TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/12 96/16/0144

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Veröffentlicht am 12.11.1997
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Index

22/01 Jurisdiktionsnorm;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §18 Abs2 Z2;
JN §58 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der W-Gesellschaft m.b.H. in B, vertreten durch Dr. Dietmar Jahnel, Rechtsanwalt in Wels, Ringstraße 6, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 29. März 1996, Zl. Jv 5177-33/94-2, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 4. November 1992 brachte die beschwerdeführende GmbH beim Landesgericht Salzburg Klage gegen die T GmbH wegen Räumung und Zahlung eines Betrages von S 462.000,-- ein. In der Tagsatzung vom 6. Oktober 1994 schlossen die Streitparteien nach Klagsausdehnung folgenden, auszugsweise wiedergegebenen Vergleich:

"1.) Die beklagte Partei verpflichet sich bei sonstiger Exekution, die Liegenschaft EZ 885 der KG Mondsee mit dem dort vorgetragenen Grundstück 275/2 Baufläche-LN und alle darauf errichteten Baulichkeiten des Anwesens P-Straße Nr. 10, M, bis längstens 17.10.1994 zu räumen und der klagenden Partei geräumt zu übergeben. Dies unter Verzicht auf jedweden Räumungsaufschub.

2.) Die Zahlung des Betrages von S 2,633.741,-- inkl. 10 % Mehrwertsteuer (S 239.431,--) erfolgt durch die beklagte Partei an die klagende Partei binnen 14 Tagen.

3.) Die klagende Partei verpflichtet sich, die Gegenstände gem. einvernehmlich übergebener Inventarliste vom 5.10.1994 die dem Vergleich angeschlossen wird, zu übernehmen und den Betrag von S 2,163.060,-- zuzüglich 20 % USt (S 432.612,--) binnen 14 Tagen an die beklagte Partei zu bezahlen. Die Übernehme dieser Gegenstände hat bis längstens 17.10.1994 zu erfolgen.

4.) Die ca. 1000 Tragetaschen und ca. 5000 Kuverts Aufkleber, Prospekte, Briefbögen usw. werden von der klagenden Partei ebenfalls bis zum 17.10. übernommen und dafür der Betrag von

S 20.000,-- zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer (S 4.000,--) zusammen

S 24.000,-- binnen 14 Tagen an die beklagte Partei bezahlt.

5.) Festgehalten wird, daß dann, sollten bei der Übernahme bzw. Übergabe von der in der Liste per 5.10.1994 enthaltenen Gegenstände Gegenstände fehlen, der von der klagenden Partei zu bezahlende Übernahmepreis um den in dieser Liste enthaltenen Preis reduziert wird.

6.) Die beklagte Partei verpflichtet sich ebenfalls binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution einen Prozeßkostenbeitrag in Höhe von S 90.000,-- zuzüglich 20 % USt (S 18.000,--), insgesamt daher S 108.000,-- binnen 14 Tagen an die klagende Partei zu bezahlen.

Die Streitteile vereinbaren ausdrücklich die Kompensation der zu zahlenden Beträge, wobei ergänzend die Verrechnung auch mit dem Betrag von S 20.000,-- den laut Vergleich im Verfahren 9 Cg 352/93 die klagende Partei an die beklagte Partei zu bezahlen hat (Punkt 2a des Vergleiches) vereinbart wird.

7.) Festgehalten wird, daß die klagende Partei die Bündelversicherung bei der Versicherung per 17.10.1994 zu übernehmen hat. Die Telefonmietanlage wird ebenfalls am 17.10.1994 von der klagenden Partei übernommen werden.

Festgehalten wird, daß die Vereinbarung, daß die Firmen T Handelsges.m.b.H. und B & Co KG bei A zu original Einkaufspreisen plus 5 % Manipulation einkaufen können weiter besteht, und zwar bis 17.10.1997.

Festgehalten wird weiters, daß folgende Teppich- und Verlegprodukte - Muster, die Herr T vertritt, bei A - wie bisher ausgestellt werden.

Festgehalten wird weiters, daß die Streitteile vereinbaren, daß die beklagte Partei ab 17.10. noch 5 Tage zur Räumung benötigen darf, ohne hiefür weiteres Benützungsentgelt bezahlen zu müssen.

Über diese Frist hinaus, also ab dem 6. Tag nach dem 17.10. werden pro Tag der Betrag von S 2.600,-- zuzüglich 10 % Mehrwertsteuer als Benützungsentgelt zur Verrechnung gelangen. Die Streitteile werden aus diesem Vergleich resultierende Fakturen gegenseitig ausstellen.

8.) Mit diesem Vergleich sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus den Verfahren 9 Cg 352/93 b, 9Cg 433/93 i sowie 12 Cg 396/93 b, mit Ausnahme der Ansprüche aus der Pferdekoppel bereinigt und verglichen. Die klagende Partei erklärt, daß aus den Geschäften bezüglich der drei eben zitierten Verfahren auch gegenüber dem Geschäftsführer der beklagten Partei keine persönlichen Ansprüche gestellt werden, sondern diese ebenfalls bereinigt und verglichen sind.

9.) Die Streitteile verzichten auf die noch offene Widerrufsmögichkeit zum Vergleich 9 Cg 352/93 b, sodaß dieser in Rechtskraft erwächst.

10.) Die Streitteile vereinbaren ewiges Ruhen im Verfahren Cg 396/93 b."

In der Folge erging an die Beschwerdeführerin ein Zahlungsauftrag der Kostenbeamtin über restliche Pauschalgebühren in Höhe von S 141.264,-- zuzüglich einer Einhebungsgebühr von S 50,--.

In dem gegen diesen Zahlungsauftrag erhobenen Berichtigungsantrag wurde unter anderem vorgebracht, die Räumung sei bereits am 12. Oktober 1994 erfolgt, sodaß die entsprechende Vereinbarung nicht in Kraft getreten sei. Die Vergleichsausfertigung sei erst am 8. November 1994 zugestellt worden, in welchem Zeitpunkt die Räumung bereits erfolgt ist. Außerdem sei im Vergleich eine Kompensation der Ansprüche vorgenommen worden. Bei der Gebührenbemessung dürfe nur die tatsächlich erfolgte Zahlung berücksichtigt werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berichtigungsantrag nicht stattgegeben. In der Begründung wurde ausgeführt, der Zeitpunkt der tatsächlichen Räumung und der Endtermin für die Bezahlung des Benützungsentgeltes seien im Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches unbestimmt gewesen. Leistungen des Klägers, die Gegenstand des Vergleiches sind und deren Wert das Klagebegehren übersteigt, dürften bei der Festsetzung der Pauschalgebühren nicht unberücksichtigt bleiben.

Die Behandlung der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde von diesem Gerichtshof mit Beschluß vom 17. Juni 1996, B 1609/96 abgelehnt; gleichzeitig wurde die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Vor diesem Gerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin insbesondere in ihrem Recht auf "rechtmäßige, nicht überhöhte Festsetzung von Gerichtsgebühren" verletzt. Es werden inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte

die Akten des Verfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für

das ganze Verfahren gleich.

Wird allerdings der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr gemäß § 18 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.

Nach ständiger hg. Judikatur richtet sich in Anwendung des § 58 Abs. 1 JN die zu bezahlende Ergänzungsgebühr im Falle von gerichtlichen Räumungsvergleichen dann, wenn eine zeitlich nicht exakt begrenzte Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages übernommen wird, nach dem Zehnfachen des Jahreswertes (vgl. insbesondere die bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren5 unter E 5 zu § 18 GGG referierte

hg. Judikatur, sowie das Erkenntnis vom 14. November 1996, Zl. 96/16/0232).

Die Beschwerdeführerin wendet gegen die Gebührenvorschreibung zunächst ein, der Vergleich sei "bedingt abgeschlossen" worden, "wobei ein Endtermin nicht ausdrücklich vereinbart" worden sei. Dieses Vorbringen ist einerseits insoferne nicht verständlich, weil weder das Protokoll über die Tagsatzung vom 6. Oktober 1994, noch die schriftlich vorliegende Ausfertigung des Vergleiches erkennen lassen, daß der Vergleich bedingt abgeschlossen worden ist. Andererseits ist ja gerade deswegen, weil für das Benützungsentgelt über den grundsätzlich für eine Räumung vorgesehenen Termin hinaus kein Endtermin vereinbart worden ist, von einer Leistung auf unbestimmte Dauer auszugehen.

Soweit die Beschwerdeführerin einwendet, die tatsächliche Räumung sei bereits am 12. Oktober 1994, also vor Zustellung der Vergleichsausfertigung am 8. November 1994 erfolgt, übersieht sie, daß der Anspruch des Bundes auf die zusätzliche Pauschalgebühr nach § 2 Z. 1 lit. b GGG im Falle der Klageerweiterung mit dem Beginn der Protokollierung entsteht. Daraus folgt aber, daß im Beschwerdefall die Gebührenschuld bereits zum Zeitpunkt der Tagsatzung am 6. Oktober 1994 entstanden ist. Auf die Zustellung der Vergleichsausfertigung kam es demgegenüber aus dem Gesichtspunkt der Entstehung der Gerichtsgebührenschuld nicht an. Mangels eines ausdrücklichen die Gebührenschuld aufhebenden Tatbestandes im Gerichtsgebührengesetz kann der Umstand, daß tatsächlich die Räumung bereits am 12. Oktober 1994 (auch das war nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenschuld) erfolgte, an der Rechtmäßigkeit der Gebührenvorschreibung nichts ändern.

Wenn die Beschwerdeführerin weiters die Auffassung vertritt, beim Wert der verglichenen Leistung seien die vereinbarten "Kompensationen" zu berücksichtigen gewesen, so übersieht sie, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Bemessungsgrundlage der Gebühr der Wert der Leistungen und nicht die Art der Tilgung der im Vergleich begründeten Verbindlichkeiten zu verstehen ist, zu denen sich die Parteien im Vergleich verpflichtet haben (vgl. zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1997, Zl. 96/16/0279, m.w.H.). Daraus folgt, daß die wechselseitigen Leistungen der Streitparteien in die Bemessungsgrundlage der Gerichtsgebühr einzubeziehen waren, wobei dem Umstand, daß die Parteien im Punkt VI des Vergleichs die Kompensation der zu zahlenden Beträge vereinbarten, keine Bedeutung zukommt.

Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 14 GGG. Wie bereits im o.a. Ablehnungsbeschluß vom Verfassungsgerichtshof ausgeführt wurde - was von der Beschwerdeführerin offensichtlich übersehen wird -, liegt der Inhalt des Vergleiches in der Dispositionsfreiheit der Streitparteien. Daß der vorliegende Vergleich zu einer Erhöhung der Gerichtsgebühren geführt hat, hat seine Ursache also keineswegs in einer undifferenzierten Verweisung des § 14 GGG auf Bestimmungen der Jurisdiktionsnorm, sondern vielmehr in der Abfassung des Vergleiches und der darin vereinbarten wechselseitigen Leistungen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996160144.X00

Im RIS seit

24.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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