TE Vwgh Beschluss 2020/9/11 Ra 2019/03/0025

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Veröffentlicht am 11.09.2020
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
93 Eisenbahn

Norm

EisenbahnG 1957 §48 Abs1 Z2
EisenbahnG 1957 §48 Abs2
EisenbahnG 1957 §48 Abs3
EisenbahnG 1957 §48 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Marktgemeinde Ö, vertreten durch die B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH in 1040 Wien, Gußhausstraße 6, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Jänner 2019, Zl. W110 2127914-2/16E, betreffend Auflassung einer Eisenbahnkreuzung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie; nunmehr: Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie; mitbeteiligte Partei: Ö AG in W, vertreten durch die Jarolim Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Volksgartenstraße 3/2. OG), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 28. April 2016 ordnete der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie gemäß § 48 Abs. 1 Z 2 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) die Auflassung einer näher bezeichneten Eisenbahnkreuzung an einem öffentlichen Interessentenweg im Gemeindegebiet der Marktgemeinde Ö., der nunmehrigen Revisionswerberin, unter Bestimmung einer Umsetzungsfrist an. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Kosten für die im Zusammenhang mit der Auflassung der Eisenbahnkreuzung nötigen Abtragungen und allenfalls erforderlichen Absperrungen gemäß § 48 Abs. 2 EisbG von der Mitbeteiligten, einem Eisenbahnunternehmen, zu tragen sind.

2        Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - nach Klarstellung seiner sachlichen Zuständigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof (siehe VwGH 23.3.2018, Ro 2017/03/0034) - die Beschwerde der Revisionswerberin wegen mangelnder Beschwerdelegitimation als unzulässig zurück und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

3        Begründend führte das BVwG aus, die belangte Behörde habe durch den angefochtenen Bescheid lediglich die Auflassung der betreffenden Eisenbahnkreuzung ohne weitere Maßnahmen verfügt. Zusätzliche Anordnungen, welche der Revisionswerberin Kosten auferlegt hätten, seien nicht getroffen worden. Der mit der Auflassung verbundene Aufwand sei in Entsprechung der Regelung des § 48 Abs. 2 zweiter Satz EisbG allein von der Mitbeteiligten zu tragen. Da die Parteistellung der Gemeinde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis u.a. auf VwGH 22.6.2016, Ra 2016/03/0023) von der behördlich verfügten (teilweisen) Tragung der in § 48 Abs. 2 erster Satz EisbG genannten Kosten abhänge, gehe der Hinweis der Revisionswerberin auf eine finanzielle Belastung durch den allfälligen Um- oder Ausbau von Ausweichrouten ins Leere. Derartige Maßnahmen seien im angefochtenen Bescheid nicht angeordnet worden.

4        Auch wenn der Revisionswerberin als Trägerin der Straßenbaulast iSd § 48 EisbG Parteistellung im Auflassungsverfahren zukomme, ändere dies nichts an der Notwendigkeit eines möglichen Eingriffs in ihre rechtlichen Interessen als Prozessvoraussetzung für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht, was nach der Judikatur die Auferlegung von Kosten iSd § 48 Abs. 2 erster Satz EisbG voraussetze. Eine solche Kostenauferlegung zulasten der Revisionswerberin sei im gegenständlichen Fall nicht zu erkennen, weshalb die Revisionswerberin durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten habe verletzt sein können.

5        Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in welcher beantragt wird, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Beschluss dahingehend abändern, dass der Beschwerde der Revisionswerberin stattgegeben werde, in eventu den angefochtenen Beschluss wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts bzw. wegen Verletzung von Verfahrensvorschiften aufheben.

6        Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision. Die vor dem BVwG belangte Behörde erstattete eine Äußerung, in welcher sie auf näher genannte hg. Rechtsprechung verwies.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision zusammengefasst vor, die Anordnung zur Auflassung einer Eisenbahnkreuzung setze gemäß § 48 Abs. 1 Z 2 EisbG voraus, dass das verbleibende oder umzugestaltende Wegenetz oder sonstige Ersatzmaßnahmen den Verkehrserfordernissen entsprächen. Das BVwG habe sich mit dem Vorbringen der Revisionswerberin, dass die angeordnete Auflassung der Eisenbahnkreuzung nicht den Verkehrserfordernissen entspreche, nicht auseinandergesetzt. Vielmehr habe das BVwG der Revisionswerberin die Beschwerdelegimitation bereits dadurch abgesprochen, dass sie keine Kosten zu tragen habe und deshalb nicht beschwert sei, wobei die vorgelagerte Frage, nämlich ob das verbleibende Wegenetz den Verkehrserfordernissen entspreche, trotz des ausführlichen Vorbringens der Revisionswerberin dazu schlichtweg übergangen worden sei. Damit habe das BVwG seine Pflicht, den maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, grob verletzt.

11       Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

12       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von der Auflassung einer im Gemeindegebiet liegenden Eisenbahnkreuzung betroffenen Gemeinde kein Anspruch darauf zu, das bestehende Wegenetz samt den vorhandenen Eisenbahnkreuzungen oder möglichst kurze Verbindungen zwischen einzelnen Ortsteilen der Gemeinde zu erhalten. Nicht jede Veränderung der derzeitigen Verhältnisse, die zu längeren Verbindungen zwischen den durch die Bahnlinie getrennten Ortsteilen führt, steht somit der Auflassung der strittigen Eisenbahnkreuzung entgegen. § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG räumen der Gemeinde kein Recht auf Wahrnehmung der Einhaltung der Gesetze bzw. der Interessen ihrer Bewohner ein (vgl. erneut VwGH 1.4.2019, Ra 2019/03/0027; 22.6.2016, Ra 2016/03/0023, jeweils mwN).

13       Ist im Fall der Auflassung einer Eisenbahnkreuzung keine Umgestaltung des Wegenetzes oder sonstige Ersatzmaßnahme erforderlich, sondern erschöpfen sich die zu treffenden Maßnahmen in den im Zusammenhang mit der Auflassung erforderlichen Abtragungen und Absperrungen, so sind diese Kosten gemäß § 48 Abs. 2 EisbG zur Gänze vom Eisenbahnunternehmen und nicht (auch nur teilweise) vom Träger der Straßenbaulast zu tragen (vgl. VwGH 25.2.2020, Ra 2019/03/0098, mwN).

14       Werden somit im Zusammenhang mit der angeordneten Auflassung einer Eisenbahnkreuzung nur Anordnungen getroffen, für deren Kosten gemäß § 48 Abs. 2 zweiter Satz EisbG das Eisenbahnunternehmen aufzukommen hat, ist die jeweilige Gemeinde (mangels Belastung als Trägerin der Straßenbaulast) durch eine derartige Entscheidung nicht beschwert, weshalb ihr insoweit ein Rechtsschutzinteresse fehlt (vgl. erneut VwGH 1.4.2019, Ra 2019/03/0027, mwN).

15       Ausgehend davon hat sich das BVwG mit seiner Entscheidung nicht von den Leitlinien der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entfernt und ist zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass die revisionswerbende Gemeinde durch den angefochtenen Bescheid, in dem keine Maßnahmen angeordnet wurden, die zu einer Belastung der Revisionswerberin als Trägerin der Straßenbaulast führen, nicht in ihren Rechten verletzt sein konnte, weshalb es der Revisionswerberin an der Prozessvoraussetzung des Rechtsschutzinteresses fehlte.

16       Daran ändert es auch nicht, dass der Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast Parteistellung auch im Auflassungsverfahren zukommt (vgl. VfGH vom 26.2.2019, G 179/2019 u.a., zum Verfahren betreffend die Sicherung eines schienengleichen Eisenbahnübergangs), da auch in diesem Fall die Beschwerde durch den angefochtenen Bescheid Voraussetzung für die Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde ist.

17       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen.

18       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

19       Von der Durchführung der beantragen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 11. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019030025.L00

Im RIS seit

12.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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