TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/6 96/20/0405

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.11.1997
beobachten
merken

Index

L65005 Jagd Wild Salzburg;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

JagdG Slbg 1993 §44;
JagdG Slbg 1993 §46;
WaffG 1986 §12 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke" Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des W in Arnsdorf, vertreten durch Dr. Brigitte Forster-Ascher, Rechtsanwalt in Salzburg, Ginzkeyplatz 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 31. März 1996, Zl. Wa-10.027/8/95, betreffend Verhängung eines Waffenverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dein Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen:

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 6. Februar 1995, mit den dem Beschwerdeführer der Besitz von Waffen und Munition verboten worden war, abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides lautet wie folgt:

"Begründung:

In Ihrer Berufung führen Sie aus, daß für die Verhängung des Waffenverbotes durch die belangte Behörde das in Ihren Augen dubiose Scheidungsverfahren ausschlaggebend war. Sie hätten Ihre geschiedene Ehefrau nicht geschlagen und seien auch nicht suizidgefährdet gewesen.

Sie seien seit 40 Jahren Inhaber der Jagdkarte und hätten

sich nie etwas zu schulden kommen lassen.

Dazu wird festgestellt:

Gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz hat die Behörde einer Person den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn Tatsachen. die Annahme rechtfertigen, daß diese Person durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

Es steht unbestritten fest, daß aufgrund eines am 12.5.1994 in den Abendstunden stattgefundenen Ehestreites das Einschreiten der Gendarmerie erforderlich war und es zu tatsächlichen Auseinandersetzungen gekommen sein dürfte, da sich Ihre Exfrau wegen eines Blutergusses am Auge und einer Schulterverletzung in ärztliche Behandlung begeben mußte.

Bei der amtsärztlichen Untersuchung im Gesundheitsamt hinsichtlich Ihrer Zuverlässigkeit wurde festgestellt, daß Ihr Persönlichkeitsbild auf eine paranoid-hysterische Persönlichkeit hinweist und eine hohe Selbstschädigungstendenz besteht. Charakteristisch dafür ist eine mangelnde Selbstkontrolle und Frustrationsintoleranz. Einsicht für die Störung besteht insgesamt nicht.

Über Ersuchen des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 13.4.1995 wurde vom Institut für forensische Psychiatrie am 1.6.1995 ein Neuropsychiatrisches Gutachten erstellt und konstatiert, daß aus neuropsychiatrischer Sicht eine (hirnorganisch bedingte) emotional-labile Störung und beginnende Hirnleistungsstörung besteht.

In den genannten Gutachten wird aus ärztlicher Sicht Ihre Zuverlässigkeit in Zweifel gestellt.

Am 9.2.1996 haben Sie sich einer weiteren Untersuchung unterzogen. Von Univ. Prof. Dr. W wurde ein psychiatrisches Gutachten abgegeben, wonach Sie als geistig gesund zu bezeichnen sind. Die aus dem Ehekonflikt resultierenden Symptome seien abgeklungen. Aus psychiatrischer Sicht bestünden keine Bedenken, Ihnen die Waffen wieder auszufolgen.

Wie bereits erwähnt, setzt § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1986 die gerechtfertigte Annahme der Gefahr eines Mißbrauches von Waffen voraus. Eine tatsächliche mißbräuchliche Verwendung von Waffen, durch die die öffentliche Sicherheit gefährdet wurde, muß nicht vorliegen. Es genügt vielmehr der Umstand, daß dies einer Person aufgrund konkreter Umstände zuzutrauen ist.

Wenngleich Sie im Gutachten vom 9.2.1996 als geistig gesund bezeichnet werden, dürfen die beiden vorangegangenen Untersuchungsergebnisse nicht außer acht gelassen werden.

Aufgrund Ihres gesamten bisher gezeigten Vorlebens kann nicht ausgeschlossen werden, daß Sie, insbesondere in Konfliktsituationen, eine Waffe mißbräuchlich verwenden könnten.

Die Behörde I. Instanz war bei Vorliegen dieses Sachverhaltes und der gegen Sie sprechenden Fakten im Einklang mit der diesbezüglichen strengen Auslegung des Waffengesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof geradezu verpflichtet, Ihnen den weiteren Besitz von Waffen und Munition zu verbieten.

Da auch Ihre sonstigen Berufungsausführungen nicht geeignet waren, eine für Sie günstigere Entscheidung herbeizuführen, war spruchgemäß zu entscheiden."

Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Gemäß § 67 AVG gilt dies auch für Bescheide einer Berufungsbehörde.

Mit der oben wiedergegebenen Bescheidbegründung wird die belangte Behörde diesen Erfordernissen nicht gerecht:

Hinsichtlich des Vorfalles vom 12. Mai 1994 wird als "unbestritten" festgestellt, damals sei aufgrund eines Ehestreites das Einschreiten der Gendarmerie erforderlich gewesen, woraus sich -abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer selbst einen der Intervention der Gendarmerie vorangegangenen Ehestreit zeitweise leugnete - jedoch keine weitreichenden, ein "Waffenverbot tragenden Schlüsse ziehen lassen. Die weitere Feststellung, wonach es '"zu tatsächlichen Auseinandersetzungen gekommen sein dürfte" (im Original nicht hervorgehoben), weil die damalige Ehegattin des Beschwerdeführers wegen eines Blutergusses und einer Schulterverletzung ärztlicher Behandlung bedurft habe, ist eine ausdrückliche Mutmaßung und für die Entscheidungsfindung daher nicht verwertbar, zumal die belangte Behörde" in deren Bescheid sich dazu nichts findet, in der Gegenschrift mitteilt, das Strafverfahren gegen. den Beschwerdeführer und seine damalige Ehegattin sei (nach dem Aktenvermerk über die im Oktober 1996 eingeholte Auskunft schon 1994) eingestellt worden.

Als sachverhaltsmäßige Grundlage für die getroffene Entscheidung verbleiben daher - abgesehen von der noch zu erörternden Bezugnahme auf das gesamte "Vorleben" des Beschwerdeführers - in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ausführungen über die Ergebnisse der medizinischen Untersuchungen des Beschwerdeführers.

Nach dem Inhalt dieser Ausführungen wurde bei einer amtsärztlichen Untersuchung zu einem nicht genannten Zeitpunkt (nach Aktenlage im Jänner 1995) zur "Zuverlässigkeit" des Beschwerdeführers festgestellt, sein Persönlichkeitsbild weise auf eine paranoid-hysterische Persönlichkeit hin, es bestehe eine hohe Selbstschädigungstendenz, charakteristisch hiefür sei eine mangelnde Selbstkontrolle und (eine) Frustrationsintoleranz, und eine Einsicht in die Störung bestehe insgesamt nicht. In einem am 1. Juni 1995 erstellten Gutachten des Institutes für forensische Psychiatrie wurde nach den Feststellungen der belangten Behörde konstatiert, es bestehe eine (hirnorganisch bedingte) emotionallabile Störung und beginnende Hirnleistungsstörung.

Die Ergebnisse dieser beiden Gutachten faßt die belangte Behörde mit den Worten zusammen, aus ärztlicher Sicht sei die "Zuverlässigkeit" des Beschwerdeführers "in Zweifel gestellt" worden. Wenn das im Februar 1996 erstellte psychiatrische Gutachten eines Universitätsprofessors zum Ergebnis gekommen sei, der Beschwerdeführer sei geistig gesund, die aus seinem Ehekonflikt resultierenden Symptome seien abgeklungen und aus psychiatrischer Sicht bestünden keine Bedenken, ihm die Waffen (richtig nur: seine Jagdwaffen) wieder auszufolgen, so dürften "die beiden vorangegangenen Untersuchungsergebnisse nicht außer acht gelassen werden".

Diese Ausführungen enthalten nicht einmal ansatzweise den Versuch, die (auch nur kursorisch zusammengefaßten) Inhalte der Gutachten zueinander in Beziehung zu setzen und auf ihrer Grundlage Tatsachen festzustellen, die eine Subsumtion des Sachverhaltes unter § 12 Abs. 1 WaffG 1986, auf den die belangte Behörde ihre Entscheidung gestützt hat, ermöglichen würden. Es wird weder dargetan, daß und aus welchen Gründen das zuletzt erstattete Gutachten, das sich gerade auch auf den Zeitabstand zu den konfliktauslösenden Ereignissen stützt angesichts der früheren Begutachtungen nicht zu überzeugen vermöge, noch wird in nachvollziehbarer Weise begründet, warum die vom Gesetz als Voraussetzung für ein Waffenverbot im § 12 Abs. 1 WaffG 1986 geforderte, auf bestimmte Tatsachen gestützte Annahme, der Beschwerdeführer könnte durch die mißbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden, auch unter der Voraussetzung, die Schlußfolgerungen des Gutachtens vom Februar 1996 seien hinreichend abgesichert und überzeugend, noch berechtigt sei.

In der zuletzt genannten Hinsicht verweist die belangte Behörde auf das "gesamte bisher gezeigte Vorleben" des Beschwerdeführers, aus dem sie - ohne nähere Ableitung - den Schluß zieht, es könne nicht ausgeschlossen werden, der Beschwerdeführer könnte "insbesondere in Konfliktsituationen eine Waffe mißbräuchlich verwenden".

Eine taugliche Begründung für die gefällte Entscheidung ist dies schon deshalb nicht, weil über das "Vorleben" des Beschwerdeführers - abgesehen von den schon erörterten Ausführungen über den Vorfall am 12. Mai 1994 -von der belangten Behörde keine Feststellungen getroffen werden. Darüber hinaus war es aber gerade das jahrzehntelang unauffällige Vorleben des Beschwerdeführers, durch das sich die belangte Behörde nach dem Inhalt der vorgelegten Akten am 17. Februar 1995 zu dem Erhebungsauftrag veranlaßt sah, der Amtsarzt möge eine Stellungnahme darüber abgeben, ob das Verhalten des Beschwerdeführers aus dessen Scheidung resultiere und somit jetzt überwunden sein könnte, oder ob der Beschwerdeführer unabhängig von seiner damaligen Situation als paranoid-hysterische Persönlichkeit anzusehen sei, und weshalb er diesfalls bis zur Zerrüttung seiner Ehe offenbar unauffällig geblieben sei. Auf das "gesamte bisher gezeigte Vorleben" des Beschwerdeführers läßt sich die Verhängung des Waffenverbotes demnach nicht stützen.

Damit ergibt sich insgesamt, daß es die belangte Behörde verabsäumt hat, sich mit den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens im angefochtenen Bescheid konkret auseinanderzusetzen, den wesentlichen Sachverhalt festzustellen und nachvollziehbar zu begründen, wie sie zu ihrer Entscheidung gelangt ist.

Der angefochtene Bescheid war aus diesen in der Beschwerde richtig aufgezeigten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Für das fortzusetzende Verfahren sei auf folgendes hingewiesen:

Die Verhängung eines Waffenverbotes setzt nach § 12 Abs. 1 WaffG 1986 voraus, daß Tatsachen die Annahme rechtfertigen, die betreffende Person könnte durch die mißbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden. Diese Voraussetzungen sind auch in bezug auf den vergleichbaren Tatbestand des § 6 Abs. 1 Z. 1 WaffG 1986 strenger als diejenigen für die Verneinung der waffenrechtlichen Verläßlichkeit einer Person. Mit mangelnder "Zuverlässigkeit" läßt sich ein Waffenverbot daher nicht begründen.

Im vorliegenden Fall war die Amtsärztin von der Behörde erster Instanz am 12. Oktober 1994 ersucht wurden, aus medizinischer Sicht zu beurteilen, ob die (nicht angeführten) "Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbotes sowie die Entziehung der Salzburger Jahresjagdkarte und des Beeidetenausweises vorliegen". Nach § 46 des Salzburger Jagdgesetzes 1993, LGBl. Nr. 100/1993, ist die Jahresjagdkarte zu entziehen, wenn ein Verweigerungsgrund gemäß S 44 dieses Gesetzes vorliegt. Zu diesen Verweigerungsgründen zählt unter anderem das Vorliegen von Tatsachen, "die die Annahme rechtfertigen, daß" die betreffenden Personen "durch Verwendung von Jagdwaffen oder auf andere Weise die öffentliche Sicherheit gefährden werden (z.B. andere als in der Z. 1 genannte Verurteilungen, körperliche oder geistige Mängel u.dgl.)". Auch diese Voraussetzungen schließen diejenigen für die Verhängung eines Waffenverbotes nicht in sich. In ihrem Gutachten vom 26. Jänner 1995 kam die Amtsärztin zum Ergebnis, der Beschwerdeführer sei "im Sinne des Waffengesetzes nicht als verläßlich anzusehen, da aufgrund der beschriebenen Persönlichkeitsstörungen eine mißbräuchliche oder leichtfertige (im Original nicht hervorgehoben) Verwendung von Waffen nicht ausgeschlossen werden kann".

Das Gutachten. vom 1. Juni 1995 wurde seinem Inhalt zufolge im Verfahren über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Entzug der Jahresjagdkarte und die Enthebung in der Funktion als Jagdschutzorgan vom Amt der Salzburger Landesregierung zu den Fragen eingeholt, ob beim Beschwerdeführer der schon dargestellte Entziehungstatbestand nach dem Salzburger Jagdgesetz 1993 gegeben sei, nach seinem bisherigen Verhalten die Gewähr für eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Ausübung der Jagd geboten sei (widrigenfalls die Jahresjagdkarte nach § 44 Abs. 1 Z: 1 iVm § 46 Abs. 1 Salzburger Jagdgesetz 1993 gleichfalls zu entziehen ist), und ob er die erforderliche geistige Eignung im Sinne des § 2 Salzburger Landes-Wacheorgangesetz 1977 besitze. Das Gutachten geht im Befund auch ausführlich auf den Waffenakt des Beschwerdeführers ein und beantwortet die voran Amt der Salzburger Landesregierung gestellten, nicht das Waffengesetz betreffenden Fragen schließlich dahingehend, der Beschwerdeführer sei "als nicht mehr verläßlich im Sinne des Waffengesetzes" zu bezeichnen.

Mit dem schon erwähnten Erhebungsauftrag der belangten Behörde vom 17. Februar 1995 war die Behörde erster Instanz auch aufgefordert worden, dem Amtsarzt zur Kenntnis zu bringen, "daß die Beurteilung der Verläßlichkeit der Behörde und nicht dem Amtsarzt als Sachverständigen obliegt". Die Amtsärztin hatte zum Verhältnis des unauffälligen Vorlebens des Beschwerdeführers zu seinem Verhalten im Scheidungskonflikt, den sie "lediglich" als "Anlaß" für ein derartiges Verhalten wertete, und zur Frage der Wiederholbarkeit solcher Situationen am 13. März 1995 Stellung genommen (im angefochtenen Bescheid nicht erwähnt). Am 7. November 1995 hatte die belangte Behörde die Behörde erster Instanz beauftragt, den Beschwerdeführer einer psychiatrischen Untersuchung zuzuführen, "um festzustellen, ob der Genannte im Stande ist, die mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren einzusehen und sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten, bzw. um festzustellen, ob es ausgeschlossen werden kann, daß W. Waffen mißbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder mit ihnen unvorsichtig umgehen werde" (im Original ohne Hervorhebungen). Von dieser Begutachtung wurde im Hinblick auf das im jagdrechtlichen Verfahren eingeholte Gutachten nach dessen Beischaffung abgesehen.

Das Gutachten vom Februar 1996 legte der Beschwerdeführer mit der Erklärung vor, er habe sich ihm "über Auftrag der Salzburger Landesregierung" stellen müssen. Nach dem Inhalt des Gutachtens wurde es "über die psychische Zuverlässigkeit" des Beschwerdeführers "bezüglich Besitz von Jagdwaffen" erstellt. Es sei "vor zwei Tagen eine Berufungsverhandlung" gewesen und man habe vom Beschwerdeführer "ein ärztliches Attest" verlangt. Das sehr kurz gehaltende Gutachten beruht auf einer Untersuchung des Beschwerdeführers, bezieht den Inhalt der Verwaltungsakten und die darin dokumentierten Vorgänge aber nicht ein. In bezug auf diese Vorgänge beruht das Gutachten auf einer kurz zusammengefaßten Darstellung der Ereignisse durch den Beschwerdeführer. Das vom Gutachter verwendete Computertomogramm war das im Gutachten vom 1. Juni 1995 als "noch unauffällig" bezeichnete.

Aus diesen Akteninhalten ergibt sich, daß eine an den strengen Voraussetzungen für die Verhängung eines Waffenverbotes orientierte Begutachtung ihres faktischen Vorliegens bisher nicht stattgefunden hat und von den Behörden des Verwaltungsverfahrens - in teilweise eindeutiger Verkennung der Unterschiede in den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Z. 1 WaffG 1986 einerseits und das § 12 Abs. 1 dieses Gesetzes andererseits - auch in keinem der beschriebenen Zusammenhänge konkret angefordert wurde. Hierauf wird die belangte Behörde bei allfälligen weiteren Ermittlungsschritten und jedenfalls in der Begründung des Ersatzbescheides Bedacht zu nehmen haben.

Im Falle weiterer Untersuchungen des Beschwerdeführers wird auch zu berücksichtigen sein, daß die etwa im amtsärztlichen Befund vom 26. Jänner 1995 erwähnte "bekannte mnestische Störung im Mai 1994", wenn man den Angaben des Beschwerdeführers subjektive Aufrichtigkeit unterstellt, nach dem Akteninhalt nicht die einzige derartige Störung war. In bezug auf den Vorfall am 12. Mai 1994 hatte der Beschwerdeführer wiederholt angegeben, sich wegen Kopfschmerzen zu Bett begeben und an die weiteren Vorfälle:

keine Erinnerung zu haben (was ihn nicht hinderte, in einer von ihm vorgelegten Eingabe an den damaligen Bundesminister Löschnak von einer "geringfügigen beiderseitigen Tätlichkeit" zu sprechen). Späteren Aktenstücken ist zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer sich seit seiner Scheidung am 30. August 1994 vor allem dadurch benachteiligt fühlt, daß seiner früheren Ehegattin im Scheidungsvergleich ein Betrag von S 200.000,-zugesprochen wurde, wozu der Beschwerdeführer unter anderem in Eingaben an das Gericht (am 5. Oktober 1994) und an die Staatsanwaltschaft Salzburg (am 16. Jänner 1995, das Verhalten seiner geschiedenen Gattin betreffend, und an 22: Juni 1995, das Verhalten des Richters betreffend) vortrug, er habe dies in der Verhandlung nicht mitbekommen und sei völlig überrascht gewesen, als er etwa einen Monat nach dem Scheidungstermin durch Zusendung einer Vergleichsausfertigung von dieser Zahlungsverpflichtung erfahren habe. Nach dem Inhalt der vorliegenden Akten hatte sich der Beschwerdeführer in einem am 31. August 1994 verfaßten Schreiben an einen Mitarbeiter des außergerichtlichen Tatausgleiches noch darauf berufen, bei der am Vortag erfolgten Scheidung seiner "Ehe mit der slowakischen Prostituierten Christina W." sei dieser "eine Abfindung von S 200.000,-- zugesprochen" worden, in der "auch der Vorfall vom 12. Mai 1994 inkludiert" sei und mit der alle Ansprüche abgegolten seien. Auch in dem am selben Tag verfaßten Schreiben an den damaligen Bundesminister Löschnak - die vom Beschwerdeführer angeregte Ausweisung seiner geschiedenen Gattin betreffend - hatte er die "Abfertigungssumme von S 200.000,--" erwähnt, die von ihm erpreßt worden sei, weil er sich wegen der hohen Kosten nicht auf einen aufwendigen Scheidungsprozeß hätte einlassen können. Die späteren Eingaben scheinen vorauszusetzen, daß das Wissen um diesen für den Beschwerdeführer so einschneidenden Vorgang in der Folge verloren ging und erst durch die Zusendung der Vergleichsausfertigung wieder erlangt wurde. In bezug auf das Waffenverbot vertrat der Beschwerdeführer zunächst die Auffassung, es handle sich um eine Vergeltungsmaßnahme dafür, daß er sich gegen den Zahlungsanspruch, dem er nie zugestimmt habe, nachträglich aufgelehnt habe (Stellungnahme vom 31. Jänner 1995). In späteren Eingaben heißt es, der Richter habe die Einleitung des Waffenverbotsverfahrens durch einen schriftlichen Antrag vom 10. November 1994 herbeigeführt, um ein dem Beschwerdeführer im unmittelbaren Anschluß an den Scheidungstermin mißbräuchlich abgerungenes Versprechen, die Waffen zu seiner Tochter zu bringen, im nachhinein zu legalisieren (Eingaben an die belangte Behörde vom 20. Februar 1995, an den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom 12. April 1995 und an die Staatsanwaltschaft Salzburg vom 22. Juni 1995). Die Einleitung des Verfahrens zur Entziehung der Jagdkarte und der Erlassung eines Waffenverbotes hatte der Beschwerdeführer aber schon am 28. Juni 1994 niederschriftlich zur Kenntnis genommen. Auf eine Beeinträchtigung der Wahrnehmungsfähigkeit des in seiner früheren Berufstätigkeit als Kommandant eines Gendarmeriepostens tätigen Beschwerdeführers könnte schließlich auch der Umstand hindeuten, daß er seit der Vorlage einer Kopie der Scheidungswiderklage seiner früheren Ehegattin durch diese und der Einräumung des rechtlichen Gehörs dazu - offenbar im Hinblick auf den als solchen klar erkennbaren Urteilsantrag davon spricht, seine frühere Ehegattin habe ein "fingiertes Scheidungsurteil vorgelegt", das "eine Täuschung der Behörde" sei (Stellungnahmen vom 17. April 1995 und 18. April 19951 und daß er die ihm am 15. Jänner 1996 vorgehaltenen Gutachtensinhalte als Ausführungen der belangten Behörde verstand (Stellungnahme vom 19. Jänner 1996).

Neben diesen und anderen Details der den Konfliktstoff betreffenden Vorgänge, die in die allenfalls fachärztlich unterstützte Beurteilung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers jedenfalls einzubeziehen sein werden, wird sich die belangte Behörde aber auch damit auseinanderzusetzen haben, ob und gegebenenfalls mit welchem Ergebnis sie sich über die völlig unzureichende Mutmaßung im angefochtenen Bescheid hinaus - trotz der inzwischen verstrichenen Zeit noch in der Lage sieht, die Frage der im Zuge der Scheidungsauseinandersetzungen vom Beschwerdeführer bewiesenen Gewaltbereitschaft einer Klärung zuzuführen. In dieser Einsicht ist einerseits auf den Vorfall vom 12. Mai 1994 und die nicht nur diesen (und den dabei angeblich ins Spiel gekommenen Waffenschrank), sondern auch eine behauptete spätere, mit dem waffenrechtlichen Verfahren zusammenhängende Drohung des Beschwerdeführers betreffende, in der Beschwerde bekämpfte Aussage seiner geschiedenen Ehegattin vom 3. März 1995 zu verweisen. Andererseits wird darauf einzugehen sein, daß der Beschwerdeführer in allen Eingaben zu diesem Thema betont hat, daß ihm der Gedanke an den Einsatz von Waffen in persönlichen Auseinandersetzungen fern liege, er den Waffengebrauch schon in seiner früheren Berufstätigkeit zu vermeiden gewußt habe, er kein Waffennarr sei, ihm seine Faustfeuerwaffen gar nicht so wichtig seien und er vor allem die Jagd wieder ausüben wolle. Ob dem auf feststellbare Tatsachen gegründete Annahmen im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG 1986 entgegenstehen, wird nicht nur vom Gesundheitszustand des Beschwerdeführers, sondern auch vom Ergebnis der beweiswürdigenden Auseinandersetzung mit den Behauptungen und Gegenbehauptungen über sein Verhalten in den der Scheidung vorausgegangen Konflikten abhängen. Sollte sich dabei ergeben, daß der Beschwerdeführer im Zuge dieser Auseinandersetzungen in einem unter dem Gesichtspunkt des § 12 Abs. 1 WaffG 1986 relevanten Ausmaß die Neigung zur Anwendung von Gewalt erkennen ließ, so wäre bloß daraus, daß die Ehe inzwischen geschieden ist, selbst unter der zusätzlichen Voraussetzung, daß der Konflikt keine Nachwirkungen mehr zeitigen würde, für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Für derartige Fälle hat der Verwaltungsgerichtshof nämlich schon ausgesprochen, es sei darauf Bedacht zu nehmen, daß die betroffene Person auch in Konfliktsituationen ganz anderer Art mit Gewalt reagieren könnte (vgl. dazu im einzelnen das Erkenntnis vom 27. April 1994, Z1. 93/01/0337). Der Befürchtung, es könnte auch ohne Vorliegen einer Ausnahmesituation zum Mißbrauch einer Waffe kommen, bedarf es für die Verhängung eines Waffenverbotes nicht (vgl. dazu das Erkenntnis vom 23. Jänner 1997, Z1. 97/20/0019).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 6. November 1977

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996200405.X00

Im RIS seit

25.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten