Entscheidungsdatum
24.09.2020Norm
FSG 1997 §7 Abs3 Z3Text
Im Namen der Republik!
Erkenntnis
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Mag. Birgit König über die Beschwerde des R S, G, vertreten durch die Rechtsanwälte Pitschmann & Santner, Feldkirch, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 08.07.2020, betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß den §§ 24 Abs 1 Z 1, 7 Abs 1 und Abs 3 Z 3 sowie 25 Abs 1 und 26 Abs 2a des Führerscheingesetzes (FSG) die Lenkberechtigung für die Klassen AM, B, BE und F laut Führerschein der Bezirkshauptmannschaft F vom 27.11.2018 für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab der Zustellung des Bescheides, somit bis einschließlich 14.01.2021, entzogen.
Dem Beschwerdeführer wurde aufgetragen, den Führerschein unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft F oder der nächsten Dienststelle der Polizei oder Gemeindesicherheitswache abzugeben. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde ausgeschlossen.
2. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, der Bescheid sei rechtswidrig, wesentliche Tatsachen seien nicht berücksichtigt worden. So habe der Beschwerdeführer ausdrücklich vorgebracht und dies auch durch entsprechende Lichtbilder nachgewiesen, dass das Verkehrsschild bei der Ausfahrt der Firma O/M nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen sei. Einerseits sei das Verkehrsschild nicht in Fahrtrichtung für Verkehrsteilnehmer angebracht gewesen, sondern im rechten Winkel und somit aus Fahrtrichtung eines normalen Verkehrsteilnehmers nicht zu erkennen. Zudem sei dieses Verkehrsschild für den Beschwerdeführer nicht erkennbar gewesen, da sich rechts vor ihm seitlich ein entsprechender Lkw befunden habe, der dieses Verkehrsschild bedeckt habe. Wesentlich sei jedoch, dass diese Verkehrsschilder nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen seien und somit rechtlich gar keine Rechtswirkung hätten erzeugen können. Der Beschwerdeführer habe somit ein Linksabbiegeverbot gar nicht missachten können, da das Verkehrsschild nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen sei. Auch die Stopp-Tafel sei nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen und könne man ihm dies ebenfalls nicht belastend auslegen. Seitens der BH F werde hier offensichtlich rechtsmissbräuchlich und willkürlich vorgegangen.
Zuerst sei eine Aufforderung zur Prüfung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Fahrzeugen ergangen. Nachdem sich der Beschwerdeführer dagegen ausgesprochen habe, habe er möglicherweise aufgrund seiner Beschwerde gegen die vorherige Maßnahme nun als „Rechnung“ den angefochtenen Bescheid präsentiert erhalten. Dies natürlich wie üblich mit der Mitteilung, dass einer Beschwerde gegen den Bescheid keine aufschiebende Wirkung zukomme und somit bei einer derzeit üblichen Verfahrensdauer von mehreren Monaten für den Fall, dass der Beschwerde Folge gegeben werde, de facto der Führerscheinentzug schon längst abgelaufen sei und somit der Beschwerdeführer bereits bestraft worden sei, auch wenn sich dies im Nachhinein als rechtswidrig herausstellen würde. Dies sei unbotmäßig und willkürlich und rechtswidrig.
Es werde nicht bestritten, dass der Beschwerdeführer ein Verkehrsvergehen begangen habe, jedoch seien die ihn treffenden Konsequenzen mit der Entziehung der Lenkberechtigung über sechs Monate zu hart und würden diese Konsequenzen in keiner Relation zum Verkehrsvergehen stehen. Ein Entzug der Lenkberechtigung für sechs Monate für einen Grenzgänger, der im Ausland tätig sei und teilweise im Schichtbetrieb zu arbeiten habe, komme nahezu schon einem Berufsverbot gleich. Es wurde die Aufhebung des Bescheides beantragt.
3. Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Beschwerdeführer lenkte am 17.04.2020 gegen 10:45 Uhr in G (FL) den Lieferwagen „Fiat Ducato“ mit dem Kennzeichen XXX im Bereich der Werksausfahrt der „H O A“. Vor ihm fuhr ein Lastwagen mit Anhänger aus dem Werksgelände und bog nach rechts in die Hauptstraße „Sstraße“ ein.
Nach der Ausfahrt aus dem Werksgelände bog der Beschwerdeführer nach links Richtung Süden ab und fuhr mit ca 20 km/h in die Hauptstraße ein. Dabei missachtete er das Stoppsignal bei der Einfahrt in die „Sstraße“ sowie das Zeichen „Abbiegen nach links verboten“. Zudem überfuhr er die in der Fahrbahnmitte gut sichtbar angebrachte durchgezogene Sicherheitslinie (Sperrlinie).
Im Zuge des Abbiegevorgangs nach links in die „Sstraße“ kam es zu einer Kollision zwischen dem Fahrzeug des Beschwerdeführers und einem auf der „Sstraße“ von rechts (Norden) kommenden und geradeaus fahrenden Sattelzugfahrzeug. An den am Unfall beteiligten Fahrzeugen entstand erheblicher Sachschaden.
Der Unfallort befindet sich außerorts in G, die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Sstraße beträgt in diesem Bereich 80 km/h. Direkt an der Unfallstelle mündet östlich der Hauptstraße die Ausfahrt der H O A ein. Die Ausfahrt ist mit dem Vorrangzeichen „Stopp“ sowie dem Verbotszeichen „Abbiegen nach links verboten“ versehen. Die Ausfahrt verläuft in einer Rechtskurve in die vorgeschriebene Fahrtrichtung der S Hauptstraße (Richtung B), rechts sind die beiden vorerwähnten Verkehrsschilder angebracht. Vor der Einfahrt in die Hauptstraße ist eine weiße, durchgehende Linie als Bodenmarkierung und zur Begrenzung der Straße angebracht. Die beiden (Richtungs-)Fahrstreifen der S Hauptstraße sind durch eine weiße Sperrlinie getrennt.
4. Dieser Sachverhalt wird auf Grund der vorliegenden Akten als erwiesen angenommen.
4.1. Mit Aberkennungsverfügung des Amtes für Straßenverkehr des Fürstentums Liechtenstein vom 03.06.2020 wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Monaten (01.07.2020 – 31.08.2020) aberkannt, weil er am 17.04.2020 um 10:45 Uhr in G auf der Sstraße in Fahrtrichtung Süden mit dem Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen XXX schwere Verletzungen von Verkehrsregeln und eine Verkehrsgefährdung sowie das Verursachen eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden begangen hat durch Missachten des Stoppsignals, Überfahren einer Sicherheitslinie, Missachten des Vortritts gegenüber Fahrzeugen auf gekennzeichneter Hauptstraße und Missachten des Vorschriftsignals „Abbiegen nach links verboten“.
In der Begründung dieser Aberkennungsverfügung wurde festgehalten, bezüglich der Anbringung sämtlicher Verkehrszeichen sei unverzüglich eine Klärung durch die Verkehrspolizei Vaduz erfolgt. Die Verkehrszeichen bzw Beschränkungen seien mit Verfügung 161.09/5764 des Fürstlichen Tiefbauamtes geregelt worden.
4.2. Aus dem Abschlussbericht der Landespolizei Liechtenstein vom 11.05.2020 geht hervor, dass der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme als Verdächtiger vom 17.04.2020 im Wesentlichen angegeben hat, er sei von der Baustelle bei der O AG mit dem Lieferwagen herausgefahren und habe Richtung S wollen. Da bei der Baustelle (südseitig) reger LKW-Verkehr geherrscht habe, habe er sich entschieden, die nördliche Ausfahrt aus dem Areal zu nehmen. Als er zur Schranke gekommen sei, sei vor ihm ein LKW mit Anhänger gefahren. Der Beschwerdeführer sei also diesem hinterhergefahren. Als dieser in die Sstraße in Richtung B eingefahren sei, sei der Beschwerdeführer direkt hinterhergezogen. Er habe noch ein wenig gestresst, da dort eine Schranke sei und er nicht gewollt habe, dass diese wieder herunterkomme. Da er nur den Hänger des LKWs vor sich gehabt habe, habe er völlig übersehen, dass dort noch ein Stoppschild und ein Linksabbiegeverbotsschild angebracht gewesen seien. Er habe auch nicht großartig auf den Verkehr geachtet als er in die Sstraße eingebogen sei. Er sei in die Straße eingefahren ohne jemals anzuhalten, da er davon ausgegangen sei dass alles frei sei. Er sei also nach links gefahren und habe noch immer keinen richtigen Blick auf den Verkehr auf der rechten Seite gehabt. Er sei weiter über die Sicherheitslinie gefahren und kurz darauf habe er den LKW bemerkt, welcher von B Richtung S unterwegs gewesen sei. Es sei dann schon zu spät gewesen und er sei mit seiner rechten Seite in die vordere linke Seite des LKWs kollidiert. Er sei an dem Tag das erste Mal aus dem nördlichen Teil des Areals gefahren, im Nachhinein wisse er, dass er dort nicht fahren dürfte. Er habe sich zuerst einmal stressen lassen durch die Schranke und dadurch auch die Beschilderung nicht wahrgenommen. Der Verkehrsunfall wäre zu verhindern gewesen, wenn er gewartet hätte und die richtige Ausfahrt (Rechtsabbiegen) genommen hätte. Er bekenne sich zum Tatverdacht (Missachtung des Stoppschildes durch Einfahren ohne Anhalten, Missachtung des Linksfahrverbotsschildes sowie der Sicherheitslinie durch Überfahren) in allen Punkten schuldig.
4.3. Weiters geht aus dem Abschlussbericht der Landespolizei Liechtenstein vom 11.05.2020 samt den beiliegenden Lichtbildern hervor, dass sich der gegenständliche Unfallort außerorts in G im 80 km/h-Geschwindigkeitsbereich bei der Werksausfahrt des H O A befindet. Die Hauptstraße weist dort eine Straßenbreite von 7 Metern auf und wird westlich von einer Leitplanke flankiert. Direkt an der Unfallstelle mündet östlich der Hauptstraße die Ausfahrt der H O A ein. Die Ausfahrt ist mit dem Vortrittssignal „Stopp“ sowie dem Vorschriftssignal „Abbiegen nach links verboten“ versehen. Die Ausfahrt verläuft in einer Rechtskurve in die vorgeschriebene Fahrtrichtung der S Hauptstraße (Richtung B). Rechts sind die beiden vorerwähnten Verkehrsschilder angebracht. Vor der Einfahrt in die Hauptstraße ist eine weiße, durchgehende Linie als Bodenmarkierung und zur Begrenzung der Straße angebracht. Ebenso ist die Abtrennung der beiden (Richtungs-)Fahrstreifen der S Hauptstraße durch eine weiße Sperrlinie auf den Lichtbildern ersichtlich. Zusätzlich ist auf den Lichtbildern die Schranke klar erkennbar, ebenso eine Tafel (links angebracht), wonach die Ausfahrt an dieser Stelle nur für LKW zulässig ist.
4.4. Die vorliegenden Beweise sind für das Verwaltungsgericht schlüssig und glaubwürdig und schließt sich das Gericht diesen Beweisergebnissen an. Insbesondere hat der Beschwerdeführer laut Abschlussbericht der Landespolizei Liechtenstein vom 11.05.2020 zugegeben, dass er das Vorrangzeichen „Halt“ und das Verbotszeichen „Einbiegen nach links“ missachtet und eine Sperrlinie überfahren hat. Weiters steht aufgrund des Behördenaktes fest, dass die gegenständlichen Verkehrszeichen ordnungsgemäß entsprechend der Verfügung 161.09/5764 des Fürstlichen Tiefbauamtes angebracht waren. Zudem sind die Verkehrsschilder auf den vorliegenden Lichtbildern klar erkennbar auf der rechten Seite bei der Werksausfahrt. Es steht somit fest, dass die gegenständlichen Verkehrsschilder ordnungsgemäß angebracht wurden und für die Lenker jener Fahrzeuge, die aus dem Betriebsareal der Firma O/M ausfahren, klar erkennbar sind.
5.1. Nach § 24 Abs 1 Z 1 Führerscheingesetz (FSG) ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.
Gemäß § 3 Abs 1 Z 2 FSG gehört zu den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung die Verkehrszuverlässigkeit (§ 7).
Nach § 7 Abs 1 Z 1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs 3) und ihrer Wertung (Abs 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.
Der § 7 Abs 3 FSG führt beispielhaft jene bestimmten Tatsachen an, auf Grund derer bei entsprechender Wertung die Verkehrsunzuverlässigkeit angenommen werden muss. Demnach hat als solche Tatsache gemäß Z) 3 insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Vorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, sowie jedenfalls Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 90 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 100 km/h, das Nichteinhalten des zeitlichen Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand eine Zeitdauer von 0,2 Sekunden unterschritten hat und diese Übertretungen mit technischen Messgeräten festgestellt wurden, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.
Nach § 7 Abs 4 FSG ist für die Wertung der in Abs 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Gemäß § 25 Abs 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
Gemäß § 26 Abs 2a FSG hat die Entziehungsdauer im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs 3 Z 3 genannten Übertretung mindestens sechs Monate zu betragen, sofern nicht gemäß Abs 2 eine längere Entziehungsdauer auszusprechen ist. Eine nach Ablauf von zwei Jahren seit der letzten Übertretung begangene derartige Übertretung gilt als erstmalig begangen.
Wenn es sich bei den in § 7 Abs 3 FSG angeführten Tatbeständen um Verkehrsverstöße oder strafbare Handlungen handelt, die im Ausland begangen wurden, so sind diese gemäß § 7 Abs 2 FSG nach Maßgabe der inländischen Rechtsvorschriften zu beurteilen.
5.2. Nach § 52 Z 3a und 3b Straßenverkehrsordnung (StVO) zeigen die dort angeführten Zeichen („Einbiegen nach links bzw rechts verboten“) je nach der Richtung des Pfeils an, dass das Einbiegen in die nächste Querstraße nach rechts oder links verboten ist.
Gemäß § 52 lit c Z 24 StVO ordnet das Zeichen „Halt“ (Stopptafel) an, dass vor einer Kreuzung anzuhalten und gemäß § 19 Abs 4 Vorrang zu geben ist. Fehlt eine Bodenmarkierung oder ist sie nicht sichtbar, so ist das Fahrzeug an einer Stelle anzuhalten, von der aus gute Übersicht besteht. Das Zeichen ist vor allem vor solchen Kreuzungen anzubringen, die besonders gefährlich sind und an denen die Lenker von Fahrzeugen die Verkehrslage in der Regel nur dann richtig beurteilen können, wenn sie anhalten.
Gemäß § 19 Abs 4 StVO haben, wenn vor einer Kreuzung das Vorschriftszeichen „Vorrang geben“ oder „Halt“ angebracht ist, sowohl die von rechts als die von links kommenden Fahrzeuge den Vorrang.
Gemäß § 9 Abs 1 StVO dürfen Sperrlinien (§ 55 Abs 2) nicht überfahren werden. Ist an einer Kreuzung das Vorschriftszeichen „Halt“ und auf der Fahrbahn eine Haltelinie angebracht, so ist an dieser Haltelinie anzuhalten (§ 9 Abs 4 StVO).
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht fest, dass der Beschwerdeführer diese Verkehrsvorschriften missachtet hat und es in der Folge zu einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gekommen ist.
5.3. Aus dem Behördenakt ergibt sich, dass der Beschwerdeführer bei der Werksausfahrt der „H O A“ einem LKW mit Anhänger nachgefahren ist und somit keine freie Sicht auf jenen Bereich der Sstraße hatte, in die er eingebogen ist.
Das Einfahren in eine bevorrangte Hauptstraße, insbesondere beim Linksabbiegen, erfordert immer außerordentliche Vorsicht und Aufmerksamkeit im Straßenverkehr und hat sich jeder Lenker einen guten Überblick über die Verkehrslage zu verschaffen, um gefahrlos einen Linksabbiegevorgang durchzuführen. Hiebei ist insbesondere zu beachten, dass das Zeichen „Halt“ vor allem vor solchen Kreuzungen angebracht wird, die besonders gefährlich sind und an denen die Lenker von Fahrzeugen die Verkehrslage in der Regel nur dann richtig beurteilen können, wenn sie anhalten. Der Beschwerdeführer hat sich jedoch keinen Überblick über den Einfahrtsbereich in die Sstraße verschafft, sondern ist trotz unzureichender Sicht, insbesondere was die von rechts kommenden Fahrzeuge betrifft, ohne Anzuhalten in eine bevorrangte Hauptstraße eingefahren. Eine derart grobe Missachtung mehrerer Vorrangregeln, der vorgeschriebenen Fahrtrichtung sowie der Bodenmarkierungen beim Einfahren in eine Straße außerorts, auf welcher die zulässige Höchstgeschwindigkeit 80 km/h beträgt, stellt eine außerordentliche Gefahrensituation dar. Ein besonderes Übermaß mangelnder Rücksichtnahme gegenüber anderen Straßenbenützern ist auch darin zu erblicken, dass der Beschwerdeführer durch dieses unachtsame Verhalten den Lenker eines von rechts kommenden und geradeaus fahrenden Sattelzugfahrzeuges auf der bevorrangten Hauptstraße zum Ausweichen und zu einer Vollbremsung genötigt hat, ohne dass es die Verkehrssituation erfordert hätte. Zudem ist es zu einem Verkehrsunfall mit nicht unerheblichem Sachschaden an beiden am Unfall beteiligten Fahrzeugen gekommen.
Durch dieses außerordentlich unachtsame und rücksichtslose Verhalten hat der Beschwerdeführer besonders gefährliche Verhältnisse herbeigeführt und wurde die Tat mit besonderer Rücksichtslosigkeit insbesondere gegenüber jenen Verkehrsteilnehmern begangen, die auf der bevorrangten Hauptstraße darauf vertrauen durften, dass andere Verkehrsteilnehmer die Vorrangregeln sowie das Gebot des Fahrens auf Sicht sowie die vorgeschriebene Fahrtrichtung einhalten.
Der Verkehrsunfall hätte laut eigener Aussage des Beschwerdeführers verhindert werden können, wenn er vor der Einfahrt in die Hauptstraße angehalten hätte und sich einen Überblick über die Verkehrssituation verschafft hätte.
Bei einer Wertung dieser Übertretungen muss angenommen werden, dass der Beschwerdeführer wegen seiner Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch sein äußerst unaufmerksames und rücksichtsloses Fahrverhalten gefährden wird, weshalb die Lenkberechtigung zu entziehen war.
Unter Berücksichtigung der Wertungskriterien des § 7 Abs 4 FSG ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer frühestens nach Ablauf der gesetzlich vorgesehenen Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten, gerechnet ab der Zustellung der angefochtenen Entscheidung, die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangt haben wird. Eine Herabsetzung der gesetzlich vorgesehenen Mindestentzugsdauer ist rechtlich nicht vorgesehen. Das Verwaltungsgericht kommt unter Berücksichtigung der Wertungskriterien des § 7 Abs 4 FSG zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung der Behörde und daran anschließend noch für mindestens drei Monate als verkehrsunzuverlässig im Sinne des § 7 Abs 1 FSG anzusehen war.
Es war daher der Beschwerde keine Folge zu geben.
6. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Führerscheinentzug, besonders gefährliche Verhältnisse, besondere Rücksichtslosigkeit, Stopptafel, Abbiegeverbot, SperrlinieEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGVO:2020:LVwG.411.45.2020.R6Zuletzt aktualisiert am
05.10.2020