TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/11 96/01/0190

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Veröffentlicht am 11.11.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Bachler, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des Kenneth Abumwenre in Wien, geboren am 26. März 1969, vertreten durch Dr. Peter Stoff, Rechtsanwalt in Wien VII, Neustiftgasse 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Juli 1995, Zl. 4.329.532/7-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, der am 15. November 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 20. November 1991 einen Asylantrag gestellt hat, hat anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 3. Februar 1992 folgendes angegeben:

Im August 1991 sei der Markt von Benin City von unbekannten Tätern in Brand gesetzt worden. Einige Tage später seien der Beschwerdeführer und zwei Freunde von der Polizei verhaftet worden. Man habe ihm zu Unrecht vorgeworfen, an dem Brandanschlag beteiligt gewesen zu sein. Einen Freund habe er im Vernehmungszimmer laut schreien gehört und anschließend nie mehr gesehen. Er nehme an, daß ihn die Beamten unter Umständen ermordet hätten. Er selbst sei nicht mißhandelt worden. Sein Onkel sei Polizist und habe seine Entlassung aus der Haft ermöglicht. Bis zu seiner Ausreise aus Nigeria habe er sich bei seinem Onkel versteckt gehalten. Seine Verwandten hätten ihm einen Steckbrief nachgesandt, der besage, daß die nigerianischen Behörden nach ihm fahndeten. Weiters habe er einen Brief von seiner Schwester sowie ein Foto von seinem niedergebrannten Elternhaus erhalten. Eine Rückkehr in seine Heimat sei für ihn unmöglich, weil er nicht mit einem fairen Verfahren bzw. einer gerechten Behandlung zu rechnen habe. Er habe Nigeria am 1. September 1991 auf dem Luftweg verlassen und sei über Istanbul und Belgrad illegal nach Österreich eingereist.

Mit Bescheid vom 23. März 1992 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark fest, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge nicht erfülle.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung wiederholte der Beschwerdeführer sein Vorbringen und brachte darüber hinaus vor, nach Verlassen des Heimatlandes habe er erfahren, daß sein Onkel aufgrund der Beihilfe zur Flucht des Beschwerdeführers verhaftet worden sei. In seiner Heimat herrsche eine rechtliche Unsicherheit und Menschen könnten ohne Möglichkeit einer richterlichen Überprüfung bis zu sechs Monaten inhaftiert werden. Auch würde häufig die Todesstrafe angewendet. Er habe Angst, in sein Heimatland zurückzukehren, weil ihm eine Gefängnisstrafe drohe. In diesem Fall bestehe die Möglichkeit, daß man ihn für Jahre "vergesse" oder auf grausame Weise töte. Darüber hinaus finde in Nigeria eine Islamisierung statt, welche eine Verfolgung und Benachteiligung der christlichen Gruppen zur Folge habe. Er selbst sei als praktizierender Christ ständigen Verfolgungen ausgesetzt gewesen.

Der diese Berufung abweisende Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juli 1993 wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 15. September 1994, Zl. 94/19/1017, infolge Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94, aufgehoben. Nach Einräumung der Möglichkeit zur Ergänzung der Berufung, welche vom Beschwerdeführer nicht genützt wurde, wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 3. Juli 1995 die Berufung des Beschwerdeführers neuerlich ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß dem Vorbringen bei der Ersteinvernahme, dessen richtige Wiedergabe in der Niederschrift vom Beschwerdeführer nicht bestritten wurde, hat der Beschwerdeführer einen Zusammenhang zwischen seiner Verfolgung und einem der im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Gründe nicht hergestellt. Die Beschwerde macht dazu geltend, hinsichtlich der Frage, ob der Beschwerdeführer aus politischen oder sozialen Gründen verfolgt werde, könne nicht allein auf sein subjektives Wissen über den Grund seiner Verfolgung abgestellt werden. Typischerweise würden von einem diktatorischen Regime Verfolgungshandlungen gesetzt, deren Begründung sich im Einzelfall nicht rational nachvollziehen lasse. Es komme darauf an, daß der Beschwerdeführer objektiv vom Regime wegen einer solchen Eigenschaft verfolgt werde und seine subjektive Furcht, aus den im § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Gründen verfolgt zu werden, berechtigt sei. Daß der Beschwerdeführer aus einem asylrelevanten Grund der Verfolgung ausgesetzt gewesen sei, liege aufgrund des Umstandes, daß keine Verdachtsmomente für die Begehung einer strafbaren Handlung bekannt seien, auf der Hand.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Vorbringen des Asylwerbers zentrales Entscheidungskriterium ist und es diesem obliegt, alles für die Glaubhaftmachung des Vorliegens eines Fluchtgrundes Zweckdienliche vorzubringen. Der belangten Behörde kann mangels jeglichen Vorbringens, des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren, daß die von ihm erduldeten Maßnahmen im Zusammenhang mit einem der in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 aufgezählten Gründe gestanden seien, nicht entgegengetreten werden, wenn sie zum Ergebnis gelangte, der Beschwerdeführer habe eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft gemacht.

Die belangte Behörde hat nämlich auch zu Recht auf das Berufungsvorbringen gemäß § 20 Abs. 1 AsylG 1991 nicht Bedacht genommen, weil ein Mangel des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens weder in der Berufung geltend gemacht worden ist noch dem Verwaltungsakt entnommen werden kann.

Der Beschwerdeführer bringt vor, in Nigeria erwarte ihn kein faires Gerichtsverfahren, er müsse sogar mit der Todesstrafe rechnen, und meint in diesem Zusammenhang, es sei ihm schon deshalb Asyl zu gewähren, weil er wegen der ihm vorgeworfenen Brandstiftung nicht nach Nigeria ausgeliefert werden könne. Dem ist zu entgegnen, daß die Asylgewährung ausschließlich aus den in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 aufgezählten Gründen in Betracht kommt und eine - aus anderen Gründen - zu erwartende unmenschliche Behandlung oder Strafe oder Todesstrafe allenfalls gemäß § 37 Abs. 1 FrG zur Unzulässigkeit der Abschiebung führen könnte.

Die sich schon aus diesen Gründen als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996010190.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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