TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/13 W239 2232728-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.07.2020
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Entscheidungsdatum

13.07.2020

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch

W239 2232726-1/3E

W239 2232728-1/3E

W239 2232725-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , und 3.) mj. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Iran, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.06.2020 zu den Zahlen 1.) XXXX , 2.) XXXX , und 3.) XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer ( XXXX ) und die Zweitbeschwerdeführerin ( XXXX ) sind verheiratet; sie sind die Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin ( XXXX ). Sie reisten gemeinsam mit ihrer Tochter illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wurden am 03.04.2020 einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen und stellten im Zuge der Amtshandlung im Rahmen eines Familienverfahrens für sich und als gesetzliche Vertreter für ihre Tochter die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Zum Erstbeschwerdeführer liegt ein EURODAC-Treffer der Kategorie 2 zu Frankreich vom 18.11.2019 vor. Des Weiteren besteht gegen den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für vier Jahre, ausgestellt am 31.12.2019 von den zuständigen tschechischen Behörden, in Kraft seit 11.01.2020, durchsetzbar seit 21.02.2020. Eine VIS-Abfrage ergab keinen Treffer.

2. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 04.04.2020 gab der Erstbeschwerdeführer zu Beginn an, er sei verheiratet, seine Frau und seine Tochter seien mit ihm mitgereist und sowohl er als auch seine Frau hätten das Sorgerecht für die Tochter. Seine Eltern, sein Bruder und seine beiden Schwestern seien im Iran aufhältig. Abgesehen von den mitgereisten Familienangehörigen habe er in Österreich oder einem anderen EU-Staat keine familiären Anknüpfungspunkte.

Anfang November 2019 habe der Erstbeschwerdeführer den Entschluss zur Ausreise gefasst. Sein Zielland sei England gewesen, weil er dort seinem Beruf nachgehen habe wollen. Er sei Journalist und Reporter im Radio und TV im Iran gewesen. Er sei illegal ausgereist. Eine Kopie seines iranischen Reisepasses befinde sich auf seinem Handy; sein Reisepass sei im Iran.

Zur Reiseroute gab der Erstbeschwerdeführer an, sie seien gemeinsam zu Fuß vom Iran in die Türkei gegangen, hätten sich dort etwa zehn Tage aufgehalten und seien dann mit gefälschten spanischen Reisepässen nach Paris geflogen. In Frankreich seien sie von der Polizei aufgegriffen worden und man habe ihnen die Fingerabdrücke abgenommen. Sie seien etwa acht Tage in Haft gewesen; insgesamt hätten sie sich etwa 38 Tage in Frankreich aufgehalten. Danach seien sie mit gefälschten brasilianischen Reisepässen nach Prag geflogen. Dort seien sie ebenfalls festgenommen worden, es seien ihnen die Fingerabdrücke abgenommen worden und sie seien etwa zwei Tage in Haft gewesen. Insgesamt seien sie etwa 42 Tage in Tschechien gewesen und seien dann selbstständig mit dem Zug nach Wien gefahren. Seit etwa 10.02.2020 seien sie in Österreich.

In Frankreich hätten sie um Asyl angesucht. Sie hätten eine Ladung bekommen, seien der Ladung aber nicht gefolgt. Sie hätten sich etwa von Mitte November bis Mitte Dezember in Frankreich aufgehalten und seien in einem Schlepperquartier untergebracht gewesen; dieses hätten sie nicht verlassen. Der Erstbeschwerdeführer wolle nicht dorthin zurück. Er wolle in Österreich bleiben.

Als Fluchtgrund brachte der Erstbeschwerdeführer zusammengefasst vor, er habe den Iran wegen seiner christlichen Tätigkeit und wegen vom ihm verfassten Publikationen verlassen. Er habe in einem Interview indirekt für das Christentum Werbung gemacht und habe auch einige christliche Filme mit seiner Stimme synchronisiert. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst vor der Todesstrafe.

Die Zweitbeschwerdeführerin machte im Rahmen der Erstbefragung hinsichtlich der Fluchtroute und des Fluchtgrundes gleichlautende Angaben wie ihr Ehemann. Im Falle einer Rückkehr in den Iran befürchte sie, als Mittäterin ihres Mannes beschuldigt zu werden und lebenslänglich verurteilt zu werden. Auch die Zweitbeschwerdeführerin gab an, dass sie abgesehen von den mitgereisten Angehörigen in Österreich oder einem anderen EU-Staat keine familiären Anknüpfungspunkte habe. Ihre Eltern und ihre drei Brüder seien alle im Iran aufhältig.

Befragt zu Frankreich und Tschechien führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, dass sie nichts weiter angeben könne, da sie sich nur in Schlepperunterkünften aufgehalten hätten bzw. in Haft gewesen seien. In Frankreich hätten sie um Asyl angesucht, sie seien dann aber nicht zum Interview gegangen. Sie hätten Angst gehabt, dass der Erstbeschwerdeführer von dort in den Iran abgeschoben werde. Von der tschechischen Polizei seien sie schlecht behandelt worden. Die Tochter habe sehr drunter gelitten. Nunmehr wolle sie in Österreich bleiben.

Die Drittbeschwerdeführerin bestätigte ihm Rahmen der Erstbefragung die Angaben ihrer Eltern hinsichtlich der Fluchtroute und des Fluchtgrundes und ergänzte, dass sie selbst keine Fluchtgründe habe, aber befürchte, dass ihr Vater im Iran getötet werde.

Zu Frankreich und Tschechien führte sie zusammengefasst aus, dass sie in Frankreich um Asyl angesucht hätten, da man ihnen gesagt habe, dass sie sonst in den Iran zurückgeschoben würden; zur Asyleinvernahme seien sie dann aber nicht hingegangen. Vom Roten Kreuz habe sie gehört, dass Asylwerber in Frankreich kein Quartier bekämen, daher wolle sie dorthin nicht zurück.

3. In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 29.05.2020 betreffend alle drei Beschwerdeführer ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Frankreich, welchem die französische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 05.06.2020 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO ausdrücklich zustimmte.

4. Nach durchgeführter Rechtsberatung fand am 17.06.2020 im Beisein einer Rechtsberaterin die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführer vor dem BFA statt.

Zu Beginn gab der Erstbeschwerdeführer über Nachfrage an, sich psychisch und physisch dazu in der Lage zu sehen, die Befragung zu absolvieren. Er sei damit einverstanden, dass die Drittbeschwerdeführerin, die er im Verfahren vertrete, an seiner Einvernahme teilnehme.

Gesundheitlich gehe es dem Erstbeschwerdeführer gut. Er habe nur Nasenbluten und benutze daher einen Spray. In 15 Tagen sei diesbezüglich ein Termin im Krankenhaus vereinbart worden. Es wurde dazu ein Überweisungsschein vorgelegt. Die Drittbeschwerdeführerin habe hormonelle Probleme wegen der Angst, der sie ausgesetzt sei. Über Nachfrage gab sie selbst an, es gehe ihr gut.

Hinsichtlich etwaiger Dokumente erklärte der Erstbeschwerdeführer, er könne Kopien seiner Arbeit, die er als Fernseh- und Radiosprecher gemacht habe, vorlegen. Dazu wurde ihm erklärt, dass derzeit nur die Prüfung der Zuständigkeit Österreichs stattfinde; hierfür seien die Unterlagen nicht relevant. Nachgefragt, ob es sonstige Bescheinigungsmittel gebe, erklärte der Erstbeschwerdeführer, man könne über ihn im Internet nachlesen. Die Angaben, die er bei der Erstbefragung gemacht habe, seien richtig; er wolle keine Ergänzungen oder Korrekturen vornehmen. In Österreich oder Europa habe er keine Verwandte oder sonstige Angehörige.

Nachgefragt, ob er zuvor jemals einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, verneinte der Erstbeschwerdeführer das. Vorgehalten, dass er bei der Erstbefragung angegeben habe, in Frankreich um Asyl angesucht zu haben, erklärte er, dass sie in Frankreich aufgehalten worden seien und man habe sie aufgefordert, zur Behörde zu gehen. Sie seien aber nicht hingegangen. Nachgefragt, wieso sie das nicht gemacht hätten, führte der Erstbeschwerdeführer aus, dass er im Iran politisch tätig gewesen sei. Er habe mit jemandem zusammengearbeitet, der in Istanbul gelebt habe. Dieser sei in der Türkei erschossen worden. Vier Tage danach sei der Erstbeschwerdeführer nach Frankreich gereist. Sie seien dort acht Tage in Arrest gewesen. Als man sie freigelassen habe, hätten sie einen Zettel bekommen und seien aufgefordert worden, zur Behörde zu kommen. Als der Erstbeschwerdeführer in Arrest gewesen sei, habe man ihm sein Handy abgenommen. Danach habe er sein Handy aktiviert und festgestellt, dass er auf Instagram etliche Drohungen von verschiedenen Seiten erhalten habe (Geheimdienst, Revolutionsgarden etc.). Sie hätten gesagt, dass sie wüssten, dass er in Frankreich sei. Er sei mit seinem Kollegen in Istanbul bis kurz vor dessen Tod in Kontakt gewesen. Am Flughafen hätten sie gewartet und es sei ein näher genannter Mann aufgetaucht. Weil sie Farsi gesprochen hätten, sei der Mann zu ihnen gekommen und habe gesagt, dass er ihnen helfen wolle. Dann habe der Erstbeschwerdeführer Kontakt mit seinem Schlepper im Iran aufgenommen und der Schlepper habe organisiert, dass sie in ein sicheres Land in Europa kämen. Der Schlepper habe ihnen eine Bleibe gesucht und gefunden. Dort sollten sie warten bis sie zu den Behörden gehen würden. Sie hätten den Mann vom Flughafen häufiger getroffen und jedes Mal seien die Drohungen auf Instagram danach mehr geworden. Über Nachfrage erklärte der Erstbeschwerdeführer, sie hätten sich zwei Mal getroffen. Einmal am Flughafen und einmal habe der Mann ihnen Paris zeigen wollen. Und in beiden Fällen seien die Drohungen danach mehr geworden. Daher habe der Erstbeschwerdeführer den Eindruck gehabt, dass der Mann für den Geheimdienst arbeite.

Nachgefragt, ob er jemals zu den Behörden in Frankreich gegangen sei, erklärte der Erstbeschwerdeführer, es habe eine Nummer gegeben, die sie öfters gewählt hätten, wegen des Termins, aber sie seien nicht durchgekommen. Noch einmal nachgefragt, ob er wegen den Drohungen bei französischen Behörden gewesen sei, antwortete der Erstbeschwerdeführer, sei seien zehn Tage in einer Wohnung gewesen und hätten diese aus Angst nicht verlassen. Der Erstbeschwerdeführer habe jeden Tag Drohungen erhalten und sei aufgefordert worden, zurückzugehen. Nochmals konkret nachgefragt, ob er diesbezüglich bei der Polizei gewesen sei, wiederholte der Erstbeschwerdeführer, dass sie Angst gehabt hätten und sich eingeschlossen hätten. Zur Frage, ob er Grund zur Annahme habe, dass die französischen Behörden ihn nicht schützen würden, meinte der Erstbeschwerdeführer, eine der Personen, die ihn bedroht hätten, habe gesagt, dass sie mit der französischen Regierung zusammenarbeiten würden. Selbst wenn er zur Polizei ginge, werde er [an den Iran] ausgeliefert. Nachgefragt, wer diese Drohung ausgesprochen habe, antwortete der Erstbeschwerdeführer, es habe keinen Namen gegeben. Der Account sei immer wieder geändert worden. Am zehnten Tag habe ihnen der Wohnungseigentümer mitgeteilt, dass sie ein Mann im Auto vor dem Haus beobachte. Sie seien dann früh morgens gegen 04:30 Uhr aus dem Haus gegangen. Befragt, wieso der Account immer geändert worden sei, erklärte der Erstbeschwerdeführer, das sei so gewesen, weil er es immer blockiert habe. Am Display habe er 000 gesehen und es dann wieder blockiert.

Vorgehalten, dass er zuvor angegeben habe, den Mann vom Flughafen zwei Mal gesehen zu haben, bestätigte der Erstbeschwerdeführer, dass das richtig sei. Über Vorhalt, dass es unverständlich sei, weshalb sie einen Termin vereinbart hätten, um Paris zu besichtigen, wo sie sich doch angeblich aus Angst in der Wohnung eingesperrt hätten, entgegnete der Erstbeschwerdeführer, zwei Tage nachdem sie sich am Flughafen getroffen hätten, hätten sie einen Termin vereinbart. Jedes Mal, wenn sie einen Termin vereinbart hätten, habe er mehr Drohungen erhalten. Es sei offensichtlich gewesen, dass der Mann mit den Drohungen in Zusammenhang stehe. Danach hätten sie den Kontakt abgebrochen.

Über Nachfrage erklärte der Erstbeschwerdeführer, er habe niemals ein Visum für ein EU-Land beantragt, er habe in keinem Land der EU einen Aufenthaltstitel und er sei auch nicht vorbestraft.

Dem Erstbeschwerdeführer wurde sodann zur Kenntnis gebracht, dass geplant sei, ihn aufgrund der vorliegenden Zustimmung Frankreichs dorthin außer Landes zu bringen. Dazu entgegnete er, dass er in Frankreich immer das Gefühl gehabt habe, sein Leben sei in Gefahr, da der iranische Geheimdienst überall aktiv sei. Der Schlepper habe sie nach England bringen wollen. Aufgrund der Drohungen habe er sich nicht sicher gefühlt. Deshalb habe er nach Österreich wollen. Hier fühle er sich wohl. Gegen ein Asylverfahren in Frankreich spreche, dass er Angst habe und dort bedroht worden sei. Er habe mit seinem Kollegen, der getötet worden sei, in Istanbul einen Fernseh- und Radiosender gründen wollen. Der Kollege sei gegen das Regime gewesen. Die Drohungen seien dahingehend gegangen, dass man erfahren habe wollen, mit wem der Erstbeschwerdeführer Kontakt gehabt habe. Deshalb habe er sich in Frankreich bedroht gefühlt.

Hinsichtlich der Länderfeststellungen zu Frankreich erklärte der Erstbeschwerdeführer, er habe versucht diese mit einem Übersetzungsprogramm zu lesen. Da stehe, Frankreich sei ein großes und sicheres Land. Wichtig für ihn sei, dass seine Familie in Sicherheit sei. Die staatlichen Strukturen in Österreich seien besser.

Abschließend brachte der Erstbeschwerdeführer vor, er wolle hinzufügen, dass er mit dem Dublin-Abkommen vertraut sei. Deshalb habe er nach England fahren wollen, weil er auch gewusst habe, egal in welchem Schengen-Staat er ankomme, man werde ihn immer nach Frankreich schicken. Er sei nun aber hierher [nach Österreich] gekommen. Ihm und seiner Familie gehe es hier sehr gut, sie würden sich wohl fühlen. Er wolle die österreichische Regierung bitten, dass sie im Falle der Abschiebung überall hingebracht würden, nur nicht nach Frankreich. Er wisse, wenn man Asyl bekomme, bekomme man bald auch einen französischen Pass. Es gehe ihm nicht darum, einen Pass zu bekommen, sondern nur darum, dass er die Sicherheit in Frankreich nicht habe. Seine Frau und er seien Künstler, sie würden sich hier sehr wohl fühlen und könnten für die Gesellschaft etwas beitragen. Die Tätigkeit, die er im Iran ausgeübt habe, erscheine ihm besonders wichtig; der Geheimdienst in Frankreich sei sehr aktiv und man werde ihm etwas antun.

Im Anschluss an die Befragung des Erstbeschwerdeführers wurde auch die anwesende Drittbeschwerdeführerin gefragt, ob sie etwas zur geplanten Überstellung nach Frankreich angeben wolle. Sie führte dazu aus, dass es für die Familie sehr stressig gewesen sei und sie alle große Angst gehabt hätten, beispielsweise, wenn der Vater hinausgegangen sei, um Brot zu kaufen. Sie wisse nicht, ob sie diesen Druck aushalten könnten, wenn sie zurück nach Frankreich müssten.

Nach erfolgter Rückübersetzung ergänzte der Erstbeschwerdeführer, dass er nicht Nasenbluten, sondern Polypen habe. Außerdem hätten sie in Frankreich nicht um Asyl angesucht. Ihm seien die Fingerabdrücke abgenommen worden, aber er habe nicht gewusst, dass das bereits ein Antrag gewesen sei.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab vor dem BFA zu Beginn über Nachfrage ebenso an, dass sie sich psychisch und physisch dazu in der Lage zu sehe, die Befragung zu absolvieren. Zu ihrem Gesundheitszustand führte sie aus, dass sie wegen Magenpolypen eine Darmspiegelung gemacht habe. In zehn Tagen bekomme sie die Ergebnisse. Sie habe diesbezüglich auch Unterlagen (Überweisungsschein, Informationsblatt zur Gastroskopie). Sie leide ansonsten an keinen Krankheiten und stehe auch nicht in ärztlicher Behandlung. Weitere Dokumente könne sie keine vorlegen; es gebe nur die Unterlagen, die ihr Mann habe.

Im Rahmen der Erstbefragung habe die Zweitbeschwerdeführerin die Wahrheit gesagt. Es sei ein kurzes Interview gewesen, aber es stimme alles, nur habe sie damals [hinsichtlich der Religionszugehörigkeit] Islam angegeben, mittlerweile sei sie aber Christin. Dazu erklärte sie, dass sie in Österreich das Gefühl bekommen habe, dem Christentum nahezustehen.

Über Nachfrage gab die Zweitbeschwerdeführerin weiter an, dass sie in Österreich oder Europa keine Verwandte oder Angehörige habe. Sie habe in Frankreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt bzw. hätten sie dort ihre Fingerabdrücke abgegeben. Sie habe nie ein Visum für ein EU-Land beantragt, habe auch in keinem Land der EU einen Aufenthaltstitel und sei nicht vorbestraft.

Zur Frage, wieso sie Frankreich verlassen habe, brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, ihr Leben sei in Gefahr gewesen; sie seien bedroht worden und dort nicht in Sicherheit gewesen. Nachgefragt, ob sie sich in Frankreich an die Behörden gewandt habe, antwortete die Zweitbeschwerdeführerin, dass sie Angst gehabt hätten. Derjenige, der sie bedroht habe, habe gesagt, dass die iranische Botschaft in Paris eng mit den französischen Behörden zusammenarbeite. Deswegen hätten „sie“ auch gewusst, wo sie seien. Befragt, wer das gewesen sei, der sie bedroht habe, erklärte die Zweitbeschwerdeführerin, sie seien von einer unbekannten Person bedroht worden. Dann hätten sie einen Iraner kennen gelernt, bis sie darauf gekommen seien, dass dieser Mann ein Informant von der Person gewesen sei, die sie auf Instagram bedroht habe.

Der Zweitbeschwerdeführerin wurde sodann zur Kenntnis gebracht, dass geplant sei, sie aufgrund der vorliegenden Zustimmung Frankreichs dorthin außer Landes zu bringen. Dazu entgegnete sie, dass sie in Frankreich keine Sicherheit hätten. Sie hätten Angst um ihr Leben, sie seien bedroht worden. „Sie“ hätten gewusst, durch die Nachrichten, die „sie“ geschickt hätten, welche Farbe die Kleidung gehabt habe, die die Familie getragen habe. Sie seien verängstigt gewesen. Die Zweitbeschwerdeführerin habe Angst um das Leben der Familie gehabt; sie habe eine junge Tochter. Vor zweieinhalb Monaten seien sie gezwungen gewesen, nach Österreich zu flüchten. Erst als sie hier angekommen seien, hätten sie gewusst, was es bedeute, in Sicherheit zu sein.

Nachgefragt, warum sie nicht in Tschechien geblieben sei, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass man sie in Tschechien verhaftet habe. Es sei ihnen ein Papier vorgelegt worden, das sie unterschreiben hätten müssen. Sie hätten 40 Tage Zeit gehabt, um das Land zu verlassen. Befragt, wie sie zu den brasilianischen Pässen gekommen seien, antwortete sie, der Schlepper habe ihnen die Pässe gegeben. Er habe sie ihnen in Frankreich ausgehändigt und sie seien mit den Pässen nach Prag gekommen. Sie seien mit dem Schlepper in Verbindung gewesen. Der Mann, bei dem sie in Frankreich gewohnt hätten, habe ihnen die Pässe gebracht. Der Schlepper habe sie dem Mann gegeben und der Mann habe sie ihnen gegeben.

Hinsichtlich der Länderfeststellungen zu Frankreich gab die Zweitbeschwerdeführerin keine Stellungnahme ab. Abschließend wiederholte sie, man möge sie bitte nicht nach Frankreich schicken, da ihr Leben dort in Gefahr sei. Seit sie in Österreich seien, würden sie spüren, dass sie eine Chance auf ein neues Leben hätten.

Die bei beiden Einvernahmen anwesende Rechtsberaterin stellte keine ergänzenden Fragen und erstattete kein weiteres Vorbringen.

5. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des BFA vom 23.06.2020 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Frankreich gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG gegen die Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Frankreich zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in Frankreich traf das BFA folgende Feststellungen (unkorrigiert):

Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (OFPRA 31.10.2017; vgl. AIDA 2.2017, USDOS 3.3.2017 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2017): Country Report: France, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-        OFPRA – Office français de protection des réfugiés et apatrides (31.10.2017): Demander l'asile en France, https://www.ofpra.gouv.fr/fr/asile/la-procedure-de-demande-d-asile/demander-l-asile-en-france, Zugriff 24.1.2018

-        USDOS – US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 – France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

Dublin-Rückkehrer

Anträge von Dublin-Rückkehrern werden wie jeder andere Asylantrag behandelt. Kommt der Betreffende aus einem sicheren Herkunftsstaat, wird das beschleunigte Verfahren angewandt. Hat der Rückkehrer bereits eine endgültig negative Entscheidung der 2. Instanz (CNDA) erhalten, kann er einen Folgeantrag stellen, so dieser neue Elemente enthält. Dublin-Rückkehrer werden wie normale Asylwerber behandelt und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese (AIDA 2.2017).

Wenn Dublin-Rückkehrer am Flughafen Roissy – Charles de Gaulle ankommen, erhalten die Rückkehrer von der französischen Polizei ein Schreiben, an welche Präfektur sie sich wegen ihres Asylverfahrens zu wenden haben. Dann werden sie zunächst an die Permanence d’accueil d’urgence humanitaire (PAUH) verwiesen. Das ist eine humanitäre Aufnahmeeinrichtung des französischen Roten Kreuzes, die im Bereich des Flughafens tätig ist. Es kann ein Problem darstellen, wenn die zuständige Präfektur weit entfernt liegt, denn die Rückkehrer müssen die Anfahrt aus eigenem bestreiten. Es gibt dafür keine staatliche Hilfe und auch die PAUH hat nicht die Mittel sie dabei zu unterstützen. In Paris und Umgebung wiederum kann man sich nicht direkt an die Präfekturen wenden, sondern muss den Weg über die sogenannten Orientierungsplattformen gehen, die den Aufwand für die Präfekturen mindern sollen, aber mitunter zu Verzögerungen von einigen Wochen in der Antragsstellung führen können. Viele der Betroffenen wenden sich daher an das PAUH um Hilfe bei der Antragstellung und Unterbringung. Einige andere Präfekturen registrieren die Anträge der Rückkehrer umgehend und veranlassen deren Unterbringung durch das Büro für Immigration und Integration (OFII). In Lyon am Flughafen Saint-Exupéry ankommende Rückkehrer haben dieselben Probleme wie jene, die in Paris ankommen (AIDA 2.2017).

Im Falle der Übernahme von vulnerablen Dublin-Rückkehrern muss die französische Behörde vom jeweiligen Mitgliedsstaat mindestens einen Monat vor Überstellung informiert werden, um die notwendigen Vorkehrungen treffen zu können. Je nach medizinischem Zustand, kann der Dublin-Rückkehrer mit speziellen Bedürfnissen bei Ankunft medizinische Betreuung erhalten. Auch Dublin-Rückkehrer, haben generell Zugang zur staatlichen medizinischen Versorgung (MDI 10.10.2017).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2017): Country Report: France, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-        Ministére de l´intérieur – Direction générale des étrangers en France – Chef du Département de l'accès à la procédure d'asile (10.10.2017): Auskunft per E-Mail

Versorgung

Laut Asylgesetz sind die materiellen Aufnahmebedingungen allen Asylwerbern (inkl. beschleunigtes und Dublin-Verfahren) anzubieten. Die Verteilung von Asylwerbern erfolgt zentral, parallel werden regionale Vorschriften definiert und von den Präfekten in jeder Region umgesetzt. Asylwerber im Dublin-Verfahren unterliegen jedoch einer Einschränkung: sie haben keinen Zugang zu CADA-Einrichtungen und leben in der Praxis oft auf der Straße oder in besetzten Häusern. Dublin-Rückkehrer hingegen werden behandelt wie reguläre Asylwerber und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese. Die nationalen Aufnahmestrukturen liegen in der Zuständigkeit des Französischen Büros für Immigration und Integration (Office français de l’immigration et de l’intégration – OFII). Es wurde eine Beihilfe für Asylwerber (Allocation pour demandeurs d’asile – ADA) eingeführt, welche die vorherige monatliche Zahlung (Allocation Mensuelle de Subsistance – AMS) bzw. die temporäre Wartezeitzulage (Allocation Temporaire d’Attente – ATA) ersetzt (AIDA 2.2017). Die Höhe der ADA hängt von verschiedenen Faktoren wie die Art der Unterkunft, Alter, Anzahl der Kinder usw. ab. Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine in der Höhe von 204 Euro. Ein zusätzlicher Tagessatz wird an Asylwerber ausgezahlt, die Unterbringungsbedarf haben, aber nicht über das nationale Aufnahmesystem aufgenommen werden können (AIDA 2.2017). Seit April 2017 beträgt der tägliche Kostenzuschuss für Unterkunft 5,40 Euro (FTA 4.4.2017). Es wird jedoch kritisiert, dass die Empfänger der ADA in der Praxis mit Problemen (z.B. Verzögerungen bei der Auszahlung, intransparente Berechnung usw.) konfrontiert sind (AIDA 2.2017).

Asylwerber haben Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn OFPRA ihren Asylantrag innerhalb von neun Monaten nicht entschieden und diese Verzögerung nicht vom Antragssteller verschuldet wurde (AIDA 2.2017).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2017): Country Report: France, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf , Zugriff 24.1.2018

-        FTA – France terre d'asile (4.4.2017): L’Allocation pour demandeur d’asile revalorisée de 1,20€, http://www.france-terre-asile.org/actualites/actualites/actualites-choisies/l-allocation-pour-demandeur-d-asile-revalorisee-de-1-20, Zugriff 24.1.2018

Unterbringung

In Frankreich gibt es 303 Unterbringungszentren für Asylwerber (Centre d’Accueil pour Demandeurs d’Asile – CADA) mit rund 34.000 Plätzen, ein spezielles Zentrum für UMA, zwei Transitzentren mit 600 Plätzen, 262 Notunterbringungen mit rund 18.000 Plätzen, sowie eine nicht näher genannte Anzahl an privaten Unterbringungsplätzen. Damit verfügt das Land über etwa 56.000 Unterbringungsplätze (AIDA 2.2017).

Der Zugang zu Unterbringung erweist sich in der Praxis jedoch als sehr kompliziert. Bei der Zuweisung zur CADA muss mit längerer Wartezeit gerechnet werden, die je nach Region zwischen 51 bis 101 Tage beträgt. In Paris gibt es auch Beispiele dafür, dass Asyl gewährt wurde, ohne dass die Personen jemals Zugang zu Unterbringung gehabt hätten. Berichten zufolge reichen die derzeitigen Unterbringungsplätze der CADA nicht aus (AIDA 2.2017). Die Schaffung weiterer Unterbringungsplätze (insgesamt 12.500 Plätze davon 7.500 in CADA) ist in den nächsten zwei Jahren geplant (FRC 12.1.2018; vgl. FRC 22.12.2017)

Im Oktober 2016 wurde die informelle Siedlung in Calais, der sog. Dschungel, geräumt, in der tausende von Migranten und Asylsuchende (laut AI mehr als 6.500 Personen, laut USDOS 5.600) lebten. Man brachte 5.243 Bewohner in Erstaufnahmelager (CAO) in ganz Frankreich und stellte ihnen Informationen über das Asylverfahren zur Verfügung (AI 2.22.2017; vgl. AI 1.6.2017, USDOS 3.3.2017, AIDA 2.2017). Trotzdem leben noch etwa 350 bis 600 Migranten unter prekären Bedingungen in und um Calais. Großbritannien und Frankreich wollen die Sicherheit an der gemeinsamen Grenze jedoch verbessern. Der französische Präsident und die britische Premierministerin unterzeichneten dazu im Januar 2018 ein neues Abkommen (Zeit 19.1.2018).

Trotz der Bestrebungen der lokalen Behörden und Interessenvertreter bleiben viele Migranten und Asylwerber weiterhin obdachlos und leben landesweit in illegalen Camps (AIDA 2.2017).

Quellen:

-        AI – Amnesty International (2.22.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights – France, http://www.ecoi.net/local_link/336482/479137_de.html, Zugriff 24.1.2018

-        AI – Amnesty International (1.6.2017): France: At a crossroads: Amnesty International submission for the UN Universal Periodic Review, 29th session of the UPR Working Group, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1503902006_eur2167922017english.pdf, Zugriff 24.1.2018

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2017): Country Report: France, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-        FRC – Forum Réfugiés Cosi (12.1.2018): Réforme de l’asile : le raccourcissement des délais ne doit pas se faire au détriment des conditions d’accès à la protection, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/reforme-de-l-asile-le-raccourcissement-des-delais-ne-doit-pas-se-faire-au-detriment-des-conditions-d-acces-a-la-protection, Zugriff 24.1.2018

-        FRC – Forum Réfugiés Cosi (22.12.2017): Asile et Immigration : Forum réfugiés-Cosi salue l’ouverture par le Premier ministre d’une consultation et alerte sur plusieurs enjeux, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/asile-et-immigration-forum-refugies-cosi-salue-l-ouverture-par-le-premier-ministre-d-une-consultation-et-alerte-sur-plusieurs-enjeux, Zugriff 24.1.2018

-        USDOS – US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 – France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

-        Zeit (19.1.2018): May und Macron verschärfen Grenzschutz, http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-01/grossbritannien-theresa-may-emmanuel-macron-calais-frankreich-grenzschutz-sandhurst, Zugriff 29.1.2018

Medizinische Versorgung

Am 1. Januar 2016 wurde in Frankreich der neue allgemeine Krankenversicherungsschutz (protection universelle maladie – PUMA) eingeführt. Deren medizinischen Leistungen können Asylwerber im ordentlichen, aber auch im Schnell- und im Dublinverfahren in Anspruch nehmen, sobald sie die Bestätigung über ihr laufendes Asylverfahren erhalten (Cleiss 2017; vgl. AIDA 2.2017, Ameli 12.10.2017). Bei PUMA besteht Beitragsfreiheit, wenn das jährliche Einkommen pro Haushalt unter 9.534 Euro liegt (AIDA 2.2017). In Frankreich besteht generell die Möglichkeit, eine Zusatzversicherung abzuschließen, um die Gesundheitsausgaben zu decken, die nicht von der Pflichtversicherung übernommen werden. Einkommensschwachen Personen kommt jedoch kostenfrei ein Allgemeiner Zusatzkrankenschutz (couverture maladie universelle complémentaire – CMU-C) zu, der die vollständige Kostenübernahme von Leistungen sichert (Cleiss 2017; vgl. Ameli 15.11.2017, RSB o.D.). Dies kann auch von Asylwerbern in Anspruch genommen werden (Ameli 12.10.2017). Weiters besteht die Möglichkeit für illegale Einwanderer nach drei Monaten Aufenthalt in Frankreich, von der sogenannten staatlichen medizinische Hilfe (aide médicale de l'état – AME) zu profitieren, selbst wenn andere Sozialleistungen reduziert oder entzogen worden sein sollten (AIDA 2.2017; vgl. Le Fonds CMU 2.5.2017, Ameli 13.10.2017). Neben Personen mit einem niedrigen Einkommen können auch Asylwerber die in Krankenhäusern eingerichteten Bereitschaftsdienste zur ärztlichen Versorgung der Bedürftigsten (permanences d'accès aux soins de santé – PASS) in Anspruch nehmen, während sie auf den Zugang zu CMU oder AME warten. Obwohl gesetzlich vorgeschrieben ist, dass alle Krankenhäuser die PASS anbieten müssen, ist das in der Praxis nicht immer der Fall (AIDA 2.2017).

Zugang zu mentaler Gesundheitsversorgung wird von der Gesetzgebung nicht explizit erwähnt, Asylwerber können aber im Rahmen der PUMA oder AME theoretisch psychiatrische oder psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Viele Therapeuten nehmen jedoch keine nicht-frankophonen Patienten. Traumatisierte oder Opfer von Folter können sich von einigen NGOs betreuen lassen, die sich speziell diesen Themen widmen, z.B. Primo Levi in Paris oder die Osiris-Zentren in Marseille, Mana in Bordeaux, das Forum réfugiés-Cosi Essor-Zentrum in Lyon oder Awel in La Rochelle. Die Zahl dieser spezialisierten Zentren in Frankreich ist aber gering und ungleich verteilt und kann den wachsenden Bedarf nicht decken (AIDA 2.2017).

Die Mitarbeiter der CADA sind verpflichtet, innerhalb von 15 Tagen nach Ankunft im Unterbringungszentrum eine ärztliche Untersuchung durchzuführen (AIDA 2.2017).

Im Falle der Ablehnung des Asylantrags haben Personen ein Jahr lang ab der Ausstellung des negativen Beschieds Anspruch auf medizinische Versorgung bei Krankheiten oder Mutterschaft, solange sie sich weiterhin in Frankreich aufhalten (Ameli 12.10.2017).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (2.2017): Country Report: France, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018

-        Ameli – L‘Assurance Maladie (12.10.2017): Vous êtes demandeur d'asile, https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/europe-international/protection-sociale-france/demandeur-dasile, Zugriff 24.1.2018

-        Ameli – L‘Assurance Maladie (13.10.2017): Aide médicale de l'État (AME) : vos démarches, https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/situations-particulieres/situation-irreguliere-ame, Zugriff 24.1.2018

-        Ameli – L‘Assurance Maladie (15.11.2017): CMU complémentaire : conditions et démarches, https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/difficultes-financieres/complementaire-sante/cmu-complementaire, Zugriff 24.1.2018

-        Cleiss – Centre des liaisons européennes et internationales de sécurité sociale (2017): Das französische Sozialversicherungssystem, http://www.cleiss.fr/docs/regimes/regime_france/al_1.html, Zugrif 24.1.2018

-        Le Fonds CMU – Fonds de financement de la protection complémentaire de la couverture universelle du risque maladi (2.5.2017): Are you an undocumented immigrant?, http://www.cmu.fr/undocumented-immigrant.php, Zugriff 24.1.2018

-        RSB – Rosny sous-Bois (o.D.): ACS - AME - CMU-C - PUMA, http://www.rosny93.fr/ACS-AME-CMU-C-PUMA, Zugriff 24.1.2018

-        USDOS – US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 – France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018

Ergänzend dazu stellte das BFA hinsichtlich COVID-19 fest:

Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht. In Frankreich wurden bisher 197.008 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 29.574 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 22.06.2020).

Wie gefährlich der Erreger (SARS-CoV-2) ist, kann noch nicht genau beurteilt werden. Man geht derzeit von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen.html, abgerufen am 22.06.2020).

Damit im Zusammenhang stehend stellte das BFA auch fest, dass alle drei Beschwerdeführer jung und gesund seien und an keiner Immunschwächeerkrankung und auch sonst an keinen schweren, lebensbedrohlichen Krankheiten leiden, die einer Überstellung nach Frankreich im Wege stehen würden.

Begründend führte das BFA zusammengefasst aus, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO Frankreich für die inhaltliche Prüfung der gestellten Anträge auf internationalen Schutz zuständig sei. Frankreich habe mit Schreiben vom 05.06.2020 der Wiederaufnahme der Beschwerdeführer ausdrücklich zugestimmt.

Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der Beschwerdeführer nach Frankreich ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben.

6. Gegen die Bescheide des BFA vom 23.06.2020, persönlich übernommen am 24.06.2020, erhoben die Beschwerdeführer durch ihre Vertretung rechtzeitig am 03.07.2020 das Rechtsmittel der Beschwerde und stellten gleichzeitig den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen; dies vor allem auch wegen des gesundheitlichen Zustands der Zweitbeschwerdeführerin.

Ausgeführt wurde unter anderem, dass die Beschwerdeführer in Frankreich zahlreiche Bedrohungsnachrichten über ihr Mobiltelefon erhalten hätten. Sie hätten daher die berechtigte Befürchtung, dass ihre Feinde sie in Frankreich aufspüren und angreifen könnten und sie dort nicht in Sicherheit seien.

Darüber hinaus bestehe bei der Zweitbeschwerdeführerin der dringende Verdacht des Wiederauftretens eines Tumors im Magen; dazu wurde der Beschwerde ein Kurzarztbrief vom 26.06.2020 beigelegt. Diesbezüglich sei für den 11.08.2020 eine PET-CT-Untersuchung vereinbart worden. Nach dieser Untersuchung müsse das weitere Prozedere besprochen werden; eventuell sei die operative Entfernung des Tumors notwendig.

Dem vorgelegten Arztbrief vom 26.06.2020 lässt sich als Diagnose entnehmen: Dringender Verdacht auf ein Rezidiv eines NET Tumors im Magen. Die Patientin habe berichtet, dass sie vor zwei Jahren im Iran bei einem NET Tumor medikamentös für ein Jahr behandelt worden sei. Am 17.06.2020 seien bei der durchgeführten Gastroskopie mehrere kleine Polypen gesichtet und biopsiert worden; eine Histologie sei noch nicht vorliegend. Zur weiteren Diagnostik solle nunmehr am 11.08.2020 eine PET-CT-Untersuchung durchgeführt werden.

7. Die Beschwerdevorlage langte am 06.07.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet; sie sind die Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin. Sie reisten gemeinsam mit ihrer Tochter illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten hier im Rahmen eines Familienverfahrens am 03.04.2020 für sich und als gesetzliche Vertreter für ihre Tochter die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Zuvor waren die Beschwerdeführer illegal aus einem Drittstaat (der Türkei) kommend auf dem Luftweg über Frankreich in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eingereist und hatten dort um internationalen Schutz angesucht.

Das BFA richtete am 29.05.2020 betreffend alle drei Beschwerdeführer ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Frankreich, welchem die französische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 05.06.2020 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO ausdrücklich zustimmte.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Frankreich an.

Konkrete, in den Personen der Beschwerdeführer gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Der Erstbeschwerdeführer leidet unter Polypen in der Nase. Bei der Zweitbeschwerdeführerin besteht der Verdacht des Wiederauftretens eines NET Tumors im Magen; eine endgültige Diagnose liegt noch nicht vor. Die Drittbeschwerdeführerin ist gesund. Aktuell leiden die Beschwerdeführer daher insgesamt an keinen derart schwerwiegenden Erkrankungen, die einer Überstellung nach Frankreich entgegenstünden.

Besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht.

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund der Angaben der Beschwerdeführer zum Reiseweg in Zusammenschau mit dem vorliegenden EURODAC-Treffer zu Frankreich vom 18.11.2019 steht fest, dass die Beschwerdeführer illegal über Frankreich in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eingereist sind. Dass sie dort um internationalen Schutz angesucht haben, ohne den Ausgang des Verfahrens abzuwarten, ergibt sich aus ihren Aussagen und aus der Zustimmung Frankreichs gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO; andernfalls hätte die französische Dublin-Behörde nach Prüfung der Sachlage der Wiederaufnahme der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich nach dieser Bestimmung zugestimmt.

Die Feststellung hinsichtlich der Zustimmung zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführer seitens Frankreichs basiert auf dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der französischen Dublin-Behörde; der Schriftverkehr ist Teil des Verwaltungsakts.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Frankreich auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-III-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Aus den in den angefochtenen Bescheiden dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das französische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Frankreich den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidungen zu folgen.

Die vom BFA herangezogenen Länderfeststellungen sind grundsätzlich nach wie vor ausreichend aktuell (Gesamtaktualisierung am 29.01.2018), da sich trotz älterer Quellen zwischenzeitlich keine maßgeblichen Änderungen im französischen Asylsystem und der dortigen Lage ergeben haben, sie zeichnen allerdings - angesichts der derzeit sich schnell ändernden Gegebenheiten in Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 - naturgemäß ein Bild der (medizinischen) Versorgung von Asylwerbern in Frankreich, welches sich auf den Zeitraum vor Ausbruch der Pandemie bezieht. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr bzw. mittlerweile auch schon wieder Lockerungen in einzelnen Bereichen), die die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen.

Für den hier gegenständlichen Anwendungsbereich der Dublin-III-VO bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben bzw. keine sog. Dublin-Rückkehrer übernommen haben, wobei die Mitgliedstaaten aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation nach wie vor im engen Austausch miteinander stehen, ebenso mit der Europäischen Kommission. Mittlerweile haben zahlreiche Mitgliedstaaten die Überstellungen aber wieder aufgenommen, wobei der Großteil der Mitgliedstaaten derzeit um einen Verweis zum Gesundheitszustand (keine COVID-Symptome) ersucht und die Fristen für die Bekanntgabe der Überstellungen zum Teil geringfügig erweitert wurden.

Insgesamt ist davon auszugehen, dass Überstellungen erst dann wieder durchgeführt werden, wenn sich die Lage entspannt, sich die einzelnen Mitgliedstaaten wieder dazu im Stande sehen, die von ihnen übernommenen sog. Dublin-Rückkehrer potentiell auch medizinisch zu versorgen und insofern insgesamt eine Situation eintritt, die mit jener vor Ausbruch der Pandemie vergleichbar ist.

Die skizzierten und derzeit allenfalls hinsichtlich einzelner Mitgliedstaaten noch bestehenden Überstellungshindernisse sind aus jetziger Sicht - aller Wahrscheinlichkeit nach - zeitlich begrenzt; es ist davon auszugehen, dass Reisebewegungen jedenfalls in der Maximalfrist der Verordnung (vgl. die in Art. 29 Dublin-III-VO geregelte grundsätzlich sechsmonatige Überstellungsfrist) wieder aufgenommen werden können bzw. teilweise auch schon wurden.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist die Heranziehung der Länderfeststellungen zu Frankreich nicht zu beanstanden; einerseits aufgrund der Annahme, dass dann - und nur dann - Überstellungen durchgeführt werden, wenn Frankreich wieder für die Einhaltung der einschlägigen asyl- und fremdenrechtlichen Standards garantieren kann und die Länderfeststellungen insofern wieder volle Gültigkeit haben, und andererseits aufgrund des Umstandes, dass es sich bei den Beschwerdeführern - trotz der vorliegenden Nasenpolypen beim Erstbeschwerdeführer bzw. des noch abzuklärenden Verdachts des Wiederauftretens eines Tumors im Magen der Zweitbeschwerdeführerin - um keine besonders vulnerable Personen handelt, die aktuell im besonderen Maße auf eine medizinische stationäre Versorgung angewiesen wären.

Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen in Frankreich haben die Beschwerdeführer nicht substantiiert vorgebracht. Hinsichtlich der vagen Befürchtung, dort telefonischen Bedrohungen ausgesetzt zu sein, ist darauf zu verweisen, dass sich die Beschwerdeführer diesbezüglich jederzeit an die französischen Sicherheitsbehörden wenden können; dies haben sie bei ihrem Voraufenthalt jedoch unterlassen. Etwaige (negative) Vorerfahrungen mit dem französischen Asyl- und Versorgungssystem konnten die Beschwerdeführer angesichts der Tatsache, dass sie sich dort eigenen Aussagen zufolge durchgehend in einem Schlepperquartier aufgehalten haben und der geplanten Einvernahme im Asylverfahren fernblieben, auch gar nicht machen.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer ergeben sich aus ihren eigenen Angaben in Zusammenschau mit den vorgelegten medizinischen Unterlagen. Der Erstbeschwerdeführer klagte vor dem BFA über Polypen und verwendet seinen eigenen Aussagen nach dagegen einen Nasenspray. Vorgelegt wurde dazu ein Überweisungsschein an eine HNO-Ambulanz; konkretere Befunde zur Erkrankung wurden nicht beigebracht. Betreffend die Zweitbeschwerdeführerin wurde ein Kurzarztbrief vom 26.06.2020 vorgelegt, dem sich die festgestellte Diagnose entnehmen lässt. Derzeit muss noch abgeklärt werden, ob sich der Verdacht des Wiederauftretens eines NET Tumors im Magen erhärtet und wie gegebenenfalls die weitere Behandlung aussehen wird. Ein stationärer Aufenthalt ist aus medizinischer Sicht aktuell jedenfalls nicht erforderlich, zumal noch nähere Befunde ausstehen. Hinsichtlich der Drittbeschwerdeführerin wurden keinerlei konkrete gesundheitliche Beeinträchtigungen ins Treffen geführt. Die vage Anmerkung, sie habe hormonelle Probleme, wurde weder näher ausgeführt, noch durch Befunde untermauert. Insgesamt sind im Verfahren daher keine Umstände hervorgekommen, die die Überstellungsfähigkeit der Beschwerdeführer nach Frankreich aktuell in Zweifel ziehen könnten.

Dass die Beschwerdeführer über keine besonders ausgeprägten privaten, familiären oder beruflichen Bindungen zu Österreich verfügen, ergibt sich aus ihren eigenen Angaben. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin gaben durchgehend gleichlautend an, hier - abgesehen von den mitgereisten Angehörigen - keine Familienangehörigen oder Verwandten zu haben. Hinweise auf eine Integrationsverfestigung haben sich im Verfahren ebenso wenig ergeben und ist eine solche angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet auch nicht zu erwarten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

§ 5 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012, lautet:

„§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.“

§ 10 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017, lautet:

„§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.“

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:

„§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016, lautet:

„§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. er in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dieser Mitgliedstaat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchfüh

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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