TE Bvwg Beschluss 2020/5/12 W185 2228234-1

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Veröffentlicht am 12.05.2020
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Entscheidungsdatum

12.05.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §22a
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W185 2228234-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter nach Beschwerdevorentscheidung der LPD Wien vom 09.01.2020, GZ PAD/PA/00254854/001/19/FW, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geb. XXXX , StA Serbien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der LPD Wien vom 13.11.2019, beschlossen:

A)

Das Verfahren wird gemäß §§ 28 Abs 1, 31 Abs. 1 VwGVG als gegenstandslos eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Serbiens, brachte am 08.11.2019 persönlich einen Antrag auf Erteilung eines Visums D aus humanitären Gründen gemäß § 22a Z 1 FPG ein. Als Grund wurde Schwangerschaft angegeben. Errechneter Geburtstermin war Anfang Februar 2019. Vater sei ihr Ehegatte, ein österreichischer Staatsangehöriger.

Der Antrag wurde abgelehnt, da die Beschwerdeführerin - im Wissen um ihre Schwangerschaft - visumsfrei nach Österreich eingereist sei, eine immanente rechtzeitige Ausreiseunmöglichkeit jedoch nicht habe festgestellt werden können; entsprechende Unterlagen seien bis dato nicht vorgelegt worden.

Gegen den Bescheid der LPD Wien wurde mit Schriftsatz vom 10.12.2019 fristgerecht Beschwerde erhoben und darin vorgebracht, dass ein hohes Risiko einer Frühgeburt bestehen würde und engmaschige Kontrollen im Spital erforderlich wären. Diesbezüglich habe sie auch die Bestätigung eines Arztes beigebracht. Über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung als Familienangehörige habe die MA 35 noch nicht entschieden. Nach einer Rückkehr nach Serbien müsste die Beschwerdeführerin uU einen neuen Antrag auf Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung als Familienangehörige stellen. Ihr Aufenthalt in Österreich stelle weder einen finanziellen Schaden für die Republik dar noch gefährde sie die öffentliche Sicherheit.

In der Folge erließ die LPD Wien am 09.01.2020 eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG, mit welcher die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde. Die Behörde führte aus, dass die Beschwerdeführerin die Ausreise unmöglich machende Gründe nicht habe belegen können, sodass keine humanitären Gründe vorliegen würden. Die Beschwerdeführerin habe offensichtlich die Geburt und die Entscheidung über ihren Aufenthalstitelantrag im Inland abwarten wollen. Die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen würden lediglich zur Schonung raten; es werde von einer Reise bis zur Geburt abgeraten. Eine nähere Begründung der Unmöglichkeit der Ausreise sei bis zur Bescheiderlassung nicht vorgebracht worden.

Dagegen brachte die Beschwerdeführerin am 29.01.2020 fristgerecht einen Vorlageantrag ein.

Mit Schreiben der Beschwerdeführerin vom 06.05.2020, verfasst von der rechtsfreundlichen Vertretung, wurde mitgeteilt, dass die MA 35 der Beschwerdeführerin am 16.04.2020 unter Heranziehung von § 21 Abs 3 NAG einen Aufenthaltstitel "Familienangehörige" erteilt habe, weshalb die Beschwerde gegen den Bescheid der LPD Wien ausdrücklich zurückgezogen werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG, FPG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2018/57, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Aus den Bestimmungen des §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Verfahren - hier: das Beschwerdeverfahren - einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen nämlich die Entscheidungen und Anordnungen eines Verwaltungsgerichts durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs. 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnis ausdrücklich aus. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich aber auch, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt. Handelt es sich doch bei der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd § 31 Abs. 1 VwGVG (vgl. zur Bejahung der Notwendigkeit der Fällung eines Beschlusses über die Verfahrenseinstellung auch Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Anm 5 und § 31 VwGVG Anm 5, sowie Schmid in Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, § 28 VwGVG Anm K 3 und § 31 VwGVG Anm K 2) [ vgl. VwGH vom 29.04.2015, Zl. Fr 2014/20/0047].

In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Art 132 B-VG) (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5 und vgl. mutatis mutandis VwGH, 20.09.2012, 2011/06/0132).

Mit der am 06.05.2020 übermittelten ausdrücklichen, schriftlichen Zurückziehung der Beschwerde vom 10.12.2019 hat die Beschwerdeführerin zweifelsfrei dargetan, dass ein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung nicht mehr besteht. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht war in der Folge für gegenstandslos geworden zu erklären und einzustellen.

B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im vorliegenden Fall auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Diese wird durch die Erläuterungen (ErlRV 2009 BlgNR XXIV. GP, 7) gestützt, wonach eine Einstellung des Verfahrens durch Beschluss zu erfolgen hat.

Schlagworte

Gegenstandslosigkeit Verfahrenseinstellung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W185.2228234.1.00

Im RIS seit

05.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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