TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/21 G303 2222826-1

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Veröffentlicht am 21.07.2020
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Entscheidungsdatum

21.07.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

G303 2222826-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 06.08.2019, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

I.       Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

II.      Der Grad der Behinderung beträgt 50 (fünfzig) v.H. (von Hundert). Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 03.05.2019 über die Zentrale Poststelle beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) ein. Dem Antrag war ein Ärztlicher Befundbericht vom 24.04.2019 angeschlossen.

Der Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gilt entsprechend dem Antragsformular der belangten Behörde auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

2.1. Im eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten von XXXX , Facharzt für Orthopädie, vom 10.06.2019, wurde basierend auf einer persönlichen Untersuchung der BF am 06.06.2019, festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H. betrage.

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 11.06.2019 wurde der BF zum Ergebnis der Beweisaufnahme ein schriftliches Parteiengehör gemäß § 45 AVG gewährt und die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung eine schriftliche Stellungnahme einzubringen.

3.1. Mit Schreiben vom 24.07.2019 teilte die BF im Rahmen des Parteiengehörs im Wesentlichen zusammengefasst mit, dass der Sachverständige sie einmal in der Ordination, die ca. 3 m lang gewesen sei, gehen habe lassen. Eine tiefe Hocke sei von der BF nicht gefordert und wäre von der BF unmöglich zu schaffen. Die BF sei nicht zu ihrem Schlafmuster befragt worden, sie wache drei bis vier Mal jede Nacht auf, da sie beim Umdrehen große Schmerzen in der rechten Hüfte habe. Die BF könne zwar gehen, aber es sei ihr unmöglich dabei etwas zu tragen. Die BF habe seit der Hüftoperation im August 2013 einen 5 mm Pfannenüberstand und habe seither täglich Schmerzen und sei dadurch eingeschränkt.

4. Aufgrund der im Rahmen des Parteiengehörs erstatteten Einwendungen der BF beauftragte die belangte Behörde erneut den Amtssachverständigen XXXX mit der Beantwortung von medizinischen Fragestellungen.

Insbesondere führte der Sachverständige zu den gemachten Einwendungen der BF zusammengefasst aus, dass keine neuen Befunde vorgelegt worden seien. Die BF sei zur Untersuchung ohne Hilfsmittel erschienen und sei problemlos mobilisiert gewesen. Das Gangbild sei flüssig und hinkfrei gewesen, auch der Zehen-, Fersengang und Einbeinstand seien beidseits demonstrierbar und die tiefe Hocke mit Abstützreaktion beim Aufrichten vollständig möglich gewesen. Anamnestisch könne die BF auf der Ebene einige Kilometer zurücklegen. Das Treppensteigen sei zwar beschwerlich, aber wenn sie sich am Handlauf festhalten könne, sei es ihr anamnestisch alternierend möglich.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 06.08.2019 wurde der Grad der Behinderung der BF mit 40 % festgesetzt und festgestellt, dass die BF die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle, weswegen ihr Antrag vom 03.05.2019 abgewiesen wurde. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das eingeholte, oben angeführte, ärztliche Sachverständigengutachten. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens wurden dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen. In der rechtlichen Begründung wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes angeführt.

6. Mit Schreiben vom 18.08.2019 erhob die BF fristgerecht Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid. Darin wird beanstandet, dass der Gutachter offensichtlich ihre Stellungnahme im Parteiengehör überhaupt nicht zur Kenntnis genommen habe, da die gleiche Wortwahl wie bei der ersten Begutachtung zu finden sei. Die BF sei kein zweites Mal bei Dr. XXXX zur Begutachtung gewesen und habe das Gefühl nicht ernst genommen zu werden. Sie verweise auf ihre Stellungnahme vom 24.07.2019.

7. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 27.08.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen.

8. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichtes ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt.

8.1. Im medizinischen Sachverständigengutachten von XXXX Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 22.04.2020 wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF am selben Tag, im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer bzw. des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Schmerzhafte Hüft-TEP rechts 08/2013 und Hüftgelenksabnützung links

Unterer RSW bei Pfannenimpingement der Hüftprothese rechts sowie beidseitigem Beuge- und Drehdefizit mit belastungsabhängigen Beschwerden

02.05.10

50

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Stellungnehmend zu den gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten wurde ausgeführt, dass auf Grund der aktuellen Problematik eine deutliche Funktionseinschränkung der rechten unteren Extremität als Kombinationsproblematik der muskulären Insuffizienz als auch der Schmerzen nach der Hüftendoprothese rechts bestehe. Auf Grund der aktiven Funktionseinschränkung der führenden rechten Hüfte bzw. des rechten Beines sei die angeführte Richtsatzposition vorgeschlagen, da sich offenbar eine Verschlechterung zum Vorgutachten ergeben habe.

9. Das Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG seitens des erkennenden Gerichtes mit Schreiben vom 30.04.2020 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen drei Wochen ab Zustellung zu äußern.

9.1. Die Parteien erstatteten dazu keine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF hat einen Wohnsitz im Inland.

Bei der BF besteht ein Zustand nach Implantation einer Hüfttotalendoprothese (Hüft-TEP) rechts im Jahr 2013. Zudem leidet die BF an einer Hüftgelenksabnützung links. Diesbezüglich besteht ein beidseitiges Beuge- und Drehdefizit mit belastungsabhängigen Beschwerden.

Diese Gesundheitsschädigung ist mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 50 % einzuschätzen.

Weitere behinderungsrelevante Leiden konnten nicht festgestellt werden.

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt somit 50 von Hundert (v.H.).

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten, der Beschwerde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung zum Wohnsitz der BF ergibt sich aus einem eingeholten Datenauszug des Zentralen Melderegisters und den Angaben der BF bei der Antragstellung.

Der Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert wurde aufgrund des eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachtens von XXXX Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 22.04.2020, festgestellt.

Dieses ist schlüssig, vollständig, weist keine Widersprüche auf und steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen im Einklang. Das Sachverständigengutachten basiert auf einem nach persönlicher Untersuchung der BF erhobenen Befund. Es wurde dabei auf die Art der Leiden der BF und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Die festgestellte behinderungsrelevante Gesundheitsschädigung und deren korrekte und nachvollziehbare Einschätzung bezüglich des Grades der Behinderung gemäß der anzuwendenden Einschätzungsverordnung samt Anlage ergeben sich daraus.

Im Vergleich zum Vorgutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie, vom 10.06.2019, das dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt, konnte der Sachverständige XXXX Dr. XXXX die höhere Einschätzung des Hüftleidens schlüssig und nachvollziehbar darlegen, indem im Sachverständigengutachten dazu ausgeführt wird, dass bei der BF aufgrund der Hüftendoprothese und der damit verbundenen Schmerzen sowie der muskulären Insuffizienz eine deutliche Funktionseinschränkung der rechten Hüfte bzw. des rechten Beines besteht.

Der Inhalt des oben angeführten Sachverständigengutachtens von XXXX Dr. XXXX wurde von der BF als auch von der belangten Behörde im Rahmen des schriftlichen Parteiengehörs unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen. Es blieb daher im gegenständlichen Beschwerdeverfahren unbestritten.

Es wurde somit ein Grad der Behinderung von 50 v.H. objektiviert.

Das oben angeführte Sachverständigengutachten von XXXX Dr. XXXX , vom 22.04.2020, wird daher der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung [idgF]) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 idgF) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF) geregelt (§ 1 VwGVG).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung der BF. Der verfahrensrelevante Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde zudem von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht beeinsprucht.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.

Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970i n der geltenden Fassung, angehören.

Nach § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

?        Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).

?        Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

?        In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz,
BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 in der geltenden Fassung) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 leg. cit. vorliegt.

Der Behindertenpass hat gemäß § 42 Abs. 1 BBG den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das Sachverständigengutachten von XXXX Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 22.04.2020, zu Grunde gelegt, welches als nachvollziehbar, schlüssig und widerspruchfrei gewertet wurde.

Die vorgebrachte Gesundheitsschädigung der BF wurde in dem vorliegenden Sachverständigengutachten berücksichtigt und entsprechend der anzuwendenden Anlage zur Einschätzungsverordnung eingeschätzt. Es wurde ein Grad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert festgestellt.

Die Gesamteinschätzung ist auch unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen (vgl. VwGH 19.11.1997, Zl. 95/09/0232; 04.09.2006, Zl. 2003/09/0062).

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert und einem Wohnsitz im Inland sind die Voraussetzungen gemäß § 40 Abs. 1 BBG für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfüllt.

Der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben und festzustellen, dass der Grad der Behinderung der BF 50 (fünfzig) v.H. (von Hundert) beträgt.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G303.2222826.1.00

Im RIS seit

05.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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