TE Bvwg Beschluss 2020/4/24 W244 2226279-1

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Veröffentlicht am 24.04.2020
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Entscheidungsdatum

24.04.2020

Norm

BDG 1979 §78e Abs5
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W244 2226279-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Dr. Verena JEDLICZKA-MESSNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hermann RIEDER, gegen die Erledigung des Landespolizeidirektors für XXXX vom 23.09.2019, Zl. P6/43056/2015-PA, den Beschluss:

A)

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 30.06.2015 die Gewährung einer Freistellung vom Dienst gemäß § 78e BDG 1979 von 01.10.2019 bis 30.09.2020 gegen anteilige Bezugskürzung innerhalb einer Rahmenzeit von 01.10.2015 bis 30.09.2020.

Am 14.08.2015 erfolgte eine schriftliche Vereinbarung gemäß § 78e BDG 1979 zwischen dem Landespolizeidirektor für XXXX und dem Beschwerdeführer.

Mit Schreiben vom 06.09.2019 stellte der Beschwerdeführer im Wege seines Rechtsvertreters einen "Antrag auf Aufhebung der schriftlichen Vereinbarung gem. § 78e BDG vom 14.08.2015". Der Beschwerdeführer sei zufolge Krankheit nicht in der Lage, die Dienstfreistellung mit 01.10.2019 anzutreten. Es werde daher ersucht, wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage die Vereinbarung vom 14.08.2015 als gegenstandslos aufzuheben und den angesparten Betrag zu refundieren.

Mit Erledigung des Landespolizeidirektors für XXXX vom 23.09.2019 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass seinem Ansinnen nicht entsprochen werden habe können und eine Aufhebung der getroffenen Vereinbarung aus dienstlichen Gründen nicht erfolge.

Gegen dieses Schreiben brachte der Beschwerdeführer im Wege seines Rechtsvertreters eine Beschwerde ein. Darin führte der Beschwerdeführer u.a. aus, dass das Schreiben vom 23.09.2019 zwar nicht sämtliche formellen Merkmale eines Bescheids aufweise, sich in seinen wesentlichen Inhalten jedoch als solcher darstelle. Der Tatbestand des § 78e Abs. 5 BDG 1979 betreffe keinen zivilrechtlichen Sachverhalt, sondern einen des Beamtendienstrechts.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor. In der Beschwerdevorlage führte die belangte Behörde aus, dass ihrer Auffassung nach kein Antrag gemäß § 78e Abs. 5 BDG 1979 auf Widerruf oder Beendigung des Sabbaticals vorliege, weshalb auf die Eingabe des Beschwerdeführers ausdrücklich keine bescheidmäßige Erledigung erfolgt, sondern lediglich eine amtliche Mitteilung zugestellt worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Am 14.08.2015 erfolgte eine schriftliche Vereinbarung gemäß § 78e BDG 1979 zwischen dem Landespolizeidirektor für XXXX und dem Beschwerdeführer.

Mit Schreiben vom 06.09.2019 stellte der Beschwerdeführer im Wege seines Rechtsvertreters einen "Antrag auf Aufhebung der schriftlichen Vereinbarung gem. § 78e BDG vom 14.08.2015". Der Beschwerdeführer sei zufolge Krankheit nicht in der Lage, die Dienstfreistellung mit 01.10.2019 anzutreten. Es werde daher ersucht, wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage die Vereinbarung vom 14.08.2015 als gegenstandslos aufzuheben und den angesparten Betrag zu refundieren.

Am 23.09.2019 erging eine an den Beschwerdeführer gerichtete Erledigung der belangten Behörde mit folgendem Wortlaut:

"Betreff: XXXX ;

Antrag auf Aufhebung der Sabbatical - Vereinbarung. Ablehnung.

XXXX , 23.09.2019

Sehr geehrter Herr XXXX !

Bezugnehmend auf den Antrag vom 06.09.2019, betreffend die Aufhebung Ihrer mit der Landespolizeidirektion XXXX geschlossenen Sabbatical - Vereinbarung wird Ihnen mitgeteilt, dass Ihrem Ansinnen nicht entsprochen werden konnte und eine Aufhebung der getroffenen Vereinbarung aus dienstlichen Gründen nicht erfolgt.

Für den Landespolizeidirektor:

[...]"

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und sind soweit unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.1. Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.1.1 Der hier maßgebliche § 78e BDG 1979, BGBl. Nr. 333 idF BGBl. I Nr. 53/2007, lautet wie folgt:

"Sabbatical

§ 78e. (1) Der Beamte kann auf Antrag für einen Zeitraum von mindestens sechs und höchstens zwölf Monaten gegen anteilige Bezugskürzung innerhalb einer Rahmenzeit von zwei bis fünf vollen Jahren vom Dienst freigestellt werden, wenn

1. keine wichtigen dienstlichen Gründe entgegenstehen und

2. der Beamte seit mindestens fünf Jahren im Bundesdienst steht.

(2) Der Antrag hat den Beginn und die Dauer der Rahmenzeit zu enthalten. Beginn und Ende der Freistellung sind schriftlich zwischen Antragsteller und Dienstbehörde zu vereinbaren. Die Dienstbehörde darf eine derartige Vereinbarung nicht eingehen, wenn eine für die Dauer der Freistellung erforderliche Vertretung voraussichtlich weder durch einen geeigneten vorhandenen Bundesbediensteten noch durch einen ausschließlich zum Zweck dieser Vertretung in ein befristetes vertragliches Dienstverhältnis aufzunehmenden geeigneten Bundesbediensteten wahrgenommen werden können wird. Kommt eine Vereinbarung aus diesem Grund nicht zustande, ist der Antrag abzuweisen.

(3) Die Freistellung darf im Falle einer zwei- oder dreijährigen Rahmenzeit erst nach Zurücklegung einer einjährigen und im Falle einer vier- oder fünfjährigen Rahmenzeit erst nach Zurücklegung einer zweijährigen Dienstleistungszeit angetreten werden. Sie ist ungeteilt zu verbrauchen. Der Beamte darf während der Freistellung nicht zur Dienstleistung herangezogen werden.

(4) Während der übrigen Rahmenzeit (Dienstleistungszeit) hat der Beamte entsprechend demjenigen Beschäftigungsausmaß, das für ihn ohne Sabbatical gelten würde, Dienst zu leisten.

(5) Die Dienstbehörde kann auf Antrag des Beamten das Sabbatical widerrufen oder beenden, wenn keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen.

(6) Das Sabbatical endet bei

1. Karenzurlaub oder Karenz,

2. gänzlicher Dienstfreistellung oder Außerdienststellung,

3. Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienst,

4. Suspendierung,

5. unentschuldigter Abwesenheit vom Dienst oder

6. Beschäftigungsverbot nach dem MSchG,

sobald feststeht, dass der jeweilige Anlass die Dauer eines Monats überschreitet."

3.1.2. Nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gegenstand dieser Bescheidbeschwerdeverfahren kann nur ein Bescheid sein (vgl. VwGH 01.09.2015, Ra 2015/03/0060). Bescheide nach § 56 AVG sind individuelle, hoheitliche Erledigungen der Verwaltungsbehörde, durch die in bestimmten Verwaltungssachen in einer förmlichen Weise über Rechtsverhältnisse materiellrechtlicher oder formellrechtlicher Art abgesprochen wird, sei es, dass Rechtsverhältnisse festgestellt, sei es, dass sie gestaltet werden.

Die näheren Vorschriften, welche Bestandteile ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufzuweisen hat, finden sich in §§ 58 ff AVG; darunter ist insbesondere auch das Erfordernis genannt, dass jeder Bescheid als solcher zu bezeichnen ist und eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt (so zB VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0033, mit zahlreichen weiteren Hinweisen), kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat und auch normativ rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der Erledigung, also in dem Sinn auch aus deren Form ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge im Verfahren, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung und damit als Spruch im Sinn des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden.

Mangelt es einer Erledigung an der für Bescheide vorgesehenen Form, so muss deutlich hervorgehen, dass die Behörde dennoch den objektiv erkennbaren Willen hatte, mit der Erledigung gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten hoheitlichen Verwaltungsangelegenheit zu treffen (vgl. VwGH 19.12.2001, 2001/12/0053). An eine nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnete behördliche Erledigung ist hinsichtlich der Wertung als Bescheid ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. VwGH 18.10.2000, 95/17/0180). Bei Zweifeln über den Inhalt kommt auch der sonstigen Form der Erledigung entscheidende Bedeutung zu, wie etwa dem Gebrauch von Höflichkeitsfloskeln. Aus einer solchen Form der Erledigung ist eher darauf zu schließen, dass kein Bescheid, sondern eine nicht normative Willenserklärung oder eine bloße Wissenserklärung vorliegt (vgl. VwGH 22.02.2007, 2006/09/0216; 13.09.2006, 2006/12/0085).

3.1.3. Im gegenständlichen Fall ist zu klären, ob die Erledigung des Landespolizeidirektors für XXXX vom 23.09.2019 Bescheidqualität besitzt.

Ausgehend von ihrem Inhalt und ihrer Form vermag das Bundesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund der oben angeführten Rechtsprechung die Auffassung des Beschwerdeführers, die genannte Erledigung sei als Bescheid zu qualifizieren, nicht zu teilen.

Für die Verneinung eines Bescheids spricht insbesondere, dass die Erledigung keine ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid, keinen als Spruch gekennzeichneten Teil und auch keine Rechtsmittelbelehrung enthält.

Auch aus der Textierung der Erledigung ergibt sich nicht in der erforderlichen Eindeutigkeit, dass über ein hoheitliches Rechtsverhältnis rechtsverbindlich abgesprochen worden wäre. Einzelnen allenfalls als normative Aussagen zu deutenden Textpassagen insbesondere in der Überschrift ("Antrag auf Aufhebung der Sabbatical - Vereinbarung. Ablehnung") steht die gegen eine normative Regelung sprechende Wortwahl im Fließtext ("wird Ihnen mitgeteilt") entgegen. Auch die sonstigen Höflichkeitsfloskeln in der Anrede ("Sehr geehrter Herr") sprechen gegen einen normativen Charakter.

Unter Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Erledigung bleiben jedenfalls Zweifel daran offen, ob damit eine bescheidmäßige Erledigung erfolgte.

Bei einer derartigen Konstellation, also bei verbleibenden Zweifeln, ist im Lichte der oben dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Bezeichnung als Bescheid für die Bescheidqualität der Erledigung essentiell.

Davon ausgehend kann der hier in Rede stehenden Erledigung des Landespolizeidirektors für XXXX vom 23.09.2019 - unter Anlegung des von der Rechtsprechung geforderten strengen Maßstabs - nach Form und Inhalt keine Bescheidqualität beigemessen werden.

3.1.4. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann im vorliegenden Fall die Verhandlung entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Frage, ob einer konkreten Erledigung Bescheidqualität zukommt, ist einzelfallbezogen und daher im Regelfall nicht reversibel (siehe VwGH 01.09.2015, Ra 2015/03/0060).

Schlagworte

Bescheidqualität Nichtbescheid Sabbatical Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W244.2226279.1.00

Im RIS seit

05.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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