TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/2 W227 2224230-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.04.2020
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Entscheidungsdatum

02.04.2020

Norm

AusLBVO §1
B-VG Art133 Abs4
NAG §41 Abs2 Z2
PrivSchG §5 Abs1
PrivSchG §5 Abs4
PrivSchG §5 Abs5
PrivSchG §5 Abs6
PrivSchG §6
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W227 2224230-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Wien vom 11. Juli 2019, Zl. 600.922261/0005-RPS/2019, zu Recht:

A)

Der angefochtene Bescheid wird behoben.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Der beschwerdeführende Verein ist Schulerhalter der Privatschule " XXXX ", eine Schule mit eigenem Organisationsstatut. Mit Schreiben vom 14. Juni 2019 zeigte der beschwerdeführende Verein die Bestellung von XXXX als Lehrerin an der Ja XXXX für die Unterrichtsgegenstände "Japanisch", "Mathematik" sowie "Bewegung und Sport" an. Dazu legte der beschwerdeführende Verein den japanischen Reisepass, ein "Rezertifizierungszeugnis" der japanischen Bildungsabschlüsse aus dem Jahr 2013 sowie eine Strafregisterbescheinigung vom 11. Juni 2019 vor.

2. Daraufhin hielt die Bildungsdirektion für Wien dem beschwerdeführenden Verein vor, der Anzeige sei weder ein Sprachennachweis auf dem Niveau C1 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GER) in der deutschen Sprache noch ein Aufenthaltstitel in Österreich angeschlossen gewesen.

3. Dem hielt der beschwerdeführende Verein entgegen, dass kein Sprachennachweis auf dem Niveau C1 in der deutschen Sprache zu erbringen sei und eine Prüfkompetenz der Schulbehörde hinsichtlich eines Aufenthaltstitels grundsätzlich nicht vorliege.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid untersagte die Bildungsdirektion für Wien die Verwendung von XXXX als Lehrerin an der XXXX und begründet dies folgendermaßen:

Die angezeigte Lehrerin verfüge offenbar über keinen Sprachennachweis auf dem Niveau C1 in der deutschen Sprache. Zwar sei der Bildungsdirektion für Wien bekannt, dass die XXXX danach strebe, eine Änderung der Ausländerbeschäftigungsverordnung (AuslBVO) zu erwirken, um als "Internationale Schule" in die Liste des § 1 Z 2 AuslBVO aufgenommen zu werden. Im Falle einer Aufnahme in § 1 Z 2 AuslBVO hätte das ausländische Lehrpersonal der XXXX gemäß § 5 Abs. 1 Privatschulgesetz (PrivSchG) nämlich keine Deutschkenntnisse auf dem Niveau C1 nachzuweisen. Solange die Privatschule jedoch noch nicht in § 1 Z 2 AuslBVO angeführt sei, gehe das Vorbringen des beschwerdeführenden Vereins ins Leere.

Wenn der beschwerdeführende Verein der Ansicht sei, dass die zur Bestellung angezeigte Lehrerin über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügen müsse, verkenne dieser, dass die Lehrperson de facto nur an der betreffenden Privatschule arbeiten könne, wenn zumindest der Aufenthaltstitel "Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit" vorliege.

5. Dagegen erhob der beschwerdeführende Verein die vorliegende Beschwerde, in der er zusammengefasst vorbringt:

Die Bestimmung des § 5 Abs. 1 PrivSchG lege verschiedene Fälle fest, in denen Lehrer keinen Nachweis eines C1-Deutschniveaus erbringen müssten. Danach enthalte § 5 Abs. 1 PrivSchG eine "negative Auszählung", d.h. "bei Erfüllung einer der in den fünf Fällen genannten Voraussetzungen, [sei] kein Sprachnachweis zu erbringen". Die XXXX führe weder eine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung noch handle es sich dabei um eine Schule, die nicht auf den Erwerb der mit der erfolgreichen Ablegung einer Reifeprüfung verbundenen Berechtigung abziele. Vielmehr sehe das mit Bescheid vom 25. April 2019 genehmigte Organisationsstatut ein Ende des Schulbesuchs mit einer Reifeprüfung oder einer ähnlichen Prüfung vor. Die Lehrerin XXXX habe daher keinen Sprachnachweis auf Niveau C1 in der deutschen Sprache zu erbringen. Darüber hinaus befinde sich eine Änderung der AuslBVO bereits in der Begutachtungsphase.

Zur Annahme der Bildungsdirektion für Wien, wonach die Lehrerin XXXX über einen Aufenthaltstitel in Österreich verfügen müsse, sei festzuhalten, dass dies aus § 5 PrivSchG nicht hervorgehe. XXXX weise die Eignung als Lehrerin in sittlicher und gesundheitlicher Hinsicht auf. Es lägen somit keine Umstände in der Person von XXXX vor, die nachteiligen Auswirkungen auf das österreichische Schulwesen erwarten ließen. Abgesehen davon sei bereits ein Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltstitels für die Lehrerin XXXX bei der Magistratsabteilung 35, Einwanderung und Staatsbürgerschaft, anhängig.

6. Mit Schreiben vom 30. Juni 2019 wies der beschwerdeführernde Verein darauf hin, dass die XXXX nun in § 1 Z 2 der AuslBVO aufgenommen worden sei.

7. In Folge legte der beschwerdeführende Verein den Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte" für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) von XXXX , Zl. MA35-9/3250879-02, sowie eine Übernahmebestätigung des Aufenthaltstitels vom 3. Februar 2020 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der beschwerdeführende Verein zeigte die Bestellung von XXXX als Lehrerin an der XXXX für die Unterrichtsgegenstände "Japanisch", "Mathematik" und "Bewegung und Sport" an.

Die Lehrerin XXXX verfügt über den Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte" für sonstige Schlüsselkräfte.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig. Dass die Lehrerin XXXX über den Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte" für sonstige Schlüsselkräfte verfügt, ergibt sich aus aus der vorgelegten "Rot-Weiß-Rot-Karte", Zl. MA35-9/3250879-02, sowie der Übernahmebestätigung des Aufenthaltstitels vom 3. Februar 2020.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Behebung des Bescheides (Spruchpunkt A)

3.1.1. Gemäß § 5 Abs. 1 PrivSchG ist für die pädagogische und schuladministrative Leitung der Privatschule ein Leiter zu bestellen, der die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt (lit. a), der die Eignung zum Lehrer in sittlicher und gesundheitlicher Hinsicht aufweist (lit. b), der die Lehrbefähigung für die betreffende oder eine verwandte Schulart oder eine sonstige geeignete Befähigung nachweist (lit. c), der in der deutschen Sprache Sprachkenntnisse nach zumindest dem Referenzniveau C 1 des GER entsprechend der Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedsstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum GER nachweisen kann (lit. d) und in dessen Person keine Umstände vorliegen, die nachteilige Auswirkungen auf das österreichische Schulwesen erwarten lassen (lit. e).

Das Erfordernis gemäß lit. d wird auch durch einen Nachweis von zumindest gleichwertigen Sprachkenntnissen erfüllt. Lit. d gilt nicht für Personen gemäß § 1 Z 2 AuslBVO sowie für Schulen, die keine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung führen oder durch deren Besuch gemäß § 12 Schulpflichtgesetz (SchPflG), die allgemeine Schulpflicht nicht erfüllt werden kann oder die nach dem vom zuständigen Bundesminister erlassenen oder genehmigten Organisationsstatut nicht auf die Erlangung eines Zeugnisses über den erfolgreichen Besuch einer Schulstufe oder einer Schulart (Form bzw. Fachrichtung einer Schulart) oder nicht auf den Erwerb der mit der erfolgreichen Ablegung einer Reifeprüfung, Reife- und Diplomprüfung, Diplomprüfung oder Abschlussprüfung verbundenen Berechtigungen abzielen.

Gemäß § 5 Abs. 4 PrivSchG haben die an der Schule verwendeten Lehrer ebenfalls die in Abs. 1 genannten Bedingungen zu erfüllen.

Gemäß § 5 Abs. 5 PrivSchG kann die zuständige Schulbehörde von dem Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft (Abs. 1 lit. a und Abs. 4) Nachsicht erteilen, wenn die Verwendung im Interesse der Schule gelegen ist und öffentliche Interessen der Nachsichterteilung nicht entgegenstehen.

Gemäß § 1 Z 2 AuslBVO (i.d.F. BGBl. II Nr. 79/2018 [alte Fassung]) sind vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes das ausländische Lehrpersonal hinsichtlich seiner pädagogischen Tätigkeiten einschließlich der Betreuung der Vorschulstufen ab dem dritten Lebensjahr an der Internationalen Schule in Wien, an der Amerikanischen Internationalen Schule in Wien, an der Danube International School, an der Graz International and Bilingual School, an der Linz International School Auhof, an der Anton-Bruckner-International-School, an der American International School Salzburg, an der Vienna Elementary School, an der Vienna European School und an der Amadeus International School Vienna, ausgenommen.

Gemäß § 1 Z 2 AuslBVO (i.d.F. BGBl. II Nr. 263/2019 [neue Fassung]) sind vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes das ausländische Lehrpersonal hinsichtlich seiner pädagogischen Tätigkeiten einschließlich der Betreuung der Vorschulstufen ab dem dritten Lebensjahr an der Internationalen Schule in Wien, an der Amerikanischen Internationalen Schule in Wien, an der Danube International School, an der Graz International and Bilingual School, an der Linz International School Auhof, an der Anton-Bruckner-International-School, an der American International School Salzburg, an der Vienna Elementary School, an der Vienna European School, an der Amadeus International School Vienna, an der XXXX und an der International School Carinthia, ausgenommen.

Gemäß § 41 Abs. 1 Z 1 NAG kann Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-RotKarte" erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20d Abs. 1 Z 3 AuslBG, vorliegt.

3.1.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt maßgeblich (siehe dazu etwa VwGH 27.04.2016, Ra 2015/05/0069 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall untersagte die Bildungsdirektion für Wien die Verwendung von XXXX als Lehrerin an der XXXX , weil die angezeigte Lehrerin keinen Sprachennachweis in der deutschen Sprache auf dem Niveau C1 des GER für Sprachen und keinen Aufenthaltstitel in Österreich habe vorweisen können.

Mittlerweile hat sich jedoch die Sach- und Rechtslage geändert:

Denn seit dem Inkrafttreten der durch das BGBl. II Nr. 263/2019 novellierten Fassung der Ausländerbeschäftigungverordnung ist gemäß § 1 Z 2 AuslBVO nunmehr auch das ausländische Lehrpersonal hinsichtlich seiner pädagogischen Tätigkeiten an der XXXX vom Geltungsbereich des § 5 Abs. 1 lit. d PrivSchG ausgenommen. Somit hat XXXX als Lehrerin der XXXX keine Sprachkenntnisse in der deutschen Sprache nach zumindest dem Referenzniveau C1 des GER oder keinen Nachweis von zumindest gleichwertigen Sprachkenntnissen zu erbringen. Damit kann § 5 Abs. 1 lit. d PrivSchG nicht mehr als Untersagungsgrund herangezogen werden.

Weiters verfügt die Lehrerin XXXX mittlerweile über den Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte" für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 NAG, weshalb auch dieser Untersagungsgrund weggefallen ist.

Folglich ist der angefochtene Bescheid zu beheben.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018], § 24 VwGVG, Anm. 7a mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass die Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt maßgeblich ist, entspricht der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Änderung maßgeblicher Umstände Anzeige zur Einstellung eines Lehrers Behebung der Entscheidung Lehrer Privatschule Rechtslage Rot-Weiß-Rot-Karte Schlüsselkraft Sprachkenntnisse Untersagung der Verwendung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W227.2224230.1.00

Im RIS seit

05.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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