Entscheidungsdatum
30.04.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W101 2221753-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch den Erwachsenvertreter "VertretungsNetz", gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 25.06.2019, Zl. Jv 53711-33a/19, betreffend Nachlass von Gerichtsgebühren zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Antrag vom 13.05.2019 ersuchte der Beschwerdeführer um Nachlass der im Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 08.05.2019 vorgeschriebenen Dolmetschergebühren iHv ? 161,00.
2. Diesem Antrag gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 16.05.2019, Zl. Jv 52979-33a, nicht statt (zugestellt am 24.05.2019).
3. Wie in der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides angeführt, erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17.06.2019 zu "Jv 52979-33a" fristgerecht eine Beschwerde.
Da der Beschwerdeführer aber in dem obigen Schreiben das Wort "Beschwerde" nicht verwendete, wertete die belangte Behörde diese nicht als solche, sondern als (neuerlichen) Antrag auf Nachlass der vorgeschriebenen Gerichtsgebühren iHv ? 161,00.
4. Mit Bescheid vom 25.06.2019, Zl. Jv 53711-33a, (zugestellt am 01.07.2019) wies die belangte Behörde den (neuerlichen) Antrag auf Nachlass der vorgeschriebenen Gerichtsgebühren iHv ? 161,00 zurück.
5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15.07.2019 fristgerecht eine Beschwerde, wobei er ergänzend Folgendes anführte: Er sei subsidiär Schutzberechtigter und beziehe monatlich Bedarfsorientierte Mindestsicherung. Aufgrund einer schwerwiegend psychiatrischen Erkrankung sei eine Arbeitsfähigkeit nicht gegeben, sodass auch zukünftig seine wirtschaftlichen Verhältnisse eingeschränkt sein würden.
6. In der Folge legte die belangte Behörde mit Schreiben vom 19.07.2019 die Beschwerde samt dem dazugehörenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Maßgebend ist, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17.06.2019 gegen den o.a. Bescheid vom 16.05.2019 fristgerecht zu "Jv 52979-33a" eine Beschwerde erhoben hat und dass er folglich überhaupt keinen "neuerlichen" Antrag auf Nachlass der Gerichtsgebühren gestellt hat.
2. Beweiswürdigung:
Wie in der Rechtsmittelbelehrung des o.a. Bescheides angeführt, hat der Beschwerdeführer die Zahl "Jv 52979 - 33a" ausdrücklich im Schreiben vom 17.06.2019 genannt und dieses binnen der gesetzlichen Beschwerdefrist von 4 Wochen eingebracht. Daher ist dieses Schreiben eindeutig als Beschwerde erkennbar. Dies gilt umso mehr mehr unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich beim Beschwerdeführer als subsidiär Schutzberechtigter um einen schwerwiegend psychisch Erkrankten handelt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu A)
3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2.2. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung (hier: Beschwerde) nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, dann, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Die objektive (sachliche) Grenze der Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", d.h. durch die Identität der Verwaltungssache, über die mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten, bestimmt.
Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. z. B. VwGH 25.4.2002, Zl. 2000/07/0235; VwGH 15.10.1999, Zl. 96/21/0097).
Ist Sache der Entscheidung der Beschwerdeinstanz nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die erstinstanzliche Behörde zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) die Beschwerde abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Beschwerdeinstanz den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf.
Wie oben festgestellt, wurde im Schreiben vom 17.06.2019 kein "neuerlicher" Antrag auf Nachlass der Gerichtsgebühren gestellt, sondern vielmehr eine Beschwerde gegen den o.a. Bescheid vom 16.05.2019 erhoben.
Folglich erweist sich die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zurückweisung des "neuerlichen" Antrages als nicht rechtens.
Da dem angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG anhaftet, war der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG Folge zu geben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.
3.3. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Antragszurückweisung Behebung der Entscheidung Beschwerde Dolmetschgebühren entschiedene Sache ersatzlose Behebung gerichtlicher Erwachsenenvertreter Gerichtsgebühren Gerichtsgebühren - Nachlass Gerichtsgebührenpflicht neuerliche Antragstellung psychiatrische Erkrankung res iudicata Sache des Verfahrens subsidiärer SchutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W101.2221753.1.00Im RIS seit
05.10.2020Zuletzt aktualisiert am
05.10.2020