TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/5 L526 2190753-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.12.2019
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Entscheidungsdatum

05.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

1) L526 2177682-1/13E

2) L526 2177678-1/13E

3) L526 2177680-1/12E

4) L526 2190753-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. GEORGIEN, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9, BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , StA. GEORGIEN, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9, BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , StA. GEORGIEN, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX ; diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9, BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , StA. GEORGIEN, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX ; diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.03.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9, BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge kurz als bP oder "BF" oder gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch als "BF1" bis "BF4" bezeichnet) sind Staatsangehörige der Republik Georgien. BF1 bis BF3 brachten nach Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 28.12.2016 bei der nunmehr belangten Behörde (in weiterer Folge auch kurz "bB") Anträge auf internationalen Schutz ein. BF4 wurde in Österreich geboren.

Die weibliche BF1 und der männliche BF2 sind Ehegatten und die Eltern der männlichen, minderjährigen BF3 und BF4.

I.2. Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gaben die BF an, die im Spruch genannten Namen zu führen und Staatsangehörige Georgiens zu sein. Sie seien der georgischen Volksgruppe und dem christlich orthodoxen Glauben zugehörig.

Im Hinblick auf den Reiseweg brachten die BF zusammengefasst vor, mittels eines von der litauischen Botschaft in Tiflis ausgestellten Visums mit dem Flugzeug nach Ungarn und von dort weiter mit dem Zug nach Österreich gereist zu sein. Die Reise hätten sie selbst, ohne einen Schlepper organisiert. Befragt, ob die BF ein bestimmtes Reiseziel gehabt hätten, gab BF2 an, dass dies Österreich gewesen sei, da seine Frau an einer Krankheit leide, die in Georgien schwer behandelbar sei. Da sie gehört hätten, dass in Österreich die medizinische Versorgung besser sei und ihnen geholfen würde, hätten sie sich entschieden, nach Österreich zu flüchten. BF1 bestätigte, dass sie sich Österreich ausgesucht hätten, da sie gehört habe, dass sie hier medizinische Hilfe erhalten würde.

Zum Grund für die Ausreise befragt, gab BF1 an, sie sei in den Jahren 2008 und 2012 Koordinatorin für die nationale Partei Georgiens in XXXX gewesen. Im Jahr 2012 hätten sie die Wahlen verloren und es sei eine neue Regierung an die Macht gekommen. Alle, die sich oppositionell politisch betätigt hätten, seien verfolgt worden. Im Jahr 2013 sei ihr Hund vergiftet worden. Ihr und ihrem Sohn sei gedroht worden, dass ihnen dasselbe passieren würde, wie dem Hund. Es sei möglich, dass es Polizisten gewesen seien, die Personen waren ihr allerdings unbekannt. Aus Angst habe sie sich mit dem Sohn verstecken müssen. Auch habe sie einen Knoten auf der Schilddrüse und Vitiligo, eine Hautkrankheit, die durch den Stress ausgebrochen sei. In Georgien habe sie keine Möglichkeit gehabt, diese Krankheit behandeln zu lassen.

BF2 gab ergänzend dazu an, dass er BF1, als sie sich vor ihren Verfolgern in seinem Dorf versteckt habe, kennengelernt und anschließend geheiratet habe. Er persönlich habe keine Probleme.

I.3. Mit Note vom 24.1.2017 erklärte sich Litauen für die Behandlung der Asylanträge für unzuständig, da die Visa für die Georgischen Staatsbürger im Namen ungarischer Behörden ausgestellt worden sei.

I.4. Mit Note vom 3.5.2017 akzeptierte Ungarn die Überstellung der BF1 bis BF3. Aus einem im Verfahrensakt des BF2 erliegenden Vermerk geht hervor, dass keine Überstellung nach Ungarn erfolgen sollten.

I.5. Am 24.10.2017 wurden BF1 und BF2 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, im Beisein einer Dolmetscherin für die georgische Sprache niederschriftlich einvernommen.

Eingangs bestätigten die BF, bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht zu haben und dass das Protokoll rückübersetzt und alles korrekt protokolliert worden sei.

Zu ihrem Gesundheitszustand gab BF1 an, sie habe Probleme mit der Schilddrüse. Das Medikament für die Schilddrüse, Euthyrox, nehme sie seit langer Zeit ein, sie sei damals noch in Georgien gewesen. Zudem habe sie eine Pigmentstörung. Dazu wurde niederschriftlich vermerkt, dass BF1 helle Flecken im Bereich des Halses und der Brust habe. Ferner gab BF1 zu Protokoll, dass sie und ihr Sohn Luka gesund seien.

Zu ihrem Grund für die Ausreise befragt, gab BF1 an, dass sie politisch verfolgt werde. Sie sei für die nationale Bewegung und im Jahr 2008 als Koordinatorin bei den Wahlen tätig gewesen. Sie habe das Haus, in dem sie gewohnt habe, betreut und alle Wähler registriert. Bei Unentschlossenen hätte sie Wahlwerbung betrieben. Im Jahr 2012 sei sie wieder eingeladen worden, diese Aufgaben zu übernehmen. Sie hätten die Wahl aber verloren. Natürlich hätten sie nicht gewusst, dass sie verfolgt werden könnten, aber sie seien gewarnt worden, dass sie nicht auffallen sollten. Die neue Regierung habe ja nicht wollen, dass die Wahl wiederholt wird.

Befragt, warum sie erst im Jahr 2016 ausreiste, gab BF1 an, dass sie im Jahr 2012 bemerkt habe, dass sie beobachtet worden sei. Sie habe etwa drei Wochen nach den Wahlen einen Brief bekommen, mit welchem sie gewarnt worden sei. Es sei darin gestanden, dass sie nicht mehr für die nationale Bewegung arbeiten sollte. Unterschrieben sei der Brief nicht gewesen. Sie habe damals in XXXX gearbeitet und habe sich "von einem Auto" beobachtet gefühlt. Am Anfang habe sie jede Woche einen Brief erhalten, dann jede zweite. Die Briefe seien in der Tür gesteckt. Vermutlich im Jahr 2014, als sie aufgehört habe zu arbeiten, habe sie den letzten Brief erhalten. Danach sei sie viel zu Hause gewesen und unter Stress gestanden. Bis Juni 2014 seien die Drohungen gekommen. Dann sei sie nach XXXX übersiedelt. Ihr Sohn sei bei ihren Eltern geblieben, nur in den Sommerferien sei er bei ihr gewesen. In XXXX habe sie bei ihrem Cousin gelebt. Etwa zwei Jahre habe sie dort gelebt. Im Jahr 2016 habe sie BF2 geehelicht. Zwei Mal habe sie dort einen Skoda gesichtet und Leute hätten nach ihr bei ihrer Nachbarin gefragt. Ihr Cousin habe gemeint, die Leute seien von der Polizei gewesen. Sie seien von XXXX aus ausgereist. Die Tage zuvor hätten sie bei ihren Eltern genächtigt. In XXXX seien sie zuletzt gewesen, als BF1 sich das Visum besorgt habe oder als sie kirchlich geheiratet hätten.

Zu ihren Verfolgern habe sie niemals persönlich Kontakt gehabt. In dem Auto, das sie sah, sei ein kräftiger Mann gesessen, von dem sie glaube, dass er von der Polizei sei. Das glaube sie deshalb, da Polizeimitarbeiter Skoda fahren. Sie habe den Mann sehr oft gesehen, aber nie mit ihm gesprochen. Sie sei kein Parteimitglied der nationalen Bewegung, sie habe nur bei den Wahlen geholfen. Ihre Probleme hätten deshalb begonnen, da die nationale Bewegung verloren habe. Ihr Vater habe ihr abgeraten, die Polizei zu kontaktieren, da die Verfolger ihrer Vermutung nach von der Polizei waren. Die Drohbriefe habe sie alle verbrannt und über das Klosett weggespült. In den Briefen sei gestanden, sie würden sie verhaften, weil sie für die nationale Bewegung tätig sei. Sie hätten mit dem Gefängnis und mit dem Umbringen gedroht. Auch ihr Kind hätten sie bedroht. Nachdem sie XXXX verlassen und nach XXXX gegangen sei, habe sie keine Briefe mehr erhalten, aber dort hätte sie mehrmals den Skoda gesehen. BF1 fügte dem noch hinzu, dass ihr Hund umgebracht worden sei. Im Jahr 2013 habe sie ihn im Hof gelassen und dort sei er vermutlich auch von ihren Verfolgern vergiftet worden. Im Falle ihrer Rückkehr würden sie wieder nach ihr suchen und das würde wieder Stress für sie bedeuten.

BF2 gab an, dass er selbst habe keine Probleme gehabt hätte. Er sei wegen seiner Frau ausgereist. Von den Problemen seiner Frau wisse er, dass ihr Hund vergiftet worden sei und ihre Mutter Herzprobleme bekommen hätte. Zu Hause hätte man ihr nichts antun können, da ihr Vater beim Militär sei. Er wisse, dass sie Probleme habe, sie Drohbriefe erhalten habe und auch das Kind bedroht worden sei. Befragt, ob seine Frau auch Probleme in XXXX gehabt hätte, gab BF2 an, dass sie sich dort versteckt habe. Sie hätten somit nicht gewusst, wo sie sei; fast zwei Jahr lang habe sie dort gelebt. Nach Wiederholung der Frage, gab BF2 an, dass er nichts von Problemen wisse; BF1 hätte ihm nichts gesagt.

In Bezug auf ihre Berufsausbildung gab BF1 an, dass sie die Universität abgeschlossen und Englisch studiert hätte. In Georgien hätte sie zwei Schwestern und ihre Eltern lebten ebenfalls noch dort. Sie habe mit ihrer Familie manchmal über das Internet Kontakt.

BF2 gab an, dass er körperlich gearbeitet habe und auch als Tischler tätig gewesen sei. Er hätte auch eine kleine Landwirtschaft und Weingärten gehabt.

BF2 gab an, er habe einen Bruder in XXXX und auch seine Mutter lebe dort. Mit diesen habe er ebenfalls über das Internet Kontakt. In XXXX hätte er mit der Familie im Haus seines Vaters gelebt. Sein Bruder und seine Mutter lebten noch dort.

Anlässlich dieser Einvernahme wurde ein Brief einer klinischen und Gesundheits-Psychologin vorgelegt, demzufolge BF1 an Schlafstörungen leide, und ein Schreiben der Kärntner Gebietskrankenkasse, wonach die BF im Jahr 2017 als geringfügig beschäftigt angemeldet waren.

Zu ihrer Betätigung in Österreich gab BF2 an, er arbeite seit zwei Tagen in einem Supermarkt für Bedürftige, im Camp sei er "Remunerant" gewesen.

I.6. Die Anträge der BF auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV).

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der BF1 in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu zusammengefasst aus, dass die BF ein gesteigertes und widersprüchliches Vorbingen erstattet hätten. Insbesondere sei nicht glaubhaft, dass BF1 XXXX bzw. XXXX aus Furcht vor Verfolgung verlassen hätte. Hätten die Drohbriefe, von denen BF1 berichtete, Furcht vor weiterer Verfolgung ausgelöst, so hätte sie sich wohl wesentlich früher entschlossen, zu übersiedeln. Es könne in keinster Weise nachvollzogen werden, dass sich jemand etwa zwei Jahre im Einflussbereich seiner Verfolger aufhalte, wenn tatsächlich Furcht bestanden hätte. Die Behörde gehe auch davon aus, dass gar kein Interesse an BF1 bestand, zumal sie ansonsten nicht von den Wahlen im Jahr 2012 bis etwa Mitte 2014 weiterhin an ihrem bisherigen Aufenthaltsort unbehelligt hätte leben können. Es sei auch völlig widersinnig, jemanden lediglich zu bedrohen, um dann niemals Maßnahmen zu setzen. Zu beachten sei auch, dass BF1 lediglich zwei Mal für die nationale Bewegung tätig gewesen sei und auch angegeben habe, dass sie kein Parteimitglied gewesen sei. Auch aus diesem Grund sei eine Verfolgung als nicht glaubhaft zu werten. Wäre BF1 tatsächlich verfolgt und auch ihr Sohn bedroht worden, so hätte sie diesen bestimmt nicht bei ihren Eltern in XXXX zurückgelassen. Auch der Umstand, dass BF1 problemlos aus ihrer Heimat ausreisen konnte, weist darauf hin, dass keine polizeiliche Verfolgung erfolgte.

In Bezug auf die weitern BF wurde in sinngemäßer Weise argumentiert.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen ist. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die BF ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

Des Weiteren sei den BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 zu erteilen. Schließlich wurde ausgeführt, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Letztlich wurde erläutert, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

I.7. Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2017 wurde den BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt und die BF ferner mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom selben Tag gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG darüber informiert, dass sie verpflichtet seien, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

I.8. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist vollumfänglich Beschwerde erhoben und wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

In der Beschwerdeschrift wird nach Wiederholung der Gründe für die Ausreise der BF ausgeführt, dass BF unter verschiedenen Krankheiten leide, nämlich Vitiligo (Weißfleckenkrankheit) und Anämie und sie auch Medikamente wegen ihrer Schilddrüse nehmen müsse. Zudem leide sie an Depressionen und benötige eine Psychotherapie. Sie sei auf eine medizinische Behandlung in Österreich angewiesen. Nunmehr sei sie im neunten Monat schwanger. In der Folge wurden die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, der Feststellungen und der Beweiswürdigung sowie die unrichtige rechtliche Beurteilung gerügt. Dazu wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die bB nicht mit der gebotenen Tiefe ermittelt habe und detaillierte Berichte zur tatsächlichen Lage der BF im Falle einer Rückkehr sowie Berichte zur Lage von Personen mit mulitiplen Erkrankungen fehlten. Die herangezogenen Länderberichte seien zudem teilweise nicht mehr aktuell. Länderberichte, die die Angaben der BF stützen würden, seien zudem nicht berücksichtigt worden. Die bB habe die Angaben der BF nicht richtig gewürdigt; tatsächlich seien diese in Georgien einer Bedrohung ausgesetzt. Auch in ihrer Zeit in XXXX seien die Familien der BF1 und des BF2 nach ihren jeweiligen Aufenthaltsorten befragt worden, die ganz klar in Zusammenhang mit ihrem Fluchtvorbringen stünden. Ferner wurde angemerkt, dass in Bezug auf den Bescheid zu BF2 einige Antworten nicht abgedruckt seien, lediglich die Fragen, was die Erlassung eines Bescheides unzulässig mache, da ohne Antworten nicht klar sei, worauf die Behörde ihre Beweiswürdigung stütze. Der Beweiswürdigung sei auch nicht zu entnehmen, woraus sich die Erlassung einer negativen Entscheidung ergebe, wodurch die Entscheidung mit Rechtswidrigkeit behaftet sei. Dem Umstand Rechnung tragend, dass BF1 in Georgien wegen ihrer politischen Überzeugung und ihren Aktivitäten für die Vereinte nationale Bewegung verfolgt werde, würde diese von der Definition eines Flüchtlings im Sinne der GFK erfasst und würden BF2 und BF3 wegen ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie verfolgt. Spruchpunkt I sei aufgrund von erheblichen Verfahrensfehlern und einer unrichtigen Rechtsanwendung erlassen und daher unzulässig ergangen.

Welche Verfahrensfehler die bB konkret begangen hätte, lässt sich dem Schriftsatz nicht entnehmen.

I.9. Die Beschwerdevorlage langte am 24.11.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde der zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.

I.10. Mit Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung vom 22.2.2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht eine Urkunde über den ersten Platz der U11, des ASK XXXX beim Nachwuchsturnier übermittelt.

I.11. Mit Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung vom 3.4.2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht ein Konvolut von Fotos der BF von einem Ausflug und verschiedenen Veranstaltungen, eine Bestätigung der BF1 über die Teilnahme an einer Informationsveranstaltung betreffend Gefahren im Alltag sowie eine Mitgliedskarte der BF1 beim Roten Kreuz übermittelt.

I.12. Mit Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung vom 20.5.2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht weiter Fotos der BF bei Veranstaltungen und des BF3 beim Fußballspielen übermittelt.

I.13. Am 29.5.2019 langte ein Abschluss-Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich ein, wonach BF1 am 15.5.2019 in einem Interspar Markt verdächtig sei, eine Haarfarbe im Wert von 5,49 Euro in ihrem Hosenbund und der Jackentasche versteckt und an der Kassa nicht bezahlt zu haben. Der Diebstahl wurde nach Anhaltung der BF1 durch die Hausdetektivin bezahlt, wodurch kein Schaden entstanden sei. Als Motiv habe BF1 angegeben, dass sie sich zu Hause die Haare färben habe wollen.

I.14. Mit Note des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.10.2019 wurden den BF aktuelle Länderdokumentationsunterlagen zur allgemeinen Lage in Georgien übermittelt und wurde ihnen die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung eine schriftliche Stellung dazu abzugeben. Ferner wurden die BF eingeladen, binnen selbiger Frist alle Bescheinigungsmittel vorzulegen, die ihr Vorbringen in Bezug auf ihre Ausreisegründe, ihre privaten und familiären Bindungen in Österreich, ihren Gesundheitszustand und weitere EMRK-relevante Themen untermauern können.

I.15. Am 23.10.2019 wurde eine Stellungnahme im Wege der rechtsfreundlichen Vertretung der BF abgegeben. In dieser Stellungnahme wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die vom Gericht eingebrachten Länderberichte das Vorbringen der BF untermauern würden. In der Folge wurden Berichte, etwa von Human Righs Watch zur politischen Lage in Georgien, zitiert. Neuerlich wurde darauf hingewiesen, dass BF1 unter Vitiligo (Weißfleckenkrankheit) und Anämie leide und sie auch Medikamente wegen ihrer Schilddrüse nehmen müsse. Zudem leide sie an Depressionen und befinde sich in einer Therapie. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des EGMR, Saran vs. Denmark, Application No. 57467/15 vom 1.10.2019 wurde ausgeführt, dass es nicht hinreiche, auf allgemein verfügbare Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsland abzustellen, sondern hätte es einer Einzelfallzusicherung bedurft, dass einem Betroffenen die Behandlung auch tatsächlich zugänglich sein würde. Eine Rückkehrentscheidung würde BF1 aufgrund der mangelnden medizinischen Versorgung in ihren durch Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechten verletzten. Ihr sei zumindest der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen.

Dieser Stellungnahme wurden folgende Dokumente angefügt:

- Arztbrief eines Facharztes für Hautkrankheiten vom 14.10.2019, wonach BF1 wegen "Vitiligo" zugewiesen wurde. Darin wird diagnostiziert, dass in Übereinstimmung mit der Anamnese der überweisenden Ärztin eine 30-40 prozentige Besserung des Lokalbefundes nach selektiver UV-Phototherapie und Lokaltherapie mit Protopic 1% Ceme bestünde

- ein Arztbrief einer Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten vom 6.2.2017, wonach bei BF1 "Vitiligo" diagnostiziert wurde, eine drei Mal wöchentliche UV Therapie verordnet und die Bestimmung der SD-Antikörper empfohlen wird. Die Kontrolle solle laufend während der Phototherapie erfolgen

- Bestätigungen über die Beschäftigung des der BF1 und des BF2 als Aushilfskraft

- eine Bestätigung, wonach BF3 regelmäßig am Mannschaftstraining des SV XXXX teilnimmt, diese sich immer respektvoll und freundlich verhalte und sich bestens und rasch integriert habe; er und die Eltern würden auch immer tatkräftig bei Vereinsveranstaltungen mithelfen

- eine Urkunde über den zweiten Platz bei einem Fußballturnier des NMS XXXX

- eine Urkunde über den ersten Platz des ASK XXXX bei einem Fußballturnier aus dem Jahr 2018

- eine Urkunde über den ersten Platz des ASK XXXX bei einem Fußballturnier aus dem Jahr 2017

- eine ergänzende differenzierende Leistungsbeschreibung des NNÖMS XXXX betreffend BF3, wonach dieser über die fachlichen Leistungen hinaus, anderen helfe, gerne mit anderen im Team Aufgaben löse und in Konfliktsituationen versuche, zu Lösungen beizutragen

- Fotos von einem Wanderausflug und ein Foto, dass die BF bei Reinigungsarbeiten zeigt

- eine Schulbesuchsbestätigung für BF3

- Empfehlungsschreiben für die Familie

- ein Schreiben einer Privatperson, in welchem ausgeführt wird, dass sie gemeinsam mit den BF versuche, deren Deutschkenntnisse zu erweitern, was auch gut gelinge; BF1 habe auch keine Scheu, zu sprechen

I.16. Das Vorbringen in der zuvor genannten Stellungnahme stellt die letzte Äußerung der BF im Verfahren zum gegenständlichen Antrag bzw. zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet dar.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

II.1.1. Die beschwerdeführende Parteien

Bei den BF handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Georgier, welche aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen.

Die BF haben in Österreich keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person in Österreich zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten. BF1 bis BF3 halten sich seit Ende Dezember 2016 im Bundesgebiet auf. Sie reisten mit einem erschlichenen Visum in das Bundesgebiet ein. BF4 wurde im Bundesgebiet geboren.

Die Identität der BF steht nicht fest.

BF1 und BF2 sind junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen mit bestehenden familiären und verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage.

BF1 hat Englisch studiert und später im Handel gearbeitet; BF2 hat als Tischler gearbeitet.

Die minderjährigen BF3 und BF4 verfügen im Herkunftsstaat über eine - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherte Existenzgrundlage, ferner ist eine hinreichende Betreuung durch ihre Eltern und den Familienverband sowie eine hinreichende Absicherung in seinen altersentsprechenden Grundbedürfnissen gegeben. Den minderjährigen BF steht ferner kostenfreier und nichtdiskriminierender Zugang zum öffentlichen Schulwesen sowie leistbarer und nichtdiskriminierender Zugang zu einer adäquaten medizinischen Versorgung zur Verfügung.

Die Pflege und Obsorge der minderjährigen BF3 und BF4 ist durch ihre Eltern gesichert.

BF1 leidet unter Vitiligo (Weißfleckenkrankheit). Sie nimmt auch Medikamente wegen ihrer Schilddrüse ein. Diese Medikamente hat sie bereits in Georgien eingenommen. Zudem leidet BF1 an Schlafstörungen, reagiert psychosomatisch auf Belastungen und durchlebte in der Vergangenheit depressive Episoden. Im November 2017 wurde BF1 wegen Gravidität und Depression eine frauenspezifische Psychotherapie verordnet. Die Inanspruchnahme dieser Therapie ist nicht dokumentiert.

Es kann nicht festgestellt werden, dass BF1 aktuell an einer schweren physischen oder psychischen Krankheit leidet.

II.1.2. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat und Rückkehrbefürchtungen

Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF den behaupteten Gefährdungen ausgesetzt waren bzw. im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefahr ausgesetzt wären. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass BF1 wegen der Betätigung für eine politische Partei einer von Gegnern dieser Partei ausgehenden individuellen Gefährdung ausgesetzt war oder ihr aus diesem Grund im Fall einer Rückkehr nach Georgien eine solche Gefährdung drohen würde. Auch für BF2 und BF3 lässt sich daraus keine Gefährdung ableiten.

Es kann schließlich nicht festgestellt werden, dass die BF vor ihrer Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat einer anderweitigen individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt in ihrem Herkunftsstaat durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt waren oder sie im Falle einer Rückkehr dorthin einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wären.

Es kann nicht festgestellt werden, dass den BF im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die Todesstrafe droht. Ebenso kann keine anderweitige individuelle Gefährdung der BF festgestellt werden, insbesondere im Hinblick auf eine im Herkunftsstaat drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe sowie im Hinblick auf kriegerische Ereignisse, extremistische Anschläge oder organisierte kriminelle Handlungen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat von einer existentiellen Notlage betroffen waren oder einer solchen im Falle ihrer Rückkehr ausgesetzt sein würden.

II.1.3. Zur Lage der Beschwerdeführer im Bundesgebiet:

BF1 bis BF3 halten sich seit dem bereits genannten Zeitpunkt im Bundesgebiet auf. BF1 bis BF3 reisten mit einem erschlichenen Visum in das Bundesgebiet ein, sind seither Asylwerber und verfügen über keinen anderen Aufenthaltstitel. BF4 wurde im Jahr 2017 im Bundesgebiet geboren.

Die Beschwerdeführer beziehen seit Antragstellung bis dato Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber.

Sie haben keine Deutschkurse besucht. Sie können sich im Alltag in der deutschen Sprache verständigen und versuchen ihre Sprachkenntnisse mit Hilfe einer Freundin der Familie zu verbessern.

BF1 besuchte im März 2019 einen Kurs über Gefahren im Alltag. Der Besuch von weiteren Kursen oder Integrationsveranstaltungen ist nicht dokumentiert.

Die BF haben in Österreich keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist.

Die BF haben sich einen Freundeskreis im Bundesgebiet aufgebaut. BF3 geht zur Schule und ist Mitglied in einem Fußballverein. BF1 ist Mitglied beim Roten Kreuz. Die BF verfügen über Empfehlungsschreiben.

BF1 und BF2 arbeiteten im Jahr 2019 (BF2 in den Monaten April, Mai und Juli; BF1 im Juli) für die Gemeinde XXXX und brachten in den genannten Monaten jeweils etwa 90 bis 105 Euro brutto ins Verdienen. BF2 hat auch in einem Lebensmittelmarkt für Bedürftige gearbeitet.

Einstellungszusagen liegen nicht vor.

Die bP sind in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet war und ist nicht nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Abs. 1a FPG 2005 geduldet. Ihr Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Sie wurden nicht Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO.

II.1.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen unter Heranziehung der abgekürzt zitierten und gegenüber dem Beschwerdeführer offengelegten Quellen getroffen:

In Georgien finden regelmäßig kompetitive Wahlen statt. Nachdem der Demokratisierungsprozess in den Jahren 2012-13 an Dynamik gewann, kam es in den letzten Jahren zu einer Stagnation der Fortschritte. Oligarchen haben übergroßen Einfluss auf Politik und politische Entscheidungen und die Rechtsstaatlichkeit wird nach wie vor durch politische Interessen behindert. Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Neue politische Parteien können in der Regel ohne Behinderungen gegründet werden und zu den Wahlen antreten. Allerdings war die politische Landschaft von der Dominanz abwechselnd einer Partei geprägt, was die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt hat (FH 4.2.2019).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wurde bis 2018 durch Direktwahl für maximal zwei Amtszeiten von je fünf Jahren gewählt.(FH 4.2.2019).

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei "Georgischer Traum", setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018). Am 1.12.2018 demonstrierten rund 25.000 Menschen in Tiflis und warfen der von der Regierungspartei unterstützten neuen Präsidentin Zurabishvili Wahlbetrug vor und forderten vorgezogene Parlamentswahlen (Standard 2.12.2018).

Aufgrund einer Verfassungsänderung wird der Präsident in Zukunft indirekt für sechs Jahre von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt werden. Der Präsident ernennt formal den Premierminister, der vom Parlament nominiert wird (FH 4.2.2019).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016).

Demonstrationen im Juni 2019 führten unter anderem dazu, dass bei der für 2020 angesetzten Wahl die Parlamentssitze nach dem Verhältniswahlrecht vergeben werden sollen. Ursprünglich sollte erst ab 2024 nach den neuen Bestimmungen gewählt werden (DW 24.6.2019, vgl. RFE/RL 5.8.2019).

Quellen:

* CW - Caucasus Watch (29.11.2018): Surabischwili gewinnt Wahl: Georgien bekommt erstmals eine Präsidentin, http://caucasuswatch.de/news/1190.html, Zugriff 12.8.2019

* DW - Deutsche Welle (24.6.2019): Proteste in Tiflis trotz Zugeständnissen, https://www.dw.com/de/proteste-in-tiflis-trotz-zugest%C3%A4ndnissen/a-49339505, Zugriff 13.8.2019

* FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (29.11.2018): Georgien bekommt eine Präsidentin, https://www.faz.net/aktuell/salome-surabischwili-wird-neue-praesidentin-in-georgien-15915289.html, Zugriff 12.8.2019

* FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004335.html, Zugriff 12.8.2019

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Presidential Election, Second Round, 28 November 2018 - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/georgia/404642?download=true, Zugriff 12.8.2019

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 12.8.2019

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (5.8.2019): Georgian Parliament Speaker Presents Amendments To Electoral Code, https://www.rferl.org/a/georgian-parliament-speaker-presents-amendments-to-electoral-code/30093372.html, 13.8.2019

* Der Standard (2.12.2018): 25.000 Georgier wegen angeblichen Wahlbetrugs auf den Straßen - derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen, https://derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen?ref=rec, Zugriff 12.8.2019

* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren, http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 12.8.2019

Sicherheitslage

Die Lage kann in den meisten Landesteilen als stabil bezeichnet werden. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien bzw. Südossetiens und Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 13.8.2019).

Die EU unterstützt durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die EU-Beobachtermission (EUMM) aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung. 2009 wurde der Incident Prevention and Response Mechanism (IPRM) geschaffen, der Risiko- und Sicherheitsfragen der Gemeinden in den abtrünnigen Regionen Abchasiens und Südossetens erörtern soll (EC 30.1.2019).

Quellen:

* EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf, Zugriff 30.1.2019

* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (13.8.2019): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 13.8.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Georgien hat bei der Reform des Justizsektors bescheidene Fortschritte erzielt. Es gibt noch immer wichtige Herausforderungen, um die erzielten Fortschritte zu konsolidieren und die Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten. Die Zivilgesellschaft hat Bedenken hinsichtlich einer möglichen politischen Einmischung in die Justiz und den Medienpluralismus. Die wirksame Umsetzung der Rechtsvorschriften zu Menschenrechten und Antidiskriminierung stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Am 23.3.2018 schloss das georgische Parlament den Prozess der Verfassungsreform ab. Die überarbeitete Verfassung enthält neue Bestimmungen über die Gleichstellung der Geschlechter, Antidiskriminierung und Kinderrechte (EC 30.1.2019).

Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung. NGOs, die den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch begleiten, mahnen weiterhin die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren an. Ungeachtet der institutionellen Unabhängigkeit der Justiz kommt in brisanten Fällen immer wieder der Verdacht externer Einflussnahme auf. In einigen Fällen wurde der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg angerufen. Politisch motivierte Strafverfolgung war bis 2012 erkennbar und erfolgte in der Regel durch fingierte Vorwürfe von Korruption, Amtsmissbrauch oder Steuervergehen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden von georgischen und ausländischen NGOs nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess (AA 27.8.2018).

Trotz der laufenden Justizreformen bleiben die Einmischung der Exekutive und der Legislative in die Gerichte ein erhebliches Problem, ebenso wie die Korruption und der Mangel an Transparenz und Professionalität bei Gerichtsverfahren. Nach einem neuen verfassungsrechtlichen Rahmen, der nach den Präsidentschaftswahlen 2018 in Kraft trat, werden die Richter des Obersten Gerichtshofs nicht mehr vom Präsidenten, sondern vom Hohen Justizrat ernannt und vom Parlament gebilligt. Ein gerichtliches Selbstverwaltungsorgan wählt die Mehrheit der Mitglieder des Rates (FH 4.2.2019).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (27.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf, Zugriff 22.8.2019

* FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004335.html, Zugriff 22.8.2019

Sicherheitsbehörden

Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Bis 2012 waren Exekutivorgane, z.B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, als Machtinstrument oder als Mittel zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile von Regierungsangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen missbraucht worden. Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter des Gesetzes werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch als untätig wahrgenommen, was zu einem Verlust an Respekt geführt hat. Die Geheim- und Nachrichtendienste treten nicht als Repressionsinstrumente auf. Eine von NGOs angemahnte organisatorische Trennung der Sicherheitsdienste vom Innenministerium ist bisher aber nicht vorgenommen worden (AA 27.8.2018).

Während die zivilen Behörden eine wirksame Kontrolle über das Verteidigungsministerium ausüben, besteht seitens der zivilen Behörden nicht immer eine wirksame Kontrolle über das Innenministerium und den Staatssicherheitsdienst. Die Wirksamkeit der staatlichen Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden und Sicherheitskräfte ist begrenzt, und die Besorgnis über Straffreiheit bleibt hoch (USDOS 13.3.2019).

Straffreiheit für Strafverfolgungsbehörden bei Misshandlungsfällen bleibt ein anhaltendes Problem. Wenn Untersuchungen eingeleitet werden, führen sie oft zu Anklagen mit milderen bzw. inadäquaten Sanktionen und selten zu Verurteilungen. Die Behörden weigern sich routinemäßig, denjenigen, die eine Misshandlung anzeigen, den Status eines Opfers zu gewähren, und verwehren den Betroffenen, die Ermittlungsakten zu überprüfen (HRW 17.1.2019).

Trotz der rückläufigen Zahl der Beschwerden wegen polizeilicher Gewaltanwendung, welche beim Büro der Ombudsperson einlangten, verdoppelte sich fast gleichzeitig die Zahl der Verletzungen der Häftlinge nach der Festnahme. In der autonomen Region Adscharien stieg die Zahl der Verletzung nach Festnahmen fast um das Neunfache (PD 2.4.2019).

Im Juli 2018 verabschiedete das Parlament ein Gesetz zur Einrichtung eines staatlichen Inspektorats (State Inspector's Service), einer separaten Stelle, die für die Untersuchung von Missbräuchen durch die Strafverfolgungsbehörden zuständig ist. Das Gesetz räumt dem Staatsanwalt eine Aufsichtsfunktion über die Ermittlungen dieser Stelle ein, einschließlich des Rechts, verbindliche Anweisungen für jedes Untersuchungsverfahren zu erteilen oder Ermittlungsentscheidungen zu ändern, was die Unabhängigkeit des Inspektorats beeinträchtigt (HRW 17.1.2019).

Am 10.5.2019 nahm der "State Inspector's Service" als Nachfolgeorganisation des "Inspektionsbüros zum Schutz personenbezogener Daten" seinen Betrieb auf. Neben der Beobachtung etwa der gesetzeskonformen Verarbeitung von personenbezogenen Daten ist seit 1.7.2019 eine weitere Hauptaufgabe des State Inspector's Service die unparteiische und wirksame Untersuchung schwerer Verbrechen (inklusive Folter), die von Vertretern der Strafverfolgungsbehörden gegen die Menschenrechte und Freiheiten verübt werden, sowie Untersuchung von Straftaten, die unter Anwendung von Gewalt oder unter Verletzung der persönlichen Würde eines Opfers begangen wurden (SIS 22.8.2019).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (27.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002236.html, Zugriff 22.8.2019

* PD - Public Defender of Georgia (2.4.2019): Public Defender Presents Report on Situation of Human Rights and Freedoms in Georgia, http://www.ombudsman.ge/eng/akhali-ambebi/sakhalkho-damtsvelma-parlamentshi-sakartveloshi-adamianis-uflebata-da-tavisuflebata-datsvis-mdgomareobis-shesakheb-angarishi-tsaradgina, Zugriff 26.8.2019

* SIS - State Inspector's Service (22.8.2019): Who we are? https://personaldata.ge/en/about-us#, Zugriff 22.8.2019

* USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004295.html, Zugriff 22.8.2019

Folter und unmenschliche Behandlung

Umfangreicher Personalaustausch, insbesondere in den Behördenleitungen, die juristische Aufarbeitung (Strafverfahren gegen Verantwortliche) sowie durchgreifende Reformen bei Polizei und im Strafvollzug haben Vorfälle von Gewaltanwendung auf Einzelfälle reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht mehr feststellbar. Ombudsperson und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen bekannt werdende Vorfälle von Gewaltanwendung und gegebenenfalls unzureichend betriebene Ermittlungen öffentlich an. 2017/18 gab es Berichte über angebliche Fälle von Misshandlungen in Polizeistationen (AA 27.8.2018).

Beim Besuch der Europäischen Anti-Folterkomitees des Europaratals (CPT) im September 2018 wurden seitens Personen, die sich in Polizeigewahrsam befanden oder zuvor befunden hatten kaum Anschuldigungen wegen Misshandlung durch Polizeibeamte erhoben. Keinerlei diesbezügliche Anschuldigungen gab es gegenüber dem Personal in temporären Haftinstitutionen (CoE-CPT 10.5.2019). Allerdings erhielt das Büro der Ombudsperson bis September 2018 149 Beschwerden über Misshandlungen durch Gefängnispersonal oder die Polizei und ersuchte hierbei die Staatsanwaltschaft, in acht Fällen Untersuchungen einzuleiten. Keine der Untersuchungen führte zu einer Strafverfolgung (HRW 17.1.2019 ).

Was die Misshandlung betrifft, so gibt es den Aktionsplan zur Bekämpfung von Folter, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe für den Zeitraum 2017-2018. Die Fälle von Misshandlungen im Strafvollzug haben sich im Gegensatz zu den Fällen von Misshandlungen durch Polizeibeamte verringert (EC 30.1.2019).

Laut Bericht des Büros der Ombudsperson ist eine der wichtigsten Herausforderungen die Durchführung effektiver Untersuchungen in Fällen von Misshandlung. Die im Laufe der Jahre bestehenden Probleme im Hinblick auf eine effektive Untersuchung sind meist noch vorhanden und stellen definitiv ein Problem dar. Aus diesem Grund hegt die Ombudsperson große Hoffnungen in die Ermittlungsfunktionen des staatlichen Inspektorates (SIS).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (27.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* CoE-CPT - Council of Europe - European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (10.5.2019): Report to the Georgian Government on the visit to Georgia carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 10 to 21 September 2018 [CPT/Inf (20 19 )16], https://www.ecoi.net/en/file/local/2009081/2019-16-inf-eng.docx.pdf, Zugriff 22.8.2019

* EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf, Zugriff 22.8.2019

* HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002236.html, Zugriff 22.8.2019

Korruption

Bei der Prävention und Bekämpfung der Korruption hat Georgien die Antikorruptionsstrategie und seinen Aktionsplan im Einklang mit den Verpflichtungen der Assoziationsagenda weiter umgesetzt. Allerdings bestehen nach wie vor einige Bedenken hinsichtlich der Korruption auf hoher Ebene (EC 30.1.2019).

Während das Land bei der Bekämpfung der Kleinkriminalität erhebliche Fortschritte gemacht hat, bleibt die Korruption innerhalb der Regierung ein Problem. In einigen Fällen hat sie bei der staatlichen Postenbesetzung angeblich die Form von Vettern- und Günstlingswirtschaft angenommen. Die wirksame Anwendung von Antikorruptionsgesetzen und -vorschriften wird durch die mangelnde Unabhängigkeit sowohl der Strafverfolgungsbehörden als auch der Justiz beeinträchtigt. Erfolgreiche Klagen gegen hochrangige Beamte, die mit der Führung der Regierungspartei "Georgischer Traum" in gutem Einvernehmen stehen, sind selten (FH 4.2.2019).

Im "Corruption Perceptions Index 2018" von Transparancy International erreichte Georgien 58 von 100 [bester Wert] Punkten und lag damit auf Rang 41 von 180 Ländern (2017: 56 Punkte und Rang 46 von 180 Ländern) (TI 29.1.2019a). Zwar hat sich das Land im Ranking leicht verbessert, doch steht es vor einem Rückfall in der Demokratieentwicklung, was es anfällig für Korruption auf hoher Ebene macht. Dieser Rückwärtstrend ist unter anderem auf die mangelnde Rechenschaftspflicht bei der Strafverfolgung, Korruption und politische Einmischung in die Justiz und von der Regierung unterstützte Angriffe auf die unabhängige Zivilgesellschaft zurückzuführen. Trotz der dringenden Notwendigkeit, Fälle von Korruption und Fehlverhalten in der Regierung zu untersuchen, hat Georgien es versäumt, unabhängige Stellen einzurichten, die dieses Mandat übernehmen. Straflosigkeit trägt zum öffentlichen Misstrauen bei. Laut einer kürzlich von Transparency International Georgia durchgeführten Umfrage glauben 36% der Bürger, dass Beamte ihre Macht zum persönlichen Vorteil missbrauchen. Das ist ein Anstieg des Wertes verglichen mit nur 12% im Jahr 2013 (TI 29.1.2019b).

Quellen:

* EC - European Commission (30.1.2019): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2019) 16 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2019_association_implementation_report_georgia.pdf, Zugriff 22.8.2019

* FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004335.html, Zugriff 22.8.2019

* TI - Transparency International (29.1.2019a): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/country/GEO, Zugriff 22.8.2019

* TI - Transparency International (29.1.2019b): Eastern Europe & Central Asia: weak checks and balances threaten anti-corruption efforts, https://www.transparency.org/news/feature/weak_checks_and_balances_threaten_anti_corruption_efforts_across_eastern_eu, Zugriff 22.8.2019

NGOs und Menschrechtsaktivisten

Nichtregierungsorganisationen (NGOs) können sich in der Regel ohne Probleme registrieren und ihre Arbeit aufnehmen. Sie werden in der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen, von der Regierung generell respektiert und können auch Einfluss auf die politische Willensbildung ausüben. Einige wurden auch an wichtigen politischen Verfahren als Berater beteiligt (AA 11.12.2017).

Ein wachsendes Netzwerk von sogenannten "Watchdog"-NGOs wirbt zunehmend für Bürgerrechte. Der zivilgesellschaftliche Sektor wächst weiter zahlenmäßig und hinsichtlich der Kapazitäten, bleibt aber in erster Linie in der Hauptstadt und anderen größeren Städte konzentriert. NGOs haben nur schwache Verbindungen mit der breiteren Bevölkerung (BTI 1.2018, vgl. FH 4.2.2019).

Trotz der Schwäche der zivilgesellschaftlichen Organisationen in Bezug auf die Zahl der Mitglieder und der Abhängigkeit von finanziellen Zuwendungen spielen sie eine entscheidende Rolle bei der Formulierung der staatlichen Politik und der Aufsicht. Über die von der EU unterstützte Nationale Plattform des Forums der Zivilgesellschaft hat letztere die Möglichkeit, ihre Anliegen auf internationaler Ebene zu äußern (BTI 1.2018).

Während manche NGOs in die politischen Diskussionen einbezogen werden, berichten andere, dass sie unter Druck stehen, vor allem in Form von öffentlicher Kritik von Regierungsbeamten aber auch seitens der Opposition (FH 4.2.2019). 2018 kam es zu Statements des Justizministers und des Vorsitzenden des Parlaments, die sich an Menschenrechtsaktivisten richteten und darauf abzielten, die Arbeit von NGOs zu diskreditieren (HRC 2019).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (27.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* BTI - Bertelsmann Stiftung (1.2018), BTI 2018 - Georgia Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Georgia.pdf, Zugriff 26.8.2019

* FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004335.html, Zugriff 22.8.2019

* HRC - Human Rights Center (2019): Annual Reprot, State of Human Rights in Georgia 2018, https://www.hridc.org/admin/editor/uploads/files/pdf/hrcrep2018/annual%20report%202019%20-eng-.pdf, Zugriff 26.8.2019

Ombudsperson

Die Ombudsperson (Public Defender of Georgia) überwacht die Einhaltung der Menschenrechte und Freiheiten in Georgien. Sie berät die Regierung in Menschenrechtsfragen. Sie analysiert auch die Gesetze, Richtlinien und Praktiken des Staates in Übereinstimmung mit den internationalen Standards und gibt entsprechende Empfehlungen ab. Die Ombudsperson übt die Funktionen des Nationalen Präventionsmechanismus (NPM) aus, der im Fakultativprotokoll zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (OPCAT) vorgesehen ist. Basierend auf dem Gesetz zur "Beseitigung aller Formen der Diskriminierung" wird die Ombudsperson auch als Gleichbehandlungsstelle definiert, deren Hauptfunktion darin besteht, die Umsetzung des Gesetzes zu überwachen. Das Büro der Ombudsperson führt zudem Bildungsaktivitäten im Bereich der Menschenrechte und Freiheiten durch und reicht beim Verfassungsgericht von Georgien Beschwerden ein, falls die Menschenrechte und Freiheiten durch einen normativen Akt verletzt werden. Die Ombudsperson ist ferner ermächtigt, die Funktion des Amicus Curiae bei den ordentlichen Gerichten und dem Verfassungsgericht von Georgien auszuüben (ENNHRI 19.12.2017).

Mit der Ombudsperson für Menschenrechte, aber auch dem Menschenrechtsausschuss des Parlaments bestehen weithin bekannte Institutionen und Beschwerdeeinrichtungen. Sie verfügen zwar nicht über eigene Sanktionsmittel, nutzen aber sehr aktiv ihre Möglichkeiten, Missstände und individuelle Beschwerdefälle zu untersuchen die Ergebnisse zu veröffentlichen und Empfehlungen an Regierungsbehörden zu geben. Mit ihren sehr zahlreichen öffentlichen Stellungnahmen zu vielen Themen und Einzelfällen und mit konkreten Empfehlungen an Regierungsstellen erzielt sie viel öffentliche Aufmerksamkeit. Die Ombudsperson veröffentlicht auch regelmäßig Berichte über ihre Erkenntnisse zur Menschenrechtslage. Die Regierung muss auf die Handlungsempfehlungen reagieren. Außerdem kann die Ombudsperson die Staatsanwaltschaft auffordern Untersuchungen einzuleiten und Verfassungsklagen erheben. Die Zahl der Regionalbüros im Land stieg auf neun. Der stetige Anstieg der Beschwerden zeigt ein zunehmendes Bewusstsein der Bevölkerung für ihre Rechte und ein zunehmendes Ansehen der Institution des Ombudsperson (AA 27.8.2018).

NGOs betrachten das Amt der Ombudsperson als objektivste aller staatlichen Einrichtungen, die sich mit Menschen- und Bürgerrechten befassen. Während das Büro der Ombudsperson im Allgemeinen ohne staatliche Einmischung arbeitet und als effizient gilt, berichtet die Ombudsperson im Gegenzug, dass die Regierungsstellen manchmal nur teilweise oder gar nicht auf Anfragen und Empfehlungen reagieren, obwohl sie verpflichtet sind, innerhalb von zehn Tagen zu antworten und Folgemaßnahmen innerhalb von 20 Tagen einzuleiten (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (27.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* ENNHRI - European Network of National Human Rights Institutions (19.12.2017): The Public Defender (Ombudsman) of Georgia, http://www.ennhri.org/The-Public-Defender-Ombudsman-of-Georgia-131, Zugriff 26.8.2019

* USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004295.html, Zugriff 26.8.2019

Allgemeine Menschenrechtslage

Artikel 7 der georgischen Verfassung verpflichtet den Staat zu Anerkennung und Schutz der universellen Menschenrechte; sie sind direkt anwendbares Recht für Staat und Bürger. Einzelne Menschenrechte werden explizit in eigenen Verfassungsartikeln postuliert. Mit der Ombudsperson für Menschenrechte (vom Parlament ernannt), aber auch dem Menschenrechtsausschuss des Parlaments bestehen weithin Institutionen und Beschwerdeeinrichtungen. Auch Staatsanwaltschaft und Gerichte, die in Georgien an Unabhängigkeit und Vertrauen in der Bevölkerung gewonnen haben, werden zunehmend zur Wahrung individueller Rechte in Anspruch genommen. Darüber hinaus können lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen ohne jede staatliche Behinderung ermitteln und öffentlichkeitswirksam Ergebnisse präsentieren und Kritik äußern. Menschenrechte un

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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