TE Bvwg Beschluss 2019/12/23 L506 2192949-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.12.2019
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Entscheidungsdatum

23.12.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2 Z1
AsylG 2005 §12a Abs2 Z2
AsylG 2005 §12a Abs2 Z3
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L506 2192949-2/4E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Pakistan, beschließt das Bundesverwaltungsgericht durch die Richterin Mag. GABRIEL als Einzelrichterin:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 Z. 1, 2 und 3 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 idgF sowie iVm § 22 BFA-VG idgF rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF), ein pakistanischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am XXXX erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem wurde er am 27.02.2016 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und nach Zulassung des Verfahrens am 24.01.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen.

2. Bei der Erstbefragung erklärte der BF zu seinem Ausreisegrund, dass er in Pakistan finanzielle Probleme gehabt habe und ausgewandert sei, um ein neues Leben zu beginnen; im Rückkehrfall werde er Probleme mit den Leuten, von denen er sich Geld geborgt habe, bekommen.

3. Im Zuge der Einvernahme vor dem BFA am 24.01.2018 erklärte der BF, dass er mit seinem Onkel und seinen Cousins väterlicherseits Grundstücksstreitigkeiten gehabt habe. Die Familie des BF sei vom Onkel bei der Polizei angezeigt und seien auch Gerichtsverhandlungen geführt worden. Der BF sei bereits dreimal geschlagen und auch beroht worden und habe man ihm gesagt, dass er das Dorf verlassen solle. Sie hätten das Dorf verlassen und sich nach XXXX begeben, wo es keine Probleme gegeben habe. Er habe dort jedoch Angst gehabt, da die Gegner gewusst hätten, wo sie lebten und hätten sie sie jederzeit bedrohen können. Der BF legte eine Kopie einer Anzeige vor.

4. Das BFA wies mit Bescheid vom XXXX den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 idgF hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs 1 Z 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan (Spruchpunkt II.) ab. Das BFA erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.) und erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.). Das BFA stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung des BF nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte das Bundesamt nach der Wiedergabe der Einvernahme des Beschwerdeführers und den Feststellungen zu dessen Person aus, es stehe fest, dass der Beschwerdeführer keine Verfolgung seitens des pakistanischen Staates zu befürchten habe. Die vorgebrachten Ausreisegründe würden als nicht glaubhaft erachtet und es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehre einer Gefährdung oder Bedrohung durch staatliche Stellen oder durch Dritte ausgesetzt wäre.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die geltend gemachten Ausreisegründe aufgrund der vagen Schilderung nicht glaubwürdig seien und ergebe sich aus dem Vorbringen weiter keine asylrelevante Verfolgung.

In rechtlicher Hinsicht folgerte die belangte Behörde, der Beschwerdeführer habe keine Verfolgung im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention zu gewärtigen, sodass kein internationaler Schutz zu gewähren sei. Dem Beschwerdeführer sei der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen, da er in Pakistan über genügend Anknüpfungspunkte verfüge und keine reale Gefahr einer Verletzung in elementaren Rechten sowie keine Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts drohe. Dem Beschwerdeführer sei schließlich kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 zu erteilen und habe die Abwägung der beroffenen Ineressen ergeben, dass eine Rückkehrentscheidung zulässig sei. Die Abschiebung des BF sei unter Einbeziehung der fallbezogenen Umstände zulässig.

5. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde vom 10.04.2018 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX GZ:

XXXX hinsichtlich Spruchpunkt I., II., III., IV., V. und VI. gemäß § 3 Abs 1, § 8 Abs 1, § 57 , § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Die abweisende Entscheidung erfolgte im wesentlichen mit der Begründung der mangelnden Glaubwürdigkeit der Angaben des BF zu seinen Ausreisegründen, da die Angaben des BF im vagen und abstrakten Bereich geblieben seien, womit der Ansicht der belangten Behörde gefolgt werde. Auch die vorgelegte Kopie einer Anzeige aus dem Jahr 2013 stehe in keinem zeitlichen Zusammenhang mit der Ausreise des BF zwei Jahre später. Ergänzend wurde darauf verwiesen, dass der BF in der Erstbefragung einen gänzlich anderen Ausreisegrund, nämlich finanzielle Prbleme und eine Bedrohung durch die Gläubiger vorgebracht habe als in der behördlichen Einvernahme und sei ein derart massiver Widerspruch im Kern des Vorbringens bereits per se geeignet, die Glaubwürdigkeit des gesamten Vorbringens in Zweifel zu ziehen.

Ferner lasse sich aus dem Vorbringen des BF zu Grundstücksstreitigkeiten kein Asylgrund ableiten. Dieses Erkenntnis erwuchs am XXXX durch Zustellung an den rechtsfreundlichen Vertreter des BF in Rechtskraft.

6. Am XXXX wurde der BF bei einer Zufallskontrolle der LPD XXXX angetroffen, aufgrund seinen unrechtmäßigen Aufenthaltes festgenommen und in das PAZ XXXX eingeliefert.

Dem BF wurde im Rahmen des Parteiengehörs mitgeteilt, dass die Rückkehrentscheidung im Erstverfahren am XXXX in Rechtskraft erwachsen ist. Am XXXX sei die Abschiebung des BF geplant gewesen, jedoch habe dieser nicht an seiner Wohnadresse angetroffen werden können und habe ein Wohnungsnachbar mitgeteilt, dass der BF dort nicht mehr aufhältig sei.

Dem BF wurde Parteiengehör zur beabsichtigten Verhängung der Schubhaft gewährt und ihm mitgeteilt, dass er beim nächstmöglichen Termin abgeschoben werde.

Der BF gab daraufhin an, dass er einen neuen Asylantrag stellen werde.

7. Der Beschwerdeführer stellte sohin am XXXX einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz und erfolgte am selben Tag die asylrechtliche Erstbefragung des BF durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Der BF erklärte zu den Gründen für seine neuerliche Antragstellung, dass sein alter Ausreisegrund nach wie vor aufrecht sei und seien darüber hinaus neue Gründe entstanden. Er habe Grundstücksstreitigkeiten mit seinem Cousin väterlicherseits und sei sein Vater von den Cousins mit dem Tod bedroht, angegriffen und verjagt worden. Seine Familie lebe nun in XXXX . Sein Leben sei in Gefahr, da er ebenso mit dem Tod bedroht worden sei; dies seien alle Gründe, denen er keine weiteren Gründe hinzuzufügen habe. Im Rückkehrfall würde er getötet werden. Er sei von seinem Cousin angegriffen worden und habe sich dagegen verteidigt; er sei auch bei der örtlichen Polizei angezeigt worden.

8. Am 27.11.2019 wurde dem BF durch Verfahrensanordnung seitens des BFA gem. § 29 Abs. 3 Z 4 und 6 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen nunmehrigen Antrag auf internationalen Schutz gem. § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben. Die Zustellung der Verfahrensanordnung an den BF erfolgte am 28.11.2019.

9. Anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am XXXX in der Erstaufnahmestelle-Ost des BFA gab der BF nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit seines Rechtsberaters an, er sei geistig und körperlich in der Lage, die Einvernahme durchzuführen, er sei gesund und in keiner ärztlichen Behandlung; wegen Rückenschmerzen habe er am Donnerstag einen Termin bei einem Indischen Arzt.

Er habe zwischenzeitlich keinen Kontakt mehr zu seiner Familie, diese sei umgezogen; ohne Kontakt und familiäre Hilfe könne man in Pakistan nicht überleben. Die pakistanische Polizei sei nicht in der Lage, Sicherheit zu gewährleisten. Vor ca. 4 bis 5 Monaten seien seine Feinde zu ihm nach Hause gegangen und hätten seine Mutter unter Druck gesetzt und geschlagen; diese hätte den BF zu einer Rückkehr zwingen sollen. Seit diesem Vorfall seien seine Angehörigen umgezogen und wisse er nicht, wo diese derzeit seien, sodass er keinen Schutz mehr habe. Wenn er sich bei den Behörden melde, sei er sicher, dass ihn diese zu seinen Feinden bringen würden. Bei diesen handle es sich um dieselben Leute, von denen er bereits im Vorverfahren erzählt habe. Es seien dieselben Personen, Streitigkeiten und Probleme. Er habe nach wie vor dieselben Fluchtgründe; lediglich der Vorfall mit seiner Mutter, den er beschrieben habe und von dem er seit ca. vier Monaten wisse, sei neu. Er könne diesen nicht genauer beschreiben, außer, dass seine Mutter geschlagen worden sei. Seine Mutter habe keine Anzeige erstattet, da man im Falle einer Anzeigenerstattung mehr Probleme bekomme, als es helfe.

Dem BF wurde die Möglichkeit eingeräumt, zur Verfahrensanordnung hinsichtlich der Beabsichtigung der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache und der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes Stellung zu nehmen und wurde er befragt, was gegen die aufenthaltsbeendende Maßnahme, über die rechtskräftig im Erstverfahren abgesprochen worden sei, spreche.

Der BF entgegnete daraufhin, er sei bereit, nach Pakistan zurückzukehren, wenn er eine Garantie habe, dass ihm dort nichts passiere, doch habe er eine solche Garantie nicht. Sobald er zurückkehre, werde er umgebracht werden.

In weiterer Folge wurde dem BF vorgehalten, dass dem BF Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat übermittelt und dieser aufgefordert worden sei, dazu schriftlich Stellung zu nehmen, doch habe er diese Möglichkeit nicht wahrgenommen. Zu den in das Verfahren integrierten Läderfeststellungen gab der BF an, man wisse über die Nachrichten, was in Pakistan los sei und würden die Länderfeststellungen nicht stimmen.

Nochmals gefragt, ob er zur Lage in Pakistan etwas angeben wolle, erklärte der BF, wenn seine Familie und er nicht sicher seien, und es keine Sicherheitsgarantie seitens der Regierung gebe, sei die Regierung nicht in der Lage, der eigenen Bevölkerung Sicherheit zu gewährleisten.

Über Vorhalt, dass das geltend gemachte Vorbringen nicht geeignet sei, einen neuen asylrelevanten Sachverhalt zu begründen und beabsichtigt sei, den Antrag wegen entscheidener Sache zurückzuweisen und ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht zustehe und befragt, ob er dazu etwas angeben wolle, führte der BF aus, er habe seine Probleme bereits genannt und werde er im Rückkehrfall umgebracht werden.

Über Nachfrage gab der BF an, ausreichend Gelegenheit gehabt zu haben, die Gründe für den neuerlichen Asylantrag umfassend zu schildern und auch alle sonstigen Hindernisse darzulegen, die einer Rückkehr in den Herkunftsstaat entgegenstehen.

10. Im Zuge der Einvernahme am XXXX wurde gem. § 22 Abs. 10 AsylG iVm § 62 Abs. 2 AVG der mündliche Bescheid über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes des BF gem. § 12a Abs. 2 AsylG verkündet und beurkundet.

Die Behörde stellte fest, dass die Identität des BF nicht feststehe.

Der BF sei arbeitsfähig. Es könne nicht festgestellt werden, dass im Falle des BF eine schwere psychische Störung und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen. Der BF verfüge über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

Zu den nunmehrigen Antragsgründen sowie zur voraussichtlichen Entscheidung im nunmehrigen Verfahren wurde festgestellt, dass diese gegenüber dem ersten Verfahrensgang unverändert geblieben seien und sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert habe.

Der BF habe in der Erstbefragung angegeben, dass die geltend gemachten Gründe aus dem Vorverfahren noch aufrecht seien und seien der BF und sein Vater von den Cousins mit dem Tod bedroht worden. In der Einvernahme habe der BF habe der BF einen weiteren Vorfall genannt, bei dem seine Mutter von den Feinden bedroht worden sei, woraufhin die Familie verzogen und der BF zu dieser keinen Kontakt mehr habe.

Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert, sodass der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein werde.

Ferner wurde festgestellt, dass der BF aufgrund der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative und einer Rückkehrhilfe nach Pakistan zurückkehren könne.

Auch könne der BF über seine Angehörigen in Pakistan Unterstützung bekommen und sei dieser jung, gesund und arbeitsfähig.

Unter Berücksichtigung der genannten Umstände habe nicht festgestellt werden können, dass die Abschiebung des BF nach Pakistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konfliktes bedeuten würde.

Zum Privat- und Familienleben des BF in Österreich wurde festgestellt, dass der BF über keine familiären oder verwandtschaftlichen Beziehungen in Österreich verfüge und könne unter Beachtung sämtlicher bekannter Tatsachen kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art 3 und Art 8 EMRK erkannt werden.

Zur Situation im Herkunftsstaat des BF wurden aktuelle länderkundliche Feststellungen getroffen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA , 16.05.2019 inkl. aktualisierender Kurzinformationen).

Im Rahmen der Beweiswürdigung stützte die belangte Behörde ihre Feststellungen auf die bisherigen persönlichen Aussagen des BF zu seiner Person und seinen Ausreisegründen.

Zu den Gründen für die voraussichtliche Entscheidung wurde beweiswürdigend ausgeführt, dass sich das nunmehrige Vorbringen des BF auf sein Vorbringen im vorhergehenden Asylverfahren bezogen habe und habe sich bezüglich der Ausreisegründe des BF nichts geändert und habe der BF mit seinem nunmehrigen Antrag die wiederholte Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt. Auch könne der BF eine innerstaatliche Fluchtalternative nutzen.

Schon im Erstverfahren sei festgestellt worden, dass die behauptete Bedrohung durch Dritte - selbst bei Wahruntersellung - keinen asylrelevanten Sachverhalt beinhalte, da weder dem Erstverfahren noch dem gegenständlichen Folgeverfahren ein Anhaltspunkt zu entnehmen sei, warum dem BF eine asylrelevante Gefährdung drohen solle. Der gegenständliche Antrag stützte sich daher auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den inhaltlich entscheidenen Asylantrag verwirklichten Sachverhalt und habe der BF offenbar die wiederholte Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt. Die vorgebrachten Gründe seien nicht geeignet, eine neue, inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und könne kein neuer entscheidungsrelevanter asyl- und refoulementrelevanter Sachverhalt festgestellt werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes, nicht von Nebenumständen, könne zu einer neuerlichen Entscheidung führen, weshalb im gegebenen Fall entschiednene Sache vorliege und werde voraussichtlich eine Zurückweisung des Folgeantrages erfolgen.

Auch habe sich die allgemeine Lage im Herkunftsstaat des BF und die Rückkehrsituation aufgrund der persönlichen Verhältnisse des BF nicht entscheidungswesentlich geändert.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung verwies die Behörde darauf, dass die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gegeben seien. Es

liege ein sogenannter Folgeantrag vor. Das Vorverfahren sei rechtskräftig abgeschlossen worden. Der Folgeantrag sei voraussichtlich zurückzuweisen, da keine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes eingetreten sei; der BF habe sich zur Begründung seines neuerlichen Antrages auf Sachverhaltselemente vor Rechtskraft des Erstverfahres bezogen bzw. entbehre das neue Vorbringen des BF jeglicher Glaubwürdigkeit. Dem BF komme kein sonstiges Aufetnhaltsrecht in Österreich zu. Die Erlangung der faktischen Notwendigkeiten für eine Abschiebung, zB die Ausstellung eines Heimreisezertifikates stehe unmittelbar bevor und habe sich die allgemeine Lage im Herkunftsstaat des BF nicht entscheidungswesentlich geändert.

Die vormals gegen den BF ausgesprochene rechtskräftige Rückkehrentscheidung sei weiterhin aufrecht und hätten sich die persönlichen Verhältnisse des BF nicht geändert. Dem BF drohe im Falle einer Abschiebung auch keine Rechtsverletzung iSd § 12a Abs. 2 Z. 3 AsylG.

11. Mit 20.12.2019 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim BVwG, Außenstelle Linz, in der zuständigen Gerichtsabteilung ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch die Einzelrichterin

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

2. Zur Entscheidungsbegründung:

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers sowie des bekämpften Bescheides.

2.1. Feststellungen

Die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers steht fest, nicht jedoch dessen Identität.

Der oben wiedergegebene Verfahrensgang im Zusammenhang mit dem ersten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers steht fest.

Wie im Verfahrensgang bereits ausgeführt, wurde das vom Beschwerdeführer mit Antrag vom XXXX angestrengte erste Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz mit am XXXX in Rechtskraft erwachsenem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX GZ: XXXX in allen Punkten aufgrund der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Ausreisegründen, mangels Existenz eines Asylgrundes iSd GFK und der Existenz einer innerstaatlichen Fluchtalternative als unbegründet abgewiesen.

Im nunmehr am XXXX angestrengten zweiten Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz hat sich der Beschwerdeführer sowohl bei seiner Erstbefragung durch Orange des öffentlichen Sicherheitsdienstes als auch im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zum einen auf Gründe bzw. einen Sachverhalt bezogen, die bzw. den er bereits im Rahmen seines Erstverfahrens ins Treffen geführt hat und dazu ergänzt, dass seine Mutter geschlagen worden und so versucht worden sei, dass diese den BF zur Rückkehr nach Pakistan zwinge.

Es wird festgestellt, dass der Antrag des Beschwerdeführers voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist bzw. das neue Vorbringen, welches sich auf die im Erstverfahren geltend gemachten Gründe stützt, keinen glaubhaften Kern aufweist.

Festgestellt wird dahingehend auch, dass eine entscheidungswesentliche Änderung der allgemeinen Situation in Pakistan seit Abschluss des Erstverfahrens im Februar 2019 nicht eingetreten ist.

Wie bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren bestehen beim Beschwerdeführer auch gegenständlich keinerlei Hinweise auf etwaige (schwerwiegende) physische bzw. psychische Erkrankungen.

Es bestehen ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

In Bezug auf den Beschwerdeführer besteht in Österreich kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben.

Es ist eine aufrechte Rückkehrentscheidung zur Person des Beschwerdeführers existent.

Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird festgestellt:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 9.8.2019: Aufhebung Sonderstatus für Jammu und Kaschmir (Betrifft Abschnitte 2. Politische Lage)

Indien hat am 5.8.2019 den in der Verfassung festgelegten Sonderstatus (ZO 6.8.2019) der mehrheitlich muslimischen Region (FAZ 6.8.2019) des indischen Teils von Kaschmir per Dekret beendet (ZO 6.8.2019). Unmittelbar darauf hat das Parlament in Delhi die Aufhebung jenes Artikels 370 der indischen Verfassung beschlossen (FAZ 7.8.2019), welcher Jammu und Kaschmir einen Sonderstatus einräumt und vorgeschlagen, den Staat in zwei Unionsterritorien, nämlich Jammu und Kaschmir sowie Ladakh aufzuteilen (IT 6.8.2019).

Der Artikel 370 gewährt der Region eine gewisse Autonomie, wie eine eigene Verfassung, eine eigene Flagge und die Freiheit, Gesetze (BBC 6.8.2019) mit Ausnahme zu Belangen der Außen- wie auch der Verteidigungspolitik (DS 7.8.2019) zu erlassen. Dies stellte einen Kompromiss zwischen der zu großen Teilen muslimischen Bevölkerung und der hinduistischen Führung in Neu-Delhi dar (ARTE 7.8.2019).

Neben dem Artikel 370 wurde auch der Artikel 35A aufgehoben, welcher dem lokalen Parlament erlaubte festzulegen, wer Bürger des Teilstaats ist und wer dort Land besitzen und Regierungsämter ausüben kann (NZZ 5.8.2019).

Die auch in Indien umstrittene Aufhebung der Autonomierechte befeuert die Spannungen in der Region. Kritiker befürchten, dass die hindu-nationalistische Ministerpräsident Narendra Modi und seine Regierung eine "Hinduisierung" des Gebiets anstreben (TNYT 6.8.2019).

Damit Unruhen verhindert werden, haben die indischen Behörden sämtliche Kommunikationskanäle unterbrochen, zusätzlich 10.000 Soldaten (SO 4.8.2019) in die hoch militarisierte Region entsendet (ARTE 7.8.2019) und führende Regionalpolitiker wurden unter Hausarrest gestellt (FAZ 7.8.2019), Medienberichten zufolge wurden bei Razzien im Bundesstaat Jammu und Kashmir mittlerweile mehr als 500 Personen festgenommen (HP 8.8.2019).

Pakistan, das ebenfalls Anspruch auf die gesamte Region erhebt (ORF 5.8.2019), verurteilt den Schritt als illegal und richtet durch das pakistanische Militär eine klare Drohung an Indien und kündigt an, den UN-Sicherheitsrat anzurufen (ZO 6.8.2019). Der pakistanische Regierungschef Khan warnt vor den verheerenden Folgen, die eine militärische Auseinandersetzung haben könnte (FAZ 7.8.2019).

Kritik an dem Schritt der indischen Regierung kommt auch aus Peking (FAZ 6.8.2019). Chinas Außenminister Hua Chunying hat den Schritt Indiens zur Abschaffung des Sonderstatus Kaschmirs als "nicht akzeptabel" und "nicht bindend" bezeichnet (SCMP 7.8.2019).

Es gibt vereinzelte Berichte über kleinere Aktionen des Wiederstandes gegen das Vorgehen der Sicherheitskräfte, welche jedoch offiziell nicht bestätigt worden sind (BBC 7.8.2019).

Anmerkung:

Zuletzt drohte die Situation im Februar 2019 zu eskalieren, nachdem bei einem Selbstmordanschlag dutzende Polizisten in der Region und Hindu-Nationalisten die Bewohner Kaschmirs für das Attentat verantwortlich gemacht haben (ARTE 7.8.2019).

Die Krise zwischen Indien und Pakistan spitzte sich daraufhin derart zu, dass es zu gegenseitigen Luftschlägen gekommen war [siehe KI vom 20.2.2019].

Quellen:

* ARTE - (7.8.2019): Kaschmir: Eskaliert der Konflikt zwischen Indien und Pakistan erneut? https://www.arte.tv/de/articles/kaschmir-eskaliert-der-konflikt-zwischen-indien-und-pakistan-erneut, Zugriff 8.8.2019

* BBC - British Broadcasting Corporation (6.8.2019): Article 370: What happened with Kashmir and why it matters, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-49234708, Zugriff 7.8.2019

* BBC - British Broadcasting Corporation (7.8.2019): Article 370: Kashmiris express anger at loss of special status, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-49261322, Zugriff 8.8.2019

* DS - Der Standard (7.8.2019): Kaschmir-Konflikt: Pakistan weist indische Diplomaten aus, https://www.derstandard.at/story/2000107163187/pakistan-weist-indische-diplomaten-aus-toter-bei-protesten-in-srinagar, Zugriff 8.8.2019

* FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (7.8.2019): Warnungen aus Islamabad, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/kaschmir-konflikt-warnungen-aus-islamabad-16321737.html, Zugriff 8.8.2019

* HP - Huffpost (8.8.2019): India Arrests Over 500 In Kashmir As Pakistan Suspends Railway Service, https://www.huffpost.com/entry/india-arrests-over-500-in-kashmir-as-pakistan-suspends-railway-service_n_5d4c19a7e4b09e729742389e?guccounter=1, Zugriff 9.8.2019

* IT - India Today (6.8.2019): Article 370: China says opposed to Ladakh as Union Territory, https://www.indiatoday.in/india/story/china-reaction-jammu-kashmir-article-370-1577915-2019-08-06, Zugriff 7.8.2019

* NZZ - Neue Züricher Zeitung (5.8.2019): Indien hebt den Autonomiestatus Kaschmirs auf und riskiert, die Spannungen in der Region drastisch zu verschärfen, https://www.nzz.ch/international/kaschmir-indien-provoziert-mit-der-aufhebung-des-sonderstatus-ld.1499966, Zugriff 9.8.2019

* ORF - Österreichischer Rundfunk (5.8.2019): Indien streicht Kaschmirs Sonderstatus, https://orf.at/stories/3132670/, Zugriff 5.8.2019

* SCMP - South China Morning Post (7.8.2019): China calls India's move to scrap Kashmir's special status 'not acceptable' and not binding, https://www.scmp.com/news/china/diplomacy/article/3021712/china-calls-indias-move-scrap-kashmirs-special-status-not, Zugriff 7.8.2019

* SO - Spiegel Online (4.8.2019): Pakistan bittet Trump um Vermittlung, https://www.spiegel.de/politik/ausland/kaschmir-nach-terrorwarnung-verlassen-tausende-das-gebiet-a-1280384.html, Zugriff 6.8.2019

* TNYT - The New York Times (6.8.2019): In Kashmir Move, Critics Say, Modi Is Trying to Make India a Hindu Nation, https://www.nytimes.com/2019/08/06/world/asia/jammu-kashmir-india.html, Zugriff 7.8.2019

* ZO - Zeit Online (7.8.2019): Pakistan weist indischen Botschafter aus, https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-08/kaschmir-konflikt-pakistan-indischer-botschafter-ausweisung-hasan, Zugriff 8.8.2019

KI vom 28.5.2019: Nord-Wasiristan: drei Tote bei Zusammenstößen zwischen Militär und PTM (Betrifft Abschnitte 0. Ethnische Minderheiten/Paschtunen; 0. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition; 0. Sicherheitslage/Khyber Pakhtunkhwa)

Während einer Demonstration der Pashtun Tahafuz Movement (PTM) kam es bei einem Kontrollpunkt in Boya, im Stammesdistrikt (Tribal District) Nord-Wasiristan (Provinz Khyber Pakhtunkhwa) am 26.5.2019 zu einem Schusswechsel (Standard 28.5.2019; vgl. AI 27.5.2019).

Gemäß Angaben des Nachrichtendienstes der pakistanischen Armee (Inter Services Public Relations, ISPR) wurde der Kontrollposten von einer von zwei führenden Mitgliedern der PTM sowie Mitgliedern der Nationalversammlung, Mohsin Dawar und Ali Wazir, angeführten Gruppe angegriffen. Beim darauffolgenden Schusswechsel wurden drei Personen getötet und 15 Personen - darunter fünf Soldaten - verletzt (Dawn 26.5.2019).

PTM-Aktivist Mohsin Dawar bestritt diese Version und beschuldigte die Armee, das Feuer auf die friedliche Kundgebung eröffnet zu haben (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 26.5.2019). Gemäß Angaben der PTM wurden dabei fünf Aktivisten getötet und 45 weitere verletzt (PT 27.5.2019). Der Abgeordnete zur Nationalversammlung Ali Wazir wurde gemeinsam mit einigen anderen Aktivisten der PTM verhaftet. Mohsin Dawar ist hingegen untergetaucht (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 27.5.2019).

Gemäß Angaben von Dawar wollte das Sicherheitspersonal verhindern, dass die Gruppe an einer Demonstration teilnimmt, die gegen mutmaßliche Übergriffe durch das Militär im Zuge einer Suchoperation gerichtet war (VOA 26.5.2019). Besagtem Protest durch die örtliche Bevölkerung, der am 25.5.2019 in Doga Macha Madakhel (Nord Wasiristan) begann, haben sich später Mitglieder der PTM angeschlossen (Dawn 26.5.2019; vgl. PT 27.5.2019). Im Zuge der Suchoperation wurde eine Frau zusammengeschlagen (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 26.5.2019) sowie einige Personen verhaftet (VOA 26.5.2019). Gemäß Angaben der PTM verlief diese Veranstaltung ruhig, bis Dawar und Wazir in der Gegend ankamen, um ebenfalls am Protest teilzunehmen. Nachdem bei dieser Demonstration Unruhen ausgebrochen waren, wurden mindestens 20 Personen verletzt (Dawn 26.5.2019).

In Folge dieser Zwischenfälle wurde in Nord-Wasiristan eine Ausgangssperre verhängt sowie Telefon- und Internetdienste abgeschalten (Dawn 26.5.2019; vgl. VOA 26.5.2019, PT 27.5.2019), weswegen es schwierig ist, Berichte aus dieser Region zu erhalten (VOA 26.5.2019).

Am 26.5.2019 wurde Ali Wazir einem Anti-Terror-Gericht in Bannu vorgeführt. Vom Gericht wurde eine achttägige Untersuchungshaft angeordnet und Wazir muss am 4.6.2019 wieder vor Gericht erscheinen. Er wurde u.A. wegen Terrorismus und Mordes angezeigt (Dawn 27.5.2019)

Die pakistanischen Behörden haben ihr Vorgehen gegen die PTM intensiviert (AI 27.5.2019). Im April 2019 richtete sich Premierminister Imran Khan an das PTM, wobei er die Anliegen der Paschtunen würdigte, jedoch klar machte, dass er Eskalationen nicht gutheiße (Dawn 26.5.2019). Ende April 2019 erhob die Armee Vorwürfe, dass die PTM Finanzierung durch afghanische und indische Geheimdienste erhalte (Dawn 26.5.2019; vgl. VOA 26.5.2019, Dawn 30.4.2019) und warnte die PTM, dass "ihre Zeit vorbei" sei, und dass diese die "roten Linien" nicht überschreiten solle (Dawn 26.5.2019; vgl. Dawn 30.4.2019). Es wurde eine mögliche nicht näher spezifizierte Aktion gegen die PTM angekündigt, wobei der Armeesprecher angab, dass diese Ansage keine "Kriegserklärung" sei und weder illegale Aktionen noch Unannehmlichkeiten für normale Paschtunen geplant seien (Dawn 30.4.2019).

Quellen:

AI - Amnesty International (27.5.2019): Pakistan: Investigate North Waziristan killings, https://www.amnesty.org/en/latest/news/2019/05/pakistan-investigate-north-waziristan-killings/, Zugriff 28.5.2019

Dawn (26.5.2019): 3 people killed, 5 soldiers injured in exchange of fire at check post in North Waziristan, https://www.dawn.com/news/1484709, Zugriff 28.5.2019

Dawn (27.5.2019): MNA Ali Wazir produced before ATC, remanded in CTD custody for 8 days, https://www.dawn.com/news/1484918, Zugriff 28.5.2019

Dawn (30.4.2019): Foreign spy agencies fund PTM, says army, https://www.dawn.com/news/1479321/foreign-spy-agencies-fund-ptm-says-army, Zugriff 28.5.2019

PT - Pakistan Today (27.5.2019): 3 killed, 15 injured in 'PTM-Army clash' in North Waziristan, https://www.pakistantoday.com.pk/2019/05/26/3-killed-15-injured-in-ptm-army-clash-in-north-waziristan/, Zugriff 28.5.2019

Standard, der (28.5.2019): Amnesty fordert Untersuchung des Todes von Demonstranten in Pakistan, http://derstandard.at/2000103942873/Amnesty-fordert-Untersuchung-des-Todes-von-Demonstranten-in-Pakistan, Zugriff 28.5.2019

VOA - Voice of America (26.5.2019): 3 Killed in Skirmish Between Pakistan Security Forces, Rights Activists, https://www.voanews.com/a/killed-in-skirmish-between-pakistan-security-forces-rights-activists/4933709.html, Zugriff 28.5.2019

Politische Lage

Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa. Die FATA (Federally Administered Tribal Areas / Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) sind nach einer Verfassungsänderung im Mai 2018 offiziell in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert worden. Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan und Azad Jammu & Kashmir, dem auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie ("Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet und sind in Teilen autonom. Das Hauptstadtterritorium Islamabad ("Islamabad Capital Territory") bildet eine eigene Verwaltungseinheit (AA 1.2.2019a).

Das Ergebnis der Volkszählung 2017 ergab für Pakistan ca. 207,8 Millionen Einwohner ohne Berücksichtigung von Azad Jammu & Kashmir und Gilgit-Baltistan (PBS 2017a), wo zusammengerechnet weitere ca. 5,5 Millionen Menschen leben (AJK PDD 2017 + Khan 2017 S 88-89). Das Land ist der sechst-bevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 5.2.2019).

Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament (Nationalversammlung und Senat). Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete, von denen 272 vom Volk direkt für fünf Jahre gewählt werden. Es gilt das Mehrheitswahlrecht. 60 Sitze sind für Frauen, 10 weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert (AA 1.2.2019a). Die reservierten Sitze werden von den Parteien gemäß ihrem Stimmenanteil nach Provinzen besetzt, wobei die Parteien eigene Kandidatenlisten für diese Sitze erstellen. (Dawn 2.7.2018).

Bei der Wahl zur Nationalversammlung (Unterhaus) am 25. Juli 2018 gewann erstmals die Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI: Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit) unter Führung Imran Khans die Mehrheit (AA 1.2.2019a). Es war dies der zweite verfassungsmäßig erfolgte Machtwechsel des Landes in Folge (HRW 17.1.2019). Die PTI konnte durch eine Koalition mit fünf kleineren Parteien sowie der Unterstützung von neun unabhängigen Abgeordneten eine Mehrheit in der Nationalversammlung herstellen (ET 3.8.2018). Imran Khan ist seit Mitte August 2018 Premierminister Pakistans (AA 1.2.2019).

Unabhängige Beobachter berichten von technischen Verbesserungen beim Wahlablauf (USDOS 13.3.2019), jedoch war die Vorwahlzeit geprägt von Einflussnahmen durch Militär und Nachrichtendienste (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 1.2019) insbesondere gegen die bisherige Regierungspartei Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) (FH 1.2019). Die Wahlbeobachtermission der EU schätzte den Wahlverlauf als transparent und gut durchgeführt ein, jedoch erschwerte die Selbstzensur der Berichterstatter das Treffen von qualifizierten Wahlentscheidungen für die Wähler (EUEOM 27.7.2018).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von Parlament und Provinzversammlungen gewählt. Am 9. September 2018 löste Arif Alvi von der Regierungspartei PTI den seit 2013 amtierenden Präsidenten Mamnoon Hussain (PML-N) Staatspräsident regulär ab (AA 1.2.2019a).

Der Fokus der PTI-Koalitionsregierung liegt laut offizieller Darstellung auf dem Kampf gegen Korruption, der Sanierung von Wirtschaft und Finanzen sowie einem besseren Bildungs- und Gesundheitssystem (AA 1.2.2019a). In der Praxis dominiert das Militär wichtige Politikbereiche, insbesondere innere sowie äußere Sicherheit und Beziehungen zu - für Pakistans äußere Sicherheit zentralen - Staaten wie Afghanistan, Indien und USA (AA 21.8.2018; vgl. FH 1.2019). Der pakistanische Geheimdienst ist auch intensiv in der Innenpolitik Pakistans involviert und der Generaldirektor des Inter-Services Intelligence (ISI) gilt neben dem Armeechef als mächtigste Person im Land (Globalsecurity.org o.D.).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (1.2.2019a): Pakistan: Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistan-innenpolitik/205010, Zugriff 25.2.2019

AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf, Zugriff 21.2.2019

AJK PDD - Azad Government of the State of Jammu and Kashmir - Planning & Development Department (2017): Azad Jammu & Kashmir at a Glance 2017, https://pndajk.gov.pk/uploadfiles/downloads/At%20a%20Glance%202017.pdf, Zugriff 4.4.2019

CIA - Central Intelligence Agency (5.2.2019): World Factbook - Pakistan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html, Zugriff 21.2.2019

Dawn (2.7.2018): Mechanism for filling reserved seats seen as flawed, https://www.dawn.com/news/1417406, Zugriff 23.4.2019

EUEOM - European Union Election Observation Mission Islamic Republic of Pakistan (27.7.2018): Preliminary Statement - Positive changes to the legal framework were overshadowed by restrictions on freedom of expression and unequal campaign opportunities, https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/eu_eom_pakistan_2018_-_preliminary_statement_on_25_july_elections.pdf, Zugriff 1.4.2019

ET - Express Tribune, the (3.8.2018): MQM support gives PTI required majority in NA, https://tribune.com.pk/story/1772639/1-mqm-p-throws-weight-behind-pti/, Zugriff 23.4.2019

FH - Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2019 - Pakistan, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/pakistan, Zugriff 12.3.2019

Globalsecurity.org (o.D.): Directorate for Inter-Services Intelligence [ISI] http://www.globalsecurity.org/intell/world/pakistan/isi.htm, Zugriff 12.3.2019

HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002256.html, Zugriff 12.3.2019

Khan, Ehsan Mehmood (2017): Constitutional Status of Gilgit Baltistan: An Issue of Human Security, https://www.ndu.edu.pk/issra/issra_pub/articles/margalla-paper/Margalla-Paper-2017/7-Constitutional-Status-Dr-Ehsan-Mehmood-Khan.pdf, Zugriff 4.4.2019

PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017a): Press Release on Provisional Results of 6th Population and Housing Census - 2017, http://www.statistics.gov.pk/assets/publications/Population_Results.pdf, Zugriff 1.4.2019

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 - Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf, Zugriff 14.3.2019

Sicherheitslage

Die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus bleibt zentrales Problem für die innere Sicherheit des Landes (AA 1.2.2019a; vgl. USDOS 19.9.2018). Landesweit ist die Zahl der terroristischen Angriffe seit 2009, zurückgegangen (PIPS 7.1.2019; vgl. AA 21.8.2018, USDOS 19.9.2018). Konflikte mit dem Nachbarland Indien werden gelegentlich gewaltsam ausgetragen (EASO 10.2018 S 16).

Die Taliban und andere militante Gruppen verüben Anschläge insbesondere in Belutschistan und in Khyber-Pakhtunkhwa (AA 21.8.2018), aber auch in Großstädten wie Karatschi (AA 1.2.2019a). Über 90 % der terroristischen Anschläge sowie Todesopfer entfielen 2018 auf die zwei Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 7.1.2019). Die Anschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten, sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie die Sufis (AA 1.2.2019a).

Die Operationen der Rangers [siehe dazu Abschnitt 0] in Karatschi (ab 2013), Militäroperationen in Nord-Wasiristan und der Khyber Agency [Stammesbezirke der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Anm.], sowie landesweite Anti-Terror-Operationen als Teil des National Action Plan (NAP) trugen dazu bei, den rückläufigen Trend bei der Zahl der Vorfälle und der Opfer auch 2018 aufrecht zu halten (PIPS 7.1.2019 S 20; vgl. EASO 10.2018 S 18). In den ehemaligen Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas - FATA) konnte das staatliche Gewaltmonopol überwiegend wiederhergestellt werden (AA 21.8.2018), die Militäraktionen gelten als abgeschlossen (Dawn 29.5.2018). Viele militante Gruppen, insbesondere die pakistanischen Taliban, zogen sich auf die afghanische Seite der Grenze zurück und agitieren von dort gegen den pakistanischen Staat (AA 21.8.2018).

Im aktuellen Konflikt zwischen Indien und Pakistan demonstrierten beide Staaten, die über Nuklearwaffen verfügen, dass sie bereit sind, die Lage weiter eskalieren zu lassen (Dawn 8.4.2019 vgl. BMEIA 27.3.2019). Jedoch wird ein Atomkrieg als äußerst unwahrscheinlich gesehen (DW 28.2.2019).

Im Vorfeld der Parlamentswahlen am 25.7.2018 erlebte Pakistan eine Welle von Gewalt mit größeren Anschlägen in verschiedenen Provinzen, für die militante aufständische Gruppierungen die Verantwortung übernahmen. Der Selbstmordanschlag am 13.7.2018 auf eine politische Versammlung in Mastung, Belutschistan, mit 150 Toten war der Anschlag mit den dritt-meisten Todesopfern, der bis dahin jemals in Pakistan verübt wurde (EASO 10.2018 S 18; vgl. PIPS 7.1.2019 S 43). Am Wahltag waren 370.000 Soldaten und 450.000 Polizisten mit erweiterten Befugnissen im Einsatz, um die Wahllokale zu sichern. Am Wahltag kam es in Belutschistan zu zwei Anschlägen mit Todesopfern auf Wahllokale und es gab regional Zusammenstöße zwischen Anhängern unterschiedlicher Parteien (EUEOM 27.7.2018; vgl. Dawn 26.7.2018) vorwiegend in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (Dawn 26.7.2018).

Die verschiedenen militanten, nationalistisch-aufständischen und gewalttätigen religiös-konfessionellen Gruppierungen führten 2018 landesweit 262 terroristische Angriffe durch. Dabei kamen 595 Menschen ums Leben und weitere 1.030 wurden verletzt. Unter den Todesopfern waren 371 Zivilisten, 173 Angehörige der Sicherheitskräfte und 51 Aufständische. 136 (52 %) Angriffe zielten auf staatliche Sicherheitskräfte, jedoch die höchste Zahl an Opfern (218 Tote und 394 Verletzte) gab es bei insgesamt 24 Terrorangriffen auf politische Persönlichkeiten. Zivilisten waren das Ziel von 47 (18 %) Angriffen, acht waren Angriffe auf regierungsfreundliche Stammesälteste bzw. Mitglieder der Friedenskommittees und sieben hatten Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft zum Ziel (PIPS 7.1.2019 S 17f). Im Vergleich zu 2017 gab es im Jahr 2018 29 Prozent weniger terroristische Angriffe, bei denen um 27 Prozent weniger Todesopfer und um 40 Prozent weniger Verletzte zu beklagen waren (PIPS 7.1.2019).

Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) und ihre Splittergruppen, insbesondere Jamaatul Ahrar und Hizbul Ahrar, bzw. Gruppen mit ähnlichen Zielen wie lokale Talibanfraktionen, Lashkar-e-Islam und Islamischer Staat führten 2018 171 terroristische Angriffe mit 449 Toten und 769 Verletzten durch. Nationalistische Gruppierungen, vorwiegend belutschische, führten 80 terroristische Angriffe mit 96 Toten und 216 Verletzten durch. Elf terroristische Angriffe mit 50 Toten und 45 Verletzten waren konfessionell motiviert (PIPS 7.1.2019).

Das Pakistan Institute for Peace Studies (PIPS) registrierte für die Jahre 2017, 2018 bzw. das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) für gesamt Pakistan sowie die unterschiedlichen Provinzen bzw. Gebiete nachfolgende Zahlen an terroristischen Anschlägen und Todesopfern (Quellenangabe siehe Tabelle; Darstellung BFA Staatendokumentation):

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Insgesamt gab es im Jahr 2018 in Pakistan, inklusive der oben genannten terroristischen Anschläge, 497 Vorfälle von für die Sicherheitslage relevanter Gewalt (2017: 713; -30 %), darunter 31 operative Schläge der Sicherheitskräfte (2017: 75), 22 Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen (2017: 68), 131 Auseinandersetzungen an den Grenzen mit Indien, Afghanistan und Iran (2017: 171) und 22 Vorfälle von ethnischer oder politischer Gewalt (2017: vier) (PIPS 7.1.2019 S 19f; Zahlen für 2017: PIPS 7.1.2018 S 20). Die Zahl der bei diesen Vorfällen getöteten Personen sank um 46 % auf 869 von 1.611 im Jahr 2017, die Zahl der verletzten Personen sank im selben Zeitraum um 31 % von 2.212 auf 1.516 (PIPS 7.1.2019 S 20).

Im Februar 2019 eskalierten die Spannungen zwischen Indien und Pakistan im lang anhaltenden Kaschmir-Konflikt (Time 28.2.2019; vgl. UKFCO 7.3.2019). Der indische Luftangriff vom 26.2., bei dem laut pakistanischen Angaben keine Menschen zu Schaden kamen (Time 28.2.2019) in Balakot, Provinz Khyber Pakhtunkhwa, war seit 1971 der erste Angriff Indiens auf pakistanisches Gebiet außerhalb Kaschmirs (Spiegel 2.3.2019). Am 27.2. wurde ein indisches Kampfflugzeug in pakistanischem Luftraum abgeschossen (Time 28.2.2019). Es kommt zu wiederholten Grenzverletzungen und Militäraktionen zwischen Pakistan und Indien (BMEIA 27.3.2019). Durch Schusswechsel über die Demarkationslinie hinweg werden auf beiden Seiten immer wieder Soldaten und Zivilisten verletzt oder getötet (Standard 2.4.2019; vgl. Presse 2.3.2019, Reuters 3.3.2019). Siehe dazu auch Abschnitt 0.

Nach dem Angriff auf die Militärschule in Peschawar im Dezember 2014 wurde der National Action Plan (NAP) gegen Terrorismus in Kraft gesetzt. Die 20 Punkte des Plans umfassen Maßnahmen sowohl gegen Terrorismus als auch gegen Extremismus. Gemäß Einschätzung von PIPS wurden in den vier Jahren, die der Plan nun in Kraft ist, zufriedenstellende Fortschritte im Bereich der Terrorismusbekämpfung erzielt. Die Fortschritte im Bereich der Extremismusbekämpfung werden als nicht zufriedenstellend angesehen (PIPS 7.1.2019 S 89ff).

Die Regierung unterhält Deradikalisierungszentren, die "korrigierende religiöse Bildung", Berufsausbildung, Beratung und Therapie anbieten. Weithin gelobt ist das Sabaoon Rehabilitation Center einer NGO im Swat-Tal, das gemeinsam mit dem Militär gegründet wurde und sich an jugendliche ehemalige Extremisten richtet (USDOS 19.9.2018).

Trotz gesetzlicher Regelungen gegen die Finanzierung von Terrorismus, die internationalen Standards entsprechen, werden Gruppen wie Lashkar-e Tayyiba nicht effektiv daran gehindert, in Pakistan Spenden zu lukrieren oder auf ihre finanziellen Mittel zuzugreifen. Auch gibt es Lücken in der Umsetzung der Sanktionen des UN-Sicherheitsrates gegen Al-Qaeda und den Islamischen Staat (USDOS 19.9.2018).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (1.2.2019a): Pakistan: Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistan-innenpolitik/205010, Zugriff 25.2.2019

AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf, Zugriff 21.2.2019

BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres der Republik Österreich (27.3.2019): Reiseinformation Pakistan, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/pakistan/, Zugriff 3.4.2019

Dawn (8.4.2019): India-Pakistan conflict: Experts warn of harmful implications, https://www.dawn.com/news/1474645/india-pakistan-conflict-experts-warn-of-harmful-implications, Zugriff 8.4.2019

Dawn (26.7.2018): 'Naya Pakistan' imminent: PTI leads in slow count of 11th general elections vote, https://www.dawn.com/news/1421984/voting-underway-across-pakistan-amid-tight-security-with-only-hours-left-till-polling-ends, Zugriff 3.4.2019

Dawn (29.5.2018): Fata's historic transition, https://www.dawn.com/news/1410706/fatas-historic-transition, Zugriff 19.3.2019

DW - Deutsche Welle (28.2.2019): Opinion: India, Pakistan, and the remote but real threat of nuclear war, https://www.dw.com/en/opinion-india-pakistan-and-the-remote-but-real-threat-of-nuclear-war/a-47721752, Zugriff 8.4.2019

EASO - European Asylum Support Office (10.2018): EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Pakistan - Sicherheitslage, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/Plib/EASO_Pakistan_SecuritySituation_October2018_DE.pdf, Zugriff 12.3.2019

EUEOM - European Union Election Observation Mission Islamic Republic of Pakistan (27.7.2018): Preliminary Statement - Positive changes to the legal framework were overshadowed by restrictions on freedom of expression and unequal campaign opportunities, https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/eu_eom_pakistan_2018_-_preliminary_statement_on_25_july_elections.pdf, Zugriff 1.4.2019

PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (7.1.2018): Pakistan Security Report 2017, https://pakpips.com/app/reports/wp-content/uploads/2018/03/sr2017.pdf, Zugriff 8.4.2019

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (9.4.2019): Pakistan Monthly Security Report: March 2019, https://pakpips.com/app/reports/477, Zugriff 9.4.2019

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (6.2.2019): Pakistan Monthly Security Report: January 2019, https://pakpips.com/app/reports/433, Zugriff 2.4.2019

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (7.1.2019): Pakistan Security Report 2018, https://pakpips.com/app/reports/396, Zugriff 8.1.2019

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (7.3.2019): Pakistan Monthly Security Report: February 2019, https://pakpips.com/app/reports/453, Zugriff 2.4.2019

Presse, die (2.3.2019): Kaschmir: Sieben Tote bei Schüssen an Grenze von Indien und Pakistan, https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5588780/Kaschmir_Sieben-Tote-bei-Schuessen-an-Grenze-von-Indien-und-Pakistan, Zugriff 4.3.2019

Reuters (3.3.2019): India-Pakistan border quiet but Kashmir tense amid militancy crackdown, https://www.reuters.com/article/us-india-kashmir-pakistan-idUSKCN1QK093, Zugriff 6.3.2019

Spiegel (2.3.2019): "Die roten Linien wurden verschoben", http://www.spiegel.de/politik/ausland/kaschmir-konflikt-zwischen-indien-und-pakistan-die-roten-linien-verschoben-a-1255811.html, Zugriff 2.4.2019

Standard, der (2.4.2019): Pakistan meldet mehrere Tote nach Beschuss aus Indien, https://derstandard.at/2000100638494/Pakistan-meldet-mehrere-Tote-nach-Beschuss-aus-Indien-in-Kaschmir, Zugriff 3.4.2019

Time (28.2.2019): From Suicide Bombing to Captured Pilot: A Timeline of the Latest Crisis in Kashmir, http://time.com/5541090/india-pakistan-2019-tensions-timeline/, Zugriff 2.4.2019

UKFCO - UK Foreign and Commonwealth Office (7.3.2019): Foreign travel advice - Pakistan, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/pakistan, Zugriff 3.4.2019

USDOS - US Department of State (19.9.2018): Country Report on Terrorism 2017 - Chapter 1 - Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1444941.html, Zugriff 2.4.2019

Wichtige Terrorgruppen

Die Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP) ist die größte der in Pakistan aktiven militanten regierungsfeindlichen Gruppen. Die TTP ist eine Dachorganisation 13 verschiedener - also ungefähr der Hälfte aller pakistanischen - Talibanfraktionen. Die Hochburgen der TTP in den ehem. FATA wurden durch militärische Operationen beseitigt, jedoch hält die TTP nach wie vor Rückzugsgebiete in Ostafghanistan. Analysten meinen, dass die TTP sich Mitte 2018 unter neuer Führung in Süd-Wasiristan vereinen konnte und wieder schlagkräftiger würde (EASO 10.2018 S 24f). PIPS hingegen gibt an, dass TTP verzweifelt darum kämpfe, ihr Netzwerk zu erhalten, innere Streitereien zu überwinden und die Finanzierung sicherzustellen (PIPS 7.1.2019 S 74).

Gemäß PIPS war die TTP im Jahr 2018 für 79 Terroranschläge mit 185 Toten verantwortlich. 57 dieser Anschläge wurden in Khyber Pakhtunkhwa, wo die Gruppe für den größten Teil aller Anschläge verantwortlich war, und 18 in Belutschistan durchgeführt (PIPS 7.1.2019 S 74f). Im Vorfeld der Parlamentswahlen 2018 hat die TTP die Verantwortung für mehrere Anschläge übernommen (EASO 10.2018 S 26).

Kleinere militante Organisationen, die in Khyber Pakhtunkhwa - insbesondere in den ehem. Stammesgebieten - aktiv sind, werden als Lokale Taliban bezeichnet. Diese Gruppen führten 2018 28 terroristische Anschläge mit elf Todesopfern durch. Die meisten dieser Vorfälle sind religiös motiviert und zielen auf Mädchenschulen, NGOs, Sicherheitskräfte oder Stammesälteste ab. Eine Talibangruppe unter Mullah Nazir ist in Nord-Wasiristan aktiv. Sie wurde einst als "gute Taliban" bezeichnet und nennt sich heute Friedenskommittee. Sie bedroht Mitglieder des Pakhtun Tahaffuz Movement [siehe auch Abschnitt 0] (PIPS 7.1.2019 S 74f).

Jamaatul Ahrar (JuA) ist eine Fraktion der TTP, operiert aber mit einer gewissen Eigenständigkeit aus der Provinz Nangarhar in Afghanistan heraus. Ziele der Gruppe sind Mitglieder der Sicherheitskräfte, Regierungsgebäude, Politiker, Minderheiten und Rechtsanwälte. Die Hizbul Ahrar (HuA) spaltete sich 2017 von der JuA ab (EASO 10.2018 S 26f). Gemäß PIPS waren im Jahr 2018 JuA für 15 terroristische Anschläge (2017: 37) mit elf Toten, alle in Khyber Pakhtunkhwa, sowie HuA für sechs Anschläge in vier verschiedenen Provinzen verantwortlich (PIPS 7.1.2019 S 74).

Der Islamische Staat in der Provinz Khorasan (IS / ISKP / Daesh) ist seit 2015 in Pakistan aktiv. Der IS konnte seinen Einfluss durch taktische Bündnisse mit ähnlich ausgerichteten örtlichen Gruppen vergrößern. IS hat lokale Zweigstellen und Rekrutierungsnetzwerke in einigen Großstädten wie Peschawar oder Karatschi (EASO 10.2018 S 29f). Der IS war 2018 für zwei große Anschläge im Zusammenhang mit den Wahlen in Belutschistan verantwortlich und war vermehrt in konfessionelle Gewalt involviert. Im Jahr 2018 wurden bei insgesamt fünf Anschlägen durch den IS 224 Menschen getötet. Der IS ist insbesondere in Belutschistan präsent, wo er 2018 vier große terroristische Anschläge durchführte; ein weiterer Anschlag geschah in Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 7.1.2019 S 76f).

Lashkar-e-Jhangvi (LeJ) ist eine Deobandi-Terroristengruppe. Die Gewalt von LeJ richtet sich größtenteils gegen Schiiten; die Organisation vertritt auch radikale Standpunkte gegenüber Christen, Ahmadis und sufistischen Muslimen (EASO 10.2018 S 32). Im Jahr 2018 war LeJ für sieben terroristische Angriffe, darunter sechs in Belutschistan und einem in Khyber Pakhtunkhwa, mit insgesamt neun Toten, verantwortlich (PIPS 7.1.2019 S 78). Im Jahr 2017 war die LeJ mit ihren Splittergruppen, darunter die Lashkar-e-Jhangvi Al-Alami, insgesamt für 18 Anschläge mit 132 Toten verantwortlich. 90 % davon betrafen die erste Jahreshälfte. Die verminderte Aktivität im zweiten Halbjahr ist durch die Zerschlagung ihrer Hauptnetzwerke zu erklären (PIPS 7.1.2018 S 87).

Die Schlagkraft der belutschischen nationalistischen Gruppen ist trotz einer verminderten Zahl an durchgeführten Anschlägen intakt. Die Balochistan Liberation Army (BLA) und die Baloch Liberation Front (BLF) führten 2018 addiert 45 terroristische Anschläge in Belutschistan und zwei in Karatschi durch [siehe auch Abschnitt 0]. 2018 wurden erstmals zwei Selbstmordangriffe durchgeführt. Diese Taktik wird normalerweise von religiösen Gruppierungen verwendet, hingegen sind die belutschischen Gruppierungen nationalistisch und politisch links einzuordnen (PIPS 7.1.2019).

Quellen:

EASO - European Asylum Support Office (10.2018): EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Pakistan - Sicherheitslage, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/Plib/EASO_Pakistan_SecuritySituation_October2018_DE.pdf, Zugriff 12.3.2019

PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (7.1.2018): Pakistan Security Report 2017, https://pakpips.com/app/reports/wp-content/uploads/2018/03/sr2017.pdf, Zugriff 8.4.2019

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (7.1.2019): Pakistan Security Report 2018, https://pakpips.com/app/reports/396, Zugriff 8.1.2019

Belutschistan

Die Provinz Belutschistan ist in 32 Distrikte mit insgesamt 134 Tehsils (administrative Einheit unterhalb der Distrikte) eingeteilt. Zur Volkszählung 2017 hat die Provinz 12,3 Millionen Einwohner; in der Hauptstadt Quetta leben ca. 1,7 Millionen Menschen (PBS 2017d).

Die Provinz Belutschistan ist mit einer Vielzahl von Konflikten belastet, wie zum Beispiel zwischen dem Staat und Nationalisten (Militär gegen bewaffnete Gruppen), Stammesfehden sowie ethnisch und religiös motivierte Auseinandersetzungen. Diese Konflikte werden durch die Beteiligung ausländischer Staaten mit einem wirtschaftlichen oder politischen Interesse in der Provinz, wie zum Beispiel China, weiter verkompliziert (EASO 10.2018).

Aufständische und separatistische Kräfte greifen Infrastruktureinrichtungen und Armeekräfte an und verüben Sprengstoffanschläge. Armee und Luftwaffe gehen gegen die Aufständischen vor. Auch Aktivitäten afghanischer und pakistanischer Taliban (TTP) werden in Belutschistan beobachtet (AA 13.3.2019). Es gibt Anzeichen wachsender Taliban-Präsenz insbesondere in Gebieten mit paschtunischer Bevölkerung (PIPS 10.4.2019). Daneben kommt es zu religiös motivierten Anschlägen, denen v. a. Schiiten zum Opfer fallen. In Quetta richten sich die Anschläge vielfach gegen die Volksgruppe der Hazara bzw. gegen Christen, die des Missionierens verdächtigt werden (AA 13.3.2019).

Die lokale Presse in Belutschistan wird von der Regierung Pakistans eingeschüchtert. Im November 2017 wurden lokale Journalisten von belutschischen Aufständischen bedroht, die die Journalisten der Kollaboration mit der Armee bezichtigten. Über Militäroperationen wird in Medien kaum berichtet und es gibt große Informationslücken über die Auswirkungen der Militäroperationen auf die Zivilbevölkerung (EASO 10.2018 S 72). Die militärische Führung hat durch Zugangssperren zu bestimmten Regionen u.a. der Provinz Belutschistan sowie durch Aufforderungen zur Selbstzensur mittels direkter und indir

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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