bedürfnisse abdecken zu können. Darüber hinaus verfüge er über Familienangehörige im Iran. Eine tiefer gehende inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, seiner sich verschlechternden Gesundheitssitutation erfolgte nicht.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt des Bundesamtes sowie in den Gerichtsakt.
Die Feststellungen hinsichtlich der Antragstellung und des Verfahrensablaufes sowie der Erlassung der Bescheide gründen sich auf den unstrittigen Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1.1. Zur Aufhebung des Bescheides:
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).
Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen. Zudem folgt aus dem Gedanken der materiellen Rechtskraft grundsätzlich eine Bindungswirkung an eine behördliche Entscheidung (VwGH vom 24.5.2016, Ra 2016/03/0050, mwN; 13.9.2016, Ro 2015/03/0045; vgl. weiters VwGH vom 8.8.2018, Ra 2017/04/0112; 20.9.2018, Ra 2017/09/0043).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH vom 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN). Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH vom 21.3.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH vom 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN).
Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH vom 29.06.2011, U 1533/10; VwGH vom 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).
Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn dasselbe Begehren auf Tatsachen und Beweismittel gestützt wird, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben (VwGH vom 30.9.1994, 94/08/0183, mwN; 24.8.2004, 2003/01/0431; 17.9.2008, 2008/23/0684; 6.11.2009, 2008/19/0783; vgl. zum VwGVG: VwGH vom 25.10.2018, Ra 2018/07/0353: „Die schon vor Erlassung der Entscheidung bestehende Sachlage ist von der Rechtskraft des Bescheides erfasst“).
Zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen iSd § 18 Abs. 1 AsylG 2005 – kann die Behörde jedoch nur durch eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes berechtigt und verpflichtet werden, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die – falls sie festgestellt werden kann – zu einem anderen Ergebnis als das erste Verfahren führen kann (VwGH vom 4.11.2004, 2002/20/0391, mwN, zur gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 18 Abs. 1 AsylG 2005, nämlich § 28 Asylgesetz 1997 BGBl. I 76; 17.9.2008, 2008/23/0684; weiters VwGH vom 6.11.2009, 2008/19/0783). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den diese positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der (neuerliche) Asylantrag zulässig ist, mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Antragstellers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben ihre Ermittlungen, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH vom 9.3.2015, Ra 2015/19/0048; 25.2.2016, Ra 2015/19/0267; 12.10.2016, Ra 2015/18/0221; 24.5.2018, Ra 2018/19/0187 und 27.11.2018, Ra 2018/14/0213).
Auch wenn das Vorbringen des Folgeantrages in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den Behauptungen steht, die im vorangegangenen Verfahren nicht als glaubwürdig beurteilt worden sind, schließt dies nicht aus, dass es sich um ein asylrelevantes neues Vorbringen handelt, das auf seinen „glaubhaften Kern“ zu beurteilen ist. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der neu behaupteten Tatsachen von Bedeutung sein, macht eine neue Beweiswürdigung aber nicht von vornherein entbehrlich oder gar unzulässig, etwa in dem Sinn, mit der seinerzeitigen Beweiswürdigung unvereinbare neue Tatsachen dürften im Folgeverfahren nicht angenommen werden. „Könnten die behaupteten neuen Tatsachen, gemessen an der dem rechtskräftigen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsanschauung, zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit“ (VwGH vom 25.4.2007, 2005/20/0300 und 13.11.2014, Ra 2014/18/0025; vgl. weiters VwGH 26.9.2007, 2007/19/0342).
„Sache“ des Beschwerdeverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, das Verwaltungsgericht darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Verwaltungsbehörde den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Das Verwaltungsgericht darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.5.1995, 93/08/0207; 7.10.2010, 2006/20/0035; 18.12.2014, Ra 2014/07/0002).
Gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG ist das Verfahren zugelassen, wenn der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben ist. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall Folgendes:
Der Beschwerdeführer stützte seinen Antrag im Wesentlichen auf die bereits im Erstverfahren vorgebrachte Konversion und unterstellte opositionelle Haltung brachte aber neu entstandene Beweismittel in Vorlage und beantragte unter einem neuerlich die Einholung eines Neurologischen Sachverständigengutachtens aufgrund der von ihm glaubhaft vermittelten Verschlechterung seines Gesundheitszustandes seit dem letzten Erk. des BVwG.
Im in Beschwerde gezogenen Bescheid hat sich die belangte Behörde mit dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Ebenso erfolgte eine kursorische Auseinandersetzung mit der Situation des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr, dies allerdings ohne auf die vom Beschwerdeführer angeführte Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wirklich einzugehen (siehe Selbsteinweisung in die geschlossene Abt. der medizinische Universität Wien 2019) oder dessen Antrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigen Gutachten näher zu würdigen. Überhaupt nicht auseinandergesetzt hat sich die belangte Behörde mit dem verschlechterten Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und die Auswirkung der COVID Pandemie auf dessen weiteren Krankheitsverlauf im Iran, insbesondere die Verfügbarkeit von Medikamenten und medizinsicher Versorgung des Beschwerdeführers.
Für den zur Entscheidung berufenen Richter ergibt sich daher der Eindruck, dass das der belangten Behörde vorliegende Beweisergebnis nicht den Schluss zugelassen hat, dass eine andere, Beurteilung des Antrags von vorherein ausgeschlossen ist. Unter diesen Umständen war daher der Einschätzung der Behörde, dass sich der wesentliche Sachverhalt im Vergleich zum Erstverfahren nicht geändert habe, nicht näher zu treten und ist die Zurückweisung des Antrags mit dieser Begründung gesetzwidrig.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A wiedergegeben. Die unter Spruchpunkt A angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
entschiedene Sache Folgeantrag freiwillige Ausreise neuerliche Antragstellung Pandemie Verwaltungsgerichtshof VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W253.2180000.3.00Im RIS seit
09.10.2020Zuletzt aktualisiert am
09.10.2020