Entscheidungsdatum
17.07.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W217 2232929-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER L.L.M, sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 02.07.2020, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Herr XXXX (in der Folge: BF) ist seit 18.02.2020 Inhaber eines bis 30.04.2022 befristet ausgestellten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung in Höhe von 70%.
Im hierzu von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten vom 28.03.2020 wurde von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
„Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Dr. XXXX , FA f. Lunge: 3/15: D: bösartige Tumorerkrankung des lymphatischen Systems (Non Hodgkin Lymphom), rezidivierende Rezidive: mit Chemotherapie und Antikörpertherapie, 7/2014 Rezidiv in der rechten Leiste, Rezidiv in der rechten Achsel mit Strahlentherapie, Abflusstörung des rechten Beines mit sekundärem Lymphödem, Status: Extremitäten: Lymphom inuinal mit Lmyphödem,
3/15: Dr. XXXX , FA f. Orthopädie:
kommt ohne Gehhilfe ins Untersuchungszimmer, asymmetrisches Gangbild, Belastungsphasen deutlich ungleichmäßig, Entkleiden ungehindert, ohne Fremdhilfe,
Auszug aus dem Status: ... leichte Endlagenschmerzen im Bereich der gesamten Wirbelsäule, leichte Myogelosen Lig. Iliolumbalia und Trapeziusrandes,
1/2014 ist es zu einem Rezidiv der onkologischen Erkrankung (Non Hodgkin Lymphom) gekommen mit Chemo- und Strahlentherapie bis 11/2014. Als Behandlungsfolge besteht ein sekun-däres Lymphödem nach Lymphknotenentnahme und Bestrahlung rechte Leiste sowie eine restriktive Ventilationsstörung mit Verdacht auf Strahlenbronchiolitis
D: Mäßiggradige schmerzhafte Funktionsminderung der linken mehr als der rechten Schulter bei Zustand nach Port-a-cath-lmplantation links subclaviculär vor einigen Jahren sowie Lymphknotenentfernung im Bereich der rechten Achsel ca 2011
Mäßiggradige schmerzhafte, teils auf den Zustand nach Lymphknotenentfernung im Bereich der rechten Leiste zurückzuführende, Bewegungseinschränkung des rechten Hüftgelenks,
Mittelgradige Herabsetzung der Lendenwirbelsäulenbeweglichkeit, Mittelgradiger bis deutlicher Senkspreizfuß beidseits
Adipositas Grad I,
Der Anmarschweg zur Arbeitsstätte ist unter städtischen Bedingungen nicht ein geschränkt. Ein öffentliches Verkehrsmittel kann benützt werden.
3/15: Dr. XXXX , FA f. Lunge: Verkleinerung der Lungenoberfläche, konstitutionell bedingt, Hinweise auf Strahlenschaden der Lunge
obstruktive Atemwegserkrankung, kein Hinweis auf intrapulmonalen Befall im Rahmen der Grundkrankheit (Non Hodgkin Lymphom); Die Anmarschwege sind unter städtischen und ländlichen Bedingungen nicht eingeschränkt.
9/15: KH XXXX : Dermatologie: Ausschluss Tiefe Beinvenenthrombose, D: Lymphödem rechts.
1/17: WSP: onkologie: D: Follikuläres Lmyphom 1/2012; Progression rechte Axilla, iliacal und inuinal rechts 1/2014, Progression inguinal und entlang Beckengefäße rechts 6/2015. Progression axialer und inguinal links mit Splenomegalie 11/2016. Einleitung einer Chemotherapie bei neulicher Progression 10.1.2017
3/18: WSP: Onkologie: Bisherige Therapie:
6x R-CHOP 2012
2x Mabthera-Erhaltung 1-2/2013
6x R-Bendamustin 1-6/2014
Irradiatio rechte Axilla 9/2014
Radiatio Lymphknoten inguinal rechts und Becken (GHD 40Gy/2 Gy ED)
6 Zyklen Obinutuzumab/Bendamustin 01-06/2017
Hochdosischemotherapie nach dem BEAM-Protokoll von 17.08. bis 22.08.2017
Autologe Stammzelltransplantation mit insgesamt 2,61 vitalen CD-34 x 106/kg am 24.08.2017;
Nebendiagenosen: Sepsis in der Aplasiephase der Hochdosistherapie mit intermittierender intensivmedizinischer Betreuung 09/2017
Interstitielle Fibrose und Bronchiolitis (PCR: multiresistenter Hämophilus infl.) 9/2014
St.p. CHE, Chron. Nikotinabusus, St.p Pneumonie 03/2018, St.p akutes Nierenversagen 03/2018
Th: Obinutuzumab Erhaltungstherapie (alle 2 Monate für 2 Jahre; Beginn: 31.10.2017)
Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:
Obinutuzumab Erhaltungstherapie Beginn 31.10.2017 (alle 2 Monate für 2 Jahre)
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Z.n. bösartigen Erkrankung des lymphatischen Systems (follikuläres Lymphom )1/2012, Z.n. Chemo und Strahlentherapie, Rezidiv rechts axillär, rechte Leiste 2014, Rezidiv inguinal rechts 6/2015, Rezidiv axillär und inguinal links 11/2016, Chemotherapie 1/2017-8/2017, Z.n. autologer Stammzellentransplantation 8/2017
2 Stufen über unterem RS, da mehrmalige Rezidive, Z.n. Stammzellentransplantation, inkludiert Lymphödem rechte Untere Extremität
13.01.03
70
2
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
oberer RS, da intermittierend Schmerztherapie erforderlich
02.01.01
20
3
Hüftgelenke - Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig, rechts oberer RS, da bei Z.n. Lymphknotenentfernung geringe Einschränkung evident
02.05.07
20
4
obstruktive Atemwegserkrankung, Strahlenschaden der Lunge oberer RS, da radiologisch nachweisbar, aber ohne inhalative Dauertherapie
06.03.01
20
5
Senkspreizfuß bds
unterer RS, da ohne wesentliche Funktionseinschränkung
02.05.35
10
6
Schulter- Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig, Z.n. Porth a cut und Lymphknotenentfernung
02.06.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 70 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden wird durch die übrigen Leiden durch Fehlen einer maßgeblich ungünstigen wechselseitigen Leidensbeeinflussung nicht weiter erhöht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
-
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Erstgutachten
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Erstgutachten
Nachuntersuchung 01/2022 - Nachuntersuchung nach Ablauf der 5jährigen Heilungsbewährung
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
keine. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400m ist ohne Hilfsmittel, ohne Fremdhilfe und ohne maßgebliche Pausen möglich. Bei Z.n. autologer Stammzellentransplantation 8/2017 bestehen keine Hinweise auf rezidivierende Infekte. Nach Durchschau aller Befunde zeigt sich der Allgemeinzustand seit 05/2018 stabil. Unter der laufenden Therapie mit Obinutuzumab derzeit kein Rezidiv. Es bestehen keine maßgeblichen Einschränkungen der körperlichen sowie kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit, keine erheblichen Einschränkungen der oberen und unteren Extremitäten, sodaß die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar ist.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
nein. Unter Antikörpertherapie kann es zwar tageweise zur Absenkung der Immunabwehr kommen, jedoch keine über 6 Monate andauernde Immunschwäche.“
2. Der BF beantragte mit am 19.05.2020 eingelangten Antrag beim Sozialministeriumservice (in der Folge: belangte Behörde) die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.
3. Im Rahmen des hierzu eingeräumten Parteiengehörs brachte der BF vor, er könne nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, da er nicht länger als 10 Minuten gehen könne. Beigelegt wurden ein orthopädischer Befund vom 03.06.2020, wonach er derzeit nur mit Stock mobil sei, sowie eine Ambulanzkartei – Gefäßambulanz vom 10.06.2020.
4. Hierzu führte die bereits befasste Allgemeinmedizinerin in ihrer Stellungnahme vom 02.07.2020 aus:
„Antwort(en):
Einwand/Parteiengehör vom 19.5.2020 wegen Unzumutbarkeit Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel:
Sowohl im Befund des FA. f. Orthopädie Dr. XXXX v. 6/2020 als auch im Befund der Gefäßambulanz v. 10.6.2020 gibt es keine Ursache für eine verminderte Gehstrecke bzw. für eine Limitierung der Gehstrecke aus angiologischer Sicht. Es besteht keine Einschränkung von seitens der Wirbelsäule und der Hüfte. Es zeigt sich ein sekundäres Lymphödem der rechten Unteren Extremität bei Z.n. Non Hodgkin Lymphom. Laut Einwand vom 19.5.2020 ist Gehen ca. 10min möglich, somit kann eine kurze Gehstrecke von 300m zurückgelegt werden, die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ist somit zumutbar.“
5. Mit Bescheid vom 02.07.2020 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung in den Behindertenpass abgewiesen.
Beweiswürdigend wurde auf das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten vom 28.03.2020 sowie auf die Stellungnahme vom 02.07.2020 hingewiesen.
6. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde. Er ersuchte um erneute Beurteilung, da ihm eine dauerhafte Nützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht zumutbar sei. Neue Befunde wurden keine vorgelegt.
7. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 10.07.2020 von der belangten Behörde vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist seit 18.02.2020 Inhaber eines bis 30.04.2022 befristet ausgestellten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung in Höhe von 70%.
Am 19.05.2020 langte bei der belangten Behörde der gegenständliche Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ein.
Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen nicht vor.
Hinsichtlich der beim BF bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird die diesbezügliche Beurteilung im oben wiedergegebenen medizinischen Gutachten von Dr. XXXX sowie in deren Stellungnahme vom 02.07.2020 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zum Behindertenpass ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ führen, gründen sich auf das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 28.03.2020 sowie auf deren Stellungnahme vom 02.07.2020. Unter Berücksichtigung der vom BF ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen wurde von der medizinischen Sachverständigen festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den BF zumutbar ist.
Die Sachverständige gelangte unter den von ihr geprüften Gesichtspunkten auf Grundlage der vom BF vorgelegten medizinischen Befunde zu dem Schluss, dass im Fall des BF öffentliche Verkehrsmittel zumutbar sind, da das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400m ohne Hilfsmittel, ohne Fremdhilfe und ohne maßgebliche Pausen möglich ist. Bei einem Zustand nach autologer Stammzellentransplantation im August 2017 bestehen keine Hinweise auf rezidivierende Infekte. Nach Durchschau aller Befunde zeigt sich der Allgemeinzustand seit 05/2018 stabil. Unter der laufenden Therapie mit Obinutuzumab derzeit kein Rezidiv. Es bestehen keine maßgeblichen Einschränkungen der körperlichen sowie kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit, keine erheblichen Einschränkungen der oberen und unteren Extremitäten, sodass die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar ist. Auch liegt keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor. Unter Antikörpertherapie kann es zwar tageweise zur Absenkung der Immunabwehr kommen, jedoch keine über 6 Monate andauernde Immunschwäche.
Zu den vom BF im Rahmen des eingeräumten Parteiengehörs vorgelegten Befunden eines FA für Orthopädie (Dr. XXXX ) vom 03.06.2020 sowie der Gefäßambulanz 06/2 nahm die Sachverständige am 02.07.2020 Stellung: „Sowohl im Befund des FA. f. Orthopädie Dr. XXXX v. 6/2020 als auch im Befund der Gefäßambulanz v. 10.6.2020 gibt es keine Ursache für eine verminderte Gehstrecke bzw. für eine Limitierung der Gehstrecke aus angiologischer Sicht. Es besteht keine Einschränkung von seitens der Wirbelsäule und der Hüfte. Es zeigt sich ein sekundäres Lymphödem der rechten Unteren Extremität bei Z.n. Non Hodgkin Lymphom. Laut Einwand vom 19.5.2020 ist Gehen ca. 10min möglich, somit kann eine kurze Gehstrecke von 300m zurückgelegt werden, die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ist somit zumutbar.“
Dies deckt sich mit dem Befund vom 03.06.2020, worin es lautet, „…. Seit dem Lymphödem ve UE ist Gehstrecke limitiert, Röntgen Hüfte + LWS unauff. Kontrolle in Gefäßamb Pat. dzt nur mit Stock mobil“.
Auf der Ambulanzkartei vom 10.06.2020 ist das Feld „Diagnosen:“ nicht ausgefüllt. Weiters findet sich im Wesentlichen Folgendes:
„Status: Re: ATA +, ATP +
Duplexsonographie der Beinvenen re.:
VFCD atemmodulliert keine tiefe oder oberflächliche Venenthrombose.
Duplexsonographie der Beinarterien bds.:
ATA und ATP bds. distal unauffällig triphasisch.
Beurteilung:
Sonographisch kein Hinweis auf eine oberflächliche Venenthrombose (OVT) oder tiefe Venenthrombose (TVT)
Sekundäre Lymphödem re UE
Unauffällige Beindurchblutung
Therapievorschlag:
KKL II sonst wie eingeleitet.
Weiteres Procedere:
Angiologische Kontrolle bei Bedarf.
Orthopädische Vorstellung zur weiteren Abklärung der Schmerzsymptomatik empfohlen.“
Somit waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen Einwände nicht geeignet, das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften, da sie nicht ausreichend substantiiert waren.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des gegenständlichen medizinischen Sachverständigengutachtens.
Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu Spruchpunkt A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hierzu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
...
In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert.
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)
Wie bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde seitens des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 28.03.2020 nachvollziehbar dargelegt, dass im Fall des BF - trotz der bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen - die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen. Beim BF sind, wie bereits in den beweiswürdigenden Ausführungen ausgeführt wurde, ausgehend von diesem Sachverständigengutachten aktuell keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren sowie der oberen Extremitäten und keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen objektiviert; auch aus den vom BF neu vorgelegten medizinischen Befunden im Rahmen des ihm eingeräumten Parteiengehörs haben sich keinerlei Hinweise darauf ergeben, dass der BF nicht in der Lage wäre, 300-400 m ohne Pause und ohne Auftreten starker Schmerzen, ohne Unterbrechung und ohne fremde Hilfe zurückzulegen. So bestätigt der BF sogar selbst in seinem E-Mail vom 03.06.2020, 10 Minuten gehen zu können. Auch unter Berücksichtigung der beim BF bestehenden Einschränkungen vermag der BF noch nicht die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.
Der BF ist den Ausführungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, nicht ausreichend substantiiert entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine Sachverständigenaussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung „Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
Es bleibt dem BF jedoch unbenommen, mit neuen Befunden, sollte er daraus ein anderes Verfahrensergebnis ableiten wollen, dies im Wege eines neuen Antrages bei der belangten Behörde geltend zu machen.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Im gegenständlichen Fall bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob dem BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, ein Gutachten sowie die Stellungnahme einer medizinischen Sachverständigen. Wie oben bereits ausgeführt, wurde dieses Gutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Weiters findet es Bestätigung in der Stellungnahme der Sachverständigen vom 02.07.2020. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W217.2232929.1.00Im RIS seit
06.10.2020Zuletzt aktualisiert am
06.10.2020