TE Bvwg Beschluss 2020/7/3 W202 1421043-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.07.2020
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Entscheidungsdatum

03.07.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W202 1421043-4/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. SCHLAFFER als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.06.2020, 810844909/200505148, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 06.08.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes (BAA) vom 12.08.2011, 11 08.449-EAST OST, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes (AsylGH) vom 06.08.2012, C9 421043-1/2011/9E, wurde die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). In Erledigung der Beschwerde wurde der bekämpfte Bescheid hinsichtlich der Spruchpunkte II. und III. behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das BAA zurückverwiesen (Spruchpunkt II).

Mit Bescheid des BAA vom 22.10.2012, 11 08.449-BAI, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt II.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Der Beschwerde legte er eine ärztliche Bestätigung über seinen Gesundheitszustand bei, laut der der Beschwerdeführer an chronischem Kopfschmerz in Kombination mit einem temporomandibulärem Syndrom bds. leide sowie ein rezidiv. gastritischer Reizzustand, eine mitgeteilte Stauballergie sowie der Verdacht auf Morbus Scheuermann, Depressio, bestehe.

Mit hg. Erkenntnis vom 20.03.2015, W172 1421043-1/8E, wurde dieser Beschwerde stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

Der Beschwerdeführer beantragte am 23.02.2016 die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter. Diesem Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 08.03.2016, 810844909-1384486/BMI-BFA_TIROL_RD, stattgegeben und dem Beschwerdeführer eine bis zum 19.03.2018 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Mit Schreiben des BFA vom 23.02.2018 wurde der Beschwerdeführer darüber informiert, dass ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gegen ihn eingeleitet wurde.

Mit Schreiben des BFA vom 31.10.2018 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, zur beabsichtigten Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten generell sowie konkret zu 17 an ihn gestellten Fragen Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben vom 21.11.2018 führte der Beschwerdeführer aus, dass er in Österreich nicht verheiratet sei und keine Beziehung führe. Er habe keine Kinder. Er habe keine Verwandten in Österreich. Er könne auf Deutsch schreiben und lesen. Er habe bei der Caritas den Deutschkurs 1–4 sowie einen Sprachkompetenzkurs besucht. Darüber habe er aber keine Bestätigungen mehr, weil er diese zu dem Zeitpunkt, als er nach England zurückgekehrt sei, verloren habe. Diese Kurse habe er vor ungefähr fünf Jahren gemacht. Er sei in Österreich bis vor zwei Wochen bei der Leasingfirma Teampool und Westwork beschäftigt gewesen. Er habe immer wieder auf verschiedenen Baustellen gearbeitet. Insgesamt sei er seit ca. zweieinhalb bis drei Jahren über die Leasingfirma beschäftigt gewesen. Der Beschwerdeführer besuche weder eine Schule noch eine Universität in Österreich. Er sei nicht Mitglied in einem Verein. Er habe viele Freunde in Österreich, mit denen er Zeit gemeinsam verbringen, etwas trinke und Musik höre. Der Beschwerdeführer sei 2011 illegal in Österreich eingereist. Er sei dann zwei Jahre in Österreich gewesen und habe eine weiße Asylkarte bekommen. Im Jahr 2013 sei er nach England zurückgefahren. Im Jahr 2014 sei er wieder nach Österreich gekommen. Der Beschwerdeführer sei in Österreich von einem Gericht wegen einer Straftat verurteilt worden. Er sei gerne in Österreich. In Afghanistan habe man kein Leben, sei auf sich allein gestellt und sterbe. Der Beschwerdeführer habe keine Familie mehr in Afghanistan. Seine Tante habe ihm gesagt, dass sein Vater 2015 gestorben sei. Er habe sonst nur seine Tante gehabt, wisse aber nicht, wo diese derzeit wohne. Der Kontakt habe 2015 aufgehört. Der Beschwerdeführer könne ohne Unterstützung bzw. Familie in Afghanistan nicht leben. Er glaube, dass seine Stiefmutter und ihr Bruder am Tod seines Vaters schuld wären. Der Bruder seiner Stiefmutter sei sehr gefährlich. Der Beschwerdeführer schätze es, in Österreich leben zu dürfen. Er wolle sich hier ein Leben aufbauen und keinesfalls von Sozialleistungen leben, sondern sein Leben durch seine eigene Arbeitstätigkeit finanzieren. Er habe zwar bereits einige Verurteilungen im Strafregister aufzuweisen, jedoch handle es sich bei diesen „ausschließlich lediglich um Vergehen […,] vorwiegend bloß um leichte Körperverletzungen und kleinere Vermögensdelikte. Es“ könne „daher auch nicht davon ausgegangen werden, dass der [Beschwerdeführer] eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich“ darstelle. Der Beschwerdeführer könne bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht alleine überleben.

Am 17.01.2019 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA, Regionaldirektion Tirol, niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er derzeit keiner Erwerbstätigkeit nachgehe. Er sei gesund und es gehe ihm gut. Er nehme keine Medikamente ein. Im Jahr 2015 sei sein Vater verstorben. Seither habe er keinen Kontakt mehr und er wisse nicht, wie die Situation in Afghanistan sei. Der Beschwerdeführer habe damals mit seiner Tante gesprochen, diese habe aber den Kontakt mit ihm abgebrochen.

Der Beschwerdeführer sei in Pakistan bei der Familie seiner Tante väterlicherseits aufgewachsen, habe dort sechs Jahre die Grundschule besucht und beim Ehemann seiner Tante in einem Lebensmittelgeschäft gearbeitet.

Der Beschwerdeführer spreche Englisch, Urdu, Hindi, Farsi, Dari und Deutsch. In Afghanistan habe er niemanden mehr. Es gebe dort keine Sicherheit. In Österreich habe er am meisten mit Österreichern, Türken und einer afghanischen Familie Kontakt. Es sei richtig, dass der Beschwerdeführer in Österreich „kleine, kleine Fehler gemacht [habe]. Die Polizei sagte, dass ich ein guter Mann bin, das hat auch der Richter gesagt.“ Auf nochmaligen Vorhalt seiner Verurteilungen führte der Beschwerdeführer aus, dass seine Fehler alles kleine Fehler gewesen seien und er nicht wisse, wann er zuletzt angezeigt worden sei.

Mit Bescheid des BFA vom 04.02.2019, 13-810844909/180191200, wurde der dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.03.2015, W172 1421043-1/8E, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und dem Beschwerdeführer die mit Bescheid des BFA vom 08.03.2016, 810844909-1384486, erteilte befristete Aufenthaltsbewilligung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführer nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII). Der Antrag des Beschwerdeführers vom 19.02.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde abgewiesen (Spruchpunkt VIII.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde.

Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion Tirol, vom 06.05.2019, Zl. 13-810844909/180191200, wurde die mit Bescheid des BFA vom 04.02.2019, Zl. 13-810844909/180191200, eingeräumte Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen gemäß § 55 Abs. 5 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG widerrufen. Dieser Bescheid wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers am 07.05.2019 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

Mit hg. Erkenntnis vom 03.10.2019, W255 1421043-3/27E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 20.03.2015 betreffend die Spruchpunkte I., II., III., IV., V. und VIII als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A I.), die Beschwerde betreffend Spruchpunkt VII. mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Dauer des gegen den Beschwerdeführer erlassenen Aufenthaltsverbotes gem. § 53 Abs. 1 iVm § 53 Abs. 3 Z 1 FPG auf acht Jahre erhöht wurde (Spruchpunkt A II.) und die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides mit der Maßgabe abgewiesen, dass dieser zu lauten habe: „Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht“ (Spruchpunkt A III.).

Am 06.03.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag und er wurde dazu am 06.03.2020 einer Erstbefragung unterzogen. Dabei gab er zu den Gründen für die Antragstellung an, seine Tante rufe ihn jeden Tag an und gebe an, sobald der Beschwerdeführer nach Afghanistan zurückkehre, werde er umgebracht. Das liege daran, dass ihm sein Vater das ganze Geld gegeben habe, als der Beschwerdeführer nach Europa gegangen wäre und die anderen Familienangehörigen leer ausgegangen seien. Die pakistanische Polizei habe den Beschwerdeführer vor 15 Jahren geschlagen und sexuell missbraucht, der Beschwerdeführer sei dort illegal aufhältig gewesen.

Am 13.05.2020 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er zu seinen nunmehrigen Gründen für die Antragstellung soweit wesentlich zu Protokoll, er habe von seiner Tante 2015 erfahren, dass sein Vater erschossen worden sei. Das sei wegen dem Grundstück und wegen Geld gewesen. Der Beschwerdeführer besitze sehr viel Grund in Afghanistan, aber er verzichte darauf, weil er am Leben bleiben wolle. Der Beschwerdeführer räumte ein, dass er dieselben Fluchtgründe, wie im vorangegangenen Verfahren, vorgetragen habe. Dem Beschwerdeführer wurde mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag gem. § 68 AVG zurückzuweisen.

Am 19.06.2020 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA neuerlich niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er zu seinen neuen Fluchtgründen an, es sei noch schlimmer geworden, weil sein Vater 2015 getötet worden sei. Er habe in Afghanistan keine Überlebenschance. Als er weggegangen sei, habe sein Vater viel Geld investiert, damit der Beschwerdeführer weggehen könne. Die Neuigkeiten seien, dass sein Vater „von denen“ getötet worden sei und „die“ warteten, dass sie den Beschwerdeführer umbringen könnten. Sein Großvater sei beim russischen Einmarsch getötet worden, sein Vater sei von den Taliban getötet worden, der Beschwerdeführer könne nicht zurück, weil er die einzige männliche Person sei, die am Leben sei.

Von seiner Tante habe er erfahren, dass „sie“ auf ihn warten würden, um ihn zu töten. „Sie“ seien die Brüder der Stiefmutter. Diese seien Taliban und sehr gefährlich.

Im Zuge der Niederschrift wurde dem Beschwerdeführer der nunmehr verfahrensgegenständliche mündliche Bescheid verkündet, mit dem der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG 2005 gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde.

Mit Schreiben vom 25.06.2020 legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht den Akt zur Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vor.

Mit Schreiben vom 03.07.2020 brachte der BF eine Stellungnahme ein, in der er darauf hinwies, dass der faktische Abschiebeschutz nur bei erkennbar missbräuchlichen Anträgen aberkannt werden sollte. Derzeit liege es nicht auf der Hand, dass der Folgeantrag mit Sicherheit zurückgewiesen werde. In der Folge verwies die Stellungnahme auf die COVID-19 Situation in Afghanistan sowie Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Paschtu, daneben beherrscht er Dari, Urdu, Hindi und Englisch.

Der Beschwerdeführer verbrachte die ersten acht bis zehn Lebensjahre in seinem Heimatdorf in Afghanistan. Im Jahr 2000 verstarb seine Mutter eines natürlichen Todes. Nach dem Tod seiner Mutter übersiedelte der Beschwerdeführer zu seiner Tante nach XXXX , Pakistan und wuchs dort im Kreis der Familie der Tante väterlicherseits (Tante, deren Ehegatte, deren zwei Söhne und deren zwei Töchter) auf. Der Beschwerdeführer steht in regelmäßigem Kontakt mit seiner Tante.

Der Beschwerdeführer besuchte sechs Jahre die Schule in Pakistan und arbeitete über viele Jahre im Lebensmittelgeschäft des Ehegatten seiner Tante väterlicherseits in Pakistan.

Der Vater des Beschwerdeführers heiratete ein zweites Mal, blieb vorübergehend mit der Stiefmutter des Beschwerdeführers in Afghanistan und übersiedelte ca. Anfang 2011 gemeinsam mit der Stiefmutter und drei Stiefschwestern des Beschwerdeführers nach Pakistan. Der Beschwerdeführer hatte seit Anfang 2011 keinen Kontakt mehr mit seinem Vater. Es kann nicht festgestellt werden, ob und gegebenenfalls wo der Vater des Beschwerdeführers lebt.

Die Familie der Tante väterlicherseits des Beschwerdeführers geht einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach und wäre in der Lage, den Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan finanziell zu unterstützen. Die Familie der Tante väterlicherseits des Beschwerdeführers hat diesen bereits zwischen 2000 und 2011 bei sich wohnen lassen und während dieser Zeit für den Lebensunterhalt des Beschwerdeführers gesorgt.

Der Beschwerdeführer ist ledig, gesund, arbeitsfähig und im erwerbsfähigen Alter.

Der Beschwerdeführer verließ Pakistan im Jahr 2011 und reiste nach Österreich, wo er am 06.08.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Im November 2013 verließ der Beschwerdeführer während seines anhängigen Asylverfahrens Österreich und hielt sich ca. ein halbes Jahr in Großbritannien auf, ehe er im Juli 2014 nach Österreich zurückkehrte. In Großbritannien arbeitete der Beschwerdeführer auf Baustellen.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich Deutschkurse auf A1-Niveau besucht. Der Beschwerdeführer hat in Österreich noch nie einen Deutschkurs auf einem höheren Niveau besucht. Er hat in Österreich noch nie eine Deutschprüfung bestanden.

Der Beschwerdeführer war seit seiner Einreise in Österreich am 06.08.2011 zu folgenden Zeiten erwerbstätig:

?        13.07.2015 – 21.09.2015 als Arbeiter für die XXXX ;

?        09.12.2015 – 23.12.2015 als Arbeiter für die XXXX ;

?        03.05.2016 – 04.05.2016 als Arbeiter für die XXXX ;

?        09.05.2016 – 09.05.2016 als Arbeiter für die XXXX ;

?        04.07.2016 – 19.08.2016 als Arbeiter für die XXXX ;

?        18.09.2017 – 18.09.2017 als Arbeiter für die XXXX ;

?        25.04.2017 – 31.07.2017 als Arbeiter für die XXXX ;

?        18.06.2018 – 06.07.2018 als Arbeiter für die XXXX ;

?        12.09.2018 – 21.09.2018 als Arbeiter für die XXXX ;

?        29.10.2018 – 05.11.2018 als Arbeiter für die XXXX ;

?        31.07.2018 – 06.09.2018 als Arbeiter für die XXXX ;

?        26.09.2018 – 28.09.2018 als Arbeiter für die XXXX ;

?        05.10.2018 – 10.10.2018 als Arbeiter für die XXXX ;

?        01.03.2019 – 06.03.2019 als Arbeiter für die XXXX .

Der Beschwerdeführer wurde bei diesen Tätigkeiten, die sich zusammengezählt über elf Monate erstreckt haben, insbesondere im Baugewerbe eingesetzt.

Von 06.02.2018 – 19.02.2018, 21.02.2018 – 22.02.2018, 24.02.2018 – 26.02.2018 und 02.03.2018 – 04.03.2018 bezog der Beschwerdeführer Arbeitslosengeld.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine Verwandten in Österreich. Er verfügt über keinen engen Freundeskreis. Er ist nicht Mitglied in einem Verein. Er hat sich seit seiner Ankunft in Österreich noch nie ehrenamtlich engagiert. Er verfügt nicht über den eigenen Lebensbedarf deckende finanzielle Mittel. Er hat keine nennenswerten sozialen Bindungen in Österreich.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Bezirksgerichts (BG) XXXX vom 24.06.2015, XXXX , rechtskräftig wegen §§ 83 und 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einer Woche verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem anderen Asylwerber mehrere Schläge in das Gesicht verpasste und am rechten Augen verletzte sowie aus einem Pkw einer Pizzeria ca. sieben Stück Kaugummi stahl.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts (LG) XXXX vom 14.12.2015 XXXX , rechtskräftig wegen §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je € 5,–, im Nichteinbringungsfall 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in Feldkirch Steine auf vier geparkte Pkw warf und einen Schaden von insgesamt € 6.208,– herbeiführte.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des BG XXXX vom 22.06.2016, XXXX , rechtskräftig wegen § 218 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je
€ 4–, im Nichteinbringungsfall 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer eine Mitarbeiterin einer Bäckerei in Bludenz dadurch belästigte, dass er vor dem Fenster der Bäckerei onanierte.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des BG XXXX vom 28.07.2016, XXXX rechtskräftig wegen §§ 83 Abs. 1 und 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in Bludenz in einem Lokal zwei ihm unbekannten Frauen nacheinander mit seinen beiden Händen richtig fest an das Gesäß griff und einer der beiden Frauen, nachdem diese ihm eine Ohrfeige verpasst hatte, zwei kraftvolle Ohrfeigen mit der Handinnenfläche und eine mit der Handaußenfläche verpasste. Durch diese Schläge stürzte die Frau und wurde verletzt. Der Beschwerdeführer wurde des Lokals verwiesen. Vor dem Lokal versuchte der Beschwerdeführer, auf den Begleiter einer der beiden betroffenen Frauen einzuschlagen und wurde von der Polizei in ein Dienstfahrzeug verbracht. Auf der Rückbank des Dienstfahrzeuges trat der Beschwerdeführer mit den Füßen gegen die innere Beifahrertüre, schlug mit dem Kopf gegen die hintere Fahrertüre und spuckte in das Fahrzeuginnere. Dadurch beschädigte er das Dienstfahrzeug, dessen hintere Türe sich nicht mehr ordnungsgemäß schließen ließ. Der Beschwerdeführer blieb der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht Bludenz fern, weshalb ein Abwesenheitsurteil erging.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des BG XXXX vom 19.05.2017 XXXX , rechtskräftig wegen § 125 StGB zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je € 18,–, im Nichteinbringungsfall 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Dieses Urteil wurde mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 15.11.2017, XXXX , bestätigt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in einer Flüchtlingsunterkunft gegen die versperrte Zimmertüre des Zimmers eines anderen Bewohners schlug und drückte, wodurch diese Tür beschädigt wurde.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des BG XXXX vom 16.02.2018, XXXX rechtskräftig wegen §§ 83 Abs. 1 und 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem behinderten Mann mehrere Faustschläge gegen die Schulter und das Gesicht versetzte, wodurch er den Mann verletzte sowie weiters die Brille und das Handy des Mannes beschädigte.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des LG XXXX vom 16.10.2018, XXXX , rechtskräftig wegen § 83 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem ÖBB-Security-Mitarbeiter während oder wegen der Ausübung seiner Tätigkeit, zweimal mit der Faust ins Gesicht schlug, wodurch dieser eine Prellung der linken Augenhöhle und eine Schwellung unter dem linken Auge erlitt.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des BG XXXX vom 18.01.2019, XXXX , rechtskräftig wegen §§ 83 Abs. 1 und 125 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer einem Mann, der dem Beschwerdeführer erlaubt hatte, kostenlos bei ihm in der Wohnung zu schlafen, einen Faustschlag verpasste und unter dem linken Auge verletzte. Nach der Auseinandersetzung nahm der Beschwerdeführer einen auf der Straße liegenden Ziegelstein und warf ihn gegen die Windschutzscheibe des Autos jenes Mannes, den er zuvor geschlagen hatte.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des LG XXXX vom 24.04.2019 XXXX rechtskräftig wegen §§ 15, 105 Abs. 1 StGB und § 83 Abs. 1 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer

1. einen Mann aufforderte, ihm € 50,– zu geben und die Forderung durch einen Fußtritt und zwei Faustschläge gegen diese Person unterstrich und dadurch den Mann am Oberschenkel und im Bereich des linken Ohrs verletzte;

2. einem anderen Mann drohte, diesen noch einmal zu schlagen, sollte dieser seine Anzeige gegen den Beschwerdeführer nicht gegen Zahlung eines Geldbetrages zurückziehen.

Den dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Antrag brachte der Beschwerdeführer am 06.03.2020 ein.

Mit mündlich verkündetem Bescheid des BFA vom 16.06.2020 wurde der faktische Abschiebeschutz des Beschwerdeführers gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben.

Es kann nicht festgestellt werden, dass sich eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes seit rechtskräftiger Erledigung des vorhergehenden Antrages ergeben hätte, insbesondere auch nicht im Hinblick auf die Lage im Herkunftsstaat. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag missbräuchlich stellte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohen würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestünde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seiner Identität, seiner Staats- und Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Herkunft, seinen Sprachkenntnissen den Aufenthaltsort seiner Angehörigen und zu seiner Schulbildung und seiner Berufserfahrung beruhen auf seinen plausiblen, im Wesentlichen schon im rechtskräftigen hg. Erkenntnis vom 03.10.2019, W255 1421043-3/27E, festgestellten Angaben.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus einer Zusammenschau der Angaben des Beschwerdeführers. Unterlagen legte der Beschwerdeführer nicht vor.

Hinsichtlich der Feststellung zur Missbräuchlichkeit der neuerlichen Antragstellung wird darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer einen neu entstandenen Sachverhalt nicht einmal ansatzweise glaubhaft vorzubringen vermochte. Der Beschwerdeführer hat den gegenständlichen Antrag offensichtlich ausschließlich in dem Ansinnen gestellt, seine drohende Außerlandesbringung zu hintertreiben. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keinen neuen Sachverhalt, der einen glaubhaften Kern aufweist, dargetan hat, ergibt sich bei einem Abgleich seiner in den Vorverfahren getätigten Angaben zu seinen Fluchtgründen und jenen zum gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, weshalb der gegenständliche Folgeantrag auch zurückzuweisen sein wird. Der Beschwerdeführer brachte wiederum im Kern vor, dass sein Vater und sein Großvater getötet worden seien. Seine Tante erzähle ihm, dass er gesucht werde. Dies wurde bereits ausführlich in vorangegangenen Verfahren geprüft und für nicht glaubhaft befunden.

Zutreffend führte das BFA zu den Angaben des BF aus: „Dazu ist anzumerken, dass Ihre Angaben bezüglich des Kontakts zu Ihrer Tante, die Ihnen die Bedrohung durch die Brüder der Stiefmutter berichtet hat, widersprüchlich sind. In der Einvernahme am 17.01.2019 gaben Sie an, dass keinen Kontakt zur Tante seit dem Tod Ihres Vaters, der im Jahr 2015 getötet wurde, haben. In der Einvernahme am 13.05.2020 gaben Sie an, dass Sie wieder Kontakt haben seit Sie im Gefängnis sind und heute gaben Sie an, dass Sie ständig mit der Tante in Kontakt gestanden sind. Anzumerken ist auch, dass Sie bei der Einvernahme am 17.01.2019 zum Aberkennungsverfahren angegeben haben, dass Sie bei einer Rückkehr nach Afghanistan getötet werden. Auf Nachfrage von wem Sie getötet werden gaben Sie an, dass Sie getötet werden, weil Sie kein Geld und keine Unterstützung haben. Eine Verfolgung durch die Brüder der Stiefmutter haben Sie nicht vorgebracht. Es ist auch logisch nicht nachvollziehbar, dass die Brüder der Stiefmütter nach 9 Jahren noch immer auf Sie maskiert im Basar warten und Ihr Haus überwachen. Auf Grund Ihrer widersprüchlichen und nicht nachvollziehbaren Angaben kann die Behörde nur zu dem Schluss kommen, dass Ihre Angaben nicht glaubhaft sind und Ihr Vorbringen keinen glaubhaften Kern ausfweist. Abgesehen von Ihren widersprüchlichen Angaben, brachten Sie auch keine neuen Fluchtgründe vor. Sie beziehen sich genau auf die selben Fluchtgründe, die Sie schon bei Ihrer ersten Asylantragstellung vorgebracht haben.“

Auch in der eingebrachten Stellungnahme wurde dem nicht entgegen getreten. Es ergibt sich daher in eindeutiger Weise, dass tatsächlich kein neu entstandener Sachverhalt vorliegt, der neuerliche Antrag vielmehr in rechtsmissbräuchlicher Absicht gestellt wurde.

Sein Fluchtvorbringen hinsichtlich einer Verfolgung in Afghanistan sowie die Lage im Herkunftsstaat wurde eingehend im mit dem hg. Erkenntnis vom 03.10.2019, W255 1421043-3/27E, mit dem die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durch das BFA, die Entziehung der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan und die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bestätigt wurde, die Dauer des Einreiseverbotes auf acht Jahre verlängert wurde und keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wurde, erörtert und abgewogen und der Beschwerdeführer konnte auch im Zuge seines neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz keinen neuen Sachverhalt, der einen glaubhaften Kern aufgewiesen hätte, dartun.

Eine für den Beschwerdeführer relevante Änderung an der Situation in seinem Herkunftsstaat kann anhand der Feststellungen im mündlich verkündeten Bescheid des BFA vom 19.06.2020, denen der Beschwerdeführer im Verfahren nicht entgegengetreten ist, nicht erkannt werden. Umstände, die in der Person des Beschwerdeführers liegen, insbesondere sein Gesundheitszustand und die privaten und familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers in Österreich, sind seit der rechtskräftigen Entscheidung des AsylGH vom 06.08.2012 bzw. des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.10.2019 im Wesentlichen unverändert.

Die Feststellung zu den strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers basieren auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug vom 02.07.2020 sowie aus der rechtskräftigen hg. Entscheidung vom 03.10.2019, W255 1421043-3/27E, in welcher die vom Beschwerdeführer verübten Straftaten zusammengefasst werden. Dieser Entscheidung lassen sich auch die festgestellten Erwerbstätigkeiten des Beschwerdeführers entnehmen.

Was das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers betrifft, so hat sich seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.10.2019 keine wesentliche Änderung ergeben. Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich und seinen Verurteilungen konnten daraus übernommen werden und der Beschwerdeführer hat auch nichts darüber Hinausgehendes vorgebracht. Die Feststellungen zu der aktuellen privaten und familiären Situation des Beschwerdeführers in Österreich gründen auf dessen Vorbringen in den vorhergehenden Asylverfahren. Die Sachverhaltsfeststellungen zur Person und den privaten und familiären Verhältnissen des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben, jene zum Verfahrensablauf ergeben sich aus der Aktenlage. Zudem stützen sich die Feststellungen zu seinen sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich und seiner Integration in Österreich auf die Aktenlage. Das BFA verneinte daher zu Recht das Bestehen eines Familienlebens und das Vorliegen berücksichtigungswürdiger Integration in Österreich. Da auch sonst keine wesentlichen neu hinzugetretenen Umstände vorgebracht wurde, kann auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK keine Situationsänderung seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung erkannt werden.

Sohin konnte aber in einer Prognoseentscheidung nur von einer voraussichtlichen Antragszurückweisung ausgegangen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A:

Nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005 kann, wenn ein Fremder einen Folgeantrag stellt und kein Fall des Abs. 1 vorliegt, das BFA den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung oder Ausweisung besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 sagt:

„Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.“

§ 22 BFA-VG lautet:

„(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.“

Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 19.12.2017, Ra 2017/18/0451 ausgeführt hat, genießt ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, gemäß § 12 AsylG 2005 grundsätzlich bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 nicht mehr zulässig ist, faktischen Abschiebeschutz; das bedeutet, dass er weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden darf. Durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009, BGBl. I Nr. 122/2009, wurden für Folgeanträge auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 Sonderregelungen geschaffen, die in bestimmten Fällen Ausnahmen vom faktischen Abschiebeschutz vorsehen. Sie haben – nach den Gesetzesmaterialien (RV 330 BlgNR 24. GP 11) – „unter Wahrung der notwendigen rechtsstaatlichen Garantien ... das Ziel, jene Fälle, in denen ein berechtigtes Interesse an einem neuerlichen Asylverfahren besteht, möglichst früh von klar missbräuchlichen Antragstellungen zu unterscheiden und diese in weiterer Folge als Mittel zur Hintanhaltung fremdenpolizeilicher Maßnahmen unbrauchbar zu machen.“ Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 („wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist“) führen die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) aus, dass „eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags“ durchzuführen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für „klar missbräuchliche Anträge“ beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern.

Zu prüfen ist sohin, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen, zumal auch kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 vorliegt, bzw. vorgebracht wurde.

Bei dem neuerlichen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 05.02.2020 handelt es sich um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005.

Der Beschwerdeführer stellte am 06.08.2011 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz und brachte nach rechtskräftiger Aberkennung des ihm mit hg. Erkenntnis vom 20.03.2015 gewährten Subsidiären Schutzes am 06.03.2020 neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Diesem Antrag gehen Vorverfahren voraus, die letztlich in der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten endeten.

§ 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 verlangt eine Prognoseentscheidung über eine voraussichtliche Antragszurückweisung (vgl. Muzak, Die Einschränkungen des faktischen Abschiebeschutzes im Asylverfahren, migralex 2010, 2 [4]); die Sachentscheidung über den Folgeantrag selbst ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens (vgl RV 330 BlgNR 24. GP). Darüber hinaus sieht § 12a Abs. 2 Z 3 leg. cit. vor, dass vor Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und damit vor der möglichen Effektuierung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme erneut eine Refoulement-Prüfung nach Art. 2 und 3 EMRK sowie eine Interessenabwägung iSv Art. 8 EMRK vorzunehmen sind (vgl. VfGH 10.10.2018, G186/2018 ua).

Im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Hierbei ist auch die rechtskräftige Gewährung von subsidiärem Schutz und damit die Bejahung der Voraussetzungen zur Zuerkennung dieses Schutzstatus im Verfahren betreffend den Status eines Asylberechtigten zu beachten (vgl. VwGH 28.02.2017, Ra 2016/01/0206, Rz 13). Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben – nochmals – zu überprüfen (vgl. VwGH 28.04.2017, Ra 2017/03/0027, Rz 11). Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen (vgl. VwGH; 28.02.2017, Ra 2016/01/0206, Rz 14; VwGH 08.09.2015, Ra 2017/03/0027). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307, Rz 22). Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags auf Grund geänderten Sachverhalts hat – von allgemein bekannten Tatsachen abgesehen – im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen. Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht somit nicht umfasst und daher unbeachtlich (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0198, Rz 17).

Der Beschwerdeführer verfügt über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Sein nunmehriger Antrag auf internationalen Schutz ist, wie schon ausführlich ausgeführt, voraussichtlich zurückzuweisen, weil er keinen neuen Sachverhalt vorgebracht hat, der einen glaubhaften Kern aufwies. Vielmehr bezog sich der Beschwerdeführer auf sein bereits in den rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe.

Die Missbräuchlichkeit der Antragstellung ergibt sich schon daraus, dass er kein im Kern neues Vorbringen erstattete. So beinhaltet sein Vorbringen keinen neuen entscheidungsrelevanten Aspekt. Hinzu kommt, dass gegen den Beschwerdeführer eine aufrechte Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot verhängt wurde.

Auch hat sich die allgemeine Lage in seinem Herkunftsland nicht entscheidungswesentlich geändert. Hinsichtlich der in der Stellungnahme ins Treffen geführten derzeit bestehenden COVID-19-Pandemie und der diesbezüglich angeführten hg. Judikatur ist auf eine jüngst erfolgte Revisionszurückweisung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wo dieser auch replizierend auf einen „aktuellen Situationsbericht in Bezug auf Covid-19“ von Friederike Stahlmann vom 27. März 2020 festhielt, dass es einer ganzheitlichen Betrachtung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat, bedarf. Eine Verletzung von Art. 3 EMRK ist demnach nur dann anzunehmen, wenn der Betroffene keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Solche exzeptionellen Umstände konnte der VwGH in Bezug auf Mazar-e Sharif aufgrund der COVID-19-Situation nicht ersehen (vgl. VwGH 23.06.2020, Ra 2020/20/0188).

Weiters ist auf ein jüngstes Erkenntnis des BVwG vom 22.06.2020, Zahl W240 2199489-2/2E, hinzuweisen, mit dem ein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz eines afghanischen Staatsangehörigen wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.

Soweit in der Stellungnahme auf die Kurzinformation der Staatendokumentation vom 18.05.2020 hingewiesen wird, darf auf die diesbezüglich neuere Version vom 29.06.2020 verwiesen werden, der sich Folgendes entnehmen lässt .

Berichten zufolge, haben sich mehr als 30.000 Menschen in Afghanistan mit COVID-19 angesteckt (WP 25.5.2020; vgl. JHU 26.6.2020), mehr als 670 sind daran gestorben. Dem Gesundheitsministerium zufolge, liegen die tatsächlichen Zahlen viel höher; auch bestünde dem Ministerium zufolge die Möglichkeit, dass in den kommenden Monaten landesweit bis zu 26 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert werden könnten, womit die Zahl der Todesopfer 100.000 übersteigen könnte. Die COVID-19 Testraten sind extrem niedrig in Afghanistan: weniger als 0,2% der Bevölkerung – rund 64.900 Menschen von geschätzten 37,6 Millionen Einwohnern – wurden bis jetzt auf COVID-19 getestet (WP 25.6.2020).

In vier der 34 Provinzen Afghanistans – Nangahar, Ghazni, Logar und Kunduz – hat sich unter den Sicherheitskräften COVID-19 ausgebreitet. In manchen Einheiten wird eine Infektionsrate von 60-90% vermutet. Dadurch steht weniger Personal bei Operationen und/oder zur Aufnahme des Dienstes auf Außenposten zur Verfügung (WP 25.6.2020).

In Afghanistan sind landesweit derzeit Mobilität, soziale und geschäftliche Aktivitäten sowie Regierungsdienste eingeschränkt. In den größeren Städten wie z.B. Kabul, Kandahar, Mazar-e Sharif, Jalalabad, Parwan usw. wird auf diese Maßnahmen stärker geachtet und dementsprechend kontrolliert. Verboten sind zudem auch Großveranstaltungen – Regierungsveranstaltungen, Hochzeitsfeiern, Sportveranstaltungen – bei denen mehr als zehn Personen zusammenkommen würden (RA KBL 19.6.2020). In der Öffentlichkeit ist die Bevölkerung verpflichtet einen Nasen-Mund-Schutz zu tragen (AJ 8.6.2020).

Wirksame Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung von COVID-19 scheinen derzeit auf keiner Ebene möglich zu sein: der afghanischen Regierung zufolge, lebt 52% der Bevölkerung in Armut, während 45% in Ernährungsunsicherheit lebt (AF 24.6.2020). Dem Lockdown folge zu leisten, "social distancing" zu betreiben und zuhause zu bleiben ist daher für viele keine Option, da viele Afghan/innen arbeiten müssen, um ihre Familien versorgen zu können (AJ 8.6.2020).

Gesellschaftliche Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19 Auswirkungen

In Kabul, hat sich aus der COVID-19-Krise heraus ein "Solidaritätsprogramm" entwickelt, welches später in anderen Provinzen repliziert wurde. Eine afghanische Tageszeitung rief Hausbesitzer dazu auf, jenen ihrer Mieter/innen, die Miete zu reduzieren oder zu erlassen, die aufgrund der Ausgangsbeschränkungen nicht arbeiten konnten. Viele Hausbesitzer folgten dem Aufruf (AF 24.6.2020).

Bei der Spendenaktion „Kocha Ba Kocha“ kamen junge Freiwillige zusammen, um auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie zu reagieren, indem sie Spenden für bedürftige Familien sammelten und ihnen kostenlos Nahrungsmittel zur Verfügung stellten. In einem weiteren Fall startete eine Privatbank eine Spendenkampagne, durch die 10.000 Haushalte in Kabul und andere Provinzen monatlich mit Lebensmitteln versorgt wurden. Außerdem initiierte die afghanische Regierung das sogenannte „kostenlose Brot“-Programm; bei dem bedürftige Familien – ausgewählt durch Gemeindeälteste – rund einen Monat lang mit kostenlosem Brot versorgt werden (AF 24.6.2020). In dem mehrphasigen Projekt, erhält täglich jede Person innerhalb einer Familie zwei Stück des traditionellen Brots, von einer Bäckerei in der Nähe ihres Wohnortes (TN 15.6.2020). Die Regierung kündigte kürzlich an, das Programm um einen weiteren Monat zu verlängern (AF 24.6.2020; vgl. TN 15.6.2020). Beispielsweise beklagten sich bedürftige Familien in der Provinz Jawzjan über Korruption im Rahmen dieses Projektes (TN 20.5.2020).

Weitere Maßnahmen der afghanischen Regierung

Schulen und Universitäten sind nach aktuellem Stand bis September 2020 geschlossen (AJ 8.6.2020; vgl. RA KBL 19.6.2020). Über Fernlernprogramme, via Internet, Radio und Fernsehen soll der traditionelle Unterricht im Klassenzimmer vorerst weiterhin ersetzen werden (AJ 8.6.2020). Fernlehre funktioniert jedoch nur bei wenigen Studierenden. Zum Einen können sich viele Familien weder Internet noch die dafür benötigten Geräte leisten und zum Anderem schränkt eine hohe Analphabetenzahl unter den Eltern in Afghanistan diese dabei ein, ihren Kindern beim Lernen behilflich sein zu können (HRW 18.6.2020).

Die großen Reisebeschränkungen wurden mittlerweile aufgehoben; die Bevölkerung kann nun in alle Provinzen reisen(RA KBL 19.6.2020). Afghanistan hat mit 24.6.2020 den internationalen Flugverkehr mit einem Turkish Airlines-Flug von Kabul nach Istanbul wieder aufgenommen; wobei der Flugplan aufgrund von Restriktionen auf vier Flüge pro Woche beschränkt wird (AnA 24.6.2020). Emirates, eine staatliche Fluglinie der Vereinigten Arabischen Emirate, hat mit 25.6.2020 Flüge zwischen Afghanistan und Dubai wieder aufgenommen (AnA 24.6.2020; vgl. GN 9.6.2020). Zwei afghanische Fluggesellschaften Ariana Airlines und der lokale private Betreiber Kam Air haben ebenso Flüge ins Ausland wieder aufgenommen (AnA 24.6.2020). Bei Reisen mit dem Flugzeug sind grundlegende COVID-19-Schutzmaßnahmen erforderlich (RA KBL 19.6.2020). Wird hingegen die Reise mit dem Auto angetreten, so sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Zwischen den Städten Afghanistans verkehren Busse. Grundlegende Schutzmaßnahmen nach COVID-19 werden von der Regierung zwar empfohlen – manchmal werden diese nicht vollständig umgesetzt (RA KBL 19.6.2020).

Seit 1.1.2020 beträgt die Anzahl zurückgekehrter Personen aus dem Iran und Pakistan: 339.742; 337.871 Personen aus dem Iran (247.082 spontane Rückkehrer/innen und 90.789 wurden abgeschoben) und 1.871 Personen aus Pakistan (1.805 spontane Rückkehrer/innen und 66 Personen wurden abgeschoben) (UNHCR 20.6.2020).

Situation in der Grenzregion und Rückkehr aus Pakistan

Die Grenze zu Pakistan war fast drei Monate lang aufgrund der COVID-19-Pandemie gesperrt. Mit 22.6.2020 erhielt Pakistan an drei Grenzübergängen erste Exporte aus Afghanistan: frisches Obst und Gemüse wurde über die Grenzübergänge Torkham, Chaman und Ghulam Khan nach Pakistan exportiert. Im Hinblick auf COVID-19 wurden Standardarbeitsanweisungen (SOPs – standard operating procedures) für den grenzüberschreitenden Handel angewandt (XI 23.6.2020). Der bilaterale Handel soll an sechs Tagen der Woche betrieben werden, während an Samstagen diese Grenzübergänge für Fußgänger reserviert sind (XI 23.6.2020; vgl. UNHCR 20.6.2020); in der Praxis wurde der Fußgängerverkehr jedoch häufiger zugelassen (UNHCR 20.6.2020).

Pakistanischen Behörden zufolge waren die zwei Grenzübergänge Torkham und Chaman auf Ansuchen Afghanistans und aus humanitären Gründen bereits früher für den Transithandel sowie Exporte nach Afghanistan geöffnet worden (XI 23.6.2020).

Situation in der Grenzregion und Rückkehr aus dem Iran

Die Anzahl aus dem Iran abgeschobener Afghanen ist im Vergleich zum Monat Mai stark gestiegen. Berichten zufolge haben die Lockerungen der Mobilitätsmaßnahmen dazu geführt, dass viele Afghanen mithilfe von Schmugglern in den Iran ausreisen. UNHCR zufolge, gaben Interviewpartner/innen an, kürzlich in den Iran eingereist zu sein, aber von der Polizei verhaftet und sofort nach Afghanistan abgeschoben worden zu sein (UNHCR 20.6.2020).

Die Feststellungen im Erkenntnis vom 03.10.2019, wonach der Gesundheitszustand, die Arbeitsfähigkeit, die sechsjährige Schulbildung und die mehrjährige Berufserfahrung des BF zu berücksichtigen sind, der BF mit den Gepflogenheiten und einer in Afghanistan gesprochenen Sprache (Paschtu) vertraut ist, und in einem afghanischen Familienverband aufgewachsen ist, der BF in seiner Kindheit und Jugend von der Familie seiner Tante väterlicherseits unterstützt und erhalten wurde, die Tante väterlicherseits mit ihrer Familie nach wie vor in Pakistan lebt und in der Lage ist, den BF im Fall der Rückkehr zu unterstützen, haben keinerlei Änderungen erfahren. Hinzu kommt, dass der BF in seiner Einvernahme vom 13.05.2020 behauptete, dass er in Afghanistan viel Grund besitze, der viel Geld wert sei, eine diesbezügliche vom BF geltend gemachte konkrete Gefährdungssituation aber zu verneinen war.

Auch mit Blick auf die derzeit bestehende Pandemie aufgrund des Corona-Virus – auf welche in der Stellungnahme hingewiesen wurde – ist daher festzuhalten, dass der Beschwerdeführer ein junger Mann im Alter von 30 Jahren ist und an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet und sohin kein Anhaltspunkt besteht, dass er unter die Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Ferner kann in Zusammenhang mit der weltweiten Ausbreitung des COVID-19-Erregers unter Zugrundelegung der Entwicklungen (auch) im Herkunftsland des Beschwerdeführers, wie ausgeführt wurden die Reisebeschränkungen mittlerweile aufgehoben, die Bevölkerung kann nun in alle Provinzen reisen, bislang keine derartige Entwicklung erkannt werden, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Art. 2 und Art. 3 EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt.

Im vorliegenden Fall ist auch sonst davon auszugehen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des gesunden und arbeitsfähigen Beschwerdeführers, keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 und 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilpersonen auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr („a sufficiently real risk“) möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Im Vorverfahren, wurde festgestellt, dass ihm bei einer Rückkehr oder einer Abschiebung in sein Herkunftsland keine Verletzung seiner Integrität droht. Da sich die allgemeine Lage wie auch seine persönlichen Verhältnisse und sein Gesundheitszustand seit der letzten Entscheidung des BFA nicht entscheidungswesentlich geändert haben, kann davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in den Herkunftsstaat für ihn zu keiner Bedrohung der angeführten Menschenrechte führen wird.

Selbiges gilt für seine persönlichen Verhältnisse. Auch bezüglich dieser ist keine Veränderung im Hinblick auf die vorherige Entscheidung eingetreten. Die Feststellung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung, die in Rechtskraft erwuchs, ist somit nach wie vor nicht anzuzweifeln. Es kann auch in der vorliegenden Konstellation nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse des Beschwerdeführers – nach Ablauf von etwa neun Monaten seit rechtskräftiger Entscheidung – Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentlichen Interesse an der öffentlichen Sicherheit und Verhinderung von Straftaten, zu geben sein wird.

Da sich keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes ergibt, ist das BFA zu Recht in seiner Prognose davon ausgegangen, dass der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen sein wird. Aus dem Verfahrensgang zeichnete sich auch deutlich ab, dass der Beschwerdeführer die Durchsetzung der vorangegangenen und mit aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen rechtskräftige Vorentscheidung zu hintertreiben versucht.

Aufgrund der Feststellungen zur Lage in seinem Herkunftsland in Verbindung mit seinem Vorbringen kann somit davon ausgegangen werden, dass ihm keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 beschrieben, droht.

Es liegen somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vor, sodass spruchgemäß die Entscheidung der Verwaltungsbehörde zu bestätigen ist.

Gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Sofern die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag Gesundheitszustand Körperverletzung non refoulement Pandemie Prognose Risikogruppe strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W202.1421043.4.00

Im RIS seit

05.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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