TE Lvwg Beschluss 2020/6/3 VGW-101/020/5133/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.06.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

03.06.2020

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art. 132 Abs3
VwGVG 2014 §8 Abs1

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schopf über die Säumnisbeschwerde des Herrn A. B. gegen die Landespolizeidirektion Wien den

BESCHLUSS

gefasst:

I. Die Säumnisbeschwerde wird gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Begründung

Mit an das Verwaltungsgericht gerichtetem Schreiben vom 28.04.2020 brachte der Beschwerdeführer gegen die Landespolizeidirektion Wien als belangte Behörde eine Säumnisbeschwerde ein und stellte unter Einem den Antrag auf Weiterleitung des Schreibens an diese.

Zur Begründung wurde vorgebracht, der Beschwerdeführer habe mit schriftlichem Antrag vom 19.08.2019 (nach angeschlossener und verwiesener Beilage eins festgehalten in einem „AV.v. 19.August 2019“ mit dem Wortlaut „Vormerkungs-Liste nach VStG von LPD-Wien“ (unleserlich) „abverlangt!“) formgerecht das Begehren um Feststellung und Mitteilung von noch nicht beglichenen Verwaltungsstrafbeträgen und Abgabenbeträgen gestellt. Das Begehren sei schriftlich recommandiert bei der Post zur Aufgabe gebracht und in das Rechtsmittelbuch der Justizanstalt C. eingetragen und somit amtlich vermerkt worden. Innerhalb von nunmehr abgelaufenen sechs Monaten habe es die Behörde verabsäumt, über das Begehren zu entscheiden. Nach Ausführungen zu den erfüllten Inhaltserfordernissen und zur Einbringung, verbunden mit einem Antrag auf Weiterleitung, wurde der Antrag gestellt, das Verwaltungsgericht möge nach Verstreichen der Nachholfrist in der Sache selbst im Sinne des Begehrens entscheiden bzw. die von der belangten Behörde begehrten Feststellung treffen.

Mit verfahrensleitendem Beschluss vom 06.05.2020, VGW-101/020/5133/2020-3 wurde diese Säumnisbeschwerde an die Landespolizeidirektion Wien weitergeleitet und der Beschwerdeführer darüber in Kenntnis gesetzt.

Am 02.06.2020 teilte die belangte Behörde dem Verwaltungsgericht Wien schriftlich mit, dass dem Auskunftsersuchen des Beschwerdeführers vollinhaltlich entsprochen worden sei. Die Behörde hat, nach dem Inhalt des an den Beschwerdeführer gerichteten Schreibens nach Abfrage im Protokollierungssystem der Landespolizeidirektion Wien konkret bezeichnete offene Verwaltungsstrafverfahren beziehungsweise Verwaltungsvollstreckungsverfahren bekanntgegeben.

Das an die belangte Behörde gerichtete Schreiben des Beschwerdeführers wegen „Eintragungen im Verwaltungsstrafregister“, mit welchem der Antrag „um Bekanntgabe von verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen gem. § 55 VStG“ gestellt wurde, hat folgenden Wortlaut:

„In umseits rubrizierter Verwaltungsstrafsache wird umseits rubrizierter Antrag gestellt und kurz begründet wie folgt:

Ich verbüße derzeit eine gerichtliche Freiheitsstrafe und lässt sich das Strafende (Entlassung 145 StVG) mit … 2020 berechnen. Gegenständlicher Antrag soll dahingehend verstanden werden, als mir bekannt gegeben wird, welche Verwaltungsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen noch zu vollstrecken sind um entsprechende rechtliche Vorkehrungen treffen zu können.

A. B.“

Anschließend sind 11 Geschäftszahlen angeführt.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

Gemäß Art. 132 Abs. 3 B-VG kann wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt zu sein behauptet.

Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im bereits im Erkenntnis vom 13. September 2016, Ra 2015/03/0038, zum Ausdruck gebracht hat, haben die Verwaltungsgerichte gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. dazu insbesondere VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063). Da der erteilten Auskunft als bloßer Wissenserklärung kein Bescheidcharakter zukommt, kann eine Auskunft selbst nicht Gegenstand des in der Sache zu treffenden Spruchs des Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichts sein. Das Verwaltungsgericht ist allein zu der spruchmäßigen Feststellung zuständig, dass die mit einem Auskunftsbegehren befasste Behörde eine Auskunft zu Recht oder zu Unrecht verweigert hat. Gelangt das Verwaltungsgericht zu der Auffassung, dass die belangte Behörde die Auskunft zu Unrecht verweigert hat, so kann es lediglich diesen (feststellenden Ausspruch) treffen.

Der Antrag eines Auskunftswerbers auf Erteilung einer Auskunft ist auf ein faktisches Verhalten der Behörde gerichtet und damit auf die Setzung eines Realakts,

Aus dem Titel der Verletzung der Entscheidungspflicht kann das Verwaltungsgericht nur dann angerufen werden, wenn eine Behörde mit einer gegenüber der Partei zu erlassenden Sachentscheidung in Verzug geblieben ist. Ein tatsächliches Verhalten (Realakt), wie die Erteilung einer Auskunft, kann vom Verwaltungsgericht in Stattgebung der Säumnisbeschwerde nicht anstelle der Behörde gesetzt werden. Wird im Säumnisbeschwerdeverfahren vom Verwaltungsgericht keine Auskunft, sondern die Feststellung, dass die Erteilung der beantragten Auskunft gemäß Auskunftspflichtgesetz zu Unrecht verweigert wurde (Rechtsakt) begehrt, hat die auskunftswerbende Person einen Rechtsanspruch auf bescheidmäßige Erledigung eines solchen Antrags. Erlässt die Behörde diesen Bescheid innerhalb der Entscheidungsfrist nicht, ist sie mit einer Sachentscheidung und nicht mit der Setzung eines Realaktes in Verzug. Dieser Umstand führt zur Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde in solchen Fällen (vgl. dazu VwGH 24.05.2018, Ro 2017/07/0026).

Gegenständlich begehrt der Beschwerdeführer im Rahmen der vorliegenden Säumnisbeschwerde, das Verwaltungsgericht möge „nach Verstreichen der Nachholfrist durch die belangte Behörde in der Sache selbst im Sinne meines Begehrens entscheiden bzw. die Feststellungen – wie begehrt an die belangte Behörde – treffen“.

Ausgehend vom oben zitierten Wortlaut des der Säumnisbeschwerde zu Grunde liegenden Antrages wird damit im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom angerufenen Verwaltungsgericht kein Rechtsakt sondern ein Realakt begehrt, zu welchem das Verwaltungsgericht nicht zuständig ist und auch im Wege einer Säumnisbeschwerde nicht zuständig gemacht werden kann.

Der an das Verwaltungsgericht gestellte Antrag, dem im Übrigen durch die belangte Behörde stattgegeben wurde, kann nicht Inhalt einer Säumnisbeschwerde sein, weshalb diese spruchgemäß zurückzuweisen war.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Säumnisbeschwerde; Beschwerdelegitimation; Entscheidungspflicht; Verletzung; Realakt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.101.020.5133.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten