Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AuslBG §28 Abs1 Z1 litaBeachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentlichen Revisionen 1. des A B in C, 2. der D E in F und 3. des G H in I, alle vertreten durch Mag. Gernot Strobl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 46a, gegen die je am 17. Juni 2019 mündlich verkündeten und am 3. Juli 2019 schriftlich ausgefertigten Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Salzburg, Zlen. 1. 405-7/760/1/7-2019, 2. 405-7/761/1/7-2019 und 3. 405-7/762/1/7-2019, jeweils betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit den Straferkenntnissen der belangten Behörde je vom 1. April 2019 wurden die revisionswerbenden Parteien als handelsrechtliche Geschäftsführer und damit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organe der J GmbH jeweils schuldig erkannt, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin eine namentlich genannte serbische Staatsangehörige vom 24. Jänner 2018 bis zum 30. Juli 2018 (betreffend den Erstrevisionswerber) bzw. vom 23. November 2017 bis zum 23. Jänner 2018 (betreffend die Zweitrevisionswerberin) bzw. vom 1. August 2018 bis zum 31. August 2018 (betreffend den Drittrevisionswerber) beschäftigt habe, ohne dass für diese eine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen vorgelegen seien. Wegen der dadurch begangenen Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a erster Strafsatz in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) wurde über den Erst- und den Drittrevisionswerber jeweils eine Geldstrafe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und 10 Stunden, und gegen die Zweitrevisionswerberin gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a zweiter Strafsatz in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG eine Geldstrafe von 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und 10 Stunden, verhängt und jeweils nach § 9 Abs. 7 VStG die Haftung der Gesellschaft ausgesprochen.
2 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg die dagegen erhobenen Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab, sprach über die Kosten der Beschwerdeverfahren ab und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG jeweils für nicht zulässig.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. VwGH 9.6.2020, Ra 2019/20/0609, mwN).
7 Die Revisionswerber bringen zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revisionen vor, das Landesverwaltungsgericht Salzburg sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen bzw. fehle eine gesicherte Rechtsprechung zum konkreten Sachverhalt. Beim Erst- und Drittrevisionswerber sei der subjektive Tatbestand nicht erfüllt. Diese treffe an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden im Sinn des § 5 Abs. 1 VStG. Es bestehe keine gesetzliche Norm, welche diese als Geschäftsführer verpflichtet hätte, die vor ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer erfolgte Anmeldung der Ausländerin auf ihre formelle Richtigkeit zu überprüfen. Es gebe Firmen mit mehreren tausend Angestellten. Von einem neu bestellten Geschäftsführer könne nicht ernsthaft verlangt werden, sämtliche Anstellungsvorgänge von Personen, die zum Zeitpunkt seiner Bestellung zum Geschäftsführer noch angestellt seien, auf ihre formelle Richtigkeit zu überprüfen.
8 Nach den unbestrittenen Feststellungen waren die revisionswerbenden Parteien zu den ihnen zur Last gelegten Tatzeiträumen jeweils Geschäftsführer der J GmbH. Als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der genannten GmbH (der Arbeitgeberin) traf die revisionswerbenden Parteien für die Zeit, in denen ihnen die Vertretungsbefugnis eingeräumt war, gemäß § 9 Abs. 1 VStG ex lege die strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Vorschriften des AuslBG.
9 Die den revisionswerbenden Parteien zur Last gelegten Übertretungen nach § 28 Abs. 1 AuslBG sind Ungehorsamsdelikte, bei denen im Sinn des zweiten Satzes des § 5 Abs. 1 VStG der Täter glaubhaft zu machen hat, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Solange dies nicht der Fall ist, hat die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) anzunehmen, dass der Verstoß bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte vermieden werden können. Es ist daher Sache des Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden traf (vgl. etwa VwGH 29.1.2020, Ra 2019/09/0162; 19.10.2017, Ra 2017/09/0037; 13.12.2016, Ra 2016/09/0099 und 0100; 25.6.2013, 2013/09/0022 und 0023). Der Beschuldigte hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 13.12.2019, Ra 2019/08/0024, mwN).
10 Zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinn des § 5 Abs. 1 VStG reicht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der bloße Hinweis nicht aus, dass die Einhaltung der maßgebenden Rechtsvorschrift nicht zumutbar sei und auch von anderen nicht eingehalten werde (vgl. VwGH 29.5.1990, 89/05/0218).
11 Kein Verschulden ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig hingegen dann gegeben, wenn ein Beschuldigter im Rahmen seines Betriebs bzw. Unternehmens ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet hat, sodass er unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten konnte (vgl. VwGH 9.12.2019, Ra 2019/03/0123, mwN).
12 Es liegt auch Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verantwortlichkeit eines neu eintretenden Gesellschaftsorgans vor. Demnach muss auch beim Geschäftsführerwechsel eine kontinuierliche Sicherstellung eines wirksamen Kontrollsystems gegeben sein. Der neu eintretende Geschäftsführer hat sich bei Übernahme seiner Geschäftsführerfunktion mit gebotener Eile mit den rechtlichen Risikobereichen vertraut zu machen und sich darüber zu unterrichten, ob bereits ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet ist, um die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG sicherzustellen (zu den Verschuldenskriterien bei einem Wechsel eines Geschäftsführers vgl. VwGH 15.9.2011, 2011/09/0127; 28.5.2008, 2008/09/0117).
13 Nach dem Gesagten wäre es sohin Sache der revisionswerbenden Parteien gewesen, glaubhaft zu machen, dass sie an der Übertretung kein Verschulden trifft. Dass die Zweitrevisionswerberin ein die tatsächliche Einhaltung der Ausländerbeschäftigungsvorschriften sicherstellendes Kontrollsystem eingerichtet hätte, auf das auch die ihr als Geschäftsführer nachfolgenden Erst- und Drittrevisionswerber vertrauen durften, bzw. der Erst- und der Drittrevisionswerber irgendwelche Kontroll- bzw. Überprüfungsmaßnahmen in Bezug auf die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG gesetzt hätten, wird von den revisionswerbenden Parteien aber nicht einmal behauptet. Wenn das Verwaltungsgericht daher von der schuldhaften Verwirklichung des objektiven Tatbestands des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG durch den Erst- und Drittrevisionswerber ausgegangen ist, ist ein Abweichen von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht zu sehen.
14 Zum die Zweitrevisionswerberin betreffenden Erkenntnis enthalten die Revisionen kein Zulässigkeitsvorbringen. Ihre Revision war schon aus diesem Grund zurückzuweisen.
15 In den Revisionen werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren gemäß Art. 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 16. September 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019090143.L00Im RIS seit
06.11.2020Zuletzt aktualisiert am
06.11.2020