TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/11 L524 2226508-1

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Veröffentlicht am 11.05.2020
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Entscheidungsdatum

11.05.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GGG Art1 §26 Abs1
GGG Art1 §32 TP9 litb Z1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L524 2226508-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch RAe Hübel & Payer, Paris-Lodron-Straße 5, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 29.10.2019, Zl. 100 Jv 80/19z-33-5, betreffend Einbringung von Gerichtsgebühren, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Zahlungsauftrag vom 25.09.2019, XXXX TZ XXXX /2019-VNR 2, wurde der Beschwerdeführerin auf Basis einer Bemessungsgrundlage von ? 500.000,- eine Eintragungsgebühr laut TP 9 lit. b Z 1 GGG in Höhe von ? 5.500,- undeine Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von ? 8,-, somit ? 5.508,- vorgeschrieben. Abzüglich bereits geleisteter Teilzahlungen in Höhe von ? 2.310,- wurde die Beschwerdeführerin zur Zahlung von ? 3.198,- binnen 14 Tagen aufgefordert.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Vorstellung.

Mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 29.10.2019, Zl. 100 Jv 80/19z-33-5, wurde der Beschwerdeführerin eine Eintragungsgebühr gemäß § 32 TP 9 lit. b Z 1 iVm § 26 Abs. 1 GGG (Bemessungsgrundlage: ? 500.000,-) in Höhe von ? 5.500,- und eine Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von ? 8,-, somit ? 5.508,- vorgeschrieben. Abzüglich bereits geleisteter Teilzahlungen in Höhe von ? 2.310,- wurde die Beschwerdeführerin zur Zahlung von ? 3.198,- binnen 14 Tagen aufgefordert.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde.

II. Feststellungen:

Mit Kaufvertrag vom 13.03.2019 kaufte die Beschwerdeführerin die Liegenschaft EZ XXXX , KG XXXX . Der Kaufpreis beträgt ? 210.000,-. Der Verkäufer und seine Ehegattin erhalten ein lebenslanges Wohnungsgebrauchsrecht an einer auf der Liegenschaft zu errichtenden Wohnung und an einem Carport. Im Falle des Verzichts auf das Wohnungsgebrauchsrechts hat die Beschwerdeführerin an den Verkäufer einen Betrag in Höhe von ? 290.000,- zu leisten.

Am 14.06.2019 beantragte die Beschwerdeführerin zur TZ XXXX /2019 die Einverleibung des Eigentumsrechts hinsichtlich der EZ XXXX , KG XXXX und des Wohnungsgebrauchsrechts. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 05.07.2019 wurde die Eintragung antragsgemäß bewilligt und die Einverleibung des Eigentumsrechts und des Wohnungsgebrauchsrechts antragsgemäß vorgenommen.

Im Wege der Selbstberechnung entrichtete die Beschwerdeführerin auf Basis einer Bemessungsgrundlage von ? 210.000,- eine Eintragungsgebühr in Höhe von ? 2.310,-.

Mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 29.10.2019, Zl. 100 Jv 80/19z-33-5, wurde der Beschwerdeführerin auf Basis einer Bemessungsgrundlage von ? 500.000,- eine Eintragungsgebühr in Höhe von ? 5.508,- vorgeschrieben. Zuzüglich der Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von ? 8,- und abzüglich der bereits entrichteten Gebühr in Höhe von ? 2.310,- wurde die Beschwerdeführerin zur Zahlung eines Restbetrages von ? 3.198,- aufgefordert.

II. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Kaufpreis und zum Wohnungsgebrauchsrecht ergeben sich aus dem Kaufvertrag vom 13.03.2019.

Die Feststellungen zur beantragten Einverleibung des Eigentumsrechts und des Wohnungsgebrauchsrechts ergeben sich aus dem Antrag vom 14.06.2019 und dem Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 05.07.2019.

Die Feststellungen zur Selbstberechnung der Eintragungsgebühr und deren Entrichtung ergeben sich aus dem Formular betreffend die Selbstberechnung und den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde.

Die Feststellungen zur Vorschreibung einer weiteren Eintragungsgebühr ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

Im vorliegenden Fall ist die Höhe der Bemessungsgrundlage zur Ermittlung der Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z 1 GGG strittig.

Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, dass auf Grund der Novelle des § 26 Abs. 1 GGG durch das ZZRÄG 2019 und der damit erfolgten Klarstellung durch den Gesetzgeber das Wohnungsgebrauchsrecht nicht vom gemeinen Wert abzuziehen sei.

Die Beschwerdeführerin führt aus, dass der Wert des Wohnungsgebrauchsrechts vom Verkehrswert abzuziehen sei, da derartige Leistungen wertbestimmende Faktoren seien, die den Preis im gewöhnlichen Geschäftsverkehr beeinflussen. Es sei die alte Rechtslage anzuwenden, aber auch nach der neuen Fassung des § 26 GGG seien Wohnungsgebrauchsrechte weiterhin abzuziehen.

Die mit BGBl. I Nr. 1/2013 eingeführte und bis 22.05.2019 gültige Fassung des § 26 Abs. 1 GGG lautete:

"§ 26. (1) Die Eintragungsgebühr ist bei der Eintragung des Eigentumsrechts und des Baurechts - ausgenommen in den Fällen der Vormerkung - sowie bei der Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung zum Erwerb des Eigentums und des Baurechts vom Wert des jeweils einzutragenden Rechts zu berechnen. Der Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre."

Die auf Grund des ZZRÄG 2019 (BGBl. I Nr. 38/2019) novellierte und seit 23.05.2019 gültige Fassung des § 26 Abs. 1 GGG lautet:

"§ 26. (1) Die Eintragungsgebühr ist bei der Eintragung des Eigentumsrechts und des Baurechts - ausgenommen in den Fällen der Vormerkung - sowie bei der Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung zum Erwerb des Eigentums und des Baurechts vom Wert des jeweils einzutragenden Rechts zu berechnen. Der Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, sind nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen."

Zu § 26 Abs. 1 GGG idF BGBl. I Nr. 1/2013 führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 31.03.2017, Ra 2016/16/0037, zusammengefasst aus, dass es sich bei der Gerichtsgebühr um eine bundesrechtlich geregelte Abgabe handelt, weshalb gemäß § 1 Abs. 1 BewG die Bestimmungen des § 10 BewG maßgebend sein können (vgl. VwGH 16.12.2014, 2013/16/0168). Allerdings enthält § 26 Abs. 1 GGG eine eigenständige Definition des Werts als Bemessungsgrundlage der Eintragungsgebühr, weshalb § 10 BewG nicht anzuwenden ist. § 26 GGG erhielt seinen Wortlaut durch die Grundbuchsgebührennovelle (GGN), BGBl. I Nr. 1/2013. Die Regelung des § 26 Abs. 1 letzter Satz GGG weicht von der Bestimmung des § 10 Abs. 2 BewG ab und entspricht vielmehr dem § 2 Abs. 2 des Liegenschaftsbewertungsgesetzes, wonach der Verkehrswert der Preis ist, der bei einer Veräußerung der Sache üblicherweise im redlichen Geschäftsverkehr für sie erzielt werden kann. Dass bei einer Ermittlung des Verkehrswertes Abschläge vom Sachwert betreffend ein auf der Liegenschaft lastendes Wohnrecht vorzunehmen sind, hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 24.11.2011, 2009/15/0115, VwSlg 8.684/F, bereits ausgesprochen. Der Verkehrswert kann wegen der auf einer Liegenschaft ruhenden Belastungen und der damit erschwerten Veräußerbarkeit unter dem Sachwert liegen. Der Verwaltungsgerichtshof kam daher zu dem Ergebnis, dass ein Wohnungsgebrauchsrecht bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Eintragungsgebühr nicht heranzuziehen ist.

Nach den Erläuterungen zur RV 560 BlgNR XXVI. GP soll mit der durch das ZZRÄG 2019 vorgenommenen Novellierung des § 26 Abs. 1 GGG die - wie aus dem Erkenntnis des VwGH vom 31.03.2017, Ra 2016/16/0037, hervorgeht - missverständliche Formulierung des § 26 Abs. 1 GGG saniert werden, um eine Wertberechnung der Eintragungsgebühr nach einheitlichen Bewertungskriterien, nämlich dem gemeinen Wert im Sinne des § 10 Abs. 2 BewG 1955, sicherzustellen. Durch das ZZRÄG 2019 wurde § 26 Abs. 1 GGG vollständig an § 10 Abs. 2 BewG 1955 angepasst. Da dies schon der ursprünglichen Intention entsprach, handelt es sich um eine Klarstellung, die keiner Übergangsbestimmung bedarf.

§ 10 Abs. 2 BewG 1995 lautet:

"(2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 10 Abs. 2 BewG 1955 ist ein Wohnrecht bei der Ermittlung des gemeinen Wertes nach § 10 Abs. 2 BewG deshalb nicht zu berücksichtigen, weil unter der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes im Sinn des § 10 Abs. 2 BewG die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu verstehen sind, die dem zu bewertenden Wirtschaftsgut arteigen sind (vgl. VwGH 28.04.1994, 93/16/0186, VwSlg 6890 F/1994) und es sich bei einem eingeräumten Wohnrecht um nicht zu berücksichtigende persönliche Verhältnisse im Sinn des § 10 Abs. 2 BewG handelt (vgl. VwGH 29.09.2011, 2011/16/0024 bis 0026).

§ 26 Abs. 1 GGG idF BGBl. I Nr. 38/2019 entspricht nun dem Wortlaut des § 10 Abs. 2 BewG 1955, weshalb die zu § 10 Abs. 2 BewG 1955 ergangene Rechtsprechung für das Verständnis von § 26 Abs. 1 GGG idF BGBl. I Nr. 38/2019 herangezogen werden kann. Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 10 Abs. 2 BewG 1955 folgend bedeutet dies, dass ein eingeräumtes Wohnrecht als persönliches Verhältnis bei der Berechnung des gemeines Wertes nicht heranzuziehen ist.

Im Ergebnis erfolgte daher durch die Neufassung des § 26 Abs. 1 GGG keine Änderung betreffend die Wertberechnung.

Schon bisher war auf Grund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Wohnungsgebrauchsrecht bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr nicht heranzuziehen. Auch durch die Neufassung des § 26 Abs. 1 GGG ist ein solches Wohnungsgebrauchsrecht bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht zu berücksichtigen, dh nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, da es sich um ein persönliches Verhältnis handelt. Die Wortfolge "ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen" ist daher dahingehend zu verstehen, dass persönliche Verhältnisse nicht zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage heranzuziehen sind.

Die gegenteilige Interpretation der belangten Behörde, dass Wohnungsgebrauchsrechte vom gemeinen Wert nicht abzuziehen seien, würde - entgegen dem Willen des Gesetzgebers - nicht zu einer Anpassung des § 26 Abs. 1 GGG an § 10 Abs. 2 BewG 1955 führen, sondern das Gegenteil bewirken. Damit lägen dann keine einheitlichen Bewertungskriterien vor, die aber durch das ZZRÄG 2019 bezweckt waren. Diese einheitlichen Bewertungskriterien sind gemeint, wenn die Regierungsvorlage von einer Klarstellung spricht. Die belangte Behörde hat damit die Rechtslage verkannt.

Ob im vorliegenden Fall § 26 Abs. 1 GGG idF BGBl. I Nr. 1/2013 oder idF BGBl. I Nr. 38/2019 heranzuziehen ist, kann dahingestellt bleiben, da ein eingeräumtes Wohnungsgebrauchsrecht in beiden Fällen nicht bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen ist.

Die Eintragungsgebühr wurde daher zu Recht ohne Berücksichtigung des Werts des Wohnungsgebrauchsrechts auf Basis einer Bemessungsgrundlage von ? 210.000,- berechnet. Die Vorschreibung einer Eintragungsgebühr auf Basis einer Bemessungsgrundlage, die das Wohnungsgebrauchsrecht in Höhe von ? 290.000,- einbezieht und somit von einer Bemessungsgrundlage von ? 500.000,- ausgeht, erweist sich als rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid war daher ersatzlos zu beheben.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/08/0225).

Schlagworte

Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Gerichtsgebühren Gerichtsgebühren - Bemessungsgrundlage Grundbuchseintragung Liegenschaftserwerb

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L524.2226508.1.00

Im RIS seit

05.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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