Entscheidungsdatum
20.05.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W183 2229343-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Kostenbeamtin für die Präsidentin des Handelsgerichts Wien vom 24.10.2019, Zl. 54 Cg 104/18z, betreffend Zeugengebühren zu Recht:
A)
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG in Verbindung mit § 20 Abs. 1 GebAG ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid (zugestellt am 30.10.2019) wurden dem Zeugen XXXX für die Teilnahme an einer Verhandlung am Handelsgericht Wien am 03.06.2019 EUR 554,90 zugesprochen.
2. Mit Schriftsatz vom 22.11.2019 (zur Post gegeben am 23.11.2019) erhob XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin unter anderem vor, dass ihm hinsichtlich seines Verdienstentgangs eine höhere Entschädigung zustehe.
3. Mit Schriftsatz vom 21.02.2020 (eingelangt am 06.03.2020) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
4. Das Bundesverwaltungsgericht führte eine Beschwerdemitteilung durch und wurde daraufhin seitens der klagenden Partei eine Stellungnahme abgegeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der angefochtene Bescheid trägt im Kopf die Bezeichnung "Republik Österreich Handelsgericht Wien für die Präsidentin". Er wurde unterfertigt mit "Für die Präsidentin: AAss. XXXX , Kostenbeamtin".
1.2. Der Zeuge XXXX reiste aus XXXX , Deutschland, an und machte EUR 2.728,00 an Gebühren geltend.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (in Folge: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (in Folge: B-VG), dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. Zu A)
3.2.1 Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet.
Das Verwaltungsgericht hat die Unzuständigkeit der Behörde selbst dann von Amts wegen wahrzunehmen, wenn sie in der Beschwerde nicht geltend gemacht wurde (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 27 VwGVG, Anm. 4, vgl. VwGH 10.05.2010, 2009/16/0226 zu § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG).
Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich wie folgt: "Die Frage, ob eine Erledigung einer bestimmten Behörde bzw. welcher Behörde sie zuzurechnen ist, ist anhand ihres äußeren Erscheinungsbildes, also insbesondere anhand des Kopfs, des Spruchs, der Begründung, der Fertigungsklausel und der Rechtsmittelbelehrung, nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen." (VwGH 09.11.2016, Ro 2014/10/0055)
Gemäß § 20 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz, BGBl. Nr. 136/1975 (in Folge: GebAG), ist die Gebühr im Justizverwaltungsweg vom Leiter des Gerichts zu bestimmen, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte. Der Leiter des Gerichts kann einen geeigneten Bediensteten des Gerichts mit der Durchführung des Verfahrens betrauen und ihn ermächtigen, in seinem Namen zu entscheiden; bei aus dem Ausland geladenen Zeugen ist ein solches Vorgehen jedoch nur dann zulässig, wenn der geltend gemachte Gebührenbetrag 300 Euro nicht übersteigt.
Die Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung führen wie folgt aus: "Bei aus dem Ausland geladenen Zeugen geht es regelmäßig um höhere Gebührenbeträge bzw. auch inhaltlich komplexere Fragen, sodass dem Leiter des Gerichts die Möglichkeit eines "innerbehördlichen Mandats" nicht zur Verfügung stehen soll." (ErläutRV 2357 BlgNR 24. GP 6)
3.2.2. Vor diesem Hintergrund stellt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der angefochtene Bescheid nicht von der zuständigen Behörde erlassen wurde. Zuständig wäre die Präsidentin des Handelsgerichts Wien persönlich gewesen, die sich aufgrund des Auslandsbezugs und der Höhe der beantragten Gebühren auch nicht hätte vertreten lassen dürfen. Maßgeblich ist gegenständlich, dass der Zeuge im Ausland seinen Wohnsitz hat und auch aus dem Ausland angereist ist sowie einen EUR 300 weit übersteigenden Gebührenbetrag geltend gemacht hat; im vorliegenden Fall handelt es sich jedenfalls um die in der Regierungsvorlage erwähnten "höheren Gebührenbeträge bzw. auch inhaltlich komplexeren Fragen", deretwegen diese Ausnahmebestimmung normiert wurde.
Der angefochtene Bescheid wurde somit nicht von der nach § 20 Abs 1 GebAG zuständigen Behörde erlassen und ist daher wegen Unzuständigkeit der Behörde ersatzlos zu beheben, wobei diese ersatzlose Behebung nur einem weiteren Bescheid der (unzuständigen) bescheiderlassenden Behörde entgegensteht (vgl. VwGH 25.03.2015, Ro 2015/12/0003).
Die Präsidentin des Handelsgerichts Wien wird nunmehr persönlich als zuständige Justizverwaltungsbehörde über die geltend gemachten Zeugengebühren zu entscheiden haben.
Eine Beschwerdeverhandlung entfällt gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid zu beheben ist.
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt 3.2. zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
ausländischer Zeuge Auslandsbezug Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Landesgerichtspräsident unzuständige Behörde Unzuständigkeit Verdienstentgang Vertretungsbefugnis ZeugengebührEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W183.2229343.1.00Im RIS seit
05.10.2020Zuletzt aktualisiert am
05.10.2020