TE Vwgh Beschluss 2020/8/27 Ra 2019/21/0083

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Veröffentlicht am 27.08.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs4
VStG §37 Abs1
VStG §37 Abs2
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §34 Abs1a

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant und die Hofrätin Dr. Julcher sowie den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision der Landespolizeidirektion Niederösterreich gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 18. Februar 2019, LVwG-S-160/001-2019, betreffend Beschlagnahme in einem Strafverfahren nach dem FPG (mitbeteiligte Partei: P M in T [G], vertreten durch Nikolaus Boos, MBA, Rechtsanwalt in 70736 Fellbach [Deutschland], Porschestraße 6), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich (im Folgenden: LPD) vom 12. Dezember 2018 wurde dem Mitbeteiligten, einem georgischen Staatsangehörigen, gemäß § 37 Abs. 1 VStG der Erlag einer Sicherheit in Höhe von € 450,-- aufgetragen, weil nach Zurückweisung in sein Heimatland „ein Abschluss des ggst. Verwaltungsstrafverfahrens [wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 27a Abs. 1 iVm § 120 Abs. 1c und 10 FPG] sowie eine Strafvollstreckung unmöglich sein werden“ (siehe dazu das Erkenntnis VwGH 27.8.2020, Ra 2019/21/0079).

2        Mit weiterem Bescheid der LPD vom 12. Dezember 2018 wurde gemäß § 37 Abs. 2 VStG die Beschlagnahme eines Bargeldbetrages von € 450,-- angeordnet.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der gegen den zuletzt genannten Bescheid erhobenen Beschwerde statt, indem es ihn ersatzlos behob.

4        Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dass „grundsätzlich nur körperliche Gegenstände der Beschlagnahme nach § 37 zugänglich sind, welche in weiterer Folge nach deren Verfall auch verwertet werden können, nicht jedoch Geld“. Da die Beschlagnahme eines Geldbetrages somit nicht auf § 37 VStG gestützt werden könne und auch das Fremdenpolizeigesetz keine Rechtsgrundlage dafür biete, sei der angefochtene Bescheid aufzuheben gewesen.

5        Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6        Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG „nicht zur Behandlung eignen“, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

8        Die Amtsrevision bringt unter diesem Gesichtspunkt wörtlich Folgendes vor:

„Dem Erkenntnis des LVwG Niederösterreich kommt im Hinblick auf die Anwendung der Regeln für die Einhebung von Sicherheitsleistungen und damit von wesentlichen Verfahrensbestimmungen des Verwaltungsstrafrechtes grundsätzliche Bedeutung zu. Darüber hinaus kommt der Entscheidung grundsätzliche Bedeutung zu, weil eine derartige Auslegung der angeführten Verfahrensbestimmungen nach Ansicht der Beschwerdeführerin zu einer weitgehenden Unanwendbarkeit des Rechtsinstrumentes der Sicherheitsleistung führen könnte, was den Intentionen des Gesetzgebers im Sinne des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2013, BGBl I 33/2013 entgegenstehen würde und den Zweck der Regelung durchkreuzte.

Weiters widerspricht das Erkenntnis des LVwG Niederösterreich auch der Judikatur des VwGH der in keiner seiner Entscheidungen Zweifel daran aufkommen hat lassen, dass eine Sicherheitsleistung auch in Geld erlegt werden kann.“

9        Im angefochtenen Erkenntnis geht es aber nicht um eine Sicherheitsleistung - die gemäß § 37 Abs. 1 VStG selbstverständlich in Geld zu erfolgen hat, sofern nicht ein Pfand bestellt oder ein Bürge namhaft gemacht wird - und insbesondere nicht um deren Einhebung, sondern um eine wegen mangelnder Befolgung des Auftrags zur Sicherheitsleistung (überflüssigerweise) angeordnete Beschlagnahme von Bargeld. Die Revision enthält - auch in den Revisionsgründen - keinerlei Ausführungen dazu, warum die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass eine Beschlagnahme von Bargeld nach § 37 Abs. 2 VStG nicht zulässig sei, der Rechtslage bzw. der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerspreche, ja sie nimmt - sieht man von der wörtlichen Zitierung einer Passage aus dem angefochtenen Erkenntnis ab - auf die Beschlagnahme überhaupt nicht Bezug.

10       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG - nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde - zurückzuweisen.

Wien, am 27. August 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019210083.L00

Im RIS seit

12.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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