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StVONorm
AVG §38Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofrate Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Dr. Schmidt, über die Beschwerde des JD in V, vertreten durch Dr. Josef Pollan, Rechtsanwalt in Villach, 10.-Oktober-Straße 6, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 6. Juli 1988, Zl. 8 V-440/3/1988, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 6. Juli 1988 wurde der Beschwerdeführer im Verwaltungsrechtszug schuldig erkannt, er sei am 31. Juli 1987, um ca. 11.15 Uhr, in Seeboden auf der Millstätter Straße (B 98), auf Halle der Bäckerei „M“, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Personenschaden gestanden und habe es unterlassen, 1.) sein Fahrzeug sofort anzuhalten und 2.) ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle zu verständigen. Er habe dadurch zu 1.) eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO und zu 2.) eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 2 StVO begangen, wofür je eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt wurde.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer verweist in seiner vorliegenden Beschwerde darauf, er sei vom Vorwurf eines strafbaren Verhaltens nach § 94 Abs. 1 StGB rechtskräftig freigesprochen worden, und folgert hieraus, bei ordnungsgemäßer Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens hätte sich dem auch die Verwaltungsstrafbehörde anschließen müssen. Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde nicht davon ausging, der Beschwerdeführer sei wegen des Imstichlassens eines Verletzten im Sinne des § 94 Abs. 1 StGB verurteilt worden. Im übrigen entfaltete der betreffende Freispruch für die belangte Behörde keine bindende Wirkung dahin, daß damit ein Schuldspruch wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. a und § 4 Abs. 2 StVO ausgeschlossen worden wäre.
Im Hinblick darauf, daß die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid jenen Sachverhalt zugrunde legte, den die Zeugin in ihrer Zeugenaussage am 1. Dezember 1987 dargelegt hatte, wird diese Zeugenaussage im folgenden wiedergegeben:
„Zum Sachverhalt als Zeuge befragt und die Rechtfertigungsaussagen des Beschuldigten zur Kenntnis genommen, betone ich ausdrücklich, daß seine in der Niederschrift gemachten Aussagen jeglicher Grundlage bzw. Wahrheit entbehren. Vielmehr hat sich der Sachverhalt so zugetragen, daß der Lenker des Fahrzeuges, als dieser mich in langsamer Fahrt angefahren hat, kurz angehalten hat, zu mir hinüber blickte und auch eine Wortmeldung machte, wie ich ins Fahrzeug rennen konnte! Nach diesem kurzen Sachverhalt fuhr der Lenker, ohne auszusteigen, weiter und bog links zur Pension .... ein. Meine Meinung war es, daß der Beschuldigte sein Fahrzeug nur von der Fahrbahn bringen wollte, um keine Verkehrsbeeinträchtigung darzustellen. Als ich mich daraufhin auch zum Gasthof hin bewegte, konnte ich jedoch nur mehr das Beschuldigtenfahrzeug dort abgestellt wahrnehmen. Der Lenker selbst war für mich nicht anzutreffen und konnte ich sohin mit ihm auch in keiner Weise Kontakt aufnehmen, weshalb der von ihm vorgebrachte Wortwechsel niemals stattgefunden hat. Da ich aber das rücksichtslose Verhalten des Fahrzeuglenkers, der sich in keiner Weise um mich kümmerte, derart verärgert gewesen bin, entschloß ich mich, Anzeige über den Vorfall zu erstatten. Abschließend möchte ich nochmals ausdrücklich darauf hinweisen, daß der Beschuldigte sehr wohl in Kenntnis des Anfahrens gewesen ist, mit mir jedoch in keiner Weise Kontakt aufgenommen hat und schon gar nicht sich über mein Befinden bzw. über meine Verletzungen erkundigt hat.“
Die Art, wie die Zeugin das Verkehrsgeschehen, das zum Unfall geführt hatte, erlebt und geschildert hatte, stellt keinen Umstand dar, demzufolge sich die belangte Behörde hinsichtlich des Geschehens nach dem Unfall nicht auf die Aussage der Zeugin stützen hatte dürfen. Die belangte Behörde durfte davon ausgehen, daß das sich an den Unfall anschließende Geschehen in der Zeugenaussage eine schlüssige Darstellung gefunden hatte. Darin, daß die belangte Behörde diese unter Hinweis auf die gerichtliche Strafsanktion des § 289 StGB abgelegte Zeugenaussage in Ansehung des für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren maßgebenden Sachverhaltes dem angefochtenen Bescheid zugrunde legte, ist keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.
Im angefochtenen Bescheid wurde auch die Rechtslage nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO zutreffend dahin dargestellt, daß das nach dieser Bestimmung gebotene Anhalten nicht etwa lediglich ein durch den Unfall verkehrstechnisch bedingtes Anhalten, sondern das u.a. auf das Ziel der Mitwirkung an der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes gerichtete Anhalten zum Gegenstand hat. Die Auffassung der belangten Behörde, der - entsprechend der Aussage der Zeugin vom 1. Dezember 1987 - festgestellte Sachverhalt weise kein Anhalten im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. a StVO auf, ist - unabhängig von der in der Beschwerde angeführten örtlichen Nähe zwischen der Unfallstelle und dem Parkplatz des Gasthofes - frei von Rechtsirrtum.
Angesichts des von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise zugrunde gelegten Sachverhalt ist auch der Schuldspruch wegen des Unterlassens der sofortigen Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle nicht mit Rechtswidrigkeit belastet.
Aus den dargelegten Erwägungen war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Wien, am 28. Juni 1989
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1989:1988030173.X00Im RIS seit
05.10.2020Zuletzt aktualisiert am
05.10.2020