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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
GewO 1994 §74 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der M, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 23. März 2020, Zl. LVwG-851254/14/Bm/AK, betreffend Vorschreibung einer Auflage gemäß § 79 GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Braunau), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 27. Juni 2019 wurde der Revisionswerberin hinsichtlich der von ihr betriebenen Gaststättenbetriebsanlage gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 anlässlich von Lärmbeschwerden von Nachbarn zur Sicherstellung der Vermeidung erheblicher Belästigungen bzw. des Schutzes vor Gesundheitsgefährdungen der Nachbarn als zusätzliche Auflage vorgeschrieben, dass der Gastgarten lediglich bis 22:00 Uhr betrieben werden darf.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis änderte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) infolge der Beschwerde der Revisionswerberin die zusätzlich vorgeschriebene Auflage dahin ab, dass der Gastgarten bis 23:00 Uhr betrieben werden darf, und sprach aus, dass die Revision unzulässig sei.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, mit der ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden ist.
4 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
5 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu beurteilen. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichts auszugehen. Unter den „Annahmen des Verwaltungsgerichts“ sind die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Erkenntnis zu verstehen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen (vgl. etwa VwGH 8.10.2019, Ro 2019/04/0021, Rn. 12, mwN).
6 Dementsprechend ist davon auszugehen, dass durch den Betrieb der gegenständlichen Anlage in der zuletzt genehmigten Form nunmehr die gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind und von einer Gesundheitsgefährdung der Nachbarn durch den Betrieb in der bisher genehmigten Form auszugehen ist. Mit der im angefochtenen Erkenntnis bestimmten Beschränkung der Betriebszeit des Gastgartens soll der Schutz vor einer Gesundheitsgefährdung erreicht werden. Derartige Umstände indizieren das Vorliegen des Tatbestandsmerkmales „zwingender öffentlicher Interessen“ im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG, die somit schon allein der Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung entgegenstehen. Eine weitere Prüfung dahingehend, ob mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für die Revisionswerberin ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre, erübrigt sich daher (vgl. VwGH 8.3.2016, Ra 2015/04/0104, Rn. 6, mwN).
7 Unabhängig davon ist es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können - erforderlich, dass die Revisionswerberin schon in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt (vgl. wiederum VwGH 8.10.2019, Ro 2019/04/0021, Rn. 12, mwN).
8 Das diesbezügliche Vorbringen der Revisionswerberin beschränkt sich auf die nicht weiter substantiierte Aussage, dass bis zu einer zu erwartenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes die heurige, wegen der Covid-19-Pandemie gerade erste begonnene Gastgartensaison bereits wieder zu Ende sei. Mit diesem Vorbringen werden keine ausreichend konkreten Angaben zur Darlegung eines unverhältnismäßigen Nachteils gemäß § 30 Abs. 2 VwGG erstattet (vgl. etwa VwGH 15.3.2017, Ra 2017/04/0026, Rn. 6, mwN).
Wien, am 13. Juli 2020
Schlagworte
Zwingende öffentliche InteressenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020040087.L01Im RIS seit
07.10.2020Zuletzt aktualisiert am
07.10.2020