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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des M D in U, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 18. Juni 2019, E 018/07/2018.013/002, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Oberwart), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 22. November 2017 wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild Glücksspielgesetz - GSpG iVm § 9 Abs. 1 VStG mit drei Glücksspielgeräten für schuldig erkannt. Es wurden über ihn drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 5.000,-- (sowie Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt, weil die von ihm vertretene Gesellschaft in der Zeit von 1. August 2016 bis 9. September 2016 in einem näher genannten Lokal verbotene Ausspielungen veranstaltet habe.
2 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde, in der er keine mündliche Verhandlung beantragte. Die belangte Behörde verzichtete ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Burgenland (LVwG) - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - die Beschwerde des Revisionswerbers mit einer hier nicht maßgeblichen Änderung des Spruches des angefochtenen Bescheides ab (Spruchpunkt I.). Das LVwG legte dem Revisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens auf (Spruchpunkt II.) und sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 Die Revision erweist sich hinsichtlich des Zulässigkeitsvorbringens, das LVwG habe im Revisionsfall entgegen näher genannter ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine mündliche Verhandlung durchgeführt, als zulässig und begründet.
6 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, stellt die Verletzung der Verhandlungspflicht bzw. des Unmittelbarkeitsgrundsatzes einen Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze bzw. eine konkrete schwerwiegende Verletzung von Verfahrensvorschriften und damit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (vgl. etwa VwGH 18.12.2019, Ra 2018/17/0053, mwN).
7 Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem LVwG war der gegen den Revisionswerber erhobene Vorwurf, eine Übertretung des GSpG zu verantworten zu haben, sodass im Hinblick auf die Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung § 44 VwGVG anzuwenden war.
8 Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 44 Abs. 1 VwGVG grundsätzlich eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
9 In § 44 Abs. 2 bis 5 VwGVG finden sich zulässige Ausnahmen von der Verhandlungspflicht. Ein Absehen von der Verhandlung wäre vom LVwG nach dieser Bestimmung zu beurteilen und zu begründen gewesen (vgl. z. B. VwGH 14.6.2018, Ra 2017/17/0641; 7.6.2016, Ro 2015/09/0012; jeweils mwN).
10 Das LVwG hat das Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung entgegen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht begründet und damit den Verwaltungsgerichtshof nicht in die Lage versetzt, eine nachprüfende Kontrolle durchzuführen, ob im Revisionsfall dieses Absehen rechtmäßig war.
11 Das angefochtene Erkenntnis war somit bereits aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Es erübrigt sich daher, auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen.
12 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 10. September 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019170095.L00Im RIS seit
10.11.2020Zuletzt aktualisiert am
10.11.2020