Entscheidungsdatum
31.03.2020Norm
SchPflG 1985 §24Spruch
W224 2228419-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL über den Antrag von 1. XXXX eigenen Namen sowie von 2. XXXX als Vertreter XXXX der gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.02.2020, W224 2228419-1/2Z, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, beschlossen:
Der Revision wird gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Mit Schriftsatz vom 23.03.2020 brachte die revisionswerbende Partei eine Revision gegen den im Spruch angeführten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes ein.
Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führte die revisionswerbende Partei folgendes an:
"Vorbemerkungen: Gemäß § 30 (2) VwGG ist die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für die Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof sprach bereits aus, dass ein großes öffentliches Interesse an der ausreichenden Beschulung von schulpflichtigen Kindern besteht. Wie bereits unter Punkt IV.2. ausgeführt, liegt jedoch im gegenständlichen Fall keine allgemeine Gefährdung des Interesses auf ?ausreichende Beschulung von schulpflichtigen Kindern' in Österreich oder gar eine akute Gefahr für dieses Rechtsgut vor.
Vielmehr soll gerade durch die gesetzten Maßnahmen (Besuch der Montessori-Dalton-Schule) dem Zweitrevisionswerber ein positiver Schulabschluss ermöglicht werden. Die Maßnahmen schützen somit auch das öffentliche Interesse auf ausreichende Beschulung von schulpflichtigen Kindern und stehen diesem Interesse nicht entgegen.
Die durch die Covid19-Maßnahmen bedingten Schulschließungen, die offensichtlich noch länger andauern werden, würden den Zweck des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung faktisch beseitigen, da der Zweitrevisionswerber trotzdem nicht die NMS Schweglerstraße besuchen könnte. Ein Schuleintritt während dieser Zeit erscheint objektiv betrachtet - zumindest aus heutiger Sicht - unzumutbar.
1. Sollte der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsansicht nicht teilen, so ist jedenfalls nach einer objektiven Interessenabwägung, die auch das Kindeswohl umfassen sollte, festzustellen, dass dem Zweitrevisionswerber ein schwerwiegender Nachteil droht, falls er nun "auf staatlichen Befehl" aus einer Umgebung gerissen wird, die es ihm endlich ermöglichte, menschliches Vertrauen zu erwerben und zu sehen, dass es Menschen gibt, die für ihn da sind (und auch für ihn kämpfen).
Ein schwerwiegender Nachteil droht auch insoweit, als sein bisheriger Entwicklungserfolg bereits mit einem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zerstört würde. Ein ablehnender Beschluss über die aufschiebende Wirkung würde für den Erstrevisionswerber nämlich bedeuten, den Pflegebefohlenen ohne Verzug aus seiner zwar gerade erst gewohnten aber eindeutig positiven Umgebung reißen zu müssen, weil der Erstrevisionswerber dann entsprechend dem gegenständlichen Bescheid handeln müsste. Diese Option würde nach wissenschaftlichen Erkenntnissen eine Situation schaffen, die zu einem gefährlichen Affektdurchbruch beim Zweitrevisionswerber und somit zu einer Gefahr für seine geistige Gesundheit führen könnte. Sollte dann letztlich der gegenständlichen Revision stattgegeben werden, würde das nur mehr einen rechtlichen Erfolg darstellen, faktisch jedoch keinen Nutzen mehr für den Zweitrevisionswerber haben.
2. Auch für den Erstrevisionswerber droht ein schwerwiegender Nachteil, weil der sozialpädagogische Erfolg, den seine Mitglieder und Mitarbeiter für ihn bisher leisteten, unwiederbringlich zerstört werden würde.
Außerdem drohen dem Erstrevisionswerber massive Verwaltungsstrafen, da derzeit alle vier Tage eine neue Anzeige von der Schuldirektion der NMS Schweglerstraße angekündigt wurde (Beilage ./D).
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Revision liegen daher vor."
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung:
1. § 30 Abs. 2 VwGG lautet: "Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden."
Der VwGH (VwGH 20.4.2017, Ra 2017/19/0113) entschied in Bezug auf die Frage, ob das VwG oder der VwGH zur Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bei einer außerordentlichen Revision zuständig ist, dass (auch) im Fall einer außerordentlichen Revision gemäß § 30 Abs. 2 VwGG bis zu deren Vorlage die Zuständigkeit, über einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden, beim VwG liege. Erst ab der Vorlage der Revision bestehe gemäß § 30 Abs. 2 VwGG eine solche des VwGH. Der VwGH (VwGH 25.4.2017, Ra 2017/16/0039) legte § 30a Abs. 3 VwGG im Zusammenhalt mit § 30a Abs. 7 VwGG so aus, dass erstere Bestimmung keine Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung begründe, sondern das VwG dazu verpflichte, über einen solchen Antrag unverzüglich zu entscheiden. § 30a Abs. 3 VwGG trete mit dieser Anordnung ergänzend hinzu und § 30a Abs. 7 VwGG bedeute nicht, dass das VwG über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Falle einer außerordentlichen Revision nicht entscheiden dürfte. Der Umstand, dass es der Gesetzgeber - durch die Regelung des § 30a Abs. 7 VwGG - nur in Bezug auf die ordentliche Revision für erforderlich gehalten habe, die Verpflichtung des VwG zur unverzüglichen Entscheidung über einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ausdrücklich anzuordnen, lasse sich damit begründen, dass bei ordentlichen Revisionen typischerweise eine längere Zeit verstreiche, bis die Revision dem VwGH vorgelegt werde. Unbeschadet dessen bleibe jedoch das VwG auch im Falle einer außerordentlichen Revision bis zur Vorlage der Revision an den VwGH zur Entscheidung über einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Revision zuständig und zur Entscheidung verpflichtet.
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht ein großes öffentliches Interesse an der ausreichenden Beschulung von schulpflichtigen Kindern entsprechend dem österreichischen Schulpflichtgesetz (vgl. etwa VwGH 04.09.2012, AW 2012/10/0046, m.w.N). Davon ausgehend gelingt es den Revisionswerbern mit ihrem Vorbringen nicht, einen unverhältnismäßigen Nachteil durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses aufzuzeigen, daher ist von den - für das gegenständliche Provisorialverfahren unbedenklichen - Annahmen der angefochtenen Entscheidung auszugehen. Darin wurden die berührten öffentlichen Interessen bereits klar dargestellt.
Schon aus diesen Erwägungen war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.
Soweit die Revisionswerber die durch die Covid19-Maßnahmen bedingten Schulschließungen thematisieren, ist dem entgegenzuhalten, dass zwar der Unterricht unter anderem an Pflichtschulen seit 16.03.2020 ausgesetzt ist, die einzelnen Schulen jeweils aber angehalten sind, für ihre Klassen einheitliche Übungshefte und Übungsmaterialien zu erstellen und diese den Schülerinnen und Schülern mitzugeben bzw. zur Verfügung zu stellen. Seit 16.03.2020 ist der Unterricht an Pflichtschulen ausgesetzt, jedoch ist das entsprechende Übungsmaterial zugänglich und erhältlich. Somit ist es derzeit zwar nicht möglich, tatsächlich in einem Schulgebäude entsprechenden Unterricht zu erhalten, jedoch kann einschlägiges Übungsmaterial des jeweiligen Schultyps besorgt und so der Lehrstoff bearbeitet werden. Nach Ablauf der Aussetzung des Unterrichts an Pflichtschulen kann die allgemeine Schulpflicht eines Kindes wieder durch tatsächlichen Besuch des Unterrichts an einer Schule erfüllt werden.
Dem Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, ist somit nicht stattzugeben
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall außerordentliche Revision Revision SchulpflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W224.2228419.1.01Im RIS seit
05.10.2020Zuletzt aktualisiert am
05.10.2020