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19/05 Menschenrechte;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/19/2896 96/19/2897Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winkler, über die Beschwerden 1.) der 1982 geborenen YZ,
2.) der 1985 geborenen SZ und 3.) des 1987 geborenen XZ, sämtliche in Wien, sämtliche vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt
Dr. Angelika Truntschnig in 1220 Wien, Polgarstraße 30, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 7. März 1996, Zlen. 1.) 115.678/3-III/11/95,
2.) 115.678/4-III/11/95 und 3.) 115.678/5-III/11/95, jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres vom 7. März 1996 wurden die Anträge der Beschwerdeführer vom 22. Februar 1994 auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden im wesentlichen gleichlautend aus, die Beschwerdeführer hielten sich nach der auf ihren eigenen Angaben beruhenden Aktenlage seit Jahren im Bundesgebiet auf, ohne hiezu berechtigt zu sein. Dieser unrechtmäßige Aufenthalt rechtfertige die Annahme, ein weiterer Aufenthalt der Beschwerdeführer werde die öffentliche Ordnung gefährden. Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG sei verwirklicht. Die Erteilung einer Bewilligung sei aus dem Grunde des § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen. Die öffentlichen Interessen an einer Regelung der Migration überwögen die persönlichen Interessen der Beschwerdeführer.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes mit dem Antrag geltend, die angefochtenen Bescheide aus diesem Grunde aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und beantragte, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres rechtlichen, sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
§ 5 Abs. 1 AufG lautet:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautet:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"
Die Beschwerdeführer verweisen auf ihre Minderjährigkeit, sowie darauf, daß sie die gegenständlichen Anträge schon vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet eingebracht hätten. Die Aufenthaltsbehörden wären verpflichtet gewesen, diese Anträge innerhalb von sechs Monaten zu erledigen. Die Einreise vor Erledigung ihrer Aufenthaltsanträge könne den Beschwerdeführern daher nicht angelastet werden.
Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, daß auch die Unmündigkeit eines Fremden der Annahme, sein (weiterer) Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG nicht entgegensteht. Diesfalls obliegt es seinem gesetzlichen Vertreter, sich vor der Einreise, auch der seiner handlungsunfähigen Kinder, über die einschlägige Rechtslage zu informieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1995, Zl. 95/21/0464).
Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführer rechtfertigt ein länger dauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet die Annahme, sein weiterer Aufenthalt aufgrund einer zu erteilenden Bewilligung werde die öffentliche Ordnung gefährden, wenn dieser Fremde bislang weder über einen gewöhnlichen Sichtvermerk noch über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zl. 96/19/2429). Daß die Beschwerdeführer derartige Berechtigungen erlangt hätten, wird nicht behauptet. Die nach den Beschwerdebehauptungen vor ihrer Einreise erfolgte Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verschaffte den Beschwerdeführern noch kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet.
Auch der Hinweis der Beschwerdeführer auf ihre durch die Anwesenheit ihres Vaters im Bundesgebiet begründeten familiären Interessen vermag der Beschwerde aus nachstehenden Gründen nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG hat die Behörde - wenn sie es, wie im vorliegenden Fall, unterläßt, Feststellungen über die Rechtmäßigkeit der Einreise zu treffen - auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen, indem sie zu prüfen hat, ob sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit derart gefährden würde, daß die in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zl. 93/18/0380).
Auf Basis der Bescheidfeststellungen verfügten die Beschwerdeführer weder über gewöhnliche Sichtvermerke noch über Aufenthaltsbewilligungen. Eine Einschränkung eines gedachten durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten Rechtes der Beschwerdeführer auf Neuzuwanderung zur Wahrung ihrer familiären Interessen im Inland durch die hier auf § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gestützte Entscheidung wäre aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997).
Es kann daher dahingestellt bleiben, ob den Beschwerdeführern ein aus Art. 8 Abs. 1 MRK abgeleitetes Recht auf Familiennachzug überhaupt zusteht.
Aus diesen Erwägungen waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996192895.X00Im RIS seit
02.05.2001