TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/7 96/19/1971

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Veröffentlicht am 07.11.1997
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Index

22/02 Zivilprozessordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §47;
ZPO §292;
ZPO §293;
ZPO §294;
ZPO §296;
ZPO §310;
ZPO §311;
ZustG §22;
ZustG §3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winkler, über die Beschwerde des 1965 geborenen MO in Wien, vertreten durch Dr. Ulla Ulrich-Mossbauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntnerstraße 35, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Mai 1996, Zl. 119.294/2-III/11/96, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. Verfügung des Verlustes einer Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verfügte zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung mit Geltungsdauer vom 1. Jänner 1996 bis 1. Jänner 1997. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. Februar 1996 wurde der Verlust dieser Aufenthaltsbewilligung gemäß § 8 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) verfügt.

Nach Ausweis des im Akt erliegenden Rückscheines erfolgte die Zustellung dieses Bescheides am 4. März 1996. Der Rückschein langte bei der erstinstanzlichen Behörde am 6. März 1996 ein.

Gegen diesen Bescheid richtete sich die mit 12. April 1996 datierte, am 17. April 1996 zur Post gegebene Berufung des Beschwerdeführers.

Ohne weitere Verfahrensschritte zu setzen, wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 10. Mai 1996 diese Berufung zurück. Begründend führte sie aus, gemäß § 63 Abs. 5 AVG seien Berufungen binnen zwei Wochen nach erfolgter Zustellung einzubringen. Die Zustellung sei rechtswirksam am 4. März 1996 erfolgt. Die Berufung sei erst am 17. April 1996 und daher verspätet eingebracht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht erkennbar Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesem Grunde aufzuheben. Er erstattet folgendes Vorbringen zur Begründung der Beschwerde:

"Laut Auskunft meines Klienten erfolgte die Zustellung des Bescheides der MAbt.62 am 3.4.1996. Die Berufung ist daher rechtzeitig eingebracht worden."

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Am 1. September 1997 hielt der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer den Inhalt des die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides vom 23. Februar 1996 betreffenden Rückscheines vor. Der Beschwerdeführer äußerte sich zu diesem Vorhalt nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

Gemäß § 22 ZustellG ist die Zustellung auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden. Nach § 3 ZustellG handelt der Zusteller hinsichtlich der Wahrung der Gesetzmäßigkeit der Zustellung als Organ der Behörde. Der vom Zusteller unterfertigte Rückschein ist daher eine öffentliche Urkunde.

Gemäß § 47 AVG ist die Beweiskraft öffentlicher Urkunden von den Behörden nach den Vorschriften der §§ 292 bis 294, 296, 310 und 311 ZPO zu beurteilen. Gemäß § 292 Abs. 1 ZPO begründen öffentliche Urkunden grundsätzlich den vollen Beweis dessen, was darin von der Behörde amtlich verfügt oder erklärt oder von der Behörde oder der Urkundsperson bezeugt wird; nach § 292 Abs. 2 ZPO ist der Beweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges, der bezeugten Tatsache oder der unrichtigen Beurkundung zulässig. Eine öffentliche Urkunde begründet somit die - allerdings widerlegbare - Vermutung ihrer inhaltlichen Richtigkeit.

Da es die belangte Behörde unterließ, dem Beschwerdeführer die Verspätung seiner Berufung vorzuhalten, unterliegt das oben wiedergegebene, auch nach Vorhalt des Inhaltes des Rückscheines durch den Verwaltungsgerichtshof weder ergänzte noch erläuterte Beschwerdevorbringen zwar nicht dem Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Dennoch ist es in dieser Form untauglich, einen relevanten Mangel des Verwaltungsverfahrens vor der belangten Behörde aufzuzeigen, weil die bloße Behauptung, die Zustellung an den Beschwerdeführer sei nicht am 4. März, sondern am 3. April 1996 erfolgt, ohne jede Erklärung, wie es zur Ausstellung des Rückscheines vom 4. März 1996 gekommen war, zur Widerlegung der inhaltlichen Richtigkeit des Rückscheines untauglich ist.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996191971.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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