Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch den Richter Dr. Winsauer als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Hemetsberger und Mag. Kuranda in der Strafvollzugssache des S***** P***** wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes gemäß § 133a Abs 1 StVG über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 5. August 2020, 46 BE 96/20m-11, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
begründung:
Der serbische Staatsangehörige S***** P***** verbüßt in der Justizanstalt Salzburg eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Jahren und 6 Monaten, die über ihn mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 19. September 2019, 29 Hv 41/19a wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 5. Fall und Abs 4 Z 3 SMG verhängt worden war. Nach diesem Schuldspruch hat S***** P***** am 1. Juli 2019 in Salzburg gemeinsam mit M***** K***** als Mittäter einem verdeckten Ermittler des Bundeskriminalamts vorschriftswidrig insgesamt 467,4 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 47% (daher zumindest 219 Gramm Reinsubstanz Heroin), sohin Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, zum Preis von EUR 13.000,00 verkauft und somit einem anderen überlassen.
Das voraussichtliche urteilsmäßige Strafende ist der 30. Dezember 2021 (§ 148 Abs 2 StVG). Der frühestmögliche Zeitpunkt für ein vorläufiges Absehen vom Strafvollzug nach § 133a StVG ist der 1. Oktober 2020; zwei Drittel der Strafzeit wird der Strafgefangene voraussichtlich am 1. März 2021 verbüßt haben (ON 7).
Das Landesgericht Salzburg hatte bereits mit (rechtskräftigem) Beschluss vom 14. Juli 2020, 46 BE 92/20y die bedingte Entlassung des Strafgefangenen aus generalpräventiven Gründen abgelehnt (ON 10). Mit dem angefochtenen Beschluss sieht das Landesgericht Salzburg auf Grund des Antrags des Strafgefangenen vom 24. Juni 2020 (ON 2) vom weiteren Vollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes nach § 133a StVG mit Wirkung vom 15. Jänner 2021 vorläufig ab (ON 11).
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Strafgefangenen, mit der er ein vorläufiges Absehen vom Strafvollzug nach § 133a StVG bereits mit 1. Oktober 2020 anstrebt (ON 14).
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft nicht geäußert hat, ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Grundsätzlich ist anzumerken, dass entgegen der Meinung des Erstgerichts mit Blick auf eine möglichst zeitnahe und damit auf aktuellen Grundlagen basierende Entscheidung für ein Absehen nach § 133a StVG die Bestimmung des § 152 Abs 1 fünfter Satz StVG analog anzuwenden ist (vgl Pieber in Höpfel/Ratz, WK2 StVG § 133a Rz 25 mwN). Da der Beschluss des Vollzugsgerichts jedoch nur vom Strafgefangenen zu seinen Gunsten angefochten wurde, hat dieser Aspekt bei Beurteilung der angefochtenen Entscheidung außer Betracht zu bleiben.
Gemäß § 133a Abs 1 StVG ist nach Verbüßung der Hälfte der Strafzeit, mindestens aber drei Monaten, vom weiteren Vollzug der Strafe vorläufig abzusehen, wenn gegen den Verurteilten ein Aufenthaltsverbot besteht (Z 1), er sich bereit erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung in den Herkunftsstaat unverzüglich nachzukommen, zu erwarten ist, dass er dieser Verpflichtung auch nachkommen wird (Z 2), und der Ausreise keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegen stehen (Z 3). Hat der Verurteilte die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt, so ist gemäß § 133a Abs 2 StVG trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 so lange vorläufig nicht vom weiteren Vollzug der Strafe abzusehen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Zutreffend hat das Erstgericht dargelegt, dass generalpräventive Erwägungen jedenfalls unter dem zeitlichen Aspekt des § 152 Abs 1 fünfter Fall StVG einem Vorgehen nach § 133a Abs 1 StVG entgegenstehen. Die dem Strafvollzug zugrunde liegende strafbare Handlung ist der schweren Suchtmittelkriminalität zuzuordnen. Nach den Urteilsfeststellungen hat der Strafgefangene eine der 73-fachen Grenzmenge (§ 28b SMG) entsprechende Menge Heroin anderen überlassen. Suchtmitteldelinquenz dieser Art stellt eine erhebliche Gefahr für die Gesellschaft dar, weswegen auch beträchtliche staatliche Mittel zur Bekämpfung dieser Kriminalitätsform aufgewendet werden. Gerade bei derartigen Taten ist es geboten, potenziellen Tätern das Unrecht solcher Straftaten durch eine spürbare Dauer des Vollzugs deutlich vor Augen zu führen. Eine entsprechende Sanktion ist zudem erforderlich, um das Vertrauen der rechtstreuen Bevölkerung in die schützende Funktion der Strafrechtspflege zu stärken.
Die vom Strafgefangenen gegen die erstgerichtliche Entscheidung ins Treffen geführten Argumente gehen überwiegend an den nach § 133a Abs 2 StVG maßgeblichen Kriterien vorbei. Sie betreffen teils die Voraussetzungen nach § 133a Abs 1 StVG, die vom Erstgericht ohnedies bejaht wurden, teils betreffen sie – nicht maßgebliche - spezialpräventive Erwägungen.
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
Textnummer
EL0000294European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0459:2020:0090BS00214.20I.0921.000Im RIS seit
06.10.2020Zuletzt aktualisiert am
06.10.2020