TE Vwgh Beschluss 2020/9/10 Ra 2019/01/0423

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Veröffentlicht am 10.09.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des S S in W, vertreten durch Mag. Claudia Fessler, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. September 2019, Zl. W257 1437828-2/9E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache dem Revisionswerber, einem Staatsangehörigen Afghanistans, der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 aberkannt (I.), die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen (II.), sein Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 abgewiesen (III.), kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (IV.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (V.), festgestellt, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei (VI.) und eine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt (VII.). Weiters sprach das BVwG aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

2        Begründend führte das BVwG auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass sich die individuellen Umstände des Revisionswerbers seit der Zuerkennung von subsidiärem Schutz beziehungsweise der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung geändert hätten. Der Revisionswerber stehe nunmehr in Kontakt mit seiner Familie und habe an Lebens- und Berufserfahrung gewonnen, wodurch er selbsterhaltungsfähig geworden sei. Ihm stehe eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative unter anderem in Mazar-e Sharif zur Verfügung.

3        Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Mit Erkenntnis vom 8. Juni 2020, E 4019/2019-17, hob der VfGH die Entscheidung hinsichtlich der Rückkehrentscheidung samt rechtlich davon abhängenden Spruchpunkten (V. bis VII.) auf, lehnte die Behandlung der Beschwerde im Übrigen ab und trat die Beschwerde insoweit gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

4        Sodann erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof, die sich nach den ausgewiesenen Revisionspunkten gegen die Spruchpunkte I. bis IV. richtet.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen hat das BVwG näher dargelegt, warum es davon ausgeht, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Hinblick auf die Änderung der subjektiven Lage des Revisionswerbers nach dem Zeitpunkt der zuletzt erfolgten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005, nicht mehr vorliegen würden (vgl. VwGH 29.6.2020, Ra 2020/01/0182, mwN). Dass sich das BVwG bei dieser Beurteilung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfernt hätte, zeigt die Revision nicht auf (vgl. zur Aberkennung von subsidiärem Schutz gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 ausführlich VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0153).

9        Soweit die Revision behauptet, es bestehe kein Kontakt zur Familie des Revisionswerbers, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt (vgl. zum Nichtvorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung bei einer Entfernung vom festgestellten Sachverhalt etwa VwGH 24.3.2020, Ra 2019/01/0194, mwN). Dass die diesbezügliche Beweiswürdigung in einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen wurde, legt die Revision nicht dar (vgl. zum diesbezüglichen Prüfmaßstab VwGH 27.7.2020, Ra 2020/01/0130, mwN).

10       Darüber hinaus wendet sich die Revision gegen die Annahme des BVwG, dem Revisionswerber stehe eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative (IFA) zur Verfügung. Sie legt jedoch nicht dar, dass sich das BVwG bei seiner diesbezüglichen Beurteilung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfernt hätte (vgl. zur Zumutbarkeit der IFA als Entscheidung im Einzelfall etwa VwGH 29.6.2020, Ra 2020/01/0182, mwN).

11       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 10. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019010423.L00

Im RIS seit

20.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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