TE Lvwg Erkenntnis 2020/6/8 VGW-001/050/5858/2020

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Veröffentlicht am 08.06.2020
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Entscheidungsdatum

08.06.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §49 Abs1
ZustG §26 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Gamauf-Boigner über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen den Zurückweisungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 58, vom 02. April 2020, Zl. ..., mit welchem der Einspruch gegen die Strafverfügung (VStG) als verspätet zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Zurückweisungsbescheid behoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem angefochtenen Zurückweisungsbescheid wurde der Einspruch des nunmehrigen Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung vom 24. Oktober 2019, zur Zl. ..., gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Zustellung der Strafverfügung ohne Zustellnachweis gemäß § 26 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustG) angeordnet worden sei und dass der Einspruch erst am 14. November 2019, nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist beim hiesigen Amt eingebracht worden sei, sodass er wegen Verspätung zurückgewiesen werden habe müssen.

Mittels E-Mail vom 05. Mai 2020 wurde gegen den Zurückweisungsbescheid fristgerecht von Herrn A. B. eine Beschwerde eingebracht, in welcher vorerst ausführlich auf das Grunddelikt (Verstoß gegen Maulkorb und Leinenpflicht) eingegangen wurde und darüber hinaus wurde betont, dass ihm die Strafverfügung erst am 31. Oktober 2019 zugestellt worden wäre. Demnach hätte er bis 14. November 2019 Zeit gehabt einen Einspruch zu erheben.

Nach Einsichtnahme in den Akt ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Die dem Verfahren zu Grunde liegende Strafverfügung wurde am 24. Oktober 2019 expediert, sie wurde mit Fensterkuvert ohne Zustellnachweis zugestellt.

Dagegen wurde mittels E-Mail vom 12. November 2019, um 23.32 Uhr von Herrn B. A. ein Einspruch eingebracht.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen Akteninhalt und konnte sohin als erwiesen angesehen werden.

Hierzu folgt in rechtlicher Hinsicht:

Vorauszuschicken ist, dass Gegenstand der Prüfung durch das Verwaltungsgericht Wien weder die Schuld- noch die Straffrage, sondern lediglich die Frage ist, ob die belangte Behörde den Einspruch des Rechtsmittelwerbers zu Recht wegen Verspätung zurückgewiesen hat.

Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

§ 26 Zustellgesetz regelt zur Zustellung ohne Zustellnachweis folgendes:

(1) Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.

(2) Die Zustellung gilt als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Die in Rede stehende Strafverfügung vom 24. Oktober 2019 wurde dem Zustelldienst (zur postalischen Zustellung an die Post) ohne Zustellnachweis übergeben. Das im Verwaltungsakt einliegende, behördeninterne Formular hinsichtlich der Zustellung (ABl. 12) weist unter der Rubrik „versendet am“ den 24. Oktober 2019 als Datum aus. Als Anschrift ist der ...platz in Wien angeführt. Entsprechend der gesetzlichen Vermutung des § 26 Abs. 2 ZustG gilt die Zustellung demnach grundsätzlich mit 28. Oktober 2019, der dritte Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan, als bewirkt.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 26 Abs. 2 ZustG hat jedoch die Behörde bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Folge zu tragen, dass der Behauptung einer Verfahrenspartei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. In diesem Fall muss – mangels Zustellnachweises – der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden. Diese Grundsätze gelten auch für den Nachweis des Zeitpunktes einer – unstrittig erfolgten – Zustellung ohne Zustellnachweis (vgl. VwGH 12.9.2018, Ra 2017/17/0620, mwN).

Ein Nachweis der Zustellung der gegenständlichen Strafverfügung an den Beschwerdeführer am 28. Oktober 2019 ist der Behörde im konkreten Fall nicht gelungen. Der im Akt einliegenden Zustellübersicht (ABl. 13) kann lediglich der Zeitpunkt der Übergabe der Postsendung an das Zustellorgan entnommen werden, nicht hingegen der Zeitpunkt der Zustellung an den Beschwerdeführer. Auch sonst liegt kein Nachweis einer Zustellung dieser Postsendung an den Beschwerdeführer vor. Im Lichte der obzitierten Judikatur ist daher dem Beschwerdevorbringen, die Zustellung sei tatsächlich erst am 31. Oktober 2019 erfolgt, zu folgen.

Daraus folgt, dass die Einspruchsfrist am 31. Oktober 2019 zu laufen begonnen hat und am 14. November 2019 geendet hat, demnach war der Einspruch vom 12. November 2019 nicht verspätet. Auch sonst sind hg. keine Gründe für eine Zurückweisung dieses Einspruches ersichtlich, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war. Zudem war die Durchführung einer Verhandlung von keiner Verfahrenspartei beantragt worden.

Im fortgesetzten Verfahren hat die belangte Behörde nunmehr über den Einspruch abzusprechen.

Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Strafverfügung; Einspruch; Zustellung; Zustellnachweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.001.050.5858.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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